Ist die Schuld frage wichtig ?

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MyHandicap User
MyHandicap User ✭✭✭
bearbeitet 25. Aug 2022, 14:20 in Plauderecke
Ich würde gerne eine Diskussion starten und hoffe das sich Leute beteiligen und ihre Sicht schreiben.

Oft liest man "unverschuldet" da kam mir die frage auf wo der unterschied liegt, ist eine Behinderung leichter oder weniger wert wenn man sie selbstverschuldet hat ?

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Selbst bin ich der Meinung das es keine Rolle spielt, ob nun der leichtsinnige Motorrad Fahrer oder der unschuldige Beifahrer nun im Rollstuhl sitz, auch ob Krankheit oder ungesunderlebensstyle finde ich nicht wichtig. Jemand mit Diabetes Typ2 und schweren einschränken dadurch hat ja auch kein einfacheres leben oder es mehr verdient mit einer Behinderung zu kämpfen.

Doch habe ich die Meinung hängen lassen und beschweren geht garnicht, damit komme ich nicht klar und es regt mich auf. Sich über das eigene leid zu beschweren selbst aber nicht die Möglichkeiten ausschöpfen was dagegen zu tun. Da bin ich nicht nachsichtig, das halte ich für falsch.
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Jetzt würde ich euch gerne um euere Meinungen bitten...
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  • MyHandicap User
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    Salü Narun

    Ich finde das ein sehr interessanter Anstoss .....

    Ich sehe das in etwa so, dass es einerseits eine Frage der Psyche ist. So kann ich mir gut vorstellen, dass ich mich (Paraplegiker) über mich selber aufregen würde, wenn ich z.B. aus Blödsinnigkeit einen Unfall gebaut hätte.
    Wäre ich der Beifahrer in einem Auto gewesen, so wäre ich vermutlich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    Wäre mein Schicksal aber auf Krankheit zurückzuführen, so würde ich das wahrscheinlich als "vom Leben unfair bandelt" ansehen.
    Oder so ähnlich .....

    Andererseits ist die Frage der Schuld trocken gesagt auch die Basis für bessere und schlechtere Versicherungsleistungen - Hand aufs Herz, das Leben kostet Kohle und niemand hat etwas dagegen etwas mehr "Polster" zu haben.
    So ist ein Handicap durch Krankheit in sehr vielen Fällen das Urteil für ein Leben am, oder gar unter dem Existenzminimum - und das in der vermeintlich reichen Schweiz.
    Jedoch ein Unfall in Kombination mit der Militärversicherung ist unter Umständen wie ein 6er im Lotto.
    Ganz im Sinne von " wenn es denn schon sein muss, dann in Saus und Braus".
    Das stellt die Frage der Schuld dann doch in ein sehr interessantes Licht.

    L.G. aus der Käsenation
    Tinu
  • MyHandicap User
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    Hallo Tinu,
    den aspekt der eigenen Bewältigung habe ich jetzt garnicht mit einbezogen. Dachte eher aus der Sicht von außen.

    Das bringt mich unheimlich zum grübeln, dann ist das "unschuldig" eher auf sich selbst gerichtet wenn man es so oft liest. Darüber habe ich nicht nachgedacht.

    Vielleicht ist das abhängig von der zeit, zu beginn meiner Rollstuhl Laufbahn war es für mich auch leichter wenn ich die Schuldfrage drehen konnte das ich als Opfer da stehe. Wobei mit den Jahren mehr und mehr das Gefühl der Selbstverantwortung aufkam und ich mich heute nicht als armes Opfer sehe sondern als jemand der eine Dumme Entscheidung getroffen hat.

    Vielen vielen dank Tinu, du hast mich echt zum grübeln gebracht und das ist was sehr gutes.
  • MyHandicap User
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    Lieber Narun
    Als erstes hoffe ich das Du meinen Ausrutscher (als ich Homosexuelle und Pädophile in einen Topf geworfen habe) entschuldigst .
    Und schon sind wir mitten drinn im Problem . Wir entschuldigen uns manchmal für einen Lappsus der uns passiert ist aber können wir das überhaupt ? Eigentlich können wir nur um Entschuldigung bitten ! Eine schuld zu sehen und einzusehen ist manchmal schwer . Die Geschichte in Genesis 3 beschreibt unser vorgehen mit der Schuld ; das Weib das DU mir gegeben hast hat mich verführt...Die Schlange hat mich verführt...Letztlich gibt es nur eine Lösung : Die Vergebung der Schuld durch Jesus Christus aber die muss man auch annehmen .
    Eine andere leider verbreitete Sicht der Schuld wird aus dem Buch Hiob abgeleitet Dir geht es schlecht weil Du zu wenig glaubst oder sündigst . Gott hat aber eine ganz andere Dimension an sehr vielen Stellen sagt Er das er uns die Schuld vergeben will .
    Gott hilf mir das änderbare zu ändern
    das unabänderliche anzunehmen
    und schenke Weisheit die Mitte von beidem zu finden .
  • MyHandicap User
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    Nett das du es nochmal ansprichst aber mach dir bitte keine Gedanken Colores. Ich denke nicht schlecht von dir und sieh es einfach als ungeschickt formuliert an. Meine Sicht geht selbst auch sehr weit in die liberale Linie das ich Gleichgeschlechtliche liebe, wie jede Form der Liebe eben für was gutes halte und das andere eher als Gewalt einstufe.

    Ich danke dir auch für deine Christliche Sicht auf die Schuld frage, als Atheist drängt sich bei mir ne frage auf. Wie ist das aus Christlicher Sicht mit Unglücken oder Krankheiten, gibt es da eine art Bestimmung oder Gottes Wunsch. ?


  • MyHandicap User
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    Hallo Narun,

    ich finde deine Frage und deine Gedanken dazu wirklich toll und ich habe mir heute immer mal zwischendurch meine Gedanken dazu gemacht.

    Letztendlich ist es meiner Meinung nach tatsächlich so, wie du es gesagt hast: egal, ob verschuldet oder unverschuldet - man muss lernen, mit seiner Behinderung klar zu kommen und das Beste daraus zu machen.

    Aber dennoch kann der Weg dorthin (zu dem Ziel, sich mit dem Handicap zu arrangieren und nicht mehr mit seinem "Schicksal" zu hadern) sehr unterschiedlich sein und das kann schon damit zusammenhängen, ob man selbst "schuld" ist oder sozusagen ein Opfer anderer.

    Das ist eher ein innerer Vorgang - da sehe ich das ähnlich wie tinu.
    Wenn jemand zum Beispiel den Unfall selbst verursacht hat (durch unvorsichtiges oder falsches Fahren oder Alkohol), besteht natürlich die Gefahr, sich in Selbstvorwürfen zu verlieren, "hätte ich doch bloß... ich bin selbst daran schuld..."
    Umgekehrt kann sich jemand, der bloß nebendran gesessen hat, auch in die ewige Opferrolle verbeißen und sich bis zum Hass gegen den "Schuldigen" hineinsteigern.

    So oder so - es läuft darauf hinaus, was du schon gesagt hast - eigentlich ist es egal; man muss durch dieses psychische Tal der Tränen hindurch und die Schuldfrage hinter sich lassen und seine Situation annehmen, wie sie ist, um ein positives Leben führen zu können.

    Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich eine angeborene Krankheit habe, die aber erst mit über 40 Jahren festgestellt wurde - bis dahin habe ich viele Vorwürfe geerntet; ich würde mich nur "anstellen", wäre "faul" und "unkooperativ".
    Zum Glück gab es dann die Diagnose und Operationen und mittlerweile sind meine Selbstzweifel wie weggeblasen.
    Insofern war es für mich schon wichtig, nicht "schuld" zu sein...

    Liebe Grüße profundum
  • MyHandicap User
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    Hallo zusammen,
    Eine klare Antwort auf Deine Frage: Ja.

    Ich finde die Schuldfrage ist äußerst wichtig, weil genau dieses Thema alle Betroffenen beschäftigt. Auch in der Psychologie wird viel zu dem Thema geforscht. Anscheinend verarbeitet man die Unfallfolgen besser/schneller wenn man "schuldig" ist - da man die Verantwortung dafür tragen kann. Ich bin mir da aber ehrlich gesagt nicht so sicher und außerdem was heißt schon "schuldig" ... ich denke kaum jemand macht wirklich bewusst einen Fehler mit derartigen Folgen.

    Ich selbst habe seit einem Autounfall in 2010 eine Unterschenkelamputation. Die genaue Unfallursache ist ungeklärt (ich selbst habe keinerlei Erinnerungen, Blitzeis war im Spiel, mehr weiß man aber nicht und eine Mitschuld anderer ist nicht ausgeschlossen). Mich hat die Schuldfrage die ersten Jahre immer wieder gequält. Ich bin verantwortungsbewusst und habe nie etwas Unvernünftiges gemacht und trotzdem passiert mir so etwas. Früher wäre es mir lieber gewesen, wenn jemand anderes eine Mitschuld getragen hätte - heute ist es mir aber egal was passiert ist.

    Mir ist aber im Laufe der Jahre aufgefallen, dass die Schuldfrage stark von der Gesellschaft provoziert wird. Die erste Frage, die ich immer wieder höre ist "Bist du selbst gefahren und war es deine Schuld." Ich war 20 als der Unfall passierte und es war sehr hart für mich immer wieder mit der Frage - auf die ich ja selbst keine Antwort hatte - konfrontiert zu werden. Ich glaube außenstehende Personen verurteilen Schuldige schneller als Unschuldige. Mich würde interessieren was ihr für Erfahrungen mit Fremden in Bezug auf das Thema habt und wie ihr auf diese Frage reagiert.

    Liebe Grüße
  • MyHandicap User
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    Vielen danke profundum für deinen Beitrag.

    Bin gerade total fasziniert das mit jedem der sich beteiligt eine neue Sicht mit einfließt.

    Danke an alle die bereits mitmachen und vielleicht haben andere auch noch Interesse sich zu beteiligen.
  • MyHandicap User
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    livelovelaugh,
    die fragen kenn ich auch und auch bei mir ist der genaue verlauf nicht ganz geklärt. Früher hatte ich mir auch viele Gedanken gemacht, bis ich irgendwann bemerkte das es sinnlos ist. Der weg liegt hinter mir aber ich muss nach vorne.

    Die fragen sind wohl normal, es ist nunmal interessant, hier habe ich es allerdings nie als Verurteilung von außen verstanden.
  • Unaufhaltsam
    von Hilde Domin

    Das eigene Wort, wer holt es zurück,
    das lebendige – eben noch ungesprochene Wort?

    Wo das Wort vorbei fliegt, verdorren die Gräser,
    werden die Blätter gelb, fällt Schnee.

    Ein Vogel käme dir wieder
    nicht dein Wort,
    das eben noch ungesagte,
    in deinen Mund.

    Du schickst andere Worte hinterdrein,
    Worte mit bunten, weichen Federn.

    Das Wort ist schneller,
    das schwarze Wort.

    Es kommt immer an,
    es hört nicht auf, an zu kommen.

    Besser ein Messer als ein Wort.
    Ein Messer kann stumpf sein.
    Ein Messer trifft oft
    am Herzen vorbei.

    Nicht das Wort.

    Am Ende ist das Wort,
    immer
    am Ende
    das Wort.



    Hallo,

    wie ich auf dieses Gedicht in dem Zusammenhang komme....

    Wir sind alle manchmal Kommunikationsfünfen. Wir haben alle von einzelnen Worten oft unterschiedliche Interpretationen und Bewertungen. Es gibt die sachliche Seite, es gibt die emotionale Seite und gerade wenn auch noch Mimik und Gestik fehlen sind schnell Worte gesagt/geschrieben, die nicht so gemeint sind, wie sie beim Gegenüber ankommen.

    Schuldfrage bei Behinderung.... Bei der Bewertung der Behinderung und Ausstellung des Behindertenausweises ist ganz klar rechtlich geregelt, dass die Schuldfrage völlig egal ist. Sonst würde ein Michael Schumacher keiner Anspruch auf die "Vorzüge" der Schwerbehinderung haben, weil er ja selber Ski gefahren ist und bei dem Versuch gefallen ist. Dann würde kein Autofahrer, dem der Unfall die Beine nimmt, das Gehen klaut oder Organe keinen Anspruch haben. Es ist so schnell was passiert und Wir sind eben NICHT Papst. Wir sind fehlbar! Der Mensch macht Fehler. Leider steht es immer noch festgeschrieben, dass die einzige Ausnahme der Papst ist.

    Auf der Suche nach Erklärungen stellt sich immer die Frage, wer trägt die Verantwortung für meine Situation. Die kann sogar hinlfreich sein im Rahmen der Bewältigung. Wenn die Schuldfrage dazu führt, dass man die Folgen der Behinderung durch aktive Mitarbeit aufhalten, mindern, bessern kann oder eine Behinderung sogar beseitigen, dann ist das "an die eigene Nase fassen" eine grandiose Sache.

    Mir persönlich wäre es lieb, wenn ich bei mir eine gewisse Verantwortung finden könnte. Dann könnte ich vermeiden, dass ich immer und immer wieder meinem Körper mit Kortison Schaden zuzufügen. Dann könnte ich die Folgen dessen mindern, vielleicht eines Tages wieder richtig laufen, schmerzfrei sein und mich gut fühlen. Aber leider ist das nur in minimalen Punkten zu einem hohen Preis in einem ganz kleinen Maß machbar.

    Der Mensch schiebt Verantwortung gerne ab und möchte nicht Schuld sein. Möchte nicht sagen müssen, ICH HABE MIR SCHADEN ZUGEFÜGT UND MUSS MIT DEN KONSEQUENZEN AUF TEUFEL KOMM RAUS LEBEN! Das ist ein furchtbarer Gedanke.

    Sprich, die rechtliche Seite ist eindeutig. Es darf keine Schuldbewertung stattfinden, auch wenn es insgeheim oder offen immer wieder gemacht wird.

    Die emotionale Seite kann hilfreich sein, wenn es dadurch Möglichkeiten gibt Behinderungen zu lindern oder umzukehren. Sie ist aber auch damit verbunden, dass man sich emotional mit sich selber beschäftigt. Das braucht sehr oft professionelle Hilfe von außen in Form eine Psychotherapie. Das hat oft zur Folge, dass "Sofa hocken" als einfache Lösung nicht geht. Es erfordert nicht selten hartes körperliches Training, was oftmals schmerzt und eine deutliche Qual ist. Trotzdem lohnt sich da durchaus vielfach die Qual und der Krieg gegen seinen Körper. Denn er führt vielleicht nicht zur Aufhebung der Behinderung, aber zu einem besseren Lebensgefühl, mehr Lebensqualität und auch einer neuen Sicht- und Denkweise...

    Das Leben ist klasse, das Leben ist toll. Es ist ein Geschenk Gottes (oder von wem auch immer). Es ist immer wieder neu zu entdecken und geht jeden Tag aufs Neue los. Kleinigkeiten beleben den Tag. Freut euch über die Wunder der Natur. Die Gänseblümchen in der Wiese. Das Farbspiel beim Sonnenaufgang oder -untergang..... Ich könnte jetzt noch zig Kleinigkeiten aufzählen, die das Leben lebenswert machen - mit und ohne Einschränkungen. Nur mit Einschränkungen weiß man sie viel besser zu schätzen.

    Carpe Diem

    Jumanji


  • MyHandicap User
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    Hallo Jumanji, erstmal danke für deinen Beitrag.
    Dein Text wirft bei mir ein paar fragen auf, teile kann ich nicht richtig nachvollziehen. Die brennendste ist einfach...

    Das es bei der Bewältigung hilfreich sein kann verstehe ich ja nur in wie weit die Schuld frage dazu führt eine Behinderung "umzukehren" das verstehe ich nicht. Wie ist das gemeint ?

    Kannst du das bitte etwas genauer beschreiben, selbst zerbreche ich mir gerade den Kopf in wie fern es die frage der Schuld Einfluss hat auf die Verbesserung einer Einschränkung.
  • Hallo,

    gerne darfst du nachfragen, was ich damit meine und wenn von mir Textteile nicht verständlich oder gar missverständlich sind. Das sollen und dürfen bitte alle!

    Umkehren kann man eine Behinderung tatsächlich eher selten und das auch weniger durch die Schuldfrage, aber oftmals dadurch mindern...

    Viele haben den AHA-Effekt, wenn Sie z. B. vom Rauchen einen COPD bekommen. Eine schwerste immer tödlich verlaufende Erkrankung. Wer es aber schafft sein "schuldhaftes" Verhalten zu ändern und ein sofortiges Rauchstopp auf die Reihe zu bringen, mehr Sport/Bewegung einzubauen und zuverlässig seine Medikamente nimmt, der kann für sich und für die Behinderung optimale Bedingungen schaffen und so den Krankheitsverlauf mildern. Der kann die Lebensqualität signifikant bessern und die Auswirkungen der Behinderung ganz klar bessern und das oftmals sogar für viele Jahre. Leider kann die COPD auch dadurch nicht geheilt werden. In solch einem Fall kann die sich selber gestellte Frage "Wie konnte es zu der COPD kommen? Wer hat (Teil)Schuld an meiner Misere? sehr hilfreich sein.

    Leider gehen aber sehr viele Menschen nach Erstellung der Diagnose hin und krempeln nicht ihr Leben um, sondern sagen sich... "ach jetzt kann ich auch weiter rauchen, es bringt doch eh nichts".

    Natürlich ist es eine wahinnige Höchstleistung es unter den Umständen dann zu schaffen und Rückfälle, Ängste und Sorgen nur allzu menschlich. Ich ziehe den Hut vor allen, die es schaffen

    Ähnliches beim Diabetes... Wenn ich mich weiger die Medikamente zu nehmen, weiter mich mit Süßigkeiten und Co ohne Ende vollzustopfen und mehr zu- als abnehme, dann werden sich die Auswirkungen des Diabetes - der nicht durch zu viel Süßigkeiten entsteht - nicht bessern sondern eher verschlechtern. In dem Punkt bin ich keine Leuchte... Mein Diabetes wird nur behandelt, weil mir die Auswirkungen zu gefährlich sind. Ich habe den Süßigkeitenkonsum massiv eingeschränkt, aber ganz lassen will und werde ich ihn nicht. Nur ist das dann meine Entscheidung, die Konsequenzen in Kauf zu nehmen.

    Jemand, der einen Querschnitt erlitten hat und auf den Rollstuhl angewiesen ist, hat natürlich auch dadurch bedingt mit Folgen zu leben, die durch die Behinderung entstehen können. Wenn derjenige sich weigert häufig den Popo zu lüften, sich umzulagern, ständig ein feucht-schwitziges Milleu produziert und unterhält, der wird zwangsläufig viel schneller mit Dekubiti zu kämpfen haben....

    So kann man die Liste beliebig fortführen... Vielleicht ist es einfacher sich die Frage zu stellen "Was kann ich aktiv tun, um meine schon bescheidene Situation zu bessern?" Dabei ist eben auch die Frage "Woher kommt meine Behinderung?" "Wer trägt dafür die Verantwortung?" eben auch zu einer Klärung bei.

    Wie kann ich eigentlich schlechtes für mich positiv nutzen? Damit nimmt man dem Schlechten den Schrecken. Es gibt auch den sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich... Dieser kann für alle in der Form auch hilfreich sein, wenn man sich einerseits die Vergangenheit anschaut, aber gleichzeitig auch in die Zukunft blickt. Was kann ich für mich positives aus der Lage ziehen. Kann ich dem Autofahrer, der mir besoffen die Beine abgefahren hat, verzeihen? Kann ich die Situation für mich abhaken und als "Schicksal" in dem Moment zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein hinnehmen? Kann ich dann für mich akzeptieren, dass diese daraus entstandene Behinderung mir hilft auch weiter positiv in die Zukunft zu blicken?

    Es gibt kein Leben, was nicht geprägt ist von Schicksalsschlägen. ES ist eben das Leben. Todesfälle, Krankheiten und Behinderungen können dazu gehören. Beim einen mehr, beim anderen weniger.

    Ich habe mein Einschränkungen akzeptiert, angenommen. Sie haben dazu geführt, dass ich nach wie vor oder gar jetzt erst Recht positiv in die Welt schaue. Wo ich für mich was ändern konnte/kann, hab ich es gemacht oder versucht, um die Situation zu bessern. Ich habe es nicht verhindern können, weil die Ursachen nur wenig von mir beeinflussbar waren. Ich habe heute als Schwerbehinderte deutlich mehr Lebensqualität als vor 10 Jahren. Ich renne nicht mehr irgendwelchen Zielen und Träumen hinterher, die eh nicht zu erreichen sind. Ich kann mich an Kleinigkeiten erfreuen, habe mich mit Einschränkungen weitestgehend arrangiert. Das war und ist nicht einfach! Es ist ein immerwährender Prozess und dazu gehört auch, sich mit der eigenen "Schuld"Frage auseinanderzusetzen. Ich habe auch heute noch meine Heultage, wo ich mit der Frage hadere "Warum ich?". Aber so lange die Heultage nicht überwiegen, ist alles für mich im Gleichgewicht.

    Das Leben ist eine Suche nach Antworten auf Fragen..

    Die Schuldfrage wird aber auch oftmals zu Unrecht in den Vordergrund gestellt.... Weil andere Fragen nach dem Warum....

    Ich habe auch festgestellt, dass Freund von mir sich selbst nach Jahren noch immer fragen, "aber warum ist das bei dir so gekommen?" verzehren, sich quasi vergiften. Ich habe die Frage nach dem Warum auch gestellt. Die Antworten brauchte ich um zu schauen, was kann ich daran ändern? Gibt es Ursachen, die ich beseitigen kann? Leider gab es sie nicht. Danach habe ich die Frage abgestellt als nicht zielführend.

    Wenn jemand anderes an einem Autounfall Schuld war, dann ist das ein schlimmer Schicksalsschlag. Der lässt sich weder umkehren, noch führt Hass auf den anderen zu einer Besserung oder Umkehrung der Situaion. Ist also auch auf Dauer nicht zielführend. Wenn man selber Schuld war, dann ist aber genau das gleiche der Fall. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Also ist in dem Fall die Frage nach der Schuld nicht zielführend. Je nach Mensch hilft es einem aber, dem anderen die Schuld geben zu können oder aber sich selber die Schuld geben zu können. Das liegt an der jeweiligen Persönlichkeit.

    Hilfe.. ich wollte es kurz beantworten... hab ich es überhaupt beantwortet??? Ich hoffe, es hilft dir weiter...

    Jumanji
  • MyHandicap User
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    Ehrlich gesagt nicht richtig weil die Schuld frage immer noch nicht in einem Zusammenhang mit der Besserung steht.

    Bei einer schweren Erkrankung wo Rauchen der Auslöser sein kann ist es auf keinem fall ratsam weiter zu Rauchen ob das nun der Auslöser ist oder nicht.

    Diabetes verhält sich hier auch gleich, hier ist die Ursache egal. Egal ob nun genetisch oder durch falsche Ernährung, aufpassen was sie essen und darüber nachdenken sollten beide.

    Auch beim Querschnitt ist es nicht so das die schuld frage Einfluss hat ob man nun besser auf seinen hintern aufpassen muss oder nicht.

    Ob nun Schuld oder nicht, das macht in keinem deiner Beispiele einen unterschied. In jedem fall muss man sein leben in die Hand nehmen. Auch sehe ich keins deiner Beispiele so als könnte man es "Umkehren" der Diabetiker der sich nun so ernährt das er gut leben kann und auch Sport treibt, selbst der kann die Diabetes nicht "Umkehren" sondern nur lernen damit zurecht zu kommen.
  • Hallo Narun,

    hm.. ich glaube wir haben unterschiedliche Auffassungen/Definitionen von Schuld. Ich sehe den Begriff sehr weit gefächert. Es gäbe bei mir tatsächlich die Möglichkeit den durch Kortison entstandenen Diabetes komplett weg zu bekommen. Das Kortison ist Schuld an der Erkrankung. Damit habe ich einen Schuldigen für diese Erkrankung. Keine physische Person sondern eine Sache. Leider hindert mich meine Grunderkrankung daran, das Kortison weg zu lassen. Dann ersticke ich dummerweise. Da aber Leben das höhere Gut ist, muss ich das Kortison brav weiter futtern und den Diabetes und die anderen Behinderungen, die dadurch enstanden sind und weiter enstehen in Kauf nehmen. Ich damit die Wahl mit dem Teufel Kortison eine "Zweckehe" einzugehen, mich mit dem Schuldigen zu arrangieren. Je besser ich das hinkriege, um so besser hab ich auch dessen Nebenwirkungen zumindest in einigen Bereichen unter Kontrolle.

    Ein Querschnitt bleibt. Egal wer Schuld ist. Ob ein Autofahrer, ob man selber als Autofahrer. Das ist nicht umkehrbar, wenn es nicht mehr reparabel oder zu bessern ist durch künstlerische Neurochirurgen und phantastische Physiotherapeuten. Trotzdem ist es für die Psyche und den Umgang mit dem Querschnitt oftmals deutlich anders, wenn man jemand anderem die Schuld geben kann oder wenn man sich selber die Schuld geben muss.

    Mehr kann ich dir da jetzt nicht zu schreiben. Es ist aber auch oftmals so, dass ich ein recht schräges Denken habe. Eine andere Sichtweise und mir die Welt aus einer merkwürdigen Perspektive meines Kopfes betrachte. Ich suche in jeder Katastrophe noch ein Quäntchen Glück, ein Pixel Positives, den ich dann bei all dem Negativen noch so ausgestalten kann, dass er mir weiterhilft.

    Ich versuch es gleich auch als PN, weil es mir sonst hier öffentlich zu viel Privatssphäre ist.

    Jumanji
  • MyHandicap User
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    Jumanji, ich wollte dir nicht zu nahe treten.

    Versteh mein nachfragen bitte nicht als angriff oder Vorwurf, ich konnte keine Verbindung herstellen.

    Nochmal, ich wollte dich wirklich nicht verletzten oder so.
  • Hallo Narun,

    ich habe es als einfache Nachfrage gesehen, weder als Angriff noch als Vorwurf....

    Zudem weiß ich, dass mir beim Schreiben oftmals auch Mimik, Gestik und auch die direkte Kommunikation mit sofortigen Rückfragen fehlt... Insbesondere wo ich häufig gegen den Strom schwimme und auch mal gern anderer Meinung bin!

    Jumanji
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