Wohnen in WG mit chronischer Krankheit

Lina
Lina
bearbeitet 6. Sep 2023, 12:59 in Bauen & Wohnen

Hallo zusammen,


Ich freue mich hier im Forum mein erstes Anliegen formulieren zu können.


Ich bin vor zwei Jahren an ME/CFS erkrankt und kann im Moment keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Jeder Versuch mich wieder in die Richtung zu bewegen, wieder mein eigenes Geld zu verdienen, hat einen weiteren, noch schwereren Schub ausgelöst. Letzten Mai habe ich daher schweren Herzens diesen Plan aufgegeben. Stattdessen konnte ich mich jetzt über die letzten neun Monate stabilisieren und ich gehe 2-3 Mal pro Woche für zwei Stunden in ein Nähatelier für Menschen mit einer chronischen Erkrankung/Behinderung, was mir viel Freude macht und eine riesige Unterstützung ist. Ich glaube, dass ich nur dadurch, dass ich trotz der grossen Einschränkungen durch die Krankheit noch ein bisschen unter die Leute komme und etwas Schönes machen kann, die Verluste in Folge der Erkrankung jetzt nach und nach bewältigen kann. Ich brauche auch nur ganz selten Unterstützung im Haushalt und kann mich um meine Versorgung selbst kümmern. Es geht mir also seelisch ganz gut. I cope - wie man auf Englisch sagen würde - ich habe den Kopf meistens über Wasser.


Meine Frage: Im Moment suchen wir in unserer WG eine neue Mitbewohnerin oder einen neuen Mitbewohner. Es ist eine ganz normale WG in der ich schon seit vielen Jahren wohne. Ich bin die einzige mit einer schweren Erkrankung. Meine Mitbewohnerin und mein Mitbewohner sind gesund und arbeiten beide Vollzeit.


Die ersten Bewerbungsgespräche sind grundsätzlich gut verlaufen. Es war einfach noch niemand dabei, der oder die zu uns gepasst hat. Ich habe es aber einmal erlebt, dass eine Bewerberin anfing, mich von oben herab zu behandeln, nachdem ich mich vorgestellt und von meiner Erkrankung und meiner momentanen Erwerbsunfähigkeit und von der schlechten Prognose berichtet hatte. Es ging mir nach dem Gespräch nicht gut und am nächsten Morgen ging es mir erst nach einem Telefonat mit der Dargebotenen Hand wieder besser, wo ich einem sehr verständnisvollen Berater erzählen konnte, wie schmerzlich dieses Gespräch vom Vorabend verlaufen war. Die anderen Bewerberinnen und Bewerber waren nicht verächtlich, aber sie zeigten auch grosse Mühe mit der Situation gut umzugehen. Insbesondere einer war dabei, der einfach nur überfordert war.


Ich bin mir jetzt am Überlegen, wie ich das Verfahren evtl. anpassen könnte. Denn es ist sehr anstrengend für mich, die Gespräche zu führen, und ich will selbstverständlich nicht mit jemandem zusammenwohnen, der oder die niemanden um sich haben kann, die eine chronische Erkrankung hat.


Online publizieren möchte ich nicht zu viel. Allerdings habe ich mir überlegt, ob ich meine Erkrankung per Email interessanten Bewerberinnen und Bewerber vorab bekannt machen könnte, so dass sie sich dann überlegen könnten, ob sie weiterhin grundsätzlich interessiert sind an unserer WG. Ich habe gesehen, dass manche Bewerber es so mit Homo- oder Transsexualität machen. Sie checken also schon mal vorab konkret ab, ob die Leute, bei denen sie sich bewerben möchten, voller Vorurteile und Ängste oder offen und cool sind.


Hat hier jemand bereits Erfahrung gesammelt?


Ich freue mich auf Feedback von Leuten, die selbst mit einer Behinderung/Krankheit leben und die gleichzeitig über ein gerüttelt Mass an WG-Erfahrung verfügen. Von Leuten, die nicht lange oder noch nie in einer WG gewohnt haben, wünsche ich mir nur dann Feedback, wenn es wirklich durchdacht ist. Danke!

Antworten