betreuung nicht selbstverständlich sondern last...

wie mache ich meinem frisch querschnittsgelähmten freund klar, dass nicht nur er, sondern alle in seiner Umgebung leiden? ich persönlich gebe meinem freund kontra wenn er mal wieder meint mir einen doofen Spruch drücken zu müssen, obwohl ich jedesmal das Gefühl habe, dass ich das nicht hätte tuen dürfen, da er erst seit ca 3 Monaten Querschnittsgelähmt ist... seine Eltern allerdings und seine komplette Familie versuchen ihm jederzeit jeden Wunsch von den Augen abzulesen und ihn zu erfüllen... seine Eltern leben mittlerweile dafür ihm gefällig zu sein, worunter seine 4 jüngeren Geschwister natürlich leiden, da die Eltern nur noch zeit für ihn haben. was gerade jetzt zur Weihnachtszeit schwer ist.... die Eltern sind mittlerweile selbst mit den nerven total am ende... ich sehe die mutter regelmäßig mit den tränen kämpfen, da er sie so schlecht behandelt (obwohl sie alles mögliche tun) und der Vater ist (entgegengesetzt zu seiner Persönlichkeit , nicht mehr gelassen sondern durchgehend gereizt und aggressiv). ich habe ihn letzte Woche mal gefragt ob er nicht merkt dass seine komplette Familie darunter leidet, dass er so viel zeit in Anspruch nimmt ( was wirklich nicht böse gemeint war, merke halt nur dass seine jüngeren Geschwister extrem drunter leiden... und dadurch dass seine Eltern jeden tag wegen ihm eingespannt waren auch keinerlei Verschnaufpausen mehr hatten, immer schlechter aussahen)... er meinte er hätte davon nix gemerkt.... nur einen tag später ließ er sich aus dem kh entlassen ( ursprünglicher Termin über einen Monat später) natürlich waren die Wohnlichkeiten Nichtmals annähernd hergerichtet und nun müssen die Eltern jeden tag bei ihm auf ner Matratze auf dem Kirchenfußboden schlafen, da er aufgrund seiner Querschnittslähmung nun mal nichts alleine kann.... was kann man den Eltern oder der betroffenen Persone sagen um es iwie erträglicher zu machen? weil so kann es echt nicht weitergehen? hatte mich ursprünglich aus der Situation versucht herauszuziehen, da er komplett uneinsichtig war... muss nun allerdings wieder einspringen damit die Eltern die eigentliche Wohnung einigermaßen fertig machen können damit er dort hinein kann... ( versteht mich nicht falsch... ich habe keine Probleme mit ihm zeit zu verbringen, allerdings durch seine schlechte Laune... welche natürlich verständlich ist... aber auch durch seine Erwartungen die ich weder erfüllen kann noch will ( und wenn ich anwesend bin muss ich mich erklären warum ich die Anforderungen nicht erfüllen kann/will) ist meine Motivation zeit mit zu ihm zu verbringen eher gering... wie mache ich ihm also begreiflich , dass diese dituation nicht nur ihn betrifft sondern uns alle und dies möglichst ohne ihn total herunterzuziehen, dass er denkt dass es ihn besser nicht gäbe... will ihn schließlich nicht total deprimieren, nur inn die realität zurück holen

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  • also eigentlich... wie mache ich einer person, die gerade alles verloren hat, das ihr wichtig war,klar, dass sie nich so scheiße zu allen sein soll die versuchen ihr zu helfen, sondern dankbarkeit zeigen soll und versuchen soll nicht zu viel zu erwarten, weil niemand die erwartungen erfüllen kann....:/
  • Damit ich eine Vorstellung habe. Welche Lähmungshöhe hat die Person und wie alt ist sie.
  • hallo..

    Die Frage von Klaus hätte ich auch gestellt.

    Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Verhalten eines "frisch Querschnittsgelähmten" zeitweise sehr anstrengend, beleidigend und nicht sonderlich freundlich sein kann..Insbesondere den Angehörigen gegenüber. Diese Feststellung konnte ich lange Zeit in einem Akutzentrum für Querschnittgelähmte machen. in dieser Anfangszeit, sind die meisten "Patienten" mit frischem Querschnitt in einer besonderen Ausnahmesituation.Dennoch gewisse Verhaltensmuster müssen von Beginn an unterbunden werden!
    Wenn ich deinen Bericht lese, kann ich es eigentlich nicht glauben was du schreibst. Dein Freund scheint ja ein besonderes "Früchtchen" zu sein..
    Wie geht man damit um?
    Wir in der Klinik, haben ein solches bemerkbares Verhalten mit entsprechenden energischen Worten kommentiert. Nichts wird hierbei beschönigt.. Fakten deutlich angesprochen, auch wenn es dem "Patienten" nicht gefällt. Die direkte Konfrontation mit dem zukünftigen Leben, ist ein wichtiger Bereich in der klinischen Phase. Ich als Angehöriger, hätte die Aufnahme bzw. Versorgung zunächst abgelehnt, da die häusliche Situation wohl alles andere ist als "Behindertengerecht" Aber Grundsätzlich für mich schwer beurteilbar aus der Ferne..Auch hier muss man zwei Seiten hören!

    Sorry... Aber dem "Jungen" gehört eigentlich ganz gewaltig die Meinung gegeigt und zwar ohne Rücksicht auf seinen Querschnitt.. Vielleicht würden ihm dann die Augen auf gehen..
    List sich hart..aber aus meiner langen Erfahrung heraus ein MUSS in solchen Fällen.

    was ist mit seiner Reha..die er braucht? Was ist mit Physio / Ergo usw.?
    Sowie es sich liest, liegt oder sitzt der Herr und lässt sich wohl hängen?!
    Um weiteres zu empfehlen wäre die Beantwortung der Frage von Klaus sehr wichtig.
    Denn daraus resultiert auch Alles weitere zu deiner Frage !

    LG Thomas



  • er ist 26 und die behinderung liegt in höhe des 4/5 nackenwirbel... kann hierdurch seine arme heben aber nicht strecken, alles unterhalb der schultern (brustmuskulatur, beine, hände, ausscheidungsorgane) gelähmt. ich habe ihm mittlerweile sogar schon öfter gesagt dass er sich so nicht verhalten kann, er kommt mir in diesen situationen immer vor wie nen trotziges 3 jähriges kind (guckt in ne andere richtung und es is ihm egal was ich sage) eine unterhaltung wird das leider nie. nur im nachhinein kriege ich dann immer ein schlechtes gewissen, weil ich dann denke ich wäre vielleicht zu hart mit ihm, weil es noch so frisch ist. deswegen bin ich zumindest schonmal beruhigt, da du sagtest dass man die problematiken ruhig ansprechen darf. rede in solchen situationen auch sehr sachlich und werde nicht beleidigend oder übertreibend, also müsste das passen 😀
  • und ja er lässt sich im moment total hängen... physio und reha kriegt er momentan garnicht, nur die paar übungen die seine eltern mit ihm machen können, welche er aber auch immer mehr verweigert, weil er meint dass sich hierdurch die spastiken verschlimmern würden... einen ambulanten rehaplatz hat er schon in aussicht, allerdings weiß ich nicht wann er diesen beanspruchen kann.. ich meine die hätten gesagt erst ein halbes jahr nach dem unfall, weshalb ich es besonders schlimm finde dass er sich selbst entlassen hat, da ich befürchte dass alle fortschritte die er bisher gemacht hat durch fehlende reha und physio wieder rückläufig sein könnten :/
  • Die Reaktion die du beschreibst ist ein Stück weit "normal"..
    Das "hängen lassen" auch...nur wenn er so weiter macht, vergibt er eine große Chance.
    Die Chance in seiner Mobilität besser zu werden. Ein Prozess der Jahre dauern kann.
    Im wesentlichen muss "ER" es aber auch wollen. Weshalb die Reha nicht direkt an die Akutphase angeschlossen wurde, ist mir ein Rätsel und auch eigentlich nicht üblich. Gerade die Zeit direkt nach der Akutphase ist sehr wichtig.
    Nicht nur wegen der therapeutischen Rehamassnahmen, sondern auch wegen der Regelung, wie Alles weiter geht.
    Und was er meint..im Bezug auf seine Spastiken ist eigentlich nebensächlich... da fehlt ihm die Erfahrung.. Er kennt nur die Situation "JETZT" und nicht was sein wird.
    Ablehnung seinerseits, führt nur zu einem.. Er wird noch mehr Beweglichkeit verlieren.. Die Läsionshöhe C 4/5 bedeutet schon eine enorme Behinderung..Aber bedeutet nicht automatisch, dass es nicht besser werden kann.. NUR ..wollen muss er und nicht IHR.

    Sagt ihm Eure Meinung zu seinem Verhalten und das in einer sehr deutlichen energischen Sprache. Empathie..bringt ihn nicht weiter.. Schaffen muss er bis an seine Grenze.

    Dann wird er auch sehen, dass es weiter geht. Nur sein Verhalten jetzt, bringt ihn in eine andere Richtung.. die wesentlich schlechter sein wird als der Jetzt Zustand.

    Und sein Wunsch mit dem selbstständigen Autofahren, kann er komplett vergessen, wenn er nicht Gas gibt.. Primäre in der Form seiner Mitarbeit und Einstellung seiner Behinderung. Und im günstigsten Fall auch später im Auto. Nur das steht für Ihn im Moment noch auf dem Mond geparkt... (nach seinem durch dich geschriebenes Verhalten.

    kannst es ihm ja vorlesen deinem Freund un einen schönen Gruß von mir .er soll in die "Hufen" kommen.

    LG Thomas
  • hallo thomas,
    hättest du vielleicht tipps oder ideen, wie man ihn aus dem loch holen kann und ihn motivieren kann mitzuarbeiten? habe versucht ihn zu motivieren indem ich ihn darauf hinwies dass er so weder mobilität und selbstständigkeit dazu gewinnt sondern nur noch mehr verliert, erinnerte ihn an dinge die er tun will (wie z.b. urlaub & konzertbesuche) die er auch immernoch tun kann, wenn er mobiler wird und dann auch sicher mehr spaß machen und habe sogar versucht ihn damit zu ködern, dass er dann nich ständig seine eltern um sich haben müsste (sie machen ihn wahnsinnig). leider half dies alles nichts. :/ befürchte, dass es da keine häufig funktionierenden "tricks" gibt, aber fragen kann man ja mal, da du ja anscheinend schon mehr erfahrung mit dieser problematik hast.
  • Das lässt sich schwer sagen, welche besonderen auf deinen Freund bezogenen, weiter Möglichkeiten greifen könnten.
    Was sich ebenfalls ändern muss, ist das "Gluckenhafte" verhalten der Eltern.. Alles was sie ihrem Sohn abnehmen an Tätigkeiten, wird er aus meiner Beurteilung auch nicht selbstständig versuchen/ erlernen wollen. Ich denke das Beste wird sein, ihn schnellstens in eine Rehaeinrichtung zu bringen. Dort wird deinem Freund schon gesagt wie es für ihn weiter zu gehen hat. Möglichst eine Einrichtung etwas weiter entfernt.. Hilft oft bei der Abtrennung zu den überbesorgten Eltern.
    Vielleicht braucht dein Freund neben der fachlichen Beratung (Psychologen / Sozialarbeiter) auch den Kontakt zu weiteren Tetraplegikern. Letztere können oft mehr erreichen als Therapeuten und Angehörige.
    Erfahrene Tetras, sprechen eine sehr deutliche, derbe und klärende Sprache..insbesondere den "neuen Tetras" gegenüber. Sie merken am ehesten, wie sie deinen Freund "anpacken" müssen in der Gruppe. Und vielleicht öffnet sich dein Freund auch anderen Tetras eher.

    Aber für eine Verbesserung der Gesamtsituation, kann nur einer sorgen...und das ist der Betroffene selbst.

    LG Thomas
  • "nun müssen die Eltern jeden tag bei ihm auf ner Matratze auf dem Kirchenfußboden schlafen, da er aufgrund seiner Querschnittslähmung nun mal nichts alleine kann...."


    Ich fasse es nicht, was die überbesorgten hilflosen Eltern alles für ihr "Früchtchen"
    tun, beide auf dem >>ich denke du meinst >>Küchenboden schlafen-
    was sollte das dann bringen??
    Was für Dinge will es denn nachts erledigt haben tztz.. 😠
    Schleunigst ab in eine Reha und nicht grad nur um die Ecke
  • Hallo NyuNyu

    ganz auf die Schnelle - Ich schreibe heute Abend noch ausführlicher

    Ich bin 1978 in der Klinik Schlierbach aufgewacht und erhielt 15 Sekunden später die Diagnose querschnittgelähmnt (damals C5/6 motorisch komplett). Keine 24h später beim ersten Gespräch mit den Ärzten auf meine vorsichtige Nachfrage: "Hoffnung, dieses Wort sollten sie aus ihrem Sprachschatz streichen". Damit wurde ich ins Wochenende entlasse. Mein Krankengymnast sagte auch ganz zu Beginn "Hier in der Klinik gibt es zwei Arten von Behinderten, die Jubelpatienten und die aus der Abteilung Häufle Elend und in 2-3 Monaten muss klar sein in welche Richtung es geht." Und an meine Eltern gerichtet: "Man darf es dem Behinderten nicht so einfach wie möglich machen, sondern so schwer wie möglich" Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir noch nicht ein mal alleine die Nase putzen. (zum Glück hielten sich meine Eltern und Freunde daran). Zu so einem Therapieverweiger wie deinem Freund hieß es auch mal "Was du willst nicht, was willst du dann machen, im Bett liegen bis du verschimmelst". Willkommen in der Wirklichkeit.

    Mit meinem KG hatte ich noch lange Kontakt und er meinte später - diese Holzhammermethode ist Absicht. Nach der Diagnose ist jeder in einem Art Schockzustand, da kommt es auf diese "Hämmer" auch nicht mehr an. Zudem haben sie damit eine Erfolgsquote von 75%, das ist mehr als manche Psychotherapie. Für mich war das genau das Richtige. Wenn dir als 19 Jähriger das ganze Leben weggebrochen ist, braucht man Orientierung. Diese Sätze, so hart sie waren, sind eine Orientierung und so gut. dass ich mich nicht nur heute noch daran erinnern kann, sondern diese Sätze sind bei mir Programm. Und das seit immerhin 36 Jahren.
  • Hallo Klaus,
    dann haben wir uns um ein Jahr verpasst an der Orthopädischen Klinik in Schlierbach. Ih war dort auf Q A-B-und C eingesetzt.

    Du beschreibst treffen, den "Umgang" dort.. und genau das hätte dem Freund von Nyu auch gut getan.. Dir ja auch.. Der Therapeutische und pflegerische "tritt" in den Hintern..ist wichtig und auch gewollt.
    gleich zu Beginn klare Wege aufzeigen.. vielleicht hilft ja dein Beitrag heute Abend auch..dem Freund von Nyu die Augen und das Hirn zu öffnen.

    LG Thomas
  • freu mich dass ihr immer so schnell zurück schreibt und so hilfreich seid <3

    @ thomas: glaube genau das ist das problem, er muss es wollen und nicht wir... wir hatten auch eine rehaklinik etwas weiter schon gefunden, ich glaub in münchen wäre die gewesen, da dachte er wir wollen ihn abschieben (so nach dem motto, wenn er weg is müssen wir uns mit ihm nicht mehr abgeben). kontakt zu anderen in ähnlicher situation lehnt er leider auch strikt ab, denke er will sich mit ihnen nicht identifizieren müssen. werde das aber nochmal an die eltern herantragen, vorallem dass sie ihn einfach "auflaufen" lassen sollen, wenn er mal wieder iwas hat damit er es selbst lernt. und wenn sie ihm sagen, dass sie sich nichtmehr permanent kümmern werden, dann muss er ja rückschließend in eine klinik, wenn er sich nicht selbst verpflegen kann. (aber kann man das einfach so machen oder müsste man das mit ihm ausdiskutieren? von wegen über den kopf hinweg entscheiden etc.)

    @ sie135: ja küchenfußboden ist richtig 😃 (doofe tippfehler^^) die eltern schlafen da, weil er nachts gegen 1 nochmal kathetert wird. ( im kh wurde er 4 mal am tag kathetert: morgens gegen 8, mittags um 12, abends gegen 9 und nachts um 1) wenn sie nun jedesmal hin und her fahren kriegen sie garkeinen schlaf mehr. desweiteren schlafen sie auch da, weil er nachts immer schmerzen bekommt und umgelagert werden will (ja ich weiß so lernt er es nie selbst). für das alles müsste zwar eigentlich nur einer dort übernachten, aber da die mutter ihn morgens nicht alleine aus dem bett in den stuhl gewuchtet kriegt, müsste der vater morgens vor der arbeit vorbeikommen um zu helfen, was ihm wohl zu stressig ist.. :/

    @klaus123: ich freu mich schon auf deinen nächsten post! wenn ich mir deine erfahrungen so durchlese, erkenne ich eigentlich genau das wieder was ich die ganze zeit instinktiv hätte tun wollen, aber da ihn alle in watte gepackt hatten, dachte ich wäre zu "streng". ich denke zwar dass hoffnung da sein sollte (ihm wurde auch ursprünglich gesagt er würde sich nie wieder bewegen können und wir haben natürlich versucht ihm hoffnung zu machen), allerdings gingen seine eltern in meinen augen zu weit mit sätzen wie:" wenn gott will dass du wieder gesund wirst, wird er es geschehen lassen" wobei ich mir dann nur denke... ja super jetzt braucht er sich ja garnicht zu bemühen weil entweder wird er gesund oder nich, aber liegt ja nich an ihm sondern an gott >.< und es ist für mich gerade eine richtige erleichterung, von einem selbstbetroffenen, der das alles selbst durchgemacht hat, zu hören dass es besser ist ihm nicht permanent alles abzunehmen, sondern ihn zu fordern und auch nicht alles zu beschönigen sondern klartext zu sprechen oder wenns die situation verlangt ihn auch hängen zu lassen.

    danke für die ganzen antworten von euch 😀 fühl mich jetzt auf jedenfall ein stück sicherer im umgang mit ihm und werde die eltern auch nocheinmal darauf ansprechen
  • sorry Post dauert noch etwas - aber sie kommt
  • is ja nich schlimm 😃 freu mich schließlich überhaupt antworten zu bekommen 😀
  • Nyu...was hat dein Freund denn schon als Hilfsmittel zuhause?

    Duc schreibst..Eltern müssen ihn raus wuchten..Also "wuchten" muss man nichts..
    Wie schaut es aus.. Was hat er schon bekommen?

    LG Thomas
  • Hallo NyuNyu,

    und sei uns willkommen im Forum.

    Ich habe etwas Probleme mit der Aussage, dass sich Dein Freund nach der Diagnose Querschnittslähmung selbst vorzeitig aus dem Krankenhaus entlassen hat und keine (nur wenig) fachmännische Hilfe angenommen hat. Normalerweise wird von dort aus schon vieles in die Wege geleitet (Hilfsmittel, Tipps für den Umgang mit der Behinderung usw.) Es hilft nichts, den sterbenden Schwan zu spielen und sich selbst zu bemitleiden.

    Klar, mit 26 hat man noch Träume und gewisse Vorstellungen vom Leben und diese sind nun geplatzt wie eine Seifenblase. Da kann man sich schon vorstellen, dass erstmal eine Menge Frust und Resignation entsteht. Wie geht das Leben jetzt weiter ohne an der Behinderung zu zerbrechen? Beschissene Situation, gar keine Frage!

    Wie kam es zu der Querschnittslähmung? Ein Unfall, selbstverschuldet oder durch jemand anderen verschuldet? Hat Dein Freund möglicherweise auch noch Schuldgefühle, ist wütend auf sich selbst? Möglicherweise ist er deswegen so grantig und würde sich am liebsten selbst in den Hintern treten?

    Du hast von Klaus, Thomas und Sie schon sehr gute Hinweise bekommen. Auch wenn’s schwerfällt, da braucht Dein Freund jetzt gewaltige Schubser und eine gehörige Portion Aufklärung und Einsicht. Mit Verhätscheln werdet Ihr nicht weiterkommen. Dein Freund gehört in professionelle Hände und wenn er das nicht will, ist ihm nicht zu helfen. Das muss man ihm klarmachen, bevor die ganze Familie an seinem Verhalten "zugrunde" geht.


    Euch alles Gute!
    Grüße von mir

  • NyuNyu hat geschrieben:
    freu mich dass ihr immer so schnell zurück schreibt und so hilfreich seid <3

    @ thomas: glaube genau das ist das problem, er muss es wollen und nicht wir... wir hatten auch eine rehaklinik etwas weiter schon gefunden, ich glaub in münchen wäre die gewesen, da dachte er wir wollen ihn abschieben (so nach dem motto, wenn er weg is müssen wir uns mit ihm nicht mehr abgeben). kontakt zu anderen in ähnlicher situation lehnt er leider auch strikt ab, denke er will sich mit ihnen nicht identifizieren müssen. werde das aber nochmal an die eltern herantragen, vorallem dass sie ihn einfach "auflaufen" lassen sollen, wenn er mal wieder iwas hat damit er es selbst lernt. und wenn sie ihm sagen, dass sie sich nichtmehr permanent kümmern werden, dann muss er ja rückschließend in eine klinik, wenn er sich nicht selbst verpflegen kann. (aber kann man das einfach so machen oder müsste man das mit ihm ausdiskutieren? von wegen über den kopf hinweg entscheiden etc.)

    @ sie135: ja küchenfußboden ist richtig 😃 (doofe tippfehler^^) die eltern schlafen da, weil er nachts gegen 1 nochmal kathetert wird. ( im kh wurde er 4 mal am tag kathetert: morgens gegen 8, mittags um 12, abends gegen 9 und nachts um 1) wenn sie nun jedesmal hin und her fahren kriegen sie garkeinen schlaf mehr. desweiteren schlafen sie auch da, weil er nachts immer schmerzen bekommt und umgelagert werden will (ja ich weiß so lernt er es nie selbst). für das alles müsste zwar eigentlich nur einer dort übernachten, aber da die mutter ihn morgens nicht alleine aus dem bett in den stuhl gewuchtet kriegt, müsste der vater morgens vor der arbeit vorbeikommen um zu helfen, was ihm wohl zu stressig ist.. :/

    @klaus123: ich freu mich schon auf deinen nächsten post! wenn ich mir deine erfahrungen so durchlese, erkenne ich eigentlich genau das wieder was ich die ganze zeit instinktiv hätte tun wollen, aber da ihn alle in watte gepackt hatten, dachte ich wäre zu "streng". ich denke zwar dass hoffnung da sein sollte (ihm wurde auch ursprünglich gesagt er würde sich nie wieder bewegen können und wir haben natürlich versucht ihm hoffnung zu machen), allerdings gingen seine eltern in meinen augen zu weit mit sätzen wie:" wenn gott will dass du wieder gesund wirst, wird er es geschehen lassen" wobei ich mir dann nur denke... ja super jetzt braucht er sich ja garnicht zu bemühen weil entweder wird er gesund oder nich, aber liegt ja nich an ihm sondern an gott >.< und es ist für mich gerade eine richtige erleichterung, von einem selbstbetroffenen, der das alles selbst durchgemacht hat, zu hören dass es besser ist ihm nicht permanent alles abzunehmen, sondern ihn zu fordern und auch nicht alles zu beschönigen sondern klartext zu sprechen oder wenns die situation verlangt ihn auch hängen zu lassen.

    danke für die ganzen antworten von euch 😀 fühl mich jetzt auf jedenfall ein stück sicherer im umgang mit ihm und werde die eltern auch nocheinmal darauf ansprechen


    Hi NyuNyu,

    ich kann dem Vorgesagten nur zustimmen. Eine Querschnittslähmung in dem Alter ist ein harter Schlag, aber man tut ihm durch Verhätscheln keinen Gefallen. Je schneller er wieder selbständig leben kann, desto beser wird es ihm gehen. Wenn die Eltern sich ncht trauen und du es nicht kannst, gibt es evtl. eine dritte Person, die Tacheles mit ihm redet. Großeltern, Tanten, Onkel oder ein Unbeteiligter Dritter. Ich habe auch Einiges an Blödsinn gemacht - mache ich heute noch - und in der Rückschau wäre ich dankbar für jemanden gewesen, der mir die Wahrheit über mich gesagt hätte. Nebenbei finde ich es toll, wie viel Mühe du dir machst, die allermeisten Leute würden einfach auf Distanz gehen oder die Sache weiterlaufen lassen.
    Viel Erfolg und schöne Feiertage.

    gruß cajuns
  • @ thomas: da die wohnung wie gesagt noch garnicht behindertengerecht ist, hat er so gut wie garnix, nichtmals ein behinderten gerechtes bett... er nutzt noch den rolli und das rutschbrett aus dem kh, hat die rolli handschuhe,gesondertes essbesteck und ein ding mit dem er tippen kann (keine ahnung wie sich das nennt). damit is dann aber auch schon schluß. liegt halt daran dass alle dachten, dass noch über ein monat zeit wäre um alles wichtige zu besorgen und nun von jetzt auf gleich natürlich nicht möglich war viel an der situation zu ändern.

    @zornroeschen: ich weiß, dass er im kh noch mitten im rollitraining war (sie wollten wohl üben wie er sich selbst nach hinten kippen kann und wie er wenn er nach vorne gebeugt ist, sich selbst wieder aufrichten kann), von allgemeinen tipps weiß ich sonst nur wie er im bus stehen muss... (er erzählt allerdings auch nix, nur nach expliziter nachfrage). meinst du sowas, wenn du tipps für den umgang mit der behinderung sagst? wenn nicht erklär es mir bitte 😃
    wäre er noch länger drin geblieben, hätte er sicherlich noch mehr hilfsmittel bekommen, als die die die ich thomas geschrieben habe, noch ein ärgerlicher punkt an der frühen entlassung. die behinderung ist nicht selbstverschuldet, war ein zusammenspiel mehrerer unglücke.. arbeitsunfall (leider nebenjob), unzureichende hilfsmittel vom arbeitgeber gestellt, kollege macht falsche bewegung, wodurch ne trasse (alu-träger) auf seinen kopf fällt, er aber noch bei vollem bewust sein und ansprechbar, aber ersthelfer macht stabile seitenlage -.- vorher konnte er wenigstens noch seine arme und hände spüren, danach nichtmehr.


    wie ist das eigentlich? wenn er in eine physio/ergo/reha einrichtung kommt, hat er dann die hoffnung auf mehr hilfsmittel? vielleicht kann man ihn ja damit ködern, schnell wieder in sowas reinzukommen 😃 jetzt müsste er ja langsam merken, dass er so nicht glücklich werden kann.


    danke euch für die schnellen antworten, auch an cajuns.
    falls wir uns vorher nicht mehr lesen wünsche ich schöne weihnachten!!
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  • Sodele – jetzt aber. Ja, ich habe ein klitzekleines Problem. Letzten Sommer habe ich das Kunststück fertiggebracht mir ein zweites Mal die Wirbelsäule zu brechen. Dieses Mal den BWK11, neurologisch ist zum Glück nichts passiert. Aber nachdem ich monatelang ein Korsett tragen musste, habe ich Probleme mit meinem Spasmus.

    Aber zum Thema:
    Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Hier wurde von etlichen Seiten so ziemlich alles falsch gemacht, daher vorab zwei Beispiele beide kenne ich persönlich

    1978 ein Mann, gut 100 kg, C3 komplett, Mundmaler. Er ist in den 60er verunfallt. Damals gab es keine spezielle Rehazentren, Pflegedienste oder mobile Schwerbehindertenbetreuung. Er kam mit Ende 20 in ein Altersheim zu schwer dement Kranken. Im Gespräch sagte er zu mir, wenn der jüngste wenigstens doppelt so alt gewesen wäre wie ich. Ebenso meint er „das ist nicht mein Leben“. Er hat dann einen Kostenplan erstellt, wie er aus dem Heim raus kommt. Ließ sich beim Oberbürgermeister von Stuttgart einen Termin geben. Vorgesehen waren 15 Minuten. Der Bürgermeister hat alle seine Termine verlegt, weil es ein 2h Gespräch wurde. Danach war er Duzfreund von Lothar Späth. Obwohl es im Zivildienstgesetz gar nicht vorgesehen war, war er der erste Behinderte in BW der Zivildienstleistende zur Einzelbetreuung bekam. Mit 44 hat er geheiratet und die Beiden haben sich ein blindes Kind adoptiert.
    Aus diesem Gespräch ganz zu Beginn meiner Behinderung habe ich eine ganz wichtige Erkenntnis gezogen: Inwieweit jemand ein mindestens zufriedenes Leben führt, ist nahezu unabhängig vom Grad der Behinderung.

    Zweites aktuelles Beispiel: C4/5 komplett, natürlich pflegeabhängig also nicht selbstständig, lebt aber ein selbstbestimmtes Leben. Eigene kleine Wohnung, unabhängig von den Eltern, hat sein Pflegemanagement tipp-top selbst organisiert, arbeitet halbtags ich glaube in einer Notrufzentrale. Der Typ ist auch sonst gut d'rauf.

    Beides sehr erfolgreiche Lebensmodelle. Und das ist jetzt die Aufgabe deines Freundes, eben für sich ein neues Lebensmodell finden bzw. schaffen. Andere vielleicht sogar unter schwierigeren Voraussetzungen haben es ja auch hinbekommen. Seine zweifellos starke Behinderung ist da keine Ausrede. Noch ein Zitat aus meiner Klinikzeit: Der Satz das geht nicht, heißt das kann ich nicht – ganz was anderes.

    Seine jetzige Lebenssituation ist schlichtweg eine Katastrophe Wenn ich schon lese:..er will sich nicht mit ihnen (den Behinderten) identifizieren müssen.. Himmel, dann soll er sich doch mal im Spiegel anschauen und überlegen wer ihm den Hintern abwischt. (sag ihm das genau so). Behindert zu sein ist keine Schande, aber es kommt darauf an was man daraus macht – und er macht nichts. Deshalb ist ja auch seine ganze Umgebung von ihm genervt und er mit Sicherheit auch von sich selbst. Dies hat aber nichts mit seiner Behinderung zu tun, das ist seine Einstellung. Die Behinderung lässt sich nicht wegdiskutieren, aber wie er damit umgeht, das kann er ändern. Kopfsache!

    Er ist jetzt 26, daher er ist behindert und wird es für die nächsten 50 Jahre bleiben. Es ist nicht Aufgabe seiner Eltern ihn mit 26, 36, 46, usw. zu pflegen und zu bemuttern. Frage ihn mal wie er es sich vorstellt, wenn seine Eltern dies altersbedingt nicht mehr können. Der Zeitpunkt wird kommen und dann braucht er eine andere Lösung. Die Lösung heute zu suchen ist nicht schwieriger als in 10 oder 20 Jahren. Deshalb kann er sie sich auch jetzt schon suchen, dann geht es ihm besser, weil er unabhängiger ist (auch von den Eltern); den Eltern geht es besser, weil sie sehen Sohnemann kommt ohne uns zurecht. Selbstständige „Kinder“ ist ja das Ziel aller Eltern. Eine win-win Situation.

    Möglichkeiten gibt es, siehe die Beispiele oben. Kopf in den Sand stecken oder wie unsereiner sagt – weglaufen gilt nicht. Schließlich wird er die Probleme mit seiner Behinderung/Pflegeabhängigkeit zeitlebens habe, d.h er braucht Dauerlösungen. Die zu suchen ist seine Aufgabe, sonst passiert über kurz oder lang, das was in den 60er üblich war. Er landet in einem Pflegeheim für Alzheimer und Demenzkranken. Ich verstehe es nicht, inzwischen müsste es ihm doch klar sein, auch dass der Pflegedienst Eltern keine Dauerlösung ist.

    Daher schnellstens Kontakt mit dem Sozialdienst der alten Klinik und der vorgesehen neuen aufnehmen. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. – ISL auch ein möglicher Ansprechpartner. Bei so einem Totalverweigerer müssen Fachleute mit ins Boot geholt werden. Vieles lässt sich gerade „bei so einem“ aus der Ferne nicht machen. Sollte er, beinahe hätte ich geschrieben lichte Momente haben also zugänglich für Vorschläge sein kann er sich auch mal bei mir telefonisch melden. (Nr. per Private Nachricht)

    Direkt nach der Diagnose laufen bei jedem von uns so bestimmte Phasen ab. Als ich direkt nach meiner Bewusstlosigkeit meine Diagnose Querschnittlähmung erhielt war auch meine erste Reaktion ein Nicht-Wahr-haben-wollen „Ha, ich kann doch meine Bein bewegen“ Habe es probiert – es ging natürlich gar nichts. Mir war dann klar - Houston wir haben ein Problem. Dann folgte eine Zeit in der ich mich sehr zurück gezogen habe. Nächste Phase: Über kurz oder lang (bei mir zwei Wochen) entwickelte man eine ziemlich schrägen Humor. Das ist in Querschnittzentren ganz typisch und wird als gutes Zeichen gewertet. Nach weiteren zwei Wochen fing ich an meine neues Leben zu planen. Dein Freund scheint in der Phase des Nicht-Wahr-Haben-Wollen stecken geblieben zu sein und ist jetzt natürlich vollkommen überfordert.

    Daher zeige ihm den Anhang. Der stammt aus einem Buch von John Callahan, gibt es nur noch gebraucht z. Bsp bei amazone. Ich hoffe er kann darüber lachen, dann wäre er immerhin in der Phase des schrägen Humors.

    ansonsten trotz dem Thema Frohe Weihnachten

    Klaus-Uwe
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