"Behinderung ist eine Konstruktion und somit keine objektive Wirklichkeit" - Meinungen dazu?

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  • Narun hat geschrieben:
    Ich finde das Thema sehr interessant und fesseln, auch ist es spannend wie sehr doch Standpunkte abweichen können.
    [...]
    Auch will ich keine Gefühle verletzten von anders denkenden oder den etwas religiösen menschen.

    Weder "andere Denkweise", noch religiöse "Argumente" sollten dir einen Maulkorb umhängen dürfen. Erlaube das bitte niemals niemandem!

    Es gibt zu viele primitive Weltvorstellungen, die sich einfach hinter "Religion" verstecken, statt selbst mal real zu denken.

    Im Volksmund: "Frei von der Leber weg!" Nur zu! Dies ist ein freies Land.

    Und zieh den Kopf nicht ein, das macht den Gurus da draußen sonst nur große Freude.

    Aber nun zurück:
    Da sind zwei künstliche Positionen von einem schlauen Prof vorgegeben. Und die sollen sich die Studenten reinziehen und aufeinanderprallen lassen.

    Gebt Sopäd14 Munition, worum er schließlich gebeten hat.

    ppiet

  • Hi,

    ich sehe da generell keinen Widerspruch. Die körperliche Einschränkung ist ein physiologischer Fakt, die Zuschreibungen, die andere machen sind konstruiert und entsprechen deren Wirklichkeit.

    Ich glaube, Hüpe hat diesen Satz geprägt, man sei nicht behindert, man werde behindert. Ich fand das ehrlich gesagt falsch, weil das den Behinderten aus der Verantwortung nimmt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, die Gesellschaft ist ja an allem schuld. Richtig ist aber, dass es zahlreiche Individuen gibt, die einem auf die eine oder andere Weise Steine in den Weg legen, teils aus schierer Boshaftigkeit, teils aus Ignoranz, aber teils auch, weil sie glauben, einem damit zu helfen. In letzterer Welt sind Rollifahrer oder Blinde immer hilfsbedürftig und nicht in der Lage, selbständig zu leben.

    Ich würde dir ansonsten noch empfehlen, mindestens einen Behinderten in das Rollenspiel mit reinzunehmen, egal, welchen Standpunkt er vertritt, das Ganze ist ansonsten doch zu sehr verkopft.

    VG cajuns
  • cajuns hat geschrieben:
    Ich glaube, Hüpe hat diesen Satz geprägt, man sei nicht behindert, man werde behindert. Ich fand das ehrlich gesagt falsch, weil das den Behinderten aus der Verantwortung nimmt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, die Gesellschaft ist ja an allem schuld.


    Das finde ich richtig allerdings nur bedingt, ich habe Erfahrungen mit dem weg gehen und als eins der ersten dinge wo ich gelernt habe. Die öfflichkeit ist sehr bemüht, ich wurde nie ausgegrenzt, club's haben mich nicht abgewiesen oder ausgegrenzt sondern waren immer zuvor kommt.

    Das Wort "Behindert" mag ich nicht, es soll ausdrücken das man sich nicht uneingeschränkt wie andere bewegen kann und das ist für mich zu ungenau. Es wirft zuviel in einen Topf, darüber hinaus wird es umgangssprachlich gerne in Beleidigungen verwendet.

    Bei vielen bin ich der Meinung das sie sich verstecken, abschotten vor lauter angst sich mal in Situationen zu begeben wo sie eben mal angeschaut werden oder eben mal an einem Eingang um Hilfe fragen müssen.

    Vielleicht ist meine Anschauung naiv oder es liegt daran das ich gerne in clubs gefeiert und was getrunken habe aber ich mag die Gesellschaft. Ein Club in den ich oft gegangen bin hatte am einganz eine kurze Treppe, vielleicht 4 stufen, doch stelle die für mich ein hinternis da. Ich hatte mich immer normal in die Schlange mit den anderen gestellt und wenn ich als an der reihe war halfen mir fix Türsteher oder andere die mit gewartet haben. Im Club selbst ist alles perfekt zugänglich, es ist nicht gewollt behinderten gerecht, es ist einfach so gehalten und passt.

    Daher bin ich auch der Meinung, wenn sich ein gesunder mensch in einen Rollstuhl setz so wird er volle oberkörperfunktion haben und somit mir sogar leicht überlegen. Somit glaube ich da gibt es nichts zu lernen, höchstens das du dich lieber in eine Schlange stellst hinter hübsche Mädels als hinter pummlige junge, denn weil man sitzt wird man denen die nächste zeit auf den hintern schauen müssen.
  • Wenn denn das Wort, bzw. eine Behinderung ein Konstrukt ist, müßte es die Bezeichnung "Normal" oder "Gleich" auch sein. Da aber nicht alle Gleich... und damit Normal sind, ergibt sich die Notwendigkeit diesen Unterschied zumindest für eine Kurzbeschreibung in ein Wort zu fassen. Dazu bietet sich eines an, das "etwas"...und nicht "jemanden" als Grund für das anders sein angibt.

    Da bietet sich das Wort "Behinderung" als viel umschreibendes Konstruckt geradezu an. Gäbe es dieses Konstruckt nicht... wie würden wir "das anders sein" beschreiben ? Da komme ich schnell auf "unvollkommen". Da das von vielen als Beleidigung des Schöpfers aufgefaßt wird, bleiben wir besser beim Konstruckt "Behinderung". Diesem Gedanken folgend ist der Schöpfer ebenso ein Konstruckt, das die Menschheit davor schützen soll zu erkennen, wie unvollkommen sie... und damit auch ihr Schöpfer möglicherweise tatsächlich ist.


    Da die Menschheit zur Beschreibung ihrer Unvollkommenheit etwas braucht, das zumindest nicht "sich selbst"... sondern "etwas... eine Sache" als Grund für das vorhandensein einiger Abweichungen von dem was für ein Volk normal ist... bleibt nur die Einsicht... : Stimmt. Behinderung ist ein Konstruckt, das einige brauchen um die Realität vor sich und anderen zu verstecken.

    😀 Helmut
  • Behinderung bedeutet nicht nur die ärztliche Diagnose, sondern auch wie man selbst und das eigene Umfeld damit umgehen. Ich kann vielleicht nicht mehr laufen, aber hindert mich das daran mit meinen Freunden feiern zu gehen, Frauen anzusprechen (oder es zumindest zu versuchen 🥺 ), oder das Leben zu genießen?

    Nein.

    Es kommt natürlich immer auch auf den Grad der Behinderung an, aber der größte Fehler den man machen kann, ist sich selbst zu isolieren. Wenn man offen auf Menschen "zugeht" und sich nicht von einem kleinen genetischen Defekt das Leben versauen lässt, ist die Behinderung zweitrangig. Ich habe allgemein eine optimistisch-sarkastische Sicht auf die Welt, ich versuche also alles positiv zu sehen und allem etwas Gutes abzugewinnen, und wenn das nicht geht, hilft schwarzer Humor und Sarkasmus, die Wahrheit zu ertragen. Und wenn mal ein Spruch kommt weil ich im Rollstuhl sitze, dann wird eben gekontert mit "Sag das nochmal und ich trete dir ins Gesicht", oder ich halte meinen Behindertenparkausweis in die Höhe 😃

    Lasst euch nicht zu Opfern machen, denn ihr seid keine. Ihr seid Menschen.
  • Hallo,

    stimmt mit Sarkasmus und schwarzen Humor wird die Welt viel schöner.

    Meinte gestern zu meiner dementen Mutter, gut die Sonne ist "blau" alle Leute sind "blöd" aber ich habe keine Ahnung wo dein Autoschlüssel ist. Auto wird Mutter nie mehr selber fahren. Der Schlüssel ist sicher vor ihr. 😡

    In meiner Therapie (Depression) habe ich gelernt alle Zahlen gerade sein zu lassen, ohne meinen Sarkasmus (Humor) den ich schon als Kind hatte,wäre ich längst nicht mehr auf dieser Welt.

    Was ist den Norm, das sind "wünsche" von Menschen die keine Ahnung vom leben haben. Nicht jeder ist blond, schlank, schön, groß, ...... , ....... , ....... . Nicht jeder hat mit 30 jahren geheiratet, 5 Kinder, 1. Arbeitgeber bei dem er 45 jahre arbeitet.

    OK, ich bin Geruchsblind und geschmak habe ich auch keinen mehr, da aber "jeder" gerne nachwürzen darf ist das kein problem. Meine familie hat sich noch nie darüber beschwert weil sie die wahrheit kennt.

    Wünsche einen schönen Tag

    Gastone

    😃
  • @Sopäd14

    ich habe lediglich die erste Seite mehr oder weniger überflogen, auch im Hinblick zum ausführlich gelesenen Startbeitrag die daraus entstandene meinung nicht zu verfälschen (also meine Meinung dazu ... )

    Deine zweite Erklärung dann, die hab nun ich nicht mehr verstanden, der Startbeitrag war besser formuliert!

    Also, ich verstehe das so:
    Jede Behinderung in ihrer Definition ist stets ein Konstrukt und keine objektive Wirklichkeit. Ein Beispiel: Ein von Geburt aus blinder, der nie die Erfahrung des Sehens gemacht hat, ist ja in der Definition behindert. Aber ist er es wirklich aus seiner "Sicht" herraus? Ein später erblindeter, ok, dem fehlt dann etwas aber der geburtsblinde kennt es gar nicht anders. Ist er eingeschränkt? Ich meine. nur bedingt! Es ist "relativ" aus welchem Standpunkt herraus man es betrachtet. Ein völlig geistig verwirrter, der fühlt sich zumeißt selbst gar nicht in irgend einer Form "beschränkt" oder "eingeschränkt" (höchstens wenn man ihn "wegfängt" und in einer geschlossenen Anstalt einsperrt. )

    "Behindert" ist lediglich eine Maßeinheit, die jedoch für jeden anders definiert wird. Immer im jeweiligen (zumeißt) geistigen Level. Das ist ähnlich wie: Wer den Verstand hat, in Gänze und völliger Erschließung, die Vorgänge im Gehirn zu erklären, der wird ganz andere Fragen haben als sich mit für ihn sowas "leichtem" zu beschäftigen - es ist immer eine Frage des Standpunktes oder Sichtwinkels. Im Endeffekt weiß niemand so wirklich, wie jeder einzelne seine Welt um sich herum warnimmt - es gibt lediglich eine Meßlatte von ein par klugen Köpfen aufgestellt, was ist normal, was ist über- oder hochbegabt, was ist der Norm nicht entsprechend und dem zu Folge behindert (in welcher Art auch immer) ...

    ich z.B. bin psychisch krank, frühverrentet mit gerichtlich bestellten Betreuer (schizoide Persönlichkeitsstörung, chronische Depression ect.) , psychisch krank also geisteskrank also behindert (nicht körperlich aber vom Geiste her) . So, nun aber: wie will man das definieren oder messen, denn dem Thema kann ich ja (aus meiner Sicht) durchaus folgen und es verstehen.

    Was überhaupt sagt "Behinderung" aus? Sie sagt aus, das der Betroffene in Teilbereichen nicht die zu erwartende Leistung erbringen kann. Und selbst das ist noch nicht einmal richtig, denn ein mongoloid erkrankter ist zumeißt in Teilbereichen absolut hochintelligent, an ein Genie grenzend. (ich hatte auf meinem Zimmer in der Psychiatrie einen solchen, den wollt keiner um sich haben und auch ich hatte da wirklich meine Schwierigkeiten denn er war sehr schwierig aber als der anfing über Computer zu sprechen ... der hätt 1:1 selbst einen bauen können, der verstand die Schaltkreise der Microprozessoren als wärs ein Radio aus den 50ziger Jahren! Da fällt einem das Kinn auf den Tisch!)

    Was uns dazu führt, wozu gibt es eigentlich den Status "Behindert" ? Es ist ein geschaffener Schutzbereich, Betroffenen trotz ihrer Einschränkungen ein würdevolles Leben zu ermöglichen, sie je nach ihrer Leistung entsprechend daran teilhaben können ohne ausgegrenzt zu werden. Denn wer bemißt, ob eine Leistung dem Individuum gerichtet, gut oder schlecht ist? Gäbe es den Status nicht: der "behinderte" leistet sein ihm bestmöglichstes und der "normale" bewertet es als: er sei faul. Deshalb ist der Status wichtig, bzw. das es ihn gibt.

    Das Problem ist lediglich, daß das Wort "Behindert" eine Bewertung dar stellt und dann kommt man in Seminaren dann auf so abstruse Ideen, ob Behinderung ein Konstrukt der Wirklichkeit sei ... (kiecher) ... aber zum Glück ist es den Hirnzellen egal, wie sie beschäftigt werden, hauptsache, sie werden beschäftigt. Nur eine Nervenzelle, die nicht gereizt wird, verkümmert letztendlich.
  • Hallo, ist dieses Thema noch aktuell? Zumindest ist es nicht geschlossen....

    [quote] "Behinderung ist eine Konstruktion und somit keine objektive Wirklichkeit"[/qoute]

    Behinderung - etwas oder jemand (ist) behindert.
    Konstruktion - Synonym für: Struktur, Fiktion, Erbauung, Herstellung, Anordnung, Skizze [...]
    objektiv - Synonym für: sachlich, tatsächlich, ungebunden, nüchtern, unvoreingenommen, unbeeinflussbar, neutral, unparteiisch
    Wirklichkeit - Synonym für: Realität, Korrektheit, Gewissheit, Existenz


    Behinderung möchte ich so stehen lassen, weil die Krankheit hier im Vordergund steht. Denn als Synonym ist bei "Behinderung" durchaus wohl "Hemmung" zulässig, nur als Beispiel. [zu den anderen Beispielen]

    Somit die Aussage in anderen Worten, wo ich aber selbst mir ein klares Bild von machen kann:
    "Behinderung ist eine Skizze und somit keine unbeeinflussbare Gewissheit".


    Ja, dem stimme ich zu!
    Ich kenne mehr Menschen, die bereits an ihren Depressionen erliegen, als Menschen, die tatsächlich sich nicht mehr bewegen können. Das mag auch daran liegen, dass ich mehr Menschen mit Depressionen kenne, als körperbehinderte Menschen. (Eine Studie wäre gewiss interessant, wie viele körperbehinderte Menschen aufgrund ihrer Körperbehinderung nicht mehr am Leben teilnehmen können oder wollen. Und wie viele Menschen sich zurückziehen aufgrund ihrer psychischen Behinderung.)

    Mit einer Behinderung geht auch jeder Mensch individuell um. Somit ist das Wort "Behinderung" ein Konstrukt, das sich jeder selbst schafft. Dazu gehören: Motivation, Lebenswille, Erfahrungswerte, Hoffnung, Widerstandskraft, individuelle Ressourcen. Gewiss auch Gemeinschaft, Glaube und so weiter. Alles geht miteinander her. Kampfgeist sich nicht unterkriegen zu lassen.


    Wäre die Behinderung eine Klarheit, ein Faktum, bräuchte es keine Behandlungsmöglichkeiten. Es wäre ganz klar. Nicht behandlungsfähig. Ist es aber! (Fast) jede Erkrankung ist "behandlungsfähig", wenn der Mensch es möchte. Sobald sich der Mensch selbst aufgegeben hat, ist dieser nicht mehr behandlungsfähig. Liegt aber nicht primär an der Erkrankung selbst, sondern am Hadern des eigenen Seins. Diese Einstellung ist behindernd, wieder etwas mehr Lebensmut zu bekommen. Mit den Dingen, die gekonnt werden, die möglich sind.

    Würde zum Beispiel auch der Herr Hawking sich so zeigen, wie er "aussieht".... nie hätte er die Ergebnisse erzielt, die er nun erreicht hat! Ebenso, wenn er mit seinem Schicksal lange gehadert hätte und sich dabei so selbst aufgegeben hätte. Hat er aber nicht! So ist er der, der er ist. Stephen Hawking halt - kann nur durch Augenbewegungen auf seinem Sprachcomputer kommunizieren. Er lässt sich nicht behindern!


    Wo ich beim letzten Punkt bin:
    Wenn Menschen andere Menschen behindern, dann ist es sehr schwer, sich aus diesen Fängen zu befreien. Aber hoffentlich nicht unmöglich. Und dann ist die eigentliche Behinderung die Hinderung, die von anderen Menschen ausgeht (weil nicht überfordert werden mag, weil kein Vertrauen vorhanden ist, wegen Ungeduld, wegen...... alles mögliche).



    Schlussworte:
    Man kann sich selbst behindern und man kann behindert werden (von anderen Menschen). Aber solange gelebt wird, ist eine Entwicklung möglich. Schon allein die Zeit. Ich rede hier weniger von Menschen, die im "Wachkoma" zum Beispiel liegen. Sondern von Menschen, wie Du und ich. Die zwar einen Schwerbehindertenausweis haben, trotzdem in der Lage sind, einen Computer zu bedienen (auf welche Art und Weise auch immer). Wir alle sind handlungsfähig. Wir können denken. Wir können dazu lernen. Das ist unser Glück. Und ich mag es gar nicht, wenn ich zum Beispiel höre, dass meine Vergangenheit etwas mit meiner Gegenwart zu tun haben könnte. Das kann sie und meine Vergangenheit baut auf die Gegenwart auf. Trotzdem kann ich die Gegenwart ändern. Das ist mein Glück, das ist meine Chance. Ich möchte mich nicht behindern lassen. Ich suche nach einem Weg, zu meinem zu Hausen, in einer Welt, die nicht meine ist.




    Nachtrag:


    Ich las gerade: "Normalität" ist ein Maßstab. Ja, "Normalität" geht vom Durchschnitt aus. Was ist aber, wenn einige Menschen gar nicht zu Wort kommen? Wer misst "den Durchschnitt"?

    Bei den Autisten vor allem höre ich öfter, wer hier eigentlich "normal" ist. Einige Autisten heben sich gerne von den "Nicht-Autisten" ab. Sehen sich als "die besseren Menschen". Dieser kleine Teil ist aber gar nicht besser als die "Nicht-Autisten". Denn beides ist Mensch. Mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen, Kommunikationsfähigkeiten, Wahrnehmungsgegebenheiten. Diese verschieben sich bei Nicht-Autisten, wie auch bei Autisten. Kein Mensch ist gleich. Und das ist auch prima so.

    Ich sage, dass die meisten Menschen eher unfreundlich sind. Das ist meine Wahrnehmung. Weil ich vielleicht auf andere so wirke, dass man mir gegenüber nur unfreundlich sein kann. Vielleicht habe ich aber auch einen anderen Maßstab, was Freundlichkeit betrifft. Denn auch viele Menschen sehen mich als unfreundlich an. Nicht alle. Vielleicht ist das ein Maßstab. Vielleicht lerne ich auch eher die falschen Menschen kennen. Normalität ist auch eine in den Köpfen geregelter Maßstab. Hat aber nichts mit der "allgemeingültigen Wirklichkeit" zu tun.


    Ich mag mich. Mit all meinen Eigenheiten, Macken, Defiziten, Unannehmlichkeiten. Für mich ist das "gesund". Das ich mich mag, ist mein Fokus. Dies ist meine Mitte. Die Behinderung ist vielleicht ein Teil von mir. Macht mich als Menschen aber nicht aus. Ich bin Greta.
  • Sopäd14 hat geschrieben:
    Hallo alle Zusammen,

    ich studiere Sonderpädagogik und wir bereiten im Moment eine Art Rollenspiel zu folgender These vor:

    "Behinderung ist eine Konstruktion und somit keine objektive Wirklichkeit"

    Wir finden die Sicht von Menschen mit Behinderung ist in diesem Fall sehr wichtig. Wir fragen uns, was Menschen mit einer Behinderung bezüglich dieser These denken.Es wäre super toll, wenn ihr eure Ansichten und Meinungen dazu schreibt!

    Viele Liebe Grüße



    Es ist beides.

    Meine Behinderung ist objektive Realitaet und fuehr zu objektiven Einschraenkungen, zu objektiven Defiziten und Maengeln, es gibt Dinge die ich nicht, schlechter, nur mit hoeherem Risiko etc. als andere tun kann. Es gibt mit meinem Handicap eindeutig auch im sozialen Bereich Nachteile - die nicht konstruiert sind sondern die andere Gruende als das rational diskutierbare haben - die erheblich sind, und die sehr unangenehm sein koennen. Also objektiv ist einige im argen, ganz
    ohne wenn und aber.

    Und dann gibt es das konstruierte, was sich die Gesellschaft (aber auch man selbst) "selber" einbrockt.

    Es geht auch weiter, es gibt dann Verirrungen, Ellipsen, es gibt aufgepropfte Sonderbarkeiten und Dinge, die eine Mischung aus weiterer objektiver und subjektiver oder gesellschaftlich normierter Fragwuerdigkeit sind.

    Ich denke, im Alltag bekommt man die beiden Aspekte selten klar getrennt, meist irgendwie vermischt. Insofern ist deren Trennung ev. nicht immer so sinnvoll.

    Beispiel:

    Habe ich nach anstrengender Arbeit mit der Prothese am Stumpf einen aufgrund Reibung / mechanischer Belastung unvermeidbaren Ausschlag bekommen, werde ich die Prothese zwei drei Tage nicht tragen. Das sind harmlose Schuerfungen aehnliche Hautreizungen, und mit etwas Creme drauf schmieren ist es nach 2-3 tagen meist wieder gut. Gehe ich dann an solchen Tagen Mittagessen, so stoert sich ev. jemand aufgrund seiner Annahme, ich haette etwas ansteckendes an der Haut, und setzt sich nicht an meinen Tisch. Da ich aber unbeholfene Leute, die sich ob mir auch nur irgendwie und egal warum stressen, eh nicht unbedingt am gleichen Tisch haben muss, sondern es mir dann allein auch bedeutend woehler ist, ist mir dieses Missverstaendnis voellig egal, bzw., werde ich keine besonderen Anstrengungen unternehmen, um den Stumpf besonders abzudecken oder zu verstecken. Es ist wie es ist, und diese Falschinterpretationen, "Konstrukte", Verirrungen oder so, sind dabei zwar nicht immer besonders gut fundiert oder sogar bedeutungsfrei an sich, aber man kann sie trotzdem mal abwarten und zu Ende feuerwerken lassen, denn vielleicht passt das, was an Komplikation entsteht, anderweitig wieder in die Landschaft?




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