Hat jemand Erfahrungen mit einer Endo-Exo-Oberschenkel-Prothese, wie Sie z.B. von Dr. Aschoff in Lüb

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  • Die Situation ist seither eher verfahren.

    Einerseits sind da die paar wenigen Aerzte, die Patienten mit solchen Bolzen versehen. Liest man dieser Studien genau, wird da "ungenau zitiert" bzw., so sehe ich das,gelogen, wenn es darum geht, die Probleme mit konventionellen Prothesenschäften als krass darzustellen. Sie haben das Problem (irgendeine Studie von 2010 soweit ich mich erinnere) dass entgegen der Behauptung man sei dann mobiler und Schaftprobleme los, dass innnert der ersten drei Jahre 40% der Patienten eben eine Infektion im Bereich des Implantats haben. Mechanisch gesehen sind die Drehmomentwerte eher arg hoch, die ich auf meinem Arm habe bei Tätigkeiten wo es "drauf ankommt" (der Rest ist für diese Diskussion im Grund uninteressant), bei denen also ein Drehmomentbegrenzer ausklonken oder der Bolzen ausbrechen würde - und das würde dann bei hartem Biken, bei schwerer Arbeit etc. schon ein Problem.

    Andererseits ist da die Forschung. Man weiss ja dass Osseointegration laut Vater Branmark im Gebiss-/Zahnbereich recht gut funktioniert, bei Amputierten am kaputten Arm oder Bein weniger, was Infekt angeht (unbesehen mechanischer Fragen) - und in einer 2015 Studie steht nun dass tatsächlich Zahnfleischschleimhaut (Gingiva) sich drei vier mal besser an Implantate heftet als Haut, also, normale Haut. Weiter ist man da offenbar nicht.


    Langfristig limitierend sind für den FLAECHENDECKENDEN Einsatz meines Erachtens,
    - dass ein herausragender Bolzen SEHR sonderbar aussieht und das Intimleben massiv bedroht,
    . dass mechanische Belastbarkeiten weiterhin nicht lösbar sein dürften und man dadurch keine wirklich (WIRKLICH) extrem belastbaren Versorgungen hinbekommen wird,
    - und dass ein Restinfektionsrisiko stets "zu hoch" sein wird, da andere Faktoren (auch ohne Gefässerkrankung ist zB mein Stumpf ausserordentlch schlecht durchblutet und heilt so schon kaum) nie kontrollierbar sein werden.
    - dass auch angesichts dessen Kassen kaum viel Geld in sowas reinbuttern werden und
    - die Mehrzahl von Leuten mit Amputation keine Lust auf privat bezahlte Kosten von mehreren Hundertausend Euros haben (inkl. Prothesenspezialversorgung etc.) wenn das Ergebnis nicht strahlend sonnnig super am Himmel stehen wird.

    Kurzfristig limitierend ist, dass die Infektionsraten so hoch sind, dass wenn man das nicht will (also eine Infektion) man als Träger einer Osseointegration wohl wie jemand mit Immunsuppression also einen entsprechend eingeschränkten Lebensstil haben wird - keineswegs ist der Lebensstil dann "in jeder Hinsicht freier". Dann geht man eben nicht in den See, nicht dahin und dorthin, man muss andauernd an der Wunde rumputzen. Sicher sind die Schwimmbäder, wo ich hingehe, "öffentliche Bäder" und da trägt man Augen-, Ohren-, Fuss- oder Hautinfekte mit raus wenn man noch so gesund ist, das ist Alltagswissen. Da mit einer chronischen offenen Wunde rein wäre grobfahrlässig - weswegen wir hier im Forum auch die echten Aufklärungs-/Einverständnisbögen für Osseointegration nicht offen und ehrlich frei vorgelegt kriegen dürften. Auch ist die mechanische Belastbarkeit eben nicht stets als maximal zu erwarten, und "Reparaturen" können Frakturen von Bolzen oder Knochenstumpf, oder chirurgische oder medikamentöse Infektbehandlung bedeuten - teuer, schmerzhaft, riskant.

    Natürlich sind Schaftprobleme auch Probleme, aber ihr Stellenwert ist nicht ganz so nahe am Eingemachten, am eigenen Leib. Da benötigt es eher eine sehr gute Kommunikation, ein Verständnis für die drohenden oder entstehenden Hautprobleme, und vielleicht technische Optionen oder Varianten, die es sich zu kennen lohnt. Ich habe das umfassend bearbeitet und mich gut beraten lassen, mein Orthopädietechniker, meine Dermatologin, alle schlau - ich war mit meiner Prothese mit dem Fahrrad letzte Woche auf dem Stilfserjoch, und gestern am heissesten Julitag habe ich mit einer ca. 3kg schweren Maschine die ganze Hecke geschnitten, mein Stumpf hat gerade mal NICHTS an Hautveränderung oder Ausschlag. Nichts. Ich bin voll dahinter. Und auf diesem Gebiet gibt es neu ja die High Definition Schäfte (seit einigen Jahren aber auch schon, von Randall Alley), bei myoelektrischen Armen sind da neu Magnetelektroden, etc. etc.
  • Hallo Swissair1, du siehst das alles so schwarz und schließt von deiner exzellenten Prothesen-versorgbarkeit auf alle anderen. Eine Beinprothese ist doch was ganz anderes als eine Handprothese.

    Ich beobachte die Endo-Exo-Lösung seit einiger Zeit und habe auch mit Dr. Grundei, dem Erfinder desVerfshrens gesprochen. Ich persönlich bin mit der OS-Orothese, was den Alltag betrifft, ganz gut versorgt. Wenn ich die Nach- und Vorteile beider Systeme für mich vergleiche, entschließe ich mich in Moment nich nicht für eine Endo-Exo. Beim Sport würden sich damit aber völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Ob sich dafür der Aufwand und Risiko rechtfertigt???? In Moment für mich eher nicht.

    Das Verfahren aber generell abzulehnen ist nicht berechtigt. Wenn jemand nicht anderweitig versorgbar ist, kann er nicht viel verlieren. Wenn ein Stück vom Stumpf verliert, mit dem er eh nichts anfangen kann, verliert er nicht sooo viel.
    Das infektionsrisiko ist an den Haaren herbei gezogen. Man muss ja nicht gerade in der Kloake tauchen. Fürs Schwimmbad gibt es immer noch die Möglichkeit, einen Liner drüber zu ziehen. Die Infektionen, die man sich üblicherweise im Schwimmbad fängt, sind normalerweise beherrschbar. Es kommt sicher auch auf die kognitiven Fähigkeiten des Anwenders an, damit umzugehen.

    Was die Festigkeit des Implantates angeht, wird man wohl weniger Schiffbruch erleiden. Es ist kein Verfahren für einen halbtoten Opa um noch schnell was bei der Krankenkasse abzurechnen. Es betrifft eher vitale und aktive Anwender. Hier ist eher eine gute Knochenvitalität anzunehmen.

    Die Rotationsfestigkeit des Implantates ist höher, als der Knochen selbst. Daher gibt es eine Torsions-Sicherung mit Abscherstiften, die der Anwender selbst wechseln kann. Riskanter ist die Festigkeit des Knochen unmittelbar oberhalb des Implantates. Hier sehe ich aus Ingenieur-Sicht ein Sturz mit gestreckten Bein auf seitlich auf die Hüfte... Ich meine, das Leben ist nie ohne Risiko. Wer so stürzt, kann dich auch was anderes verletzen. Und wer sich als Einbeiner die Hand bricht, ist auch Blöd dran.
    Ein OS-Halsbruch bei Endo-Exo lässt sich genau so versorgen, wie bei jedem anderen auch.
    Selbst auf eine evtl. neues Hüftgelfnk wurde gedacht. Das Imlantat hat oben dafür ein Gewindesnaxhluss.




  • einbein hat geschrieben:Die Infektionen, die man sich üblicherweise im Schwimmbad fängt, sind normalerweise beherrschbar. Es kommt sicher auch auf die kognitiven Fähigkeiten des Anwenders an, damit umzugehen.


    Kognitive Fähigkeiten? Haha, was Du denn genommen : ) Es kommt etwas auf das Bad an, was man so einfängt ; ) und wer da alles reingeht. Wenn Du also wo unterwegs bist, wo Deine kognitive Fähigkeiten reichen, da irgendwas an Infekten zu vermeiden, weiss ich verglichen zu hier sehr genau, was da auch alles sonst nicht passiert in Deinem Bad, oder vielleicht ist auch der Eintrittspreis über 20 Euro, das limitiert vielleicht auch. Damit ist aber noch nicht fertig mit Kognition ; ) ... gibt es denn auch den umgekehrten Standpunkt? Also etwa Badeordnungen? Erzähl doch mal : )

    einbein hat geschrieben:Was die Festigkeit des Implantates angeht, wird man wohl weniger Schiffbruch erleiden. Es ist kein Verfahren für einen halbtoten Opa um noch schnell was bei der Krankenkasse abzurechnen. Es betrifft eher vitale und aktive Anwender. Hier ist eher eine gute Knochenvitalität anzunehmen.


    Ich las etwa vor 2 Jahren in einer Studie, dass bereits bei 37 Nm ein osseointegrierter Oberarmknochen bricht; Frage an Radio Eriwan, sind Unterarmknochen dünner als Oberarmknochen und brechen tendenziell erst bei mehr oder weniger Belastung. Und wenn man dann den Drehmoment für das Heben von 30-40 kg Gewicht rechnet (etwa: Hebel Unterarm / Ellbogen), sind wir bei 120-160 Nm. Und egal wieviel jetzt ist das jedenfalls nicht wesentlich unter 30 Nm, wo wir sein sollten um mit so dünnen Bölzchen glücklich alt zu werden : ) Dass man da eine ganze Grössenordnung falsch liegt, weiss jeder der so Zeug wirklich rumstemmt.

    B. Welke, C. Hurschler, M. Föller, M. Schwarze, and T. Calliess, “Stiffness and ultimate load of osseointegrated prosthesis fixations in the upper and lower extremity,” BioMedical Engineering OnLine, vol. 12, iss. 1, p. 70, 2013.

    einbein hat geschrieben:Ich meine, das Leben ist nie ohne Risiko. Wer so stürzt, kann dich auch was anderes verletzen.


    Ums vorwegzunehmen, in öffentliche Hallenbäder gehst Du dann nicht mehr so ohne weiteres, einerseits weil Badeordnungen (eine zivilisatorische Errungenschaft ohne Frage) das Baden mit offenen Wunden hierzulande doch eher so ein bisschen verbieten, andererseits weils aus der Sache heraus ausgemachter Unsinn ist. Also sind wir beim Thema klare Einschränkung angelangt. Es verdichtet sich schon so - Du sagst ja, ältere Personen mit Osteoporose etc., auch solche ohne Enkelkinder, werden von der Methode nicht so stark profitieren, aber im ganz oberen Belastungsbereich wirds auch eher dünn. Oder dann, klar, hat man halt eine Rabattkarte beim örtlichen Notfalldienst. Alles im Leben ist eine Abwägung. Und zum als menschliche Puppe unbelastete oder nur sehr limitierte Hände am Festland umherzuschwenken, eignet sich so eine Osseointegration bestimmt. Damit ist der aktive Lebensstil auch draussen.

    Die Hauptleistung, die im Netz von Verfechtern dieser Implantate erbracht wird, ist ja das Kleinreden von Infektrisiken. Schau her, wenn in der Garderobe der Bäder Obdachlose nicht nur sichtbar sind sondern Du sie über 3 Abteile hinweg auch riechst, wenn das Wasser trüb trübe ist, und Du trotz perfekter Schwimmbrille dann echte Infekte im Auge etc. kriegst, ist es nicht schwer, das Infektrisiko für so ein Bolzenloch grob etwa zu benennen. Dass solche Vermutungen und Alltagserfahrungen dann dazu führen, dass auch hartnäckigste Verharmloser ihre Kunden auch vor solchen Badebesuchen warnen bzw. verbieten, deckt sich das klar mit bestehenden Badeordnungen - das zu erkennen gelingt den meisten auch ohne weiterführende besondere Kognition. Wenn dann in irgendwelche Foren Bolzenträger von dauernden wiederholten Infekten schreiben, oder mir dieser eine Mensch mit dem Armimplantat von täglich löffelweise rahmgelber Flüssigkeit erzählt die ihm da rausläuft, wo Staph. aureus drin wächst, während dem er an der vorhandenen Hand ein chronisches Ueberlastungsproblem kriegt, ja dann relativiert sich das alles schon so. Also, doch klar, kann man machen - muss man aber nicht? Je nach Möglichkeiten rechnet man sein Risiko vorher wenigstens etwa und ungefähr aus ; ) "Man muss doch nicht jeden Fehler selber machen?" - "Doch, aus Fehler lernt man".
  • Hallo Swisswuff1, du bist ja ein perfekter Experte in der Sache.

    Wie geschrieben, man muss Nutzen und Risiko abwägen. Wenn dein Risiko dem Nutzen unterliegt, ist das doch deine Entscheidung. Ich glaube auch nicht, dass ich mir bei deinen Stumpfverhältnissen eine Endo-Exo verpassen lassen würde. Ich mache es ja auch nicht bei mir.

    Zum Thema Hallenbad: Unsere Stadz hat ein Bad mit 6 Bahnen und an 60/Woche auf. Davon fallen 44 h in Zeten, an denen kein normaler Arbeitstätige Zeit hat. Bleiben also 16h/Woche für "die Öffentlichkeit". Wenn sich idealerweise 6 Leute eine Bahn teilen wolltem und jeder 1 h drin ist, könnten maximal 576 Leute regelmäßig schwimmen gehen. Es gehen aber wenn es hoch kommt, max. 400 Leute / Woche in das Bad. Bei 180.000 Einwohner. Du siehst also, dass maximal 0,2% der Bevölkerung regelmäßig ins Bad schwimmen gehen. Warum sollten bei den Amputierten mehr schwimmen gehen? Vielleicht sind es doppelt so viele. Ein paar gehen auch noch vereinzelt im Hochsommer ins Freibad. Lass es am Ende mal 1% der Bevölkerung sein, die mindesteens einmal im Jahr in ein Schwimmbad geht.
    Wenn also höchsten 1% der Amputierten mit dem Schwimmbadproblem konfrontiert werden könnten, Vielleicht sind es auch 2%, warum willst du dann 98% der Betroffenen das vorenthalten.
    Meines Wissens sind bisher höchstens 150 Patienten überhaupt mit einer Endo-Exo versorgt. Woher nimmst du deine Gewissheit, dass das für alle diese 150 nichts ist?

    Zum Thema Infektionen: Das Schwimmbad ist ein Paradies für Keime. Mit den allermeisten kommt der normal gesunde Mensch problemlos zurecht. Außer ein Fußpilz hab ich mir im Schwimmbad noch nichts geholt. Auch wenn ich Schrammen und Scheuerstellen habe. Den Pilz kriegt man mit der richtigen Salbe problemlos in den Griff. Viel gefährlicher als das Beckenwasser, ist die Türklinke am Eingang. Aber man braucht es ja nicht sinnlos herauszufordern. Ich habe mir auch die Frage gestellt, wie ich damit umgehen würde und bin zu der einfachen Lösung gekommen, dass man in dem Fall ja einfach neen Liner anziehen kann. Damit sind alle Spatzen gefangen: Keine offene Wunde mehr, kein Kontaktrisiko mit dem Beckenwasser.

    Du musst es mal so sehen, Du hast eine Hand. Damit kann man ja recht problemlos leben. Nicht so gut Holz hacken, oder Bogen schießen, aber du kommst ja zurecht. Als Einbeiner musst du entweder mit dem Rollstuhl rumfahren, hüpfen oder mit Krücken laufen, wenn du keine Prothese nutzen kannst. Bei letzterem bist du außer dem Bein, auch noch die Hände los, weil die ja mit den Krücken beschäftigt sind. Für den, der auf normale Weise nicht mit einer Prothese gut versorgbar ist, ist die Endo-Exo-Lösung ein riesen Zugewinn an Lebensqualität. selbst wenn es nur auf Zeit wäre oder er vielleicht aufs Schwimmen verzichten sollte.

    Ich will das Endo-Exo-System nicht schön reden, aber auch wegen eventuell auftretbaren Problemen nicht nieder machen.

    Die Ausgangsfrage war, ob jemand Erfahrung damit hat. Du hast sie ja offensichtlich nicht, lässt dich aber sehr ausführlich darüber aus.