erfahrung mit berufsbildungswerken?

hallo leute,

ich habe eine verwandte, die im rollstuhl sitzt und schon letztes jahr ihr abi gemacht hat. leider hat sie bisher aber keinen ausbildungsplatz gefunden. die arbeitsagentur hat ihr vorgeschlagen ihre ausbildung in einem berufsbildungswerk zu machen. sie weiß aber nicht, ob sie das will...

deshalb hier meine frage: hat irgendwer erfahrung mit BBWs? egal ob positiv oder negativ, erzählt´s mir einfach!

danke 😀

viki1211
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Antworten

  • Hallo viki,

    ich selbst war nicht im BBW, weil mein Arbeitsamt das damals nicht auf die Reihe bekommen hat.

    Wenn Deine Freundin schon in etwa weiß, welches BBW es wäre, kann sie sich das ja auch mal vor Ort anschauen.

    Wie wäre es denn alternativ mit einem Studium?

    Das Magazin HANDICAP hat gerade einige Artikel von mir zu diesem Thema veröffentlicht.
  • Hallo viki,

    ich habe vor langer Zeit im BBW-Neckargemünd eine Berufsausbildung gemacht. Das Ausbildungsniveau war ganz o.k. Ein Betriebspraktikum fand auch statt. Bei der Arbeitsuche ist so ein Abschluß kein Handicap, denn du erwirbst dort die gleiche Qualifikation. Aber es ist halt keine betriebliche Ausbildung. Das merkt man wenn man nach der Ausbildung in einem Betrieb anfängt zu arbeiten. Man merkt das man gegenüber jungen Kollegen mit betrieblicher Ausbildung ein Defizit hat.

    Ich wollte das damals nicht, hatte aber keine andere Wahl, weil das Arbeitsamt mir den Zugang zum freien Arbeitsmarkt verweigerte. Ich habe zwei Jahre in diesem erlernten Beruf gearbeitet und anschließend noch eine zweite Berufsausbildung auf dem freien Arbeitsmarkt in meinem Wunschberuf gemacht. Wärend meiner Zeit im BBW-Neckargemünd gab es einen jungen Mann, der dort zwar seine Lehre anfing, sie aber in einem Betrieb fortsetzte. Er hatte sich so lange weiter beworben, bis er was gefunden hatte. Die Lehrstelle im BBW nahm er trotzdem an. Er nutze es als Sicherheit für den Fall das er nichts anderes bekommt.

    Das rate ich auch Deiner Verwandten. Bevor sie keine Lehrstelle auf dem freien Arbeitsmarkt bekommt und arbeitslos bleibt, sollte sie eine Ausbildung in einem Berufsbildungswerk anfangen. Aber sie sollte sich weiter bewerben und verscuchen eine betriebliche Ausbildung zu machen. Was ist schon dabei das erste Ausbildungsjahr in einem BBW zu machen und danach in einem Betrieb fort zu setzten.

    Gruß Karin


  • @ justin

    für meine verwandte käme leider nur ein fernstudium in frage. das problem ihrer meinung nach ist da nur, dass sie dann ja fast nur zuhause sitzt und dann leidet der soziale kontakt. ausserdem hat sie angst, später keinen arbeitsplatz zu finden, wenn sie jetzt schon keine lehrstelle gefunden hat.

    wo bekommt man denn das neue magazin?


    @ karin

    mir hat die arbeitsagentur damals auch eine normale ausbildung verweigert. ich hab mich quasi aus trotz und weil ich wusste, dass das bbw nichts für mich ist, bei firmen und betrieben beworben. und überraschung: eine firma war bereit mich trotz meines handicaps auszubilden.
    die begründung war:"wenn ein so großer betrieb wie wir, ihr nicht die chance geben, wer dann?"

    zu meiner verwandten:
    sie müsste dann wahrscheinlich auch dort übernachten, also wie in einem internat. musstest du das damals auch? darum macht sie sich nämlich die meisten sorgen. wie die pfleger sind und so-

    gruß viki1211
  • Hallo Viki,

    das Magazin Handicap kannst du zB im Internet unter www.handicap.de bestellen. Dort bekommst du sogar ein Probeheft der aktuellen Ausgabe gratis: http://www.handicap.de/modules.php?name=Probeheft

    Liebe Grüße von
    Michaela
  • Hallo viki,

    ich habe damals im gleichen Ort gewohnt und nicht in dem Internat. Ich war Pendler. Aber ich habe viel Zeit in den Wohnbereichen verbracht, weil wir viel Spaß miteinander hatten. Die Betreuung und Pflege war in Ordnung. In den Wohngruppen mit pflegebedürftigen Jugendlichen arbeiten nicht nur Erzieher, sondern auch Pflegekräfte, die rund um die Uhr für einen da sind. In Neckargemünd gab es damals im BBW viele Sport- und Freizeitangebote. Langweilig wird einem da nicht. Aber es ist halt ein sehr geschützer Raum und was völlig anderes als das was einem im Leben erwartet. Das ein Rollifahrer der mitten im Leben steht lieber auf dem freien Arbeitsmarkt ausgebildet werden möchte, kann ich gut verstehen. Die EU unterstützt dies überigens. Jeder hat das Recht voll integriert zu werden wenn er das gerne möchte. 😉 Übrigens, damals als ich in Neckargemünd war, bekamen die Jugendlichen alle zwei Wochen eie Heimfahrt bezahlt.

    Lieben Gruß von der anderen Rheinseite 😉
    Karin
  • Hallo Viki,

    auch ich war vor Urzeiten in einem BBW zur Ausbildung als Bürokauffrau, in Hannover, das zum Annastift gehört. Ich habe da übernachtet, obwohl ich aus dem Landkreis Hannover komme, was mir damals auch sehr gut getan hat. Ich bin dadurch viel selbständiger geworden. Heute siehts auch im BBW Hannover anders aus, meine Ausbildung war von 1980 bis 1983...es hat sich einiges geändert, früher war man meist zu zweit in einem Zimmer, heute gibts meines Wissens wohl hauptsächlich EInzelzimmer...aber google doch einfach unter Berufsbildungswerken
  • was meiner verwandten zugetragen wurde, ist, dass das pflegepersonal in solchen einrichtung wohl nicht immer ganz ok ist.
    weiß nicht ob das stimmt, aber deshalb macht sie sich zum teil sorgen...

    gruß viki1211
  • Hallo viki,

    Du das muß aber nicht sein. Das kann auch eine persönliche Erfahrung sein, die nichts mit der Qualität der Pflegekräfte zu tun hatte. In Deutschland werden Pflegekräfte recht gut ausgebildet. Deshalb könnte es hilfreich sein, sich vorher genau zu erkundigen, was das für Leute sind, die dort im BBW pflegerische Hilfe leisten. Es ist richtigt, das man mit unausgebildetetem Personal schon mal schlechte Erfahrungen machen kann. Das liegt aber eher an dem, der sie anlernt. Jeder kann nur so gut arbeiten wie es ihm beigebracht wurde.

    Hat Deine Verwandte die Möglichkeit in diesem BBW ein paar Tage zur Probe zu wohnen bevor sie sich für eine Ausbildung entscheidet? Zum Beispiel für ein einwöchiges Praktikum oder so ähnlich? So könnte sie testen ob sie sich dort wohl fühlen könnte. Schließlich geht so eine Ausbildung ja über mindestens drei Jahre.

    Gruß Karin
  • hallo karin,

    das mit dem praktikum ist eine gute idee. ich werde das mal meiner verwandten vorschlagen und ihr auch sagen, dass sie sich genauer über das pflegepersonal informieren soll. soweit ich weiß, käme für sie das bbw in neuwied in frage...

    hast du noch eine andere idee, was sie (außer dem bbw) machen kann, weil sie ja keine ausbildung hat?
  • Hallo viki,

    ich noch mal mit meinem Studiums-Vorschlag 😃

    Wieso käme denn für Deine Freundin nur ein Fernstudium in Frage? Ein Studium an einer Präsenzuni ist doch nichts anderes als eine Ausbildung wie im BBW - nur eben mit anderem Schwerpunkt.

    Mit einer höheren Qualifikation steigen in der Regel auch die Chancen einen Arbeitsplatz zu finden.
    Außerdem ist das Studium auch eine interessante Zeit in der sie viele Lebenserfahrungen sammeln wird.
  • eine präsenz-uni kommt nicht in frage, weil meine verwandte nicht sonderlich mobil ist. sie sitzt im rollstuhl und kann sich mit diesem nur über seeehr kurze strecken selbstständig fortbewegen und das auch nur auf "glatten" oberflächen.
    außerdem muss sie dann ja immer von einer fakultät zur nächsten, was für sie aus den eben genannten gründen nicht einfach ist.
  • Und im BBW wäre sie mobiler?

    Also, es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um diese Einschränkungen während eines Studiums auszugleichen. Sie sollte wirklich mal einen Blick in die aktuelle HANDICAP werfen.

    Michaela hat Dir ja schon den Link geschickt, wo Ihr sogar ein kostenloses Probeheft bekommt 😀
  • Hallo Viki,

    welche Behinderung hat denn Deine Bekannte? Mir hatte die Agentur damals auch gesagt, dass ich auf dem freien Arbeitsmarkt nicht vermittelbar bin und ich hab mich selber weiter beworben. Vielleicht sollte sie es bei der Stadt oder dergleichen mit der Ausbildungsstelle probieren. Krankenkassen nehmen auch gerne Menschen mit Behinderung als Azubi (zumindest hatte ich kein Problem und andere nach mir auch nicht)
  • Hallo Viki,

    hier kommt der Link zum BBW Hannover. Das gehört wie schon gesagt zum Annastift. Da kann man eine ARbeitserprobung machen, die max. 4 Wochen geht. In 4 Wochen kann man das Haus und das Personal kennenlernen, und auch in Erfahrung bringen, ob man für den bestimmten Beruf geeignet ist. Na klar kann man da nur etwas reinschnuppern, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Im BBW sind glatte Fußböden, also für Rollis geeignet, teilweise sind an den Wänden Stangen zum festhalten, für die stark gehbehinderten etc...

    http://www.annastift.de/cfscripts/main_bereiche_bbw_bervor.cfm?show_hiddentext=2044&teaser_text=0&textstelle=310

    Lies Dich schlau 😃
  • viki1211 schrieb:
    eine präsenz-uni kommt nicht in frage, weil meine verwandte nicht sonderlich mobil ist. sie sitzt im rollstuhl und kann sich mit diesem nur über seeehr kurze strecken selbstständig fortbewegen und das auch nur auf "glatten" oberflächen.
    außerdem muss sie dann ja immer von einer fakultät zur nächsten, was für sie aus den eben genannten gründen nicht einfach ist.


    Hallo viki,

    das sehe ich aber anders. Deine Freundin könnte eine Rollizughilfe, zum Beispiel einen Swiss-Trac beantragen, mit dem sie auch mit Einschränkung der Hände/Arme größere Distanzen auf dem Campus zurück legen kann. http://www.swisstrac.ch/ Einen Swiss-Trac kann sie jeder Zeit von ihren Rolli trennen und hat so in Räumen ihre gewohnte Beweglichkeit. Außerden besteht die Möglichkeit wärend des Studiums von Assistenten begleitet zu werden. Deine Cousine wäre nicht die erste rollifahrende Studentin, die stark auf Hilfe angewiesen ist und trotzdem eine Uni besucht.

    Ich selber würde jeder Zeit wieder eine Ausbildung auf dem freien Arbeitsmarkt vorziehen.
    Egal welche Hindernisse dafür zu meistern sind, es lohnt sich immer.
    Nur wenn es keine Alternative gibt, würde ich eine Behinderteneinrichtung akzeptieren.

    Übrigens, Justin weiß wovon er redet, er hat es selber erlebt und sich durchgeboxt. 😉

    Lieben Gruß
    Karin
  • @ carvus75

    bei mir war es auch so ähnlich: mir wollte die arbeitsagentur keine chance auf dem arbeitsmarkt geben und, wie ich fand, in ein bbw abschieben. habe mich trotzdem bei firmen beworben und einen ausbildungsplatz bei einer großen firma, die sogar damit werben gerne auch behinderte einzustellen, bekommen.

    zu meiner verwandten:
    ihre "erkrankung" konnte nie genau diagnostiziert werden. auf jeden fall ist es so, dass ihre muskeln schwächer als normal sind. deshalb kann sie nicht laufen und sitzt im rolli. ihre bewegungsfreiheit in den armen ist aber auch etwas eingeschränkt. sie kann also schreiben, tippen, essen etc. aber z.b. keine schweren sachen heben, weshalb sie auch im falle einer ausbildung einen arbeitsassistenten kriegen würde.

    ein problem für sie bei der präsenz-uni ist auch, dass der tag dort durchaus lang und anstregend sein kann. normalerweise ruht sie sich am tag etwa eine stunde aus. und das ginge ja nicht so gut, wenn sie den ganzen tag in der uni wäre und da könnte es sein, dass sie sich auf die dauer überanstrengt...
    ich hoffe, man versteht das. 😺
  • Hallo viki,

    ich werde jetzt ein letztes Mal für ein Studium "werben". Denn ich persönlich finde es schwachsinnig, sich von seiner Erkrankung behindern zu lassen, wenn es um die weitere Zukunft geht. Aber letzten Endes muss das jeder selbst wissen...

    Der von Karin erwähnte SwissTrec wäre auf jeden Fall ein nützliches Hilfsmittel. Assistenz ist ohne Frage auch möglich. Erst recht, wenn sie die eh bräuchte.

    Was die Überanstrengung betrifft, so ist es möglich in Kooperation mit den Behindertbeauftragten der Uni und den Fachbereichen einen individuellen Studienplan zu erstellen, der genügend Luft lässt.

    An den Unis gibt es Ruheräume für Pausen zwischendurch.

    Studium geschieht übrigens nicht nur von montags bis freitags und von 8 bis 16 Uhr im Hörsaal 😉

    Weitere Infos, wie gesagt, im aktuellen HANDICAP.

    Also, das war nun mein letzter Apell an Euch, die Möglichkeit eines Studiums nicht von vorn herein auszuschließen. Besonders da Deine Freundin Abitur hat. Schließlich geht man nicht 13 Jahre zur Schule, um dann Bürokauffrau zu lernen... (nichts gegen diesen Beruf 😉 )

    Solltet Ihr trotzdem weiter am BBW festhalten, werden wir Euch dabei selbstverständlich unterstützen. Wobei es ja dazu schon einige gute Hinweise gab.
  • @ justin

    danke für das kompliment: ich habe auch, wie meine verwandte, abitur gemacht und werde trotzdem ende august eine normale ausbildung als kauffrau für bürokommunikation beginnen. 😃 studieren ist einfach nichts für mich.

    meine verwandte hat sich mittlerweile das handicap-magazin bestellt und auch den bericht über das thema studium gelesen. es war für sie sehr interessant und aufschlussreich. sie hat sich auch einen beratungstermin in der fernuni hagen geben lassen.
    eine präsenz-uni hält sie auch nicht mehr für so problematisch wie vorher. (dank "gewisser" werbung) 😎 wahrscheinlich sollte sie sich dort auch erstmal einen beratungstermin geben lassen und natürlich muss sie sich noch entscheiden, was sie studieren will...
    gibt es denn irgendeine möglichkeit für eine art behindertentransport oder so, der sie zur uni und wieder zurückbringt?


  • Hallo viki,

    vielen Dank für Deine Rückmeldung!

    Natürlich muss jeder selbst entscheiden, was für ihn persönlich das Richtige ist. Aber ich halte nun mal nichts davon, eine Möglichkeit nur aufgrund des eigenen Handicaps von vorn herein auszuschließen.

    Wenn Du das als "Werbung" empfindest, okay.

    Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit eines speziellen Fahrdienstes. Meist sind die jedoch sehr unflexibel, deshalb gäbe es sogar für Deine Bekannte die Möglichkeit, ein Auto zu bekommen. Weitere Infos dazu auch in der Broschüre (okay, es ist eher ein Buch), der ISB. Erhältlich unter http://www.studentenwerke.de/main/default.asp?id=06103
  • Hallo also ich sollte auch die Ausbildung in der srh Neckargemünd gemacht
    Ich habe es auch getan als ich angefangen hatte hat mir jemand gesagt du sag mal weißt du was SRH heißt und da ich in dem Moment noch nicht wußte sagte er ganz einfach schnell raus hier 😛 oder einfach man kommt gesund rein auser halt sein Handicap und kommt krank wieder raus
    Ich sehe es an mir 👿


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