Ich möchte hierzu einige Erfahrungen teilen:
Neurodiversität in Grossbritannien:
Ich bin Autistin und habe auf meinen Reisen nach Grossbritannien und Irland bemerkt, dass dort die Akzeptanz für Menschen, die "anders ticken" viel grösser ist als in der Schweiz. Grossbritannien und Irland könnten also ein Reiseziel für neurodiverse Menschen sein, allerdings könnten Betroffene bei der Rückkehr traurig werden, dass die Akzeptanz in ihrem Heimatland nicht oder nur unzureichend gegeben ist. Mir ging es so. Falls ich länger lebe, würde ich gerne nach Irland oder Grossbritannien auswandern, aber im Moment habe ich bezüglich meiner Lebensdauer resigniert. Obwohl meine Lebensdauer aus medizinischer Sicht nicht eingeschränkt ist, erlaube ich mir derzeit das Leben nur noch bis maximal Juli 2024, aber das ist eine Thematik für einen anderen Thread.
Barriere(un)freiheit in Glasgow:
Letzten Herbst bin ich mit meiner Mutter, die am Rollator geht, nach Glasgow gereist. Glasgow selbst ist mit Rollator oder Rollstuhl nicht zu empfehlen, wie wir feststellen mussten. Da die Bahnstationen nur zu 50% barrierefrei sind, ist man auf Bus, Taxi oder Mietauto angewiesen. Wir haben beide keinen Führerschein und sind für ein Musikfestival nach Glasgow gereist. Während solchen Anlässen sind die Taxis meist überlastet, da es zu wenige hat. Für treppensteigende Fussgänger gibt es jedoch tolle Bars, in denen auch regelmässig Konzerte stattfinden. Es kann allerdings sehr voll werden.
Flughafenassistenzen:
Die Assistenz am Flughafen Glasgow ist sehr kompetent und kann sich auch an spezielle Fälle gut anpassen. Durch Rufsäulen bei den Parkplätzen und Taxihaltestellen kann (und soll) die Assistenz bereits vor dem Check-In herbeigerufen werden und begleitet von da an.
Am Flughafen London Heathrow ist die Infrastruktur gut ausgebaut, das Assistenzpersonal ist jedoch aufgrund des enormen Passagieraufkommens oft gestresst und vergisst manchmal Dinge. Man muss also regelmässig auf seine Bedürfnisse hinweisen, damit diese wahrgenommen werden.
Am Flughafen Zürich ist die Assistenz etwas unsinnig organisiert. Die Erwartung ist, dass unterstützungsbedürftige Menschen sich erst nach dem Check-In bei der Assistenz melden. Für alleinreisende mobilitätseingeschränkte Personen ist dieses Vorgehen teilweise ungeeignet. Für diese Personen ist zu empfehlen, dass Angehörige bis dorthin begleiten, wo die Assistenz übernimmt. Das Assistenzpersonal selbst ist freundlich und kompetent, sie sind aber teilweise durch unsinnige Vorgaben seitens der Chefetage in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt.
Bahnfahren:
In Grossbritannien haben viele Bahnhöfe noch Passagierüberführungen mit Treppen. Lifte wurden und werden nachgerüstet, sind jedoch noch nicht überall vorhanden und fallen des Öfteren aus. Die neueren Nahverkehrszüge verfügen über einen flachen Einstieg, der jedoch an älteren Bahnhöfen nicht niveaugleich mit dem Bahnsteig ist. Fernverkehrszüge haben oft noch Treppen bei den Einstiegen und können somit von vielen mobilitätseingeschränkten Personen nicht selbstständig bestiegen werden. In den Zügen werden alle Durchsagen zeitgleich schriftlich auf Bildschirmen abgebildet.
In der Schweiz verfügen alle neuen Züge, sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr, über einen flachen Einstieg. Bei kleineren und älteren Bahnhöfen kann ein Niveauunterschied zwischen Bahnsteig und Zug entstehen. Ob ein Zug mit dem Rollstuhl selbstständig bestiegen werden kann (können sollte), kann im Online-Fahrplan der SBB einfach überprüft werden.
Die neuen FV-Dosto Züge der SBB weisen Mängel sowohl für Reisende mit als auch ohne Behinderung auf. So sind die Rampen beim Aussteigen zu steil, die Handläufe für Sehbehinderte ungünstig platziert und wenn der Zug über eine Weiche oder in eine Kurve fährt, schüttelt er unangenehm. Die FV-Dosto fallen auch oft aus, denn wenn die Elektronik spinnt, fährt er nicht. Meiner Meinung nach war der FV-Dosto ein Fehlkauf.