Ist ein behinderter Mensch krank?

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Mein Sohn (24) ist seit Geburt schwerbehindert (100%, Merkmale: G, H, GL, RF) und lebt mittlerweile in einem Behindertenwohnheim. Mehrere male im Jahr hole ich ihn zu mir und pflege und betreue ihn dann.
Bisher habe ich dafür pro Jahr 2-3 Tage Sonderurlaub bekommen.
Im letzten Jahr hat sich die SUrlV geändert und nun sagt mein Arbeitgeber, dass neben dem Schwerbehindertenausweis auch ein Nachweis über eine ärztlich bescheinigte Krankheit vorliegen muss.
Dies ist für mich unverständlich, weil doch die Erkrankung (Herzfehler, Taubstumm, geistige Behinderung) schon durch den Behindertenausweis vorliegt. Deshalb die Frage: Ist ein behinderter Mensch Krank?

Antworten

  • MyHandicap User
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    Nun, die Schwerbehinderung deines Sohnes wird doch sicher einen medizinischen Namen haben, oder?
    Ich nehme an, das ist es, was mit "Krankheit" gemeint ist. Und das müsste dein Hausarzt (bzw der deines Sohnes) dir eigentlich jeder Zeit bescheinigen können.
  • Hallo,

    puh.. die Diskussion hab ich stundenlang mit meiner Freundin geführt. Sie ist blind und daher behindert. Ich bin aber aufgrund von chronischen Erkrankungen behindert. Sie ist der Meinung, dass Behinderung keine Krankheit ist, ich schon. Weil meine Erkrankung führt halt zu der Behinderung und die Erkrankung ist nicht weg, nur weil ich jetzt behindert bin. Wir sind aller Diskussion zum Trotz nie auf einen grünen Zweig gekommen und haben es aufgegeben.

    Also.... wenn dein Arbeitgeber eben auch die Auffassung meiner blinden Freundin vertritt, dann würde ich dir empfehlen ihm einfach das ärztliche Attest vorzulegen. Die Erkrankung muss in dem Attest nicht benannt werden, das kann weiter unter die Schweigepflicht fallen. Wenn du kein Problem damit hast, die Erkrankungen, die zur Behinderung geführt haben und ggf. immer noch führen, dann lass den Hausarzt sie auflisten. Ansonsten lass ihn halt schreiben, dass dein Sohn eben ärztlich attestiert chronisch krank und behindert ist.

    Jumanji
  • Kannst dein Anliegen direkt an das zuständige Integrationsamt stellen. Können meistens mit dem Arbeitgeber eine schnelle Lösung anbieten. Am besten persönlich dort vorsprechen.

    Oder lass dir eine Bescheinigung ausstellen vom Behindertenwohnheim.

    Kannst auch den Bescheid vom Versorgungsamt kopieren und dem Arbeitgeber vorzeigen, nicht abgeben !

    Das Problem ist eben, dein Sohn ist volljährig.
    Liebe Grüsse
    berndf

  • MyHandicap User
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    Da ich gerade wenig Zeit habe..
    mein Freund hoher Querschnitt..ist mehrfacher Weltmeister im Rollstuhlmarathon und "stand" bei Olympiaden mehrfach auf dem Treppchen der Sieger.
    Ist der "krank" ? Ich wüdre sagen er hat ein Handycap.... und Schnupfen...im Winter 😀
    LG Thomas
  • Hallo zusammen,
    zunächst vielen Dank für die Beiträge zu meiner Frage.
    Da ich bereits seit der Geburt meines Sohnes für ihn kämpfe, kenne icxh natürlich auch die Wege, die ich beschreiten könnte.
    Was mich stört ist aber mehr die Auslegung einer gesetzlichen Norm (Sonderurlaubsverordnung) im Bezug auf meine Tätigkeit mit meinem Sohn.
    Warum muss ichn als Vater eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, wenn ich mein schwerbehindertes Kind (auch wenn er bereits 24 Jahre alt ist) betreue und dafür bis zu 4 Tage Sonderurlaub (in meinem Fall 2 Tage) beantrage.
    Es geht mir nicht darum, dass ich keine Bescheinigung bekommen würde; es geht mir hier mehr uns Prinzip.
    Er ist ja amtlich festgestellt und mit dem Schwerbehindertenausweis als hilflos, erheblich gehbehindert, gehörlos und stumm ausgewiesen. Deshalb die Frage: Warum eine zusätzliche ärztliche Bescheinigung?
    Grüße an alle
    Martin
  • MyHandicap User
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    Zur Frage krank gleich/ungleich behindert halte ich es wie Breather. Ich bin schon seit langen durch einen Halswirbelbruch (Badeunfall) querschnittgelähmnt, GdB100, aG, H, B.
    Aber ich fühle mich nicht nur, ich bin ausgesprochen gesund. Einmal im Quartal bin ich zwar beim Hausarzt, aber nur weil ich ein Rezept benötige. Er meinte nach 2 1/2 Jahren sollte ich auch mal wieder in die Sprechstunde. Ok, er hat mich auch schon "harter Knochen" genannt. 😛
    Was ich damit sagen will ist folgendes. Meine Behinderung bringt natürlich einige Einschränkungen mit sich, aber ich empfinde meine Behinderung für mich persönlich als Normalzustand. Zumindest so normal, dass ich mich nicht daran störe, schon gar nicht unter ihr "leide". Mit meiner Behinderung lebe ich, arbeite, gehe meinem Freizeitaktivitäten nach usw.
    Wenn ich krank bin, sieht das ganz anders aus. Bei einer Krankheit kann ich mein bisheriges Leben (inkl. Behinderung) nicht mehr in der gewohnten Weise weiter führen. Spätestens am dritten Tag stehe ich bei meinem Doc auf der Matte und hoffe auf eine Behandlung. Ein weiterer Punkt. Unter einer Krankheit leide ich, irgendwie. Das Wort "leiden" ist jetzt vielleicht etwas zu hart ausgedrückt, aber unter einer heftigen Erkältung (Krankheit) leide ich weitaus mehr als unter meinem Querschnitt. Daher ich habe meine Behinderung noch nie als Krankheit oder gar Leiden bezeichnet.

    Zum Problem des TE

    Wegen gehörlos, stumm, gebehindert wird ja niemand krank geschrieben, ebenso wenig wie ich wegen meiner Querschnittlähmung. Ebenso wenig geht daraus ein besonderer Pflege und Betreuungsbedarf hervor. So gesehen kann ich den Arbeitgeber verstehen, zumal man nicht davon ausgehen kann, dass ihm bekannt ist was hinter dem Merkzeichen "h" steckt.(ich habe ja auch das h")
    Ich gehe jetzt einfach davon aus, dass dein Sohn eine Pflegestufe hat. Bei Pflegestufe 1 zwar nicht, aber bei Stufe 2 oder 3 ist ein Arbeitsloser von der Vermittlung freigestellt. Daher ich denke beim Nachweis einer entsprechenden Pflegestufe (sprich Betreuungs- und Pflegebedarf) sollte das mit dem Sonderurlaub klappen. Aber nur auf Grund der Schwerbehinderung wohl eher nicht


    ps. Dass es keine Pflegestufe 1-3 mehr gibt ist mir bekannt
  • MyHandicap User
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    Sind behinderte Menschen Krank???

    Eine gute Frage, da sie von zwei verschiedene Seiten Betrachtet werden muss!
    Die Seite aus rechtlicher Ansicht:
    Ich denke auch, das unter dem Begriff "Behinderung" die verschiedensten "nicht normale Gesundheitszustände" anzutreffen sind.
    a) Eine behinderter Mensch ist: „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit ....für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. (Auszug aus dem §2 Absatz 1 Sozialgesetzbuch IX)

    Weicht also die typische Gesundheit einer Person ab vom normalem typischen gleichaltrigen Person ist man "nicht Gesund"
    "nicht Gesund = Krank"

    b) Definition von "Krank": Sozialversicherungsrechtlich wird unter Krankheit das Vorhandensein einer Störung verstanden, die eine Behandlung im Sinne von medizinischer Therapie und Krankenpflege erfordern und eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat oder haben kann.

    Nun mag man zu den Begriffen stehen wie man möchte.
    Geht es um rechtliche "Vorteilnahme", weil man eine Behinderung oder auch Erkrankung hat
    (soziale Absicherung: Krankenschein, EM-Rente, Krankengeld, REHA-Maßnahmen, Sonderurlaub, SB-Ausweis + Nachteilsausgleiche, Steuererleichterung usw.)
    sind betroffene Personen gerne bereit unter diese Personengruppe eingeordnet zu werden, sofern es ein Vorteil verspricht.

    Spricht man eine "behinderte Person nach Punkt a)", nach dem akzeptieren seine "Gesundheitszustandes", an, empfinden überwiegend diese Menschen sich nicht als "Krank" - im Sinne was gesunde Menschen über Menschen mit Behinderung denken.
    Ein Mensch der mit seiner Behinderung zu Leben versteht, würde sich nicht als Krank bezeichnen, siehe Kommentar vom User Breather (außer er hat Männerschnupfen 😃 ), sondern durch viele Lebensumstände behindert im Gegensatz zu "gesunden Menschen".

    Aber wie gesagt, um es "gesellschaftlich und zum Verständnis in rechtlicher Hinsicht" in Schubladen abstecken zu können, sind behinderte Menschen Krank - da sie nicht dem "Gesundheitsverständnis" in unserer leistungsorientierten Wirtschaftssystemen der Gesellschaft (Gesellschaftsnormen) entsprechen.

    🥺 rollispeedy 🥺


    (Der "Krankheitsstatus" sagt der Schwerbehinderten-Bescheid, Pflegestufen-Bescheid usw. aus. Eine Forderung eines Nachweises einer medizinische Diagnose an Dritte unterliegt dem Datenschutz!)
  • MyHandicap User
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    Hallo,

    hast Du denn mal in den Gesetzetext geschaut und geprüft, was da genau steht?

    Grundsätzlich soll es nicht so sinnvolle Gesetze gelegentlich ja geben : ) Ich würde in dem Fall, wo Du wahrscheinlch die geforderte Bescheinigung recht einfach bekommen hast, empfehlen: nicht aufregen, in die Schublade blödsinnige Gesetze ablegen und keine Energie darauf verwenden...
    Besten Gruß, ananim
  • MyHandicap User
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    Eigentlich sehe ich es fast so wie Thomas der Beatmer .Leider werden Die Worte behindert oder krank ab und zu negativ verwendet im schlimmsten Fall wird jemand mit Down Syndrom als Möngi beschimpft .
    Bei dem geschilderten Fall habe ich eher das Gefühl die Beamten seien behindert und sehen vor lauter Paragraphen den Mensch nicht mehr .:.................................Sie haben den Kopf verloren Kommen sie doch bei uns vorbei damit wir das sehen können und dann müssten sie noch das Formular C23 ausfüllen .
  • MyHandicap User
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    Hallo,
    ich stimme dir zu, dass es wahrscheinlich etwas unglücklich vom Staat definiert ist, dass man den Behindertenausweis plus Attest (bzw. Bescheinigung über Krankheit) einreichen muss. Aber wahrscheinlich ist es am Besten du befolgst den bürokratischen Regeln einfach ohne dich zu sehr aufzuregen. Die Zeit investierst du besser in die gemeinsame Zeiten mit deinem Kind.
    Viel Erfolg