Angestellter mit MS worauf muss ich achten?

Guten Tag

Über einen Artikel über Multiple Sklerose bin ich zu diesem Forum gekommen.

Ich bin ein Arbeitsgeber, und hatte heute ein vielversprechendes Bewerbungsgespräch mit einem jungen Mann für eine Stelle in unserer Firma als IT-Crack. Er hat eine gute Ausbildung, beste Referenzen und ich möchte ihn sehr gerne einstellen.
Der Bewerber war mir gegenüber ehrlich und sagte mir, dass er MS in einem frühen Stadium habe. Das ist für mich und die Firma eigentlich kein Problem, ich möchte mich aber informieren, womit ich es zu tun habe.
Wie wird sich die MS auf ihn auswirken, wie schnell verläuft die Krankheit. Worauf muss ich als Arbeitsgeber achten? Welche Anpassungen am Arbeitsplatz werden nötig sein?

Ich hoffe, dass Sie mir bei meinen Fragen weiterhelfen können, damit diese Zusammenarbeit zustande kommt und funktionieren kann.

Besten Dank und freundliche Grüsse
Bob

Antworten

  • Hallo Bob_Geldof

    Erst mal herzlich willkommen in unserem Forum.
    Sehr schön und erfreulich, dass du dich mit dem Thema auseinandersetzt und versuchst, auf die Bedürfnisse deines (zukünftigen) Angestellten einzugehen.

    Das beste ist sicher, wenn du mit ihm selbst darüber spricht, was er braucht und welche Unterstützung sinnvoll wäre. Ich habe deine Frage aber noch an unsere Fachexperten weitergeleitet und sicher bekommst du bald eine Antwort.

    In der Zwischenzeit erhälst du sicher auch von den Usern wertvolle Hinweise.

    Viel Spass in unserem Forum und liebe Grüsse
  • Hallo Bob,

    erst einmal finde ich es toll, das du als Arbeitgeber sofort sagst das es für dich kein Problem ist einen chronisch kranken Menschen einzustellen.

    Zu deinem Problem.
    Im Grunde kann dir keiner sagen was auf dich und deinen Bewerber zu kommt. Der Verlauf bei MS ist so unterschiedlich wie das Wetter jeden Tag. Es gibt so viele MSkranke die haben vielleicht einen oder zwei Schübe in ihrem Leben. Aber, eben immer wieder das berümte aber, es gibt eben auch die, wo die MS so agressiv verläuft das sie schnell z.B. im Rollstuhl landen.
    Und genau deshalb kann dir eigentlich keiner so genau sagen was auf dich als Arbeitgeber zukommt.
    Aber eben deshalb würde ich mir an deiner Stelle keine großen Gedanken machen.
    Was sein kann, das er je nach Basistherapie eventuell 2 Tage die Woche mit leichten Erkältungerscheinungen auf der Arbeit erscheinen kann. Was aber weder ansteckend noch problematisch ist. Denn je nachdem wie seine Basistherapie ist muss er sich bis zu 3 mal die Woche Inteferon spritzen, was Symptome wie eine Erkältung mit Fieber hervorrufen kann. Wie gesagt. Kann. Bei mir war es so, das ich nie Probleme hatte damit und die Spritzen nie gemerkt habe.

    Rechnen wir jetzt den schlimmsten Fall, das er in 2 oder 3 Jahren im Rollstuhl landen sollte, brauchst du dir eigentlich auch keine Gedanken machen wegen eventueller Umbauten. Denn da hast du selber nur bedingt mit zu tun. Das sind z.B. Kosten die Träger wie die Rentenkasse und das Arbeitsamt tragen. Diese sind über jeden chronisch Kranken froh der trotz seiner Krankheit arbeiten geht. Und da denke ich, ich sehe grade das du aus der Schweitz bist, das es bei euch auch so ist wie hier in Deutschland. Eventuell sogar besser wie hier.

    Was passieren kann und womit du rechnen solltest. Aber da kommt es eben auch wieder auf die agressivität der MS an, das er auch mal eine Woche ausfallen kann. Denn bei allem positiven sollte man das negative nicht ganz ausser acht lassen. Wobei man da jetzt nicht von ausgehen kann, aber es sollte eben auch bedacht werden.

    Bei mir war es so, das 2005 einen sehr großen Schub hatte. Ich war 4 Monate Krank. Die ersten 2 bis 3 Wochen waren schlimm, da ich sehr hoch dosiertes Cortison bekommen habe. Aber danach ging es. Und da ich trotz Krankschreibung weiter Kontakt zur Firma hatte und wenn es ging auch dorthin gefahren bin, ich habe immer versucht den Chef weitestgehend auf dem laufenden zu halte, hat sich mein Chef dazu entschieden mir die Arbeit nach Hause zu bringen. Alleine schon damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt. Er wollte ein Atest meines Arztes haben das dies aus Gesunheitlicher sicht OK ist. Und so habe ich, dann aber eben bei freier Zeiteinteilung, Computer bei mir Zuhause zusammengebaut. Das konnte ich machen wie es die Gesundheit zugelassen hat. Ging es nicht mehr machte ich eben Pause.
    Aber wie du siehst geht es eben auch so.

    Aber zurück zu deinem Problem.
    Rechne einfach erst mal mit garnichts. Denn keiner kann dir sagen wie die MS bei ihm verläuft. Es kann auch sein das er 20 Jahre in deiner Firma arbeitet ohne das irgendwer merkt das er MS hat.

    Gruß
    Volker
  • Die Auswirkungen einer Multiplen Sklerose (MS) auf die berufliche Tätigkeit sind sehr individuell und schwierig einzuschätzen. Das hängt ganz davon ab, welche Symptome auftreten und ob sie für das Ausüben der beruflichen Tätigkeit im Einzelfall relevant sind. MS kann – muss aber nicht zwingend - krankheitsbedingte Abwesenheiten am Arbeitsplatz verursachen. Auf der anderen Seite sind MS-Betroffene oft überdurchschnittlich gut qualifiziert und engagiert. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Diagnose sind viele besonders pflichtbewusste und zuverlässige Mitarbeitende. Es liegt somit im Interesse aller, das Arbeitsverhältnis auch bei Krankheit fortzusetzen oder eine Person mit MS einzustellen.

    Werden die Bedürfnisse des Arbeitnehmenden und die Anforderungen der Arbeitgeberseite klar angesprochen, ist der Weg frei für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die Fachleute der Schweizerischen MS-Gesellschaft bieten Arbeitgebenden umfassende Beratung für die Gestaltung eines Arbeitsverhältnisses mit MS-betroffenen Mitarbeitenden.
    Für Fragen stehen sie Ihnen jeweils von Montag – Freitag von 9 – 13 h an der MS Infoline gerne zur Verfügung: T 0041 844 674 636.
    Zudem empfehlen wir Ihnen das beiliegende Infoblatt „MS und Berufstätigkeit: Informationen für Arbeitgebende“, dem Sie weitere wichtige Informationen und Überlegungen entnehmen können.

    Freundliche Grüsse
  • Hallo zusammen

    Danke für euren Input!

    Der "Schnuppertag" verlief sehr gut, und der Arbeitsvertrag ist unterschrieben!

    Freundliche Grüsse
    Bob
  • Hallo Bob,
    ich könnte Sie "knutschen" leider gibt es von Ihrer Sorte an Arbeitgebern
    nur sehr sehr wenig. Evtl. möchten Sie mich auch einstellen?

    Beispiel: Meine Diagnose steht seit 10 Jahren. DIAGNOSE wohlgemerkt.
    diese hat wirklich nur Probleme bereitet, nicht jedoch die Erkrankung selbst!
    Pech, bin im MRT aus anderen Gründen gelandet, dies war eine Zufallsdiagnose in
    meinem Fall.

    Für Sie als Arbeitgeber. Es gibt ungefähr ca. 120.000 MS-Diagnostizierte in Deutschland. Davon sind ca. 6000 ganz ganz schlimm betroffen, d.h. Sie sind innerhalb von kurzen Jahren im Rollstuhl, haben Schübe und werden/müssen, dann leider berentet werden.

    Die ca. restl. 114.000 MS-Diagnostizierten, mit denen übrigens bedingt durch die Pharmaindustrie viel viel Geld gemacht wird, obwohl durch die WHO-britische Gesundheitsorganisation in England bekannt sind, dass Frühtherapien wie Copaxone, Avonex, Rebif und Betaferone unwirksam sind bzw. max. 13% Wirksamkeit haben, haben
    einen EDSS von 1.0 bis 3.0, d.h. Sie sehen diesen Menschen rein äusserlich
    keinerlei Erkrankung an.

    Glücklicherweise ist die Zeit nun langsam gekommen, wo es in die Köpfe der Menschen, vor allem der Arbeitgeber hineingeht, dass mehr und mehr Menschen mit
    MS diagnostiziert werden, das aufgrund der MRT´s , sprich es gehen immer mehr kleine Fische ins Netz, Menschen denen evtl.mal der dicke "Fuss" kribbelt, oder die Hand
    und nichts weiter.

    Früher, bevor es die MRT s gab, ca. vor 20 Jahren, sind nur die Fälle aufgefallen, die Wirklich ernsthafte Funktionsstörungen hatten, leider durch unsere Hochschulmedizin heute, gehen immer mehr Menschen ins Netz.

    Um Ihre/Deine Frage Bob also nun zu beantworten. Es ist jetzt am Anfang nicht
    vorherzusagen, wie der VERLAUF Ihres evtl. neuen Mitarbeiters sein wird, dazu ist seine Diagnose noch zu frisch. Es kommt auch darauf an, wie er überhaupt ins MRT kam, ob wegen z.B. Kribbeln in den Beinen oder einem Kribbeln im Gesicht. Die Ärzte sind heutzutage nicht in der Lage, eine vernünftige Vorhersage zu treffen und nehmen als "Hausnummer" die ersten 5 Jahre. Wenn nach den ersten 5 Jahren kaum oder so gut wie keine Symtome aufgetreten sind, ändert sich das "Gesicht" der MS meist nicht mehr und es bleibt meist beim harmlosen Verlauf, aber auch für diese Regelung gibt es keine
    Garantie.

    Nun nehme ich mal mich als Beispiel. Da meine Diagnose bereits seit 10 Jahren steht und mein EDSS 1.0 ist (sprich habe Zeichen im Hirn nämlich Läsionen) sonst nichts.

    Dadurch das MS eine unerforschte Krankheit ist, wissen die Ärzte leider selbst nicht so genau, warum es sehr sehr harmlose Verläufe gibt, warum schlimme und "fassen dies" unter dem Dachmantel MS zusammen.

    Was möchte ich Dir jetzt sagen. Niemand auch ich nicht, kann Dir sagen, wie es bei dem jungen Mann wird! er kann Schübe bekommen, er kann auch wie ich, keine bekommen!(Ich persönlich KANN das Wort KANN nicht mehr hören/lesen etc.pp, denn MS heisst: ALLES KANN, nichts MUSS!!!!)
    niemand wird Dir einen Garantieschein dafür ausstellen.

    Ich möchte Dir einfach zum Ausdruck bringen,MS ist heutzutage aufgrund unserer Hochschulmedizin NICHT MEHR DIE UNERBITTLICHE KRANKHEIT die grundsätzlich zur UNBEWEGLICHKEIT oder in DEN ROLLSTUHL führt.

    Ich möchte Dir somit sagen, wenn Du den jungen Mann einstellen möchtest, er
    auf Dich einen guten Eindruckk macht, gib ihm die Chance!!!! MS ist nicht so schrecklich, wie "im Volksmund" immer gesagt wird.

    Solltest Du als Arbeitgeber dennoch Angst haben, könntest Du einen Gehaltszuschuss
    für ihn beantragen (sofern das Arbeitsamt überhaupt von seiner Diagnose weiss, sonst natürlich nicht) und schauen. Wenn man eine MS-Diagnose bekommt hat man, sofert man sich überhaupt beim Versorgungsamt meldet, automatisch und NUR AUFGRUND von Diagnose
    sofort 30%.

    Also Bob, gib ihm die Chance, MS ist nicht so schlimm, wie behauptet wird! beim grösseren Teil der MS-Diagnostizierten nicht.

    PS: da auch ich ehrlich bin. Trotz meiner EDSS 1.0 (nichts sichtbar) bin ich nicht
    mehr zu 100% Belastungsfähig, soll heissen, ich bin schneller müde jetzt nach 10 Jahren MS-Diagnose. Ob das aufgrund von MS oder augrund der wahnsinns Probleme, die man ernsthaft bekommt wenn man diese Diagnose gestellt bekommt, kann Mir und auch anderen noch nicht mal der Arzt sagen!

    also, ich hoffe ich konnte Dir helfen, für eine gute Entscheidung hinsichtlich Einstellung des jungen Mannes!!!!


    ==============================================================================
    Hier mal ein Text von einem Neurologen für Dich, damit Du meinen Sätzen mehr glauben schenkst:

    Vor Einführung der Kernspintomographie war die Diagnose einer MS außerordentlich schwierig, und es gab, grob eingeteilt, drei Gruppen von MSBetroffenen:

    Zur größten gehörten die, die eine leichte Form der MS hatten,
    diese aber nie bemerkten. Man sprach von klinisch „stummen“ Verläufen,
    die z.B. als Zufallsbefund bei Obduktionen zutage traten.

    Die zweite Gruppe stellte eine Grauzone dar: Patienten, die zwar ein oder mehrere Male Symptome erlitten hatten, die den Verdacht auf eine MS weckten, der aber letztendlich nicht zu erhärten war. Hierzu gehörte auch eine Vielzahl von Menschen, bei denen sich die Ärzte mit ihrer Diagnose zwar sicher waren, die aber schwiegen, weil sie die überwiegend jungen Menschen nicht beunruhigen wollten und auf einen günstigen natürlichen Verlauf hofften. Das war zu rechtfertigen, denn die therapeutischen Möglichkeiten, auf den Krankheitsverlauf einzuwirken, waren damals gleich Null. Tatsächlich kam bei vielen von denen, die eine MS hatten, es aber nicht wussten, die Krankheit von selbst zum Stillstand und sie entgingen so der statistischen Erfassung.

    Die letzte Gruppe war die kleinste. Sie bestand aus den Krankheitsfällen,
    die so dramatisch verliefen, dass sie einfach nicht übersehen werden
    konnten. Da aber nur diese Verlaufsformen für epidemiologische Untersuchungen
    zur Verfügung standen, wurde das Bild der MS durch die ungünstigsten
    (und damit am besten zu diagnostizierenden) Verläufe geprägt.

    Die Situation änderte sich schlagartig, als in den 70er Jahren des vorigen
    Jahrhunderts die Kernspintomographie in die klinische Diagnostik eingeführt
    wurde. Während zuvor die Diagnose zu schwierig gewesen war, war
    sie jetzt zu leicht. Überspitzt gesagt: Die Kernspintomographie hört die Flöhe
    husten. Immer häufiger wurden immer leichtere MS-Erkrankungen diagnostiziert,
    so dass die Prognose der früher so gefürchteten Krankheit immer
    günstiger wurde. Heutzutage kann davon ausgegangen werden, dass die
    MS in mehr als zwei Drittel der Fälle einen milden Verlauf nimmt, also die
    Lebenserwartung nicht wesentlich verkürzt und zu keiner oder nur einer unwesentlichen Behinderung führt.



    PS: Der Anteil der 'stummen' MS betrug vor Einführung der Kernspintomographie etwa 50%.
    [u]
Diese Diskussion wurde geschlossen.