Ausbildung mit Behinderung = Kindergeld ?

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Hallo,

ich bin 22 Jahre alt und habe einen GdB von 70 und das Merkzeichen "G" für Gehbehinderung.

Im September fange ich eine Ausbildung als Verwaltungswirtin im Beamtenstatus an.
Hierfür muss ich auch umziehen und eine eigene Wohnung unterhalten.

Meine Frage ist jetzt, ob ich weiterhin Kindergeld in Anspruch nehmen kann.

Ich werde so ca. 915€ Brutto verdienen, was im Kalenderjahr 10980€ sind und die Grenze von 8004€ deutlich überschreiten.

Ich bin jetzt am überlegen, was ich alles abziehen kann, damit ich unter die Grenze komme.
Ich habe zuerst an eine doppelte Haushaltsführung gedacht, so dass ich die zweitwohnung absetzten könnte, jedoch geht das nicht, da ich im Heimmatwohnort nur ein Zimmer bei meinen eltern habe und keine eigenständige Erstwohnung.

Also bleibt mir, soweit ich das richtig sehe, folgendes:

- der Werbungskosten-Pauschbetrag von 920,-€
- Schwerbehinderten-Lohnsteuer-Pauschbetrag von 890,-€
- Fahrtkosten (3000km pro Jahr) von 900,-€
- Ausbildungsfreibetrag bei auswärtiger Unterbringung von 924,-€
- Krankenversicherung (?,-€)

Kann ich das alles so abziehen, wie ich das aufgelistet habe oder gilt einiges davon als Werbungskosten (außer der Werbungskostenpauschbetrag) und fällt somit weg, wenn ich den Werbungskosten-Pauschbetrag abziehe?

Das ist irgendwie im Internet alles ziehmlich doof erklärt. Beim Kindergeld steht nur, dass Kinder über 25 Jahren mit Behinderung Kindergeld bekommen, wenn Sie nicht selbst für sich sorgen können, was bei mir ja nicht der Fall ist.

Ich werde im August umziehen und nun ist die Frage, was ich von meinem Bruttoeinkommen alles abziehen kann, mit meinem GdB von 70 und dem Merkzeichen "G", damit ich unter die Grenze komme.

Hoffe, mir kann hier jemand helfen.

LG agi

Antworten

  • Hallo agi,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀

    Nun, meiner Auffassung nach hast Du bei Deinem Einkommen dann keinen Anspruch auf Kindergeld. Allerdings bin ich kein Fachmann auf diesem Gebiet 😉

    Ich werde Deine Anfrage daher an einen unserer Fachexperten weiterleiten. Bitte hab ein wenig Geduld bis zur Antwort!

    Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag 😀
  • Hallo,

    ich habe unter folgendem Link:http://www.myhandicap.de/fileadmin/myhandicap_de/web-inhalte/Recht_Soziales/Recht/st_behinderung.pdf

    das hier gefunden:

    "Der Sohn eines Ehepaars ist 30 Jahre alt. Wegen seiner Behinderung (GdB 80) befindet er sich noch in Berufsausbildung und erhält dafür eine Ausbildungsvergütung in Höhe von jährlich 9.000 Euro. Andere Einkünfte oder Bezüge erzielt er nicht. Behinderungsbedingte Privatfahrten (vgl. RNr. 217) wurden mit 3.000 Kilometer glaubhaft gemacht.
    Der Pauschbetrag für behinderte Menschen bei einem GdB von 80 beträgt 1.060 Euro. Aufwendungen für behinderungsbedingte Fahrtkosten sind mit 900 Euro (vgl. RNr. 217) anzusetzen. Das Kind ist folglich bei seinen Eltern berücksichtigungsfähig, wenn seine Einkünfte und Bezüge insgesamt nicht mehr als (7.680 Euro + 1.060 Euro + 900 Euro =) 9.640 Euro betragen:
    Die Ausbildungsvergütung (Bruttolohn) zählt zu den eigenen Einkünften des Kindes. Der Bruttolohn ist um die Werbungskosten, mindestens jedoch um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 Euro, zu kürzen. Die zu berücksichtigenden Einkünfte betragen somit 8.080 Euro.
    Da die Einkünfte des Sohnes die maßgebliche Grenze von 9.640 Euro nicht übersteigen, ist davon auszugehen, dass er außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Er ist deshalb bei seinen Eltern steuerlich zu berücksichtigen."


    Auf mich bezogen verstehe ich das also richtig.
    Ich darf nicht mehr als 8004€ + 890€(Pauschbetrag) + 900€(Fahrtkosten)+ 920€(Arbeitgeber-Pauschalbetrag)verdienen. Leider bin ich dann mit noch 266€ drüber. Was ist mit diesem Ausbildungsfreibetrag bei auswärtiger Unterbringung in Höhe von 924,-€ ???

    Naja, die 266€ würde ich vielleicht auch noch mit der Krankenversicherung, die ich bezahlen muss, abdecken können...


    LG agi
  • surfer
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    Hallo Agi,

    Meines Wissen bleibt der Kindergeldanspruch nur bestehen, wenn der Behinderte nicht oder nicht ausreichend selbst für sich sorgen kann.
    Die EK Grenze liegt allerdings zwischen 7000 und 8000 Eu jährlich (netto)

    LG

    Surfer
  • Hää?? Das verstehe ich jetzt nicht.
    Die Fakten sind doch, dass man Kindergeld bis zu 25.Lebensjahr bekommen kann, wenn man in einer Ausbildung ist oder Studiert und nicht mehr als 8004€ im Jahr verdient.

    Ist das etwa bei Behinderung anders???


    agi
  • Hallo agi,

    wie gesagt, habe ich Deine Anfrage an unseren entsprechenden Fachexperten weitergeleitet 😀
    Bitte hab ein wenig Geduld!

    Vielen Dank und noch einen schönen Sonntag 😀
  • Liebe agi,

    ich wurde von der Stiftung myhandicap als Exeprte gebeten auf deine Frage zu antworten.

    Leider ist in deinem speziellen Fall eine einfache Antwort nicht möglich, da eine Entscheidung über die Höhe der Bezüge bzw. Ansprüche auf Kindergeldzahlungen von verschiedenen Faktoren abhängt.

    Ich habe versucht, dir anbei einen zusammenfassenden Überblick zu erstellen.

    Allerdings würde ich dir raten einen Fachmann bzw. Juristen zu beauftragen, der dich in diesem speziellen Fall unterstützt. Hilfreich könnten auch die Servicestellen der Deutschen Rentenversicherungs sein. Hier könntest du telefonsich einen Termin vereinbaren und dich persönlich beraten lassen. Eine Servicestelle in deiner Nähe findest du unter www.reha-servicestellen.de/.

    Hier nun meine Zusammenfassung für deinen speziellen Fall:

    Für ein Kind mit Behinderung kann über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus Kindergeld bezogen werden, wenn eine vor dem 25. Lebensjahr eingetretene Behinderung Grund dafür ist, dass das Kind seinen Lebensbedarf nicht selbst decken kann.

    Folgende Fälle sind möglich:
    § Das Kind ist außerstande, sich selbst zu unterhalten.
    § Aufgrund der Behinderung ist das Kind nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten (Ursächlichkeit).
    § Die Behinderung und die Ursächlichkeit sind schon vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes eingetreten.
    Ist die Behinderung vor dem 01.01.2007 eingetreten, ist das vollendete 27. Lebensjahr die Grenze

    Das Kindergeld ist grundsätzlich eine Leistung an die Eltern eines Kindes mit Behinderung, nicht an die behinderte Person selbst. Bezugsberechtigt sind also die Eltern.

    Nach den Regelungen für das Kindergeld ist ein Mensch mit Behinderung erst dann im Stande, sich selbst zu unterhalten, wenn seine Einkünfte und Bezüge höher sind als sein Lebensbedarf.

    Einkünfte und Bezüge sowie der Lebensbedarf errechnen sich jeweils aus verschiedenen Bestandteilen, die du im Folgenden nachlesen kannst.

    Lebensbedarf
    Der notwendige Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich zusammen aus
    § einer jährlich neu festgesetzten Einkommensgrenze, die seit dem Jahr 2010 bei 8.004 Euro Einkommen pro Jahr liegt
    und
    § dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf.
    Der individuelle behinderungsbedingte Mehrbedarf wiederum besteht aus unterschiedlichen Bestandteilen, je nachdem ob das Kind mit Behinderung in einer vollstationären Einrichtung wohnt, eine teilstationäre Einrichtung (z.B. Werkstatt für Behinderte oder einer Tagesförderstätte ) besucht oder keine dieser Leistungen in Anspruch nimmt. So, wie vermutlich in deinem Fall!

    § Mehrbedarf in den übrigen Fällen:
    § Der entsprechende Behindertenpauschbetrag. Kann durch Einzelnachweise ein höherer Bedarf als der Pauschbetrag nachgewiesen werden, ersetzt dieser den Pauschbetrag.
    z.B.
    Steuerermäßigung bei Schwerbehinderung
    Vergünstigungen stehen behinderten Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 25 zu. Wer keinen Schwerbehinderten-Ausweis hat, da seine Behinderung unter einem GdB von 50 liegt, muss durch die Behinderung in seiner körperlichen Beweglichkeit eingeschränkt sein oder eine Rente beziehen oder infolge einer typischen Berufskrankheit behindert sein, um eine solche Steuervergünstigung zu erreichen. Die mit einer Behinderung verbundenen außergewöhnlichen Belastungen werden dann entweder durch steuermindernde Pauschbeträge oder durch den Nachweis der tatsächlich erhöhten Aufwendungen abgegolten.
    Pauschbeträge
    Folgende Pauschbeträge können gegenwärtig nach § 33 b Einkommensteuergesetz (ESTG) beansprucht werden:
    Behinderungsgrad Pauschbetrag in EUR
    von 25 und 30 310,00
    von 35 und 40 430,00
    von 45 und 50 570,00
    von 55 und 60 720,00
    von 65 und 80 1.060,00
    von 85 und 90 1.230,00
    von 95 und 100 1.420,00
    Blinde sowie dauernd hilflose Behinderte erhalten einen Pauschbetrag von 3 700 EUR jährlich. Die Merkmale blind und hilflos müssen auf dem Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen Bl oder H gekennzeichnet sein, oder durch einen Bescheid über die Einstufung in Pflegestufe III nachgewiesen werden. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen höher als die Pauschbeträge, kann es günstiger sein, auf diese zu verzichten und die außergewöhnlichen Belastungen durch den Nachweis der tatsächlich erbrachten höheren Aufwendungen geltend zu machen. Die Aufwendungen müssen dann allerdings einzeln nachgewiesen werden.
    Pauschbeträge für Eltern
    Nimmt der behinderte Mensch die Pauschbeträge nicht selbst in Anspruch, können sie auf Antrag auf die Eltern übertragen werden. Das gilt auch für Pflegeeltern oder Geschwister, die den behinderten Menschen in ihrem Haushalt aufnehmen, wenn kein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern mehr besteht.
    Zusätzlich zu diesem Pauschbetrag kann zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Ausbildung befindenden volljährigen Kindes bei auswärtiger Unterbringung ein Freibetrag in Höhe von 924,- EUR geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass Sie für dieses Kind einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhalten.
    Der Freibetrag vermindert sich um die Einkünfte des Kindes, soweit diese 1.848 EUR im Jahr übersteigen.
    Das Schulgeld für den Besuch einer Privatschule wird neben diesem Pauschbetrag nur dann steuerlich berücksichtigt, wenn nachgewiesen werden kann, dass für das behinderte Kind keine geeignete öffentliche Schule oder schulgeldfreie Privatschule vorhanden ist.
    Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen
    Neben diesen Pauschbeträgen können zusätzlich folgende weitere außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, und zwar entweder für den steuerpflichtigen Menschen mit Behinderung selbst oder für die Eltern, Pflegeeltern oder Geschwister behinderter Kinder:
    Belastung Pauschbetrag in EUR
    für die Haushaltshilfe bei Hilflosigkeit (Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis ) des behinderten Menschen:
    924,00
    für die Pflege zu Hause bei Pflegestufe III oder Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis (Pflegepauschbetrag)
    924,00
    für eine Heimunterbringung ohne vorliegende Pflegebedürftigkeit 624,00
    für eine Heimunterbringung zur dauernenden Pflege 924,00
    Quelle
    § Bundesvereinigung Lebenshilfe (2002). Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung, ihre Angehörigen und Betreuer(innen) (17. erweiterte und überarbeitet Auflage). Marburg: Lebenshilfe-Verlag.
    § Steuertipps für Menschen mit Behinderung(PDF-Dokument): Broschüre des bayerischen Finanzministeriums
    § Kruse, Katja: Steuermerkblatt für Familien mit behinderten Kindern(PDF-Dokument) 2005/2006. Herausgegeben vom Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V.
    Zusätzlich können Ihnen bei bestehender Schwerbehinderung noch weitere Steuerermäßigungen zustehen, z.B. bei den KFZ-Kosten, wenn ihr Kind vollstationär in einem Heim untergebracht ist, Sie Betreuungskosten für das Kind (auch wenn es bereits erwachsen ist) geltend machen möchten oder es körperbehindert ist und deshalb auf Reisen begleitet werden muss.

    Weitere Beispiele wären:

    § Betreuungsbedarf: Wurde eine Pflegestufe anerkannt, der Betrag des monatlichen Pflegegeldes, zuzüglich notwendiger persönlicher Betreuungsleistungen der Eltern, wenn diese von einem Amtsarzt bescheinigt wurden.

    § Fahrtbedarf: Fahrtkosten, die von einem Kostenträger oder einem anderen Dritten übernommen wurden bzw. ein pauschaler Fahrtbedarf, den die Familienkasse errechnet

    Beispielrechnung

    Der Lebensbedarf wird aktuell nach folgendem Beispiel berechnet:
    Lebensbedarf:
    § 8.004 Euro Grundbedarf
    § 1.060 Euro Pauschbetrag wegen Behinderung bei GdB 80
    § 1.500 Euro Fahrtbedarf (5.000 km × 0,30 Euro)
    § 5.160 Euro Pflegebedarf (Pflegestufe 2: 12 × 430 Euro)
    § = 15.724 Euro gesamt

    Einkünfte und Bezüge:
    § 1.230 Euro Zinsen
    § – 920 Euro Werbungskostenpauschale
    § 8.160 Euro Grundsicherung (12 × 680 Euro)
    § 5.160 Euro erhaltenes Pflegegeld
    § – 180 Euro Kostenpauschale
    § = 13.450 Euro gesamt

    In diesem Fall sind die Einkünfte und Bezüge niedriger als der Lebensbedarf: In diesem Falle wäre das Kind außerstande (also du!!), sich selbst zu unterhalten und du bzw. deine Eltern würden Kindergeld erhalten.
    Weitere Beispielrechnungen findest du im Steuermerkblatt für Familien mit behinderten Kindern des Bundesverbands für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V.


    Ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Erläuterungen helfen.

    Alles Gute!

    Manfred
  • Hallo Manfred,

    Vielen Dank für die detailierte Erklärung.
    Damit kann ich das schon sehr gut auf meinen Fall beziehen.

    VIELEN DANK!!! 😃
  • Hallo,

    man kann auch statt dem Werbungskostenpauschbetrag die tatsächlichen werbungskosten geltendmachen (Lernmittel, Fahrtkosten am Ort, Familienheimfahrten,Anteilig Telefonkosten etc.) was in deinem Fall sicher günstiger wäre und schon schmälert es dein Einkommen und deine Eltern hätten Anspruch auf Kindergeld.

    Aber es ist wirklich schwirig das hier genau zu erklären.

    LG

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