ASS Potential statt Störung

dass ich betroffen bin, weiß ich erst seit kurzem. Beziehungsweise, hat es endlich einen Namen. Nur bin ich mit dem Störungsbegriff nicht einverstanden. Störung entsteht, denke ich erst durch Missverstehen. Also als Folge von Folgen…

Ich sehe die Diagnose eigentlich nicht als Problem, sondern als große Chance, den eigenen Interaktionsmodus besser verstehen zu können. Ich sehe darin keine Störung, sondern großes Potential. Schwierig ist nur, dass die Arbeitswelt so wenig darüber weiß. Ebenso wenig, wie über sich selbst.

Dass ASS als Störung markiert wird, könnte man auf ähnliche Weise wie andere „Störungen“ behandeln.

zum Beispiel: ein Chef geht nicht gut mit Konflikten um, ignoriert die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Meistens nicht aus böser Absicht. Die Wirksamkeit und Aufrechterhaltung sozialer Intelligenz ist im Kontext ‚Organisation - Entscheidung - Planung“ einfach zu wenig im öffentlichen Diskurs berücksichtigt. Ich kann so etwas immer nicht „wegsehen“ ….

ich habe in einer BurnoutStation viele wunderbare Menschen kennenlernen dürfen. Headhunter hätten vor der Tür eigentlich Schlange stehen müssen.

Kennt ihr das Weichenstellerdilemma? Es wäre als „Moralproblem“ überflüssig, wenn es nur jemanden gäbe, der darauf achtet, ob ein Zug kommt und jemanden töten könnte und entsprechende Warnhinweise gibt. Zu „entscheiden“ (diese Operation beherrsche ich leider gar nicht) ob einer oder 5 sterben müssten, wäre nicht notwendig. Überhaupt war für mich nie einsichtig gewesen, warum Moral für irgendetwas eine Lösung sein sollte.

Einen Warnmelder gibt es zum Glück aus Gründen des Arbeitsschutzes auch. Nur im interaktionalen „Straßenverkehr“ unter Menschen, kommt das eher selten vor. ASS Begabungen könnten in dieser Hinsicht Abhilfe schaffen. Nur müssen alle davon wissen. Die Gleisarbeiter und auch der Warnbeauftragte, was ihre Aufgabe, Möglichkeiten und Fähigkeiten sind. Bezüglich Aufmerksamkeit und Grenzen der Aufmerksamkeit.

Für alle Betroffenen: Sucht euch Menschen, ein Gegenüber, die auch nicht lügen können. Zumindest befriedet es das immer Gefühl falsch gelegen zu haben. Traut Euch und vertraut eurer eigenen Intuition. Die Störungen in der Kommunikation und Organisation von Arbeit und Gesellschaft sind mitunter sehr viel größer…

und da stört mich sehr viel mehr, als die Verstörung, die ich verursachen könnte… aber lieber vermeide, aus Rücksichtnahme gegenüber Behinderungen des Wissens vielleicht ;-):-) Hoffentlich versteht hier jemand diesen Humor ……

Kommentare

  • Hallo @Henry,

    ein wirklich spannendes Thema. Die Neurodiversitätsbewegung verfolgt ebenfalls den Ansatz Neurodiversitäten wie Autismus / ADHS /etc. als Vielfalt und nciht als "Behinderung" zu begreifen. Hierzu haben wir auch einen Artikel auf unserer Seite: https://www.enableme.de/de/behinderungen/neurodiversitat-vielfalt-leben-9757

    Den Begriff "Störung" könnte ich mir von der "Funktionsstörung des Gehirns" ableiten, die vonneurotypischen Gehirnen ausgeht.

    Viele Grüße

    Nadine

  • Hallo Nadine

    ja, das ist richtig. Jede Beobachtung geht von einer Unterscheidung aus. Das heißt: typische Sozialisierungsstrategien -> typische Kommunikationssteategien -> typische Wahrnehmung und Modellierung von Welt …. Usw. Am Ende dieser Kette erscheint Diversität als Abweichung und eben auch als Störung. Als ein unzulässiges und nicht anschlussfähiges Ereignis….

    meine These: in Konstellationen mit Eigenschaften von sozialer Intelligenz -> keine Störung sondern interaktionstheoretisch nutzbare Varianz.

    Störung sehe ich auch als eine Folge der Relationen von Wahrnehmung mit Beobachtung (Unterscheidung/Bewertung etc.) Ein Grund, warum man dann auch von ganz realen Verstörungen der Prozessierung von Information und Ereignissen sprechen kann. Mitunter sichtbar auch am ganzen Körper ….

    Henry