<div class="js-embed embedResponsive" recordid":57165,"recordtype":"discussion","body":"Da sich einzelne User*Innen dies gewünscht haben, hier ein weiteres Update zu meiner Situation:<\/p>
Ich habe meine stationäre Therapie auf eigenen Wunsch hin abgebrochen und bin infolgedessen heute aus der Klinik ausgetreten. Mein Aufenthalt hat nun knappe 5 Wochen gedauert.<\/p>
Die Therapien selbst haben mir zwar gut getan und ich konnte einiges über mich lernen sowie nützliche Erkenntnisse mitnehmen. Doch leider schlagen Pflegenotstand und Profitgier auch im Psychiatriebereich zu. Auf der Station, auf der ich war, kamen auf bis zu 18 Patienten je nach Schicht 2-3 Pflegende. Nachts war - von 23 Uhr abends bis 7 Uhr morgens - eine einzige Nachtwache für die gesamte Station zuständig. Klar könnte im Notfall Verstärkung von anderen Stationen angefordert werden, doch diese Personen zähle ich nicht zum Betreuungsschlüssel dazu. <\/p>
In den ersten drei Wochen verlief das Zusammenleben ganz ok. Jedoch fiel mir dort schon auf, dass - zumindest aus meiner Sicht - ziemlich viele Patienten früher als ursprünglich geplant austraten. Als ich dies gegenüber einer Pflegeperson erwähnte, hiess es, ich solle mich auf mich selbst konzentrieren. Weiter stellte sich die Kommunikation zwischen verschiedenen Therapeuten (z. B. Psychologe -> Ergotherapie) als mangelhaft heraus. Oft musste ich Personen über Dinge informieren, die mein Psychologe schon hätte weiterleiten sollen. Trotz Computersystem und ausgedruckten Therapieplänen schaffte es das Behandlungsteam mehrmals, mir 2 Termine gleichzeitig einzutragen. <\/p>
In den letzten zwei Wochen häuften sich Konflikte zwischen Patienten untereinander, aber auch zwischen Patienten und Pflegenden. Letzte Woche beschuldigten sich zwei Patienten gegenseitig, verschiedenerlei Regelverstösse begangen zu haben. Beide wurden in der Folge der Station verwiesen. Dies ist an sich nichts aussergewöhnliches, da auf einer offen geführten Therapiestation alle Patienten freiwillig sind und wenn man sich nicht an die Regeln halten kann oder will, dann muss man irgendwann gehen, weil die Therapie dann auch nicht mehr wirkungsvoll durchgeführt werden kann.<\/p>
Am Freitag hatten wir, wie jedoch Woche, eine Sitzung, in der alle Patienten und die jeweils anwesenden Pflegenden sich treffen, um einige Dinge zu besprechen. Dazu gehört auch das Zusammenleben auf der Station. Die Stationsleiterin war auch anwesend. Sie hat uns Patienten darum gebeten, sämtliche Regelverstösse zu melden, die wir beobachten. Für mich steht dies im Widerspruch zu der Anweisung, ich solle mich auf mich konzentrieren. Bis dahin hatte ich Regelverstösse durch andere Patienten teils bewusst ignoriert, da ich mich nicht an irgendwelchen Konflikten beteiligen wollte. Nun stand ich in einem Dilemma, denn ich sollte mich von nun an entscheiden, ob ich Regelverstösse melde oder nicht. Von einigen Patienten befürchtete ich auch negative Reaktionen, sollte ich sie verpetzen. Mir kam es so vor, als ob die Pflegenden mangels personeller, zeitlicher oder auch fachlicher Ressourcen nicht in der Lage sind, Konflikte auf der Station zeitnah und adäquat zu lösen, und die Stationsleitung diese Verantwortung nun auf die Patienten abzuschieben versuchte. Klar ist, dass ich Regelverstösse melden würde, die die Sicherheit auf der Station gefährden (z. B. Rauchen im Gebäude, Drogen- oder Alkoholkonsum, Gewaltandrohung oder -anwendung usw.) In den Stationsregeln befinden sich jedoch auch Regeln, bei denen ich es nicht so tragisch finde, wenn diese gebrochen werden. Dort halte ich es für sinnvoller, die Person zuerst direkt anzusprechen. Hört der\/die Mitpatient*In anschliessend mit dem Verhalten auf, halte ich es nicht für nötig, die Person zu verpetzen, es sei denn, derselbe Regelverstoss kommt wiederholt vor und stört einigermassen.<\/p>
Übers Wochenende habe ich Rücksprache mit meiner Familie gehalten. Ich bin heute schliesslich ausgetreten, da ich es nicht mehr für heilsam hielt, mich weiterhin in diesem Umfeld aufzuhalten. Eine wirksame Therapie ist auch für mich schlecht möglich, wenn ich mehrmals täglich Polizistin spielen muss und mir so unter Umständen Feindschaften mit den Mitpatienten entstehen.<\/p>
Ich werde nun nach einer ambulanten Therapie suchen. In der Zwischenzeit versuche ich, mein Leben sinnvoll zu gestalten, mit Arbeit, Wohnen\/Haushalt und körperlicher Aktivität. Eine Wohnung habe ich zum Glück, und deren Finanzierung ist vorerst auch gesichert. In Sachen körperlicher Aktivität konnte ich einige Tipps aus meinem Aufenthalt mitnehmen, die ich weiterhin umsetzen möchte. Am nächsten Dienstag habe ich eine Sitzung an meiner Arbeitsstelle, wo besprochen wird, ab wann, in welchem Umfang und unter welchen Anstellungsbedingungen ich meine Arbeit wieder aufnehmen werde. Das Thema stationäre psychiatrische Behandlung hat sich für mich vorerst erledigt, nachdem ich in meiner Jugend extrem schlechte Erfahrungen machen musste und nun der Aufenthalt in einer anderen Klinik als Erwachsene unter anderen Bedingungen auch nicht wirklich zielführend war.<\/p>","bodyRaw":"[{\"insert\":\"Da sich einzelne User*Innen dies gewünscht haben, hier ein weiteres Update zu meiner Situation:\\n\\nIch habe meine stationäre Therapie auf eigenen Wunsch hin abgebrochen und bin infolgedessen heute aus der Klinik ausgetreten. Mein Aufenthalt hat nun knappe 5 Wochen gedauert.\\n\\nDie Therapien selbst haben mir zwar gut getan und ich konnte einiges über mich lernen sowie nützliche Erkenntnisse mitnehmen. Doch leider schlagen Pflegenotstand und Profitgier auch im Psychiatriebereich zu. Auf der Station, auf der ich war, kamen auf bis zu 18 Patienten je nach Schicht 2-3 Pflegende. Nachts war - von 23 Uhr abends bis 7 Uhr morgens - eine einzige Nachtwache für die gesamte Station zuständig. Klar könnte im Notfall Verstärkung von anderen Stationen angefordert werden, doch diese Personen zähle ich nicht zum Betreuungsschlüssel dazu. \\n\\nIn den ersten drei Wochen verlief das Zusammenleben ganz ok. Jedoch fiel mir dort schon auf, dass - zumindest aus meiner Sicht - ziemlich viele Patienten früher als ursprünglich geplant austraten. Als ich dies gegenüber einer Pflegeperson erwähnte, hiess es, ich solle mich auf mich selbst konzentrieren. Weiter stellte sich die Kommunikation zwischen verschiedenen Therapeuten (z. B. Psychologe -> Ergotherapie) als mangelhaft heraus. Oft musste ich Personen über Dinge informieren, die mein Psychologe schon hätte weiterleiten sollen. Trotz Computersystem und ausgedruckten Therapieplänen schaffte es das Behandlungsteam mehrmals, mir 2 Termine gleichzeitig einzutragen. \\n\\nIn den letzten zwei Wochen häuften sich Konflikte zwischen Patienten untereinander, aber auch zwischen Patienten und Pflegenden. Letzte Woche beschuldigten sich zwei Patienten gegenseitig, verschiedenerlei Regelverstösse begangen zu haben. Beide wurden in der Folge der Station verwiesen. Dies ist an sich nichts aussergewöhnliches, da auf einer offen geführten Therapiestation alle Patienten freiwillig sind und wenn man sich nicht an die Regeln halten kann oder will, dann muss man irgendwann gehen, weil die Therapie dann auch nicht mehr wirkungsvoll durchgeführt werden kann.\\n\\nAm Freitag hatten wir, wie jedoch Woche, eine Sitzung, in der alle Patienten und die jeweils anwesenden Pflegenden sich treffen, um einige Dinge zu besprechen. Dazu gehört auch das Zusammenleben auf der Station. Die Stationsleiterin war auch anwesend. Sie hat uns Patienten darum gebeten, sämtliche Regelverstösse zu melden, die wir beobachten. Für mich steht dies im Widerspruch zu der Anweisung, ich solle mich auf mich konzentrieren. Bis dahin hatte ich Regelverstösse durch andere Patienten teils bewusst ignoriert, da ich mich nicht an irgendwelchen Konflikten beteiligen wollte. Nun stand ich in einem Dilemma, denn ich sollte mich von nun an entscheiden, ob ich Regelverstösse melde oder nicht. Von einigen Patienten befürchtete ich auch negative Reaktionen, sollte ich sie verpetzen. Mir kam es so vor, als ob die Pflegenden mangels personeller, zeitlicher oder auch fachlicher Ressourcen nicht in der Lage sind, Konflikte auf der Station zeitnah und adäquat zu lösen, und die Stationsleitung diese Verantwortung nun auf die Patienten abzuschieben versuchte. Klar ist, dass ich Regelverstösse melden würde, die die Sicherheit auf der Station gefährden (z. B. Rauchen im Gebäude, Drogen- oder Alkoholkonsum, Gewaltandrohung oder -anwendung usw.) In den Stationsregeln befinden sich jedoch auch Regeln, bei denen ich es nicht so tragisch finde, wenn diese gebrochen werden. Dort halte ich es für sinnvoller, die Person zuerst direkt anzusprechen. Hört der\\\/die Mitpatient*In anschliessend mit dem Verhalten auf, halte ich es nicht für nötig, die Person zu verpetzen, es sei denn, derselbe Regelverstoss kommt wiederholt vor und stört einigermassen.\\n\\nÜbers Wochenende habe ich Rücksprache mit meiner Familie gehalten. Ich bin heute schliesslich ausgetreten, da ich es nicht mehr für heilsam hielt, mich weiterhin in diesem Umfeld aufzuhalten. Eine wirksame Therapie ist auch für mich schlecht möglich, wenn ich mehrmals täglich Polizistin spielen muss und mir so unter Umständen Feindschaften mit den Mitpatienten entstehen.\\n\\nIch werde nun nach einer ambulanten Therapie suchen. 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https://community.enableme.org/de/discussion/57165/update-zu-meiner-situation-patientenwohl-vs-profit
@OK
Hallo, ich finde es sehr gut, was du in deinem Update geschildert hast, wie du die Situationen in der Klinik empfunden hast, und vor Allem welche Entscheidungen du daraufhin getroffen hast. Das bringt mich zu der Überzeugung, du bist auf dem richtigen Weg.