Hallo Heimathafen,
ich bin neu hier und über diese Seite gestolpert, weil ich ebenfalls versuche die depressiven Reaktionen meines Partners zu verstehen und damit umzugehen.
Es tut mir sehr leid, dass du dich in dieser belastenden Situation befindest und hoffe, dass uns beiden der Austausch mit anderen Betroffenen hilft.
Wie Priska bereits sagte, ist der Umgang mit einem depressiven Partner sehr schwierig und, wie ich empfinde, eine heikle Gratwanderung. Wie soll man helfen, aber nicht bedrängen? Wie soll man die Zurückweisungen und emotionale Distanz nicht persönlich nehmen? Wie soll man sein eigenes Bedürfnis nach Kommunikation und Harmonie hintanstellen und den Partner ohne Vorwürfe zu machen seinem inneren Rückzug überlassen?
Ich weiß nicht, ob dein Partner seine Depression akzeptiert hat und wie gut er im Alltag damit umgeht. Für mich ist die Akzeptanz der Krankheit und das Eingeständnis, Hilfe zu benötigen der erste, und wichtigste Schritt. Erst wenn die innere Gegenwehr und Scham vor der Krankheit enden, ist es einem Depressiven möglich, eigene Muster präventiv zu erkennen. (evtl. mit Hilfe eines Therapeuten)
Und ich denke, dass es auch erst dann möglich ist, eine Beziehung zu führen. Wichtig ist also, dass dein Partner in der Lage ist dir mitzuteilen was er von dir braucht und du dich darauf verlassen kannst, dass er Hilfe annimmt, wenn es ihm schlecht geht. Ansonsten ist er seiner Krankheit hilflos ausgeliefert und somit bist es auch du, weil du nie weißt woran du bist und ob du ermutigen oder dich zurückziehen sollst.
Ich habe in einem Buch über Depression in Beziehungen gelesen, dass man einen depressiven Partner als nicht zurechnungsfähig, und somit eher wie ein bockiges Kind behandeln muss. Ich bin persönlich nicht der Meinung, dass die eigene Aufopferung so weit gehen sollte. Man hat ja selbst auch Bedürfnisse und möchte einen Partner und kein Kind... aber das sollte natürlich jeder für sich entscheiden.
Ich finde, wenn der Partner ausdrücklich darum bittet, ihm sein depressiv beeinflusstes Verhalten nachzusehen und seine Distanziertheit nicht persönlich zu nehmen, kann man das schaffen.
Dafür muss man selbst sehr resilient sein und sich (vlt. mit Hilfe von Freunden oder einem Therapeuten) gut um den eigenen psychischen Zustand kümmern. Vom Partner ist in dieser Situation leider meist kein Zuspruch zu erwarten und allein der Versuch, endet oft in einer Abwärtsspirale für beide. Die Krankheit fokusiert den Blick leider so auf das eigene Unglück, dass weder Energie noch Verständnis für die Probleme anderer vorhanden ist... vor allem wenn diese die permanenten Schuldgefühle noch verstärken würden.
Auch wenn das vielleicht alles eher negativ klingt, möchte ich dich auf keinen Fall entmutigen! Meistens erfährt man erst nach einer gewissen Zeit, dass der Partner depressiv ist und möchte dann natürlich nicht sofort aufgeben. Man liebt diesen Menschen ja und dieser besteht nicht nur aus depressiven Anteilen oder ist vielleicht gerade aufgrund seiner Depression sehr liebevoll, einfühlsam und dankbar. Stark zu sein, durchzuhalten, an die Beziehung zu glauben und nicht aufzugeben sind auch wichtige Eigenschaften, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein. Noch wichtiger ist es aber, sich selbst (bzw. das innere Kind) schützen zu können, gewisse Grenzen zu setzen und zu akzeptieren, dass man nur bedingt helfen kann. Dazu gehört sehr viel Geduld und Vertrauen (Urvertrauen), dass alles gut wird.
Depression ist eine sehr komplexe Krankheit und die Ausprägung und Verhaltensmuster sind bei jedem Betroffenen unterschiedlich. Daher wird dir kein Ratgeber, kein Therapeut und natürlich auch kein "Leidensgenosse" in diesem Forum konkrete Antworten oder eine Bedienungsanleitung geben können. Meine Sicht ist von meinen Erfahrungen geprägt und trifft vielleicht auf deinen Partner nicht zu und die Sicht eines Therapeuten oder von Ratgebern ist vlt. auch oft von Patientenerfahrungen und statistischen Werten geprägt. Vertraue auch hier auf deine Beobachtungen und dein Bauchgefühl und schau einfach, in welchen Verhaltensmustern und Erfahrungsberichten du euch oder deinen Partner wiedererkennst.
Ich wünsche dir alles Gute! 🤗
Du kannst dich gerne jederzeit bei mir melden, wenn du konkrete Fragen hast.
Liebe Grüße, daslebenistschön