Nachtrag: Erfahrungsaustausch zum Thema Berufsintegration

Liebe Community,

wir bedanken uns nochmals bei unseren Expert*innen und allen Teilnehmer*innen, die gestern bei unserem Erfahrungsaustausch zum Thema Berufsintegration dabei waren. Für alle, die nicht dabei sein konnten, allerdings gern wissen möchten, was wir besprochen haben, ist hier ein kleiner Einblick. Wir haben die folgenden Fragen besprochen:

Wann erwähne ich dem Arbeitgeber gegenüber meine Behinderung?

Bei sichtbaren Behinderungen ist es sinnvoll, diese auch gleich anzusprechen. Wenn die Behinderung nicht direkt sichtbar ist, ist es jedem*r selbst überlassen, womit er oder sie sich wohl fühlt. Was allerdings wichtig ist, ist die Behinderung anzusprechen, wenn sie einen Einfluss auf die Tätigkeit hat. Es kann schwierig sein, zu entscheiden, ob man die eigene Behinderung in einer Bewerbung teilen möchte. Es kann ein Vorteil sein, wenn das Unternehmen Interesse daran hat (z.B. aufgrund einer Quote), es kann sich aber auch nicht richtig anfühlen. Es ist wichtig, dass sich jede*r wohl dabei fühlt, die eigene Behinderung anzusprechen, und es gibt verschiedene Wege, wie man das tun kann. Es kann schon in der Erstbewerbung geschehen, im Lebenslauf oder als separate E-Mail oder Video, oder auch im Bewerbungsgespräch besprochen werden.

Wie kann man Mitarbeiter richtig sensibilisieren? 

Hier ist es wichtig, um welche spezifische Behinderung es geht. Es kann bereits helfen, einfach Zeit miteinander zu verbringen, damit die andere Person einen Einblick in den eigenen Alltag bekommt. Im Gespräch wurde es als wichtig empfunden, dass man keine Spezialbehandlung, sondern einen respektvollen Umgang, der einem selbst ermöglicht, alle Angebote im Betrieb zu nutzen, erwartet und möchte. Ein Anfangsgespräch kann auch gut durch eine Fachperson initiiert werden. Für manche Behinderungen ist es eventuell auch möglich, dass die Kolleg*innen eine Simulation mitmachen können, um die physischen Effekte ein wenig persönlicher am eigenen Körper zu erfahren.

Welchen Mehraufwand haben Arbeitgeber, welche Menschen mit einer Behinderung unter Vertrag nehmen?

Viele Kosten oder Umstände können Arbeitgeber*innen vom Integrationsamt erstattet bekommen oder dafür Unterstützung erhalten. Bei vielen Einrichtungen, z.B. einer Rampe, ist es auch so, dass die Investition nicht für lediglich die neue Arbeitskraft eingeführt wird, sondern das Unternehmen insgesamt inklusiver macht - für zukünftiges Personal, für Gäste, etc.

Wie sieht es mit den Selbstständigerwerbenden aus? Viele von uns haben es nicht in ein Anstellungsverhältnis geschafft. Ich bin noch zu 20% arbeitsfähig. Der Alltag braucht schon viel Energie. Wie soll ich die Weiterbildung finanzieren, Aquise betreiben etc.?

Antworten hier können sich von Land zu Land unterscheiden. Vielen bereitet es Sorgen, Arbeitsverhältnisse zu ändern, wenn unklar ist, wie es staatliche Unterstützung beeinflussen wird. Es ist oft nicht so, dass ein neues Einkommen staatliche Unterstützung in Gefahr bringt. Es gibt zu Einzelfällen Beratungsstellen, damit man seine eigene, individuelle Situation besprechen kann.

Wie und wo erhalte ich die passende Unterstützung bei der Stellensuche im Umgang mit einer Beeinträchtigung ?

In der Schweiz können Pro Infirmis, Stiftung Profil, und Stiftung ipt weiterhelfen.

Was sollte ich tun, wenn ich merke, dass ich aufgrund meiner Behinderung ausgebeutet werde?

Hier ist Kommunikation wichtig. Oft sind hinter den Taten gute Intentionen. Dass diese Intentionen auch richtig umgesetzt werden, scheitert aber leider öfter als gewünscht an fehlenden Informationen. Hier das offene und direkte Gespräch zu suchen kann sehr aufschlussreich für beide Seiten sein. Sollte es sich nicht um gute Intentionen mit wenig erfolgreicher Umsetzung handeln, gibt es Beratungs- und Anlaufstellen, wie z.B. ProInfirmis oder ProCap.

Wer sollte einer Tätigkeit in einer Werkstätte nachgehen?

Die Frage war allgemein als schwierig zu beantworten empfunden. Wenn man viel Betreuung braucht, in einem geschützten Rahmen arbeiten möchte und wenig selbstständig arbeiten kann, ist eine Werkstätte ein guter Ort. Für viele Andere kann es ein unterforderndes Umfeld sein.

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Aufgrund der vielen Fragen, die wir vorab bekommen haben, sind wir während der Veranstaltung nicht dazu gekommen, alle zu besprechen. Wir werden ein paar dieser Fragen als Nachtragsdiskussion hier in der Community veröffentlichen und freuen uns auf Eure Antworten! Falls Ihr noch etwas zu unseren Fragen in diesem Beitrag hinzufügen möchtet, freuen wir uns auf Eure Kommentare!

Liebe Grüße, und bis zur nächsten Veranstaltung,

Emma