Mitteilungspflicht bei Besserung des Gesundheitszustandes

Hallo,

ich habe letzte Woche einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis (100 %, Merkzeichen B) erhalten. Im März hatte ich mehrere Operationen im Bereich der Wirbelsäule. Seitdem bin ich neurologisch bedingt schwer gehbehindert, seit zwei/drei Wochen kann ich mich zumindest innerhalb der Wohnung auf Krücken fortbewegen, Physiotherapie sei Dank. Ziel ist aber, das ich im Laufe der nächsten Monate wieder halbwegs normal ins Büro gehen kann, und eine Reise für nächsten Herbst ist auch schon geplant ;)

Ich grüble über den Passus im Bescheid, dass ich Verbesserungen meines Gesundheitszustandes melden muss, mit Verweis auf § 60 SGB I. Theoretisch müsste ich ja alle paar Wochen meine Fortschritte melden. Selbst kann ich kaum beurteilen, wann sich der Prozentwert ändert, über die 100 % unbefristet habe ich mich schon gewundert. Auf die Gehbehinderung selbst bzw. die Operationsfolgen wird im Bescheid auch nicht weiter eingegangen; als Beeinträchtigungen werden genannt: Polyneuropathie, diabetischer Fuß, Diabetes Mellitus und chronisches Wirbelsäulenleiden. Bis auf den letzten Punkt lebe ich damit schon lange und habe mich nicht behindert gefühlt.

Also was ich wissen will: Hat jemand von euch schon mal unaufgefordert eine Besserung gemeldet? Ist schon mal jemand für die Nichtmeldung bestraft worden?

Antworten

  • Warte erst einmal den Heilungsprozess ab, dann siehst du ob es wirklich nötig ist eine Besserungsmeldung zu machen.
  • Hallo noch mal,

    inzwischen sind fast zwei Jahre ins Land gegangen. Ich bin wieder einigermaßen mobil und berufstätig (Büro), auch wenn eine kräftige Gehbehinderung bleibt. Seit einigen Wochen kann ich überraschend sogar wieder auf meinem alten zweirädrigen Fahrrad fahren, nur zum Auf- und Absteigen muss ich mich irgendwo festhalten und Steigungen muss ich vermeiden. 😃

    Das Zeichen B haben wir zuletzt in Vor-Corona-Zeiten eingesetzt, um Eintritt zu sparen. Ich hatte dabei schon ein leichtes Unbehagen, obwohl das niemand hinterfragt hat. Auf die Freifahrt zu verzichten, würde mir aber schon weh tun, und den Steuerfreibetrag nehmen wir natürlich gerne mit.

    Also, ich wiederhole noch mal meine beiden Fragen: Hat jemand von euch schon mal unaufgefordert eine Besserung gemeldet? Ist schon mal jemand für die Nichtmeldung bestraft worden? Ich habe natürlich keine Ahnung, was eine Überprüfung ergeben würde.
  • Hallo,

    vorab möchte ich deine Bedenken auf eine eventuell zu erwartende Strafe wegen deiner Nichtanzeige des gebesserten Gesundheitszustandes ausräumen. Hierzu gibt es im Sozialrecht keine rechtliche Grundlage.

    Grundsätzlich ist es aber richtig, dass bei einer amtlich festgestelltn Behinderung/Schwerbehinderung jede dauerhafte Besserung des Gesundheitszustandes gegenüber dem Versorgungsamt anzeigepflichtig ist. In der Regel werden für Behinderungen, bei denen durch therapeutische und rehabilitative Behandlungen Besserungen zu erwarten sind, schon von Amts wegen Nachprüfungen festgesetzt. In diesem Fall würde der Bescheid auch einen entsprechenden Vermerk enthalten. Warum eine Nachprüfung bei dir nicht vorgesehen war, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Nach meiner Überzeugung steht dir ein GdB von 100 und das Merkzeichen „B“ definitiv nicht mehr zu. Ob insgesamt überhaupt noch ein Schwerbehindertenstatus zu begründen wäre, ist meiner Meinung nach auch fraglich.

    Die Anzeigepflicht eines gebesserten Gesundheitszustandes ist gesetzlich im § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I geregelt. Danach hat derjenige, der eine Sozialleistung erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen. Hierbei handelt es sich um eine „Istvorschrift“, bei der die Behörde keinen Ermessensspielraum hat, ob es von der Aufhebung- und Neufeststellung Gebrauch macht. Mit dieser Regelung wird das Ziel verfolgt, dass keiner Sozialleistungen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nimmt, wenn sie ihm dem Grunde nach nicht mehr zustehen.

    Auch wenn es sich bei der Anerkennung einer Schwerbehinderung lediglich um eine Statusfeststellung handelt und diese nicht mit einer Sozialleistung (Geldleistung) im eigentlichen Sinn gleichzusetzen ist, so gilt der § 60 SGB I auch für das Feststellungsverfahren nach dem SGB IX.
    Außerdem ist durch deinen gebesserten Gesundheitszustand ein Tatbestand nach § 48 SGB X eingetreten. Nach Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift sollen wesentliche Änderungen in den tatsächlichen (gesundheitlichen) Verhältnissen, die einem Verwaltungsakt (Bescheid) mit Dauerwirkung zugrunde lagen mit vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (siehe § 60 SGB I).

    In diesem Fall läge es jedoch im Ermessen des Versorgungsamtes, ob es von dem Recht Gebrauch macht, z.B. eine Schwerbehinderung rückwirkend für die Vergangenheit aufzuheben. Für den Betroffen könnten dadurch z,B, Steuernachforderungen wegen zu Unrecht gewährter Behindertenpauschbeträge entstehen. Die Aufhebung eines Feststellungsbescheides nach dem SGB IX mit Wirkung für die Vergangenheit wird jedoch nach eigener Erfahrung behördlicherseits nie praktiziert. Vielmehr würde in deiner Angelegenheit eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 48 Abs. 1 SGB X erfolgen.

    An deiner Stelle würde ich von der vorgeschriebenen Anzeigepflicht Gebrauch machen.

    Freundliche Grüße
    Haltom