Hilfsmittel bei Oberschenkelamputation

Hallo Zusammen, dieses ist mein erstes Thema in diesem Forum.
Meine Frage ist erstmal noch ziemlich allgemein:
Im November wird mir mein rechtes Bein am Oberschenkel amputiert. Mein Kostenträger ist die Berufsgenossenschaft. Gibt es vielleicht eine Art Katalog für Hilfsmittel die mir nach der Operation zur Verfügung gestellt werden KÖNNEN?

Würde mich freuen von Euch zu hören.
LG

Antworten

  • So ein „Katalog“ ist mir nicht bekannt. Die Frage ist; willst du maximal abstauben oder die optimale Lösung für dich?

    Du kannst einen teuren Rollstuhl beanspruchen oder ein minimal eingeschränktes Leben bekommen. Für letzteres musst aber du selbst hart arbeiten und ganz fest die Zähne zusammen beißen.

    Ich selbst habe keinen Rollstuhl und auch nie einen besessen. Zum Fäden ziehen bin ich nicht mit dem Taxi gefahren, ob mir das jetzt zugestanden hätte oder nicht, sondern mit dem Fahrrad. 6 Wochen nach der Amputation habe ich mich auch nicht weiter krankschreiben lassen. Gut, das war auch Glück und nur durch Kooperation mit dem Chef möglich.

    Ich könnte dir jetzt einen langen Vortrag schreiben. Aber du wirst ihn sowieso nicht lesen und auch nicht beachten.

    Du brauchst:
    Ein paar gescheite Krücken. Da musst du auch ausprobieren. Die wohl besten gibt es in Kanada: Sidestix.com teuer, aber Lebensqualität, wenn es nicht mit Prothese geht und man kein Rollstuhl will.

    Fitness. Die gibt es nicht zu kaufen.
    1 Woche nach der Amputation kannst du Radfahren. Einbeinig. Und sobald die Fäden raus sind: schwimmen. Und natürlich Krücken laufen. Viel Krücken laufen. Immer wieder und ohne etwas durch Überlastung kaputt zu machen. Mit etwas Übung sollten 3..5 km kein Problem sein.

    Dein Gewicht im Zaum halten. Leider ist das oft ein großes Problrm.

    Physiotherapie. Bereits ein paar Tage nach der op um dich auf die Prothese vorzubereiten. Du liegst sowieso nur faul rum. Nutze die Zeit.

    Nicht sitzen. Nur zum kacken oder essen. Sitzen ist dein Frind. Es behindert den Lymphabfluss, verursacht eine venöse Stauung im Stumpf, verlängert die Heilung und führt zur hüpftbeugekontraktur.
    Entweder liegen oder stehen (mit Krücken). Wenn Besuch kommt: auf die Couch legen! Die innere Wundheilung dauert 14..16 Wochen!

    Einen Duschhocker. Zur Not eine Colakiste oder umgedrehter Eimer. Keine Experimente oder falsches Heldentum. Helden sterben früh. Du kannst dir einen Müllbeutel über den Stumpf ziehen und oben mit einem Gummi fixieren. Das ist dicht genug zum Duschen.

    Jetzt kommt das allerwichtigste hier machen die meisten Leute den größten Fehler: du brauchst einen guten Orthopädietechniker, der zusammen mit dir die für dich optimale Prothese erarbeitet. Hier kann man nichts pauschalieren. Per es bietet ein elektronisch gesteuertes Knie die besten Voraussetzungen. Hör muss der OT mit viel Sachverstand auswählen. Wenn du Rennfahrer werden willst, musst du nicht mit dem Kettcar anfangen. Willst du Traktorist werden, auch nicht mit einem Rennwagen.
    Bespreche mit dem OT dein Reha-Ziel und er soll dir einen Vorschlag machen. Das gleiche mache mit 2 anderen OT‘s auch. Dann wähle aus.
    Wichtig ist auch eine geeignete Nähe. Anfangs wirst du sehr oft dort sein...

    Noch etwas ist aber viel wichtiger: du darfst nie, nie, nie aufgeben.

    Ich bin Im Oberschenkel amputiert, seit 10 Jahren. In Anbetracht anderer Beginderungen, finde ich mein Wehwehchen als eine Minibehinderung.

    Bei fragen kannst du dich gerne melden.


  • The user and all related content has been deleted.
  • Hallo Einbein,
    Vielen lieben Dank für deine so ausführliche und informative Antwort.
    In der Tat geht es mir nicht darum alles mögliche abzugreifen oder Profit heraus zu holen. Mir geht es einzig und alleine darum wieder etwas Lebensqualität zu bekommen. Und endlich wieder meine Frau in alltäglichen Situationen unterstützen zu können.Natürlich liegt die Verantwortung und die Arbeit daran hauptsächlich in meinen Händen. Aber nach 3 Knieprothesen innerhalb von 4 Jahren und den ganzen unzähligen Operationen die in den 19 Jahren jetzt gelaufen sind, möchte ich das best mögliche für mich bekommen. Die Problematik mit den Orthopädie Technikern habe ich schon häufig gehört. Leider ist in diesen Bereich Solingen ein Entwicklungsorf.
    So ist zum Beispiel die "Rollstuhlfrage" erledigt, denn in meiner Wohnung und im Haus habe ich keine
    Möglichkeit den überhaupt unterzubringen. Mir geht es tatsächlich um so profane Sachen wie einen Duschhocker oder aber eine Haltestange am WC. Wie komme ich in der Anfangsphase von Solingen nach Köln um dort die Weiterbehandlung durchführen zu lassen.
    Da ich seit einigen Jahren von einer EU Rente lebe und meine Frau für den Mindestlohn in einer Leiharbeitfirma arbeitet sind unsere Mittel tatsächlich sehr begrenzt. Nichts desto trotz versuche ich niemandem "auf der Tasche " zu liegen.
    In diesem Sinne
    Danke nochmals für die Rückmeldung und die Tips von Deiner Seite
  • Auch Dir Jenner danke für den Hinweis.
    Vielleicht bekomme ich ja tatsächlich mal Unterstützung von meinem Reha - Berater.
    LG
  • The user and all related content has been deleted.
  • @ Einbein

    super erklaert
    bin 100% einverstanden mit deiner Antwort und Einstellung
    das sehe ich tauglich in unserm Leben auch wo
    wir beide Ehepartner hier amputiert sind und mit 4 Kindern nicht
    uns erlauben koennen im Rollstuhl ganzen tag zu sitzen oder
    nicht fit zu sein 😀


    Alles gute fur dich SWS Ofer und
    du kannst mir auch gerne per PN schreiben wenn du weitere Fragen hast
    bezüglich amputation und Versorgung danach.

    lg aus frankreich
    bili
  • Also, im Grunde brauchst du folgende Hilfsmittel:

    - Krücken (gescheite). Da musst du ein biisel probieren. Dein Sanitätshaus kann dich auch beraten. Übernimmt die BG
    - Duchhocker (Kostet so ca. 60 € im Sanitätshaus, 30€ im Internet) erstattet dir die BG
    - Physiotherapie, übernimmt die BG
    - Fahrtkosten da hin, übernimmt die BG
    du kannst dich natürlich als armes Hascharl mit dem Taxi chaufieren lassen oder schauen, dass du selbständig wirst. Km-Geld und ggf. Parkgebühren oder die Fahrkarte übernimmt auch die BG.
    - Prothese, wenn es so weit ist, übernimmt auch die BG
    - Gehtraining mit Fahrtkosten übernimmt die BG
    Insofern bist du da schon ein Patient 1. Klasse.

    Ich habe in der Reha Leidensgenossen erlebt, die angst hatte, dass wenn sie sich anstrenegn, Prozente gestrichen zu bekommen. Da kann ich nur sagen: die Gutachter sind nicht blöd und es ist auch eine Frage der eigenen Lebensqualität. Mit OS-Amputation wirst du 60% kriegen. Dann lieber diese 60% nehmen und normal arbeiten gehen und Geld verdienen, als auf 65% zu spekulieren und Beihilfe zum Lebensunterhalt beantragen.

    Falls dein Auto angepasst werden muss, bekommst du das auch. Da kann man sich allerlei Firlefanz anreden lassen und darf dann aber nur noch dieses spezielle Auto fahren oder man schaut, dass man ein normales Auto fahren kann und unabhängig bleibt. Ich kann und darf mit OS-Prothese links einen normalen Schaltwagen fahren und kann so auch jedes x-beliebige Leihauto nehmen.
    Bei OS-Amputation rechts kann man auch über Kreuz oder mit Prothese mit links die Bremse, rechts das Gas bedienen und einen normalen Automatik fahren und sich das zur Sicherheit begutachten lassen oder man lässt sich linksgas aufschwatzen, darf dann aber nicht mehr normal fahren.