Verhinderungspflege BG und Pflegekasse

Hallo,

ich habe zur Verhinderungspflege eine Frage, die man hier vielleicht beantworten kann.

Ich beziehe seit meinem schweren Arbeitsunfall von meiner zuständigen Berufsgenossenschaft Pflegegeld.
Da dieses Pflegegeld höher ist als das Pflegegeld der Pflegekasse (hier habe ich den Pflegegrad 2), zahlt die Pflegekasse kein Pflegegeld.

Nun habe ich einen Antrag zur Verhinderungspflege an die zuständige Pflegekasse meiner KV geschickt.
Dieser kam unbearbeitet, mit der Begründung die BG wäre als Leistungsträger vorrangig, ich solle mich bzgl. der Kostenerstattung an die BG wenden, zurück.
Daraufhin rief ich die Pflegekasse an und teilte mit das die BG nicht für die Verhinderungspflege zuständig ist.
Der Mitarbeiter meinte nach längerer Diskussion, er müsse noch mal nachsehen.
Er rief mich dann kurze Zeit später zurück und meinte das die Pflegekasse vielleicht doch die Verhinderungspflege zahlt, dies aber unter Abzug der monatlichen Differenz
des Pflegegeldes der BG (welches ja höher ist als das der Pflegekasse) und des Pflegegeldes der Pflegekasse bei Pflegegrad 2.
Beispiel: Pflegegeld BG 350,00 Euro - Pflegegeld Pflegekasse 300,00 Euro = Differenz 50 Euro pro Monat x 12 Monate = Differenz 600,00 Euro pro Jahr.

Wie kann denn das sein?
Das von der BG gezahlte Pflegegeld hat doch nichts mit der Verhinderungspflege der Pflegekasse zu tun, die Pflegekasse kann sich doch nicht am "Topf" der BG bedienen und mir sozusagen das Pflegegeld der BG kürzen?

Sehe ich das richtig so, oder habe ich da einen Denkfehler?

Ich würde mich über eine Antwort von Euch sehr freuen und bedanke mich schon einmal im Voraus.

Vielen Grüße

Sven Seiger

Antworten

  • Hallo Sven,
    die Pflegekasse zahlt bei Pflegegrad II 316,-€ nicht 300,-€ wie du schreibst.
    Die BG zahlt keine Verhinderungspflege.
    Da die Leistung der Pflegekasse durch den Bezug von Pflegegeld der BG ruht, sollte im Fall der Verhinderungspflege die Pflegekasse einspringen.
    Verbindliches solltest du dir durch einen Sozialverband geben lassen.
    Gruß
    Rudi
  • Hallo Rudi,

    danke für deine Antwort.
    Das mit den 300,00 und den 350,00 Euro war nur ein Beispiel.
    Ich sehe das auch wie du, das die Pflegekasse hier zahlen muss.
    Aber darf sich die Pflegekasse auch diese Differenz einfach abziehen?
    Das Pflegegeld der BG hat doch mit dem Verhinderungspflegegeld gar nichts zu tun?

    LG

    Sven
  • Hallo Sven,

    in diesem Fall hat der Kollege der Pflegeversicherung alles richtig gemacht. Das Pflegegeld der Pflegeversicherung ruht nach § 34 SGB XI.
    Im dazugehörigen Rundschreiben wird das ganze ein wenig klarer erläutert.
    Im Absatz 2 letzter Satz steht genau das, was du bei deiner Argumentation gesucht hast.
    Verhinderungspflege ist im § 39 SGB XI geregelt und fällt somit in diesen Bereich, dass lediglich der aufstockende Differenzbetrag von der Pflegekasse zu zahlen ist.

    2. Bezug von Entschädigungsleistungen
    2.1 Allgemeines
    (1) Wie in § 13 Abs. 1 SGB XI bereits normiert, sind die Leistungen der Pflegeversicherung gegenüber gesetzlichen Entschädigungsleistungen nachrangig. § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI konkretisiert dies dahingehend, dass der Leistungsanspruch nach dem SGB XI in Höhe der Entschädigungsleistungen ruht. Zum Ruhen des Leistungsanspruchs nach dem SGB XI führen Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit
    · nach dem BVG, z. B. Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG oder die Kostenübernahme bei stationärer Pflege nach § 35 Abs. 6 BVG, oder
    · aus der gesetzlichen Unfallversicherung, z. B. Hauspflege, Anstaltspflege oder Pflegegeld nach § 44 SGB VII, oder
    · aus der Unfallversorgung nach öffentlichem Dienstrecht, z. B. nach dem Beamten- oder Soldatenversorgungsgesetz oder nach dem Deutschen Richtergesetz, oder
    · aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung.
    (2) Das Ruhen des Leistungsanspruchs nach dem SGB XI wegen Bezugs von Entschädigungsleistungen tritt nur in Höhe der bezogenen Entschädigungsleistungen ein. Hiermit soll eine Überversorgung durch Doppelleistungen vermieden werden, da die beiden in Betracht kommenden Leistungen im Wesentlichen dem gleichen Zweck dienen und zeitgleich bezogen bzw. beansprucht werden können.
    Die nachfolgenden Ausführungen sind auch auf die anderen Entschädigungsleistungen nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, aus der gesetzlichen Unfallversicherung, aus der Unfallversorgung nach öffentlichem Dienstrecht oder aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung anzuwenden.
    Ergibt sich aus dem Antrag, dass die Pflegebedürftigkeit zumindest überwiegend aufgrund einer anerkannten Schädigung besteht, der Berechtigte vom Versorgungsamt aber keine oder nur eine geringe Pflegezulage nach § 35 BVG erhält, leitet die Pflegekasse die Unterlagen an das örtlich zuständige Versorgungsamt weiter, da der bei der Pflegekasse gestellte
    Antrag im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I die Zahlung oder Erhöhung einer Pflegezulage nach § 35 BVG begründet. Der Antrag auf Pflegezulage nach § 35 BVG gilt dann nach § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei der Pflegekasse eingegangen ist.
    Ist der Leistungsanspruch nach den §§ 36 bis 43b und 45b SGB XI höher, ist der Differenzbetrag von der Pflegekasse zu erbringen (vgl. Ziffer 3 Abs. 2 zu § 38 SGB XI).
    (3) Die Ruhensbestimmungen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI gelten nicht in Bezug auf die (nachrangigen) Leistungen der Kriegsopferfürsorge (z. B. die Hilfe zur Pflege nach § 26c BVG, Wohnungshilfe nach § 27c BVG).

    Beispielsweise es bezieht jetzt jemand Pflegeleistungen der Unfallversicherung in Höhe von 350 Euro und erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegegrad 2 (316,00 Euro) wird die Summe der Verhinderungspflege (aufs Jahr gerechnet) hinzuaddiert und die Leistungen der Unfallversicherung abgezogen.

    Leistung der Pflegekasse:
    316,00 Euro/Monat * 12 Monate + 1.612,00 Euro Verhinderungspflege (evtl zuzüglich Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 Euro) = 5.404,00 oder 6.210,00 Euro

    Leistung der BG:
    350,00 Euro/Monat * 12 Monate = 4.200,00 Euro

    Ermittlung des Differenzbetrages:

    5.404,00 Euro – 4.200,00 Euro = 1.204,00 Euro Anspruch auf Verhinderungspflege im Jahr bei Beantragung der 1.612,00 Euro

    6.210,00 Euro – 4.200,00 Euro = 2.010,00 Euro Anspruch auf Verhinderungspflege im Jahr bei Beantragung der 2.418,00 Euro (Kurzzeitpflegeaufstockung)

    Dies gilt natürlich lediglich bei stundenweiser Verhinderungspflege. Bei tageweiser Verhinderungspflege ist noch die Höchstdauer der 42 Tage zu Berücksichtigen.

    Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen!

    Lg Pauli
  • Hallo Pauli,
    vielen Dank für die ausführliche Erklärung.
    Das wird sicher vielen helfen weil doch immer wieder mal die Frage auftaucht.
    Gerne verweisen wir dann auf deine Ausführung.
    Gruß
    Rudi
  • Hallo Pauli,

    vielen, vielen Dank für deine umfangreiche Erklärung.
    Eines macht mich in deiner Erklärung etwas stutzig:

    Im unteren Teil deiner Ausführung schreibst du:
    Zitat: "Beispielsweise es bezieht jetzt jemand Pflegeleistungen der Unfallversicherung in Höhe von 350 Euro und erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegegrad 2 (316,00 Euro) wird die Summe der Verhinderungspflege (aufs Jahr gerechnet) hinzuaddiert und die Leistungen der Unfallversicherung abgezogen."

    Du schreibst" beispielsweise bezieht jetzt jemand Pflegeleistungen der Unfallversicherung in Höhe von 350,00 Euro (in meinem Fall des bei der BG so bezeichnete Pflegegeld, welches aber nichts mit dem Pflegegrad 2 zu tun hat) UND erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegegrad 2 (316,00 Euro)"

    Hier verwirrt mich das UND etwas. Ich erhalte NUR von der Berufsgegnossenschaft das sogenannte Pflegegeld (350,00 Euro), von der Pflegekasse bekomme ich nichts bei Pflegegrad 2.

    Über eine kurze Erklärung würde ich mich sehr freuen.
    Vielen Dank

    Sven
  • Hallo Sven,

    du erhältst faktisch kein Geld von der Pflegeversicherung, da die Leistungen nach § 34 SGB XI ruht. Allerdings stehen dir die Leistungen zu, sobald die Leistungen der Pflegeversicherung, die Leistungen der BG übersteigen sollten. Sobald das Pflegegeld der Pflegeversicherung, das der BG übersteigt, erhältst du auch von der Pflegeversicherung Pflegegeld.
    Vorausgesetzt du würdest 350 Euro der BG erhalten und hättest den Pflegegrad 3 bei der Pflegeversicherung festgestellt, würdest du aufstockend von der Pflegeversicherung ein Pflegegeld in Höhe von 195,00 Euro erhalten, da dir bei Pflegegrad 3, Pflegegeld in Höhe von 545,00 Euro zustehen würde (545,00-350,00=195,00 Euro)
    Genau so verhält es sich eben auch mit der Verhinderungspflege. Der Betrag der über den Leistungsbetrag der BG hinausgeht, ist der Betrag, der von der Pflegeversicherung zu zahlen ist.

    Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.

    LG Pauli
  • Hallo Pauli,

    jetzt habe ich das Ganze vollständig verstanden.

    Ich danke dir noch einmal ganz herzlich.

    LG

    Sven
Diese Diskussion wurde geschlossen.