Wo kann ich mich als Asperger Autist bewerben?

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Antworten

  • Danke, Anette. Ich musste erstmal googeln, was ein Kyburz-Fahrzeug ist, das wusste ich gar nicht. Einen Führerschein hab ich nicht. Ich weiß nicht wie es bei der Schweizer Post ist, aber bei der Deutschen Post ist es so, dass der Job als Zusteller sehr stressig und nervenaufreibend ist. Ich war froh, dass mein Vertrag damals nicht verlängert wurde, ich hatte gar kein Interesse an einer Vertragsverlängerung. Ich hab mit dem Fahrrad Briefe zugestellt und der Job machte mir an für sich schon Spaß, aber es wurde mir einfach zu viel! Die Bezirke wurden immer größer und das Sendungsaufkommen auch, es kam öfter vor, dass ich mein Tagespensum einfach nicht mehr gepackt habe. Im Winter war ich öfter mal über 10 Stunden am Arbeiten (max. darf man nur 10 Std. pro Tag). Ich war einfach zu langsam. Und ich hatte eine 6-Tage-Woche, also Montags bis Samstags. Ich war psychisch fix und fertig. Freizeit praktisch null, war nur noch am Arbeiten und das für einen geringen Lohn. Ich weiß, wenn ich den Führerschein hätte und mich wieder bei der Post bewerben würde, dann würde ich sofort anfangen können, denn die Deutsche Post sucht immer Leute. Ich weiß auch warum. Kenne kaum einen, der dort glücklich ist. Heute zahlen sie besser, vielleicht auch deshalb, weil sie sonst keine Leute mehr finden. Aber ich will dort gar nicht mehr anfangen, egal wie viel sie zahlen.

  • Lieber mfab777

    Wie sich Avantos genau finanziert kann ich dir leider nicht beantworten. Meines Wissens nach haben sie unteranderem Coaching-Verträge mit der IV - sprich: die IV übernimmt die Kosten, sofern das Angebot gut geheissen wurde. Zusätzlich arbeiten sie auch direkt mit dem Kanton Bern und erhalten vermutlich darüber Unterstützungsgelder, wenn jemand von einem Heim übermittelt wurde. Allerdings übernehmen sie auch direkt Kundenaufträge von Betroffenen, die aber selber bezahlen müssen. Frag doch einfach mal an. Ein Anruf kostet dich nicht mehr wie die Telefongebühren :)

    Lieben Gruss

    Priska

    Dipl. Naturheilpraktikerin TEN und Neurofeedback-Therapeutin


    Naturpraxis Hitz - Heilkunde | Neurofeedback | Biofeedback

    Flühstrasse 5, 5415 Rieden AG, www.naturpraxis-hitz.ch

    • EMR Zulassung: Von Krankenkassen anerkannt
  • Hallo,


    ich bin über die Google-Suche auf diese Diskussion gestoßen, da ich mich momentan in der selben Situation befinde (bzw. einer ähnlichen Situation).

    Seit Anfang des Jahres (2021) bin ich nun auch wieder Arbeitslos und frage mich die selben Dinge, wie der Ersteller.

    Ich habe viele Stärken, diese hatte ich auch schon früher in der Schule. Diese sind mir bewußt. So habe ich immer eine 1 in Physik, Mathematik, Chemie usw. bekommen. Ich empfand diese Fächer immer als extrem leicht. Dafür machte mir das ganze Konstrukt "Schule" probleme. Daher habe ich letztlich viele Schulen abgebrochen, auch diverse Versuche, Abitur nachzuholen sind gescheitert. Nie am Wissen oder an den Noten. Bei der letzten Schule haben sie alles versucht, um mich dort zu behalten, weil meine Noten so gut waren. Ich war aber total überlastet und es ging einfach nicht mehr.

    Und so erging es mir auch immer im Arbeitsleben. Es scheiterte nie dadran, dass die Arbeit zu schwer war. Es waren meine "Schwächen", die sich nicht vereinbaren ließen.

    So kann ich zum Beispiel nicht telefonieren. Ich weiß nicht, was das Problem ist. Ob mir das visuelle Feedback fehlt, oder ob es die scheinbar größere Nähe ist (jemand redet mit direkt ins Ohr als würde er nur 5cm von mir entfernt sein). Wenn ich telefoniere, werde ich hektisch, vergesslich, unterwürfig. So als würde man einen Menschen mit Höhenangst auf einen 100 Meter hohen Turm jagen.

    Meine "Fantasie" war es, dass sich dies einfach mit Training verbessern ließe. Darum habe ich viel telefoniert. Ich habe in den 12 Jahren als Web-Developer jeden ARbeitstag mehrfach telefoniert. Umso frustrierter war ich, als ich nach 12 Jahren erkannte, dass das Problem kein bißchen besser geworden ist. Und dies ist nur ein Beispiel. Viele Dinge, die andere garnicht verstehen können, fallen mir unendlich schwer. Noch schlimmer: Ich kann sie nicht trainieren oder verbessern, und auch das ist für viele Unverständlich.

    Man kann es vielleicht mit jemanden vergleichen, der Farbenblind ist. Er wird immer Probleme haben, Rot und Grün zu unterscheiden (sofern er eine Rot-Grün Schwäche hat). Natürlich weiß er zuerst garnicht, dass er ein Problem damit hat, er merkt es daran, dass er in der Schule in Dingen versagt, die für andere völlig klar sind.

    Doch selber wenn er dann eine offizielle Diagnose hat und weiß, dass er diese Schwäche hat, kann er sich diese Schwäche nicht "abtrainieren". Egal wie sehr er sich anstrengt.

    Dann geht es darum, eine andere Lösung zu finden. Z.B. garnicht erst in die Situation zu kommen, dass seine Rot-Grün Schwäche zu einem Problem wird. Oder Software zu nutzen, die eine solche Funktion anbieten, um die Farben für Farbenblinde Menschen anzupassen.

    Bei Autismus ist es leider nicht so einfach, denn viele Menschen sehen einfach nicht ein, dass ein Autist manche Dinge nicht lernen kann. Genau so wie ich nicht verstehe, wieso es andere nicht schaffen, Kubische Formeln in Mathe zu lösen. Für mich war das so einfach und logisch, und ich konnte nicht verstehen, wieso andere es nicht verstehen. Es kam mir erst so vor, "als wollten sie es einfach nicht". Ich habe erst später festgestellt, dass viele Menschen tatsächlich Mathematik nicht verstehen, egal wie sehr sie es auch üben.

    Genau so ergeht es mir mit meinem Autismus. Was für andere Mathe war/ist, sind für mich sogenannte "Soft Skills". Also sowas wie: Konfliktsituationen lösen, Stressbewältigung, Priorisierung, Emotionen. Dinge, die die meisten Menschen "auf magische Weise" in ihrem Leben einfach lernen, und für mich meist völlig unzugänglich sind.

    Um das ganze etwas abzukürzen: Ich suche auch verzweifelt einen Beruf. Ich habe nur Web-Developer gelernt, bin aber mittlerweile nicht mehr fähig dazu (auch weil sich dieser Beruf extrem gewandelt hat).

    Und jetzt sitze ich da mit meinem Talent. Ich weiß, dass ich viele Stärken habe (Mathematik, Logik, Physik), aber alle passenden Berufe/Ausbildungen benötigen Abitur/Studium. Die Illusion, Abitur einfach nachzuholen, habe ich mittlerweile aufgegeben. Auch gibt es mit 39 Jahren keine Förderungen mehr. Ich habe auch schon alle Autismus-Behörden durch, die einen helfen könnten. Doch sie können eben auch keine Jobs herbei zaubern. Und das finanzielle ist eben auch ein reales Problem, besonders nach den 2 Jahren Corona. Wir haben mittlerweile einige Schulden angehäuft, und das Arbeitslosengeld reicht bei weitem nicht. Erwerbsunfähigkeit kam mir auch in den Sinn. Doch als ich mir ausgerechnet habe, wieviel ich bekäme, war das gleich wieder vom Tisch. Das würde ein Leben auf absoluten minimum bedeuten, für den Rest meines Lebens. Da würde mich die Depression schon früher umbringen.

    Momentan habe ich folgenden Kurs eingeschlagen: Ich habe einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt. Diese Leistungen sind extra dafür gedacht, sich beruflich neu zu orientieren, bevor eine Erwerbsunfähigkeit oder lange Arbeitslosigkeit droht. Diese muss bewilligt werden, was leider einige Monate dauert (sogar mehr als 1 Jahr). Ist diese bewilligt, kann ich aber Umschulungen/Ausbildungen anfangen und bekomme diese finanziert. Hierbei gibt es z.B. auch Hilfen für Autisten. Zum einen bieten Diversicon ein Job-Coaching an für Autisten (ist allerdings ein Kurs der finanziert werden muss). zum anderen gibt es hier ein Berufsförderungswerk, bei dem ich Umschulungen machen kann.

    Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass ich ohne Ausbildung nicht weiter komme. Selbst wenn ich einen guten Job finden würde, dann wäre ich sicherlich in 5-10 Jahren wieder in der selben Situation wie jetzt. Mein Ziel ist es, jetzt noch eine gute Ausbildung zu finden, mit der ich auch "alt" werden kann. Den IT-Bereich kann ich da zum Beispiel garnicht empfehlen. So spannend er auch ist, man wird in diesem Bereich nicht alt (außer man geht in die Personal- oder Projektleitung, was für mich als Autist aber Horror ist).

    Trotzdem merke ich eben auch den finanziellen Druck. Dispos sind von den Banken gekündigt (da meine Frau und ich Arbeitslos sind). Wir haben also nur das Geld, was wir in der Hand haben. Um unsere Schulden zu zahlen, haben wir uns schon Geld von unseren Eltern geliehen (die auch nur Rentner sind und nicht genug haben). Und jetzt kommt die Weihnachtszeit, und natürlich würde ich den Kindern meines Bruders gerne etwas schenken. Da aber auch eine NAchzahlung für Strom ansteht, wird es ein sehr schwieriges Weihnachten werden, und wir können uns kaum darauf freuen.

    Ich wälze darum jeden Tag die Jobsuch-Portale. Doch ohne Ausbildung oder Studium ist dort kaum etwas zu machen. Alle übrigen berufe erfordern zu einem großen Maße diese "Soft-Skills", an den es uns Autisten mangelt.

    Wirklich Hilfe bekommt man leider auch nicht. Ich habe schon alles mögliche durch. Das sinnvollste ist tatsächlich dieser Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Und solange dieser läuft, muss man sich einfach finanziell über Wasser halten (notfalls Schulden aufnehmen oder Geld leihen).


    Mich würde aber Interessieren, wie es dir mittlerweile ergangen ist (@mfab777). Ich bin auch in der Situation, dass ich völlig offen bin für alles, denn ich WILL irgendwas machen. Ich aber auch das Gefühl habe, dass man als Autist damit sehr alleine gelassen wird. Und ich kann es sogar verstehen, denn es gibt einerseits gerade andere Probleme (Corona) andererseits gibt es viele andere Menschen mit ganz anderen Problemen, die viel bessere Aussichten auf Jobs haben. Da ist die Priorität für Autisten einfach gering. Das bedeutet, wir müssen uns einfach durchbeißen. Das überfordert mich regelmässig, und oftmals verbringe ich einen Tag damit, 12 Stunden am Stück nach Arbeit zu suchen und im Internet nach Hilfen zu recherchieren (ohne ergebnis). Und dabei stoße ich dann manchmal auf Diskussionen wie diese. Auch heute war wieder einer dieser Tage.

  • mfab777
    mfab777
    bearbeitet 28. Apr 2022, 18:51

    @Dennis82HH Ich habe das gemacht was ich die letzten Jahre auch gemacht habe. Mich mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Man darf ja zur Rente 450,-€ pro Monat dazuverdienen, zwei Mal im Jahr sogar bis 900,-€ ohne Abzüge. Ich kann auch schlecht telefonieren. Ich kann Freunde anrufen und mit denen telefonieren, das geht. Ich kann auch irgendwelche fremden Einrichtungen anrufen. Aber telefonieren kostet mich oft Überwindung. Ich könnte nie in einem Callcenter arbeiten, obwohl man da sehr viel Geld verdienen kann. Es ist einfach nicht das Richtige für mich. Ich schreibe viel lieber. Statt 12 Stunden stur nach Arbeit zu suchen, wo eh nix bei raus kommt, solltest du lieber darüber nachdenken, was deine Berufung ist! Beruf kommt von Berufung! Jeder Mensch hat eine Aufgabe, sonst wäre er nicht auf der Welt! Diese Aufgabe ist aber nicht, irgendeinen Job auszuüben, mit dem man vielleicht gar nicht glücklich wird, nur damit man Geld verdient. Mache dich auf die Suche nach deiner Berufung. Vielleicht musst du ein paar Sachen ausprobieren, um herauszufinden, was deine Berufung ist. Und das Abitur nachzuholen, das bekommt man schon bezahlt. Mein Vater hat ja auch die mittlere Reife nachgeholt.

    Google mal nach den gefragtesten Jobs, die finden sich in der IT-Branche. Und dann kannst du dort eine Umschulung machen, wenn dich das interessiert. Aber sollte dich das überhaupt nicht interessieren, dann ist es nicht der richtige Weg für dich. Dann versuche was anderes.

    Du musst irgendwas machen, was dir Spaß macht, wo du denkst: "Das ist es! Das will ich mein Leben lang machen." Kannst dich auch mit irgendwas selbstständig machen, wenn du irgendwas gut kannst und dich das getraust." Du kannst aber auch Rente beantragen, wenn du merkst, du packst das alles nicht und dir wird es zu viel. Dann kannst du immer noch einen 450,-€ Job nebenher machen. Jedenfalls: Gehe deiner Berufung nach und wenn du die nicht kennst, dann mach dich auf die Suche! Viel Glück!