Gleichstellung

Guten Tag,
ich bin neu hier und habe eine Frage!
Ich bin von Beruf Fachangestellter für Bäderbetriebe....leichter gesagt Bademeister/Schwimmmeister. Habe seit 2007 eine Gleichstellung im Betrieb, inzwischen habe ich einen Grad von 40 und bin 57 Jahre alt.

Die ganzen Jahre hat man vom Betrieb keine Rücksicht auf mich genommen und ich habe aber auch nichts dagegen unternommen, es wir immer schlimmer von der Geschäftsführung her. Inzwischen gibt es bei uns 7 Schichten, 3 verschiedene Frühschichten, 2 verschiedene Spätschichten, eine Mittelschicht und eine Flex-schicht.

Da kommt es auch schon öfters mal vor das man 3 Wochenende/ 4 Wochenenden hintereinander arbeiten muss. Kann ich mit meiner Gleichstellung dagegen angehen? Meine behinderten grate sind unterteilt, 30 auf meinen Rücken und 20 auf meine Hände.

Ich würde mich freuen wenn jemand schon Erfahrung mit so einen Problem hat/hatte und würde mich freuen von Ihn zu hören.

Gruß Hansi

Antworten

  • Nein, kannst du nicht.

    Du kannst nur aus "arbeitsmedizinischer Sicht" von bestimmten Arbeiten teilweise oder ganz ausgenommen werden.
    Bei Schichtdiensten, hier geht man generell von vier verschiedenen Arbeitszeiten aus - wie zum Beispiel: Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht und Tagesschicht - hierbei muss es aus gesundheitlichen Gründen zu Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit führen. Oder eine gesundheitliche Einschränkung lässt eine bestimmte Schichtform von Arbeit nicht zu.
    Auch ein ständiger Wechsel von Schicht zu Schicht ist nicht unbedingt ein Grund, sofern die Arbeitszeitgesetze eingehalten werden (Ruhezeiten).
    Sollten jedoch durch den Arbeitsmediziner hier gesundheitliche negative Auswirkungen festgestellt werden, kann eine Einschränkung der Schichtwechselhäufigkeit, wie eventuell in deinem Fall, ärztlich empfohlen werden.

    Ein GdB, in welcher Form auch immer, ist keine grundsätzliche Aussage für "Schichteinschränkung" , einer Erwerbsminderung, Einschränkung/Ausschluss von bestimmten Tätigkeiten.

    Nur eine gesundheitliche Einschränkung kann eine, unabhängig eines GdBs, zu einer Schichteinschränkung führen. Dieses stellt der Arbeitsmediziner fest, der einem Betrieb zugeordnet ist.

    Aber auch ein Gespräch mit der Personalabteilung oder mit den Mitarbeitern, welches du suchen solltest, kann ggf. hilfreich sein.

    Und allgemein zu deinen Arbeitszeiten:
    Du kennst deinen Arbeitsvertrag, du kennst deinen Job und das Arbeitsumfeld seit Jahren und weißt somit, was dieser Beruf und somit diese Berufssparte mit sich bringt.
    Wer sich zum Bäckerberuf entscheidet muss eben auch davon ausgehen, das er Nachts um 3 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen muss...
    .... und kann sich auch nicht gegen die Arbeitszeiten beschweren.

    Aber bei dir hört es sich auch eher an, das du in einem größeren Betrieb arbeitest - gibt es eventuell bei euch keine innerbetrieblichen oder sogar tariflichen Vereinbarungen, die für ältere Mitarbeiter zugute kommen???
    Eine Mitarbeitervertretung? Eventuell bekommst du da mehr Infos und auch eine Unterstützung für dein individuelles Problem?

    Gruß
    rollispeedy
  • Danke für die schnelle und ausführliche Antwort. Das lustige bei deiner Antwort ist der Vergleich mit den Anfangszeiten der Bäcker 😉

    Ich habe 1999 Umgeschult vom Bäcker/Kontitorhandwerk zum FA für Bäderbetriebe.

    Ich arbeite in einem ziemlich großen Bad, aber mit einem Betriebsrat der auf der Seite der Geschäftsführung steht. Wir sind von einem vier Schichtsystem in einem sieben Schichtsystem gewechselt, wo selbst die Jungen Mitarbeiter Probleme haben.

    Wir haben zwar eine Betriebsärztin, die schaut aber nur alle jubeljahre mal vorbei! Aber trotzdem danke.

    Gruß
    Hans-Joachim
  • Hallo,

    hmm.. ich möchte jetzt mit dem Stichwort Betriebsärztin noch ergänzen...

    Du musst nicht warten, bis die Betriebsärztin wieder vorbeikommt. Du kannst dich auch bei ihr melden und um einen Gesprächstermin bitten. Vielleicht kann Sie dir helfen, dass du vielleicht statt der 7 Schichten eben wieder die gewohnten 4 machen kannst.

    Jumanji
  • Schau mal hier
    http://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/bund/ego/3/3.5.html

    §124 SGB IX
    Mehrarbeit von Schwerbehinderten Menschen

    Schwerbehinderte Menschen und ihnen (von der Agentur für Arbeit) Gleichgestellte sind auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen (Ausnahme Notarbeit i.S. von §14 und 15 ArbZG).

    Der Anwendungsbereich ist auf zu leistende Mehrarbeit beschränkt. Die Vorschrift gibt den schwerbehinderten Arbeitnehmern nach allgemeiner Auffassung kein Recht, Sonn- oder Feiertagsarbeit bzw. Nachtarbeit und Bereitschaftsdienst generell abzulehnen.

    Ordnet der Arbeitgeber Mehrarbeit an, hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer sie grundsätzlich zu leisten, sofern er nicht rechtzeitig eine Befreiung von der Mehrarbeit (gemäß §124 SGB IX) verlangt hat. Der § 81 Abs. 4 SGB IX ist hierbei aber ggf. auch zu beachten und anzuwenden.

    Voraussetzungen
    Der Arbeitgeber kann Mehrarbeit anordnen, soweit dies arbeitsvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder aufgrund des Tarifvertrages zulässig ist.
    Diese Anordnung bedarf aber trotzdem der Zustimmung
    - des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG oder
    - des Personalrates.
    - die Schwerbehindertenvertretung ist nach §95 zu beteiligen.

    Ich hoffe ich konnte dir in der obigen Angelegenheit etwas weiter helfen.

    Gruß
    Bernd Fritz

  • Guten Morgen,
    danke für deine Antwort, das sind Ausführungen die ich auch schon so ähnlich gelesen habe. Für mich klingt das aber alles nicht sehr hilfreich, es scheint immer eine Auslegung der Interpretation zu sein.

    Für leihen schwer verständlich!

    Aber trotzdem danke
    Hans-Joachim
  • Hallo Hans-Joachim,

    unser Fachexperte Marc Florian Teßmer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, teilte mit:
    "Sehr geehrtes Forenmitglied,
     
    wir nehmen gerne zu Ihrer Fragestellung Stellung wie folgt:
     
    Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte sind auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen, § 124 SGB IX.
     
    Der Begriff der Mehrarbeit richtet sich dabei nach den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Dort ist in den §§ 2 und 3 des Arbeitszeitgesetzes bestimmt:
     
    § 2 Begriffsbestimmungen
     
    (1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.
    (2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.
    (3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.
    (4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.
    (5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die
    1.
    auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
    2.
    Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.
     
    § 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer
     
    Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
    _____________
     
    Mehrarbeit nach § 124 SGB IX ist diejenige Arbeit, welche über die normale gesetzliche Arbeitszeit von 8 Stunden werktäglich hinausgeht. Die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Arbeitszeit stellt damit keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung des Begriffs der Mehrarbeit nach § 124 SGB IX dar. Deshalb muss auch die Möglichkeit, nach § 3 Satz 2 ArbZG die Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich zu verlängern, außer Betracht bleiben (BAG, Urteil vom 03.12.2002 – 9 AZR 462/01; BAG, Urteil vom 21.11.2006 – 9 AZR 176/06).
     
     
    Überstunden bedeuten  nur dann Mehrarbeit nach § 124 SGB IX, wenn die 8-Stunden-Grenze überschritten wird.
     
    Bereitschaftsdienst gilt seit .2004 auch als Arbeitszeit nach Arbeitszeitgesetz und ist bei der Bestimmung von Mehrarbeit zu berücksichtigen.
     
    Für die Freistellung von Mehrarbeit genügt, dass das Freistellungsverlangen gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht wird. Aus Beweiszwecken empfielt sich hier die Schriftform. E
    iner besonderen Freistellungserklärung des Arbeitgebers bedarf es bei berechtigtem Anspruch auf Freistellung von Mehrarbeit nicht.
     
    Die Vorschrift des § 124 SGB IX stellt kein Verbot der Mehrarbeit dar. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer soll aber gegen seinen Willen nicht zusätzlich belastet werden. Deshalb ist es ihm überlassen, ob er von seinem Anspruch auf Freistellung von Mehrarbeit Gebrauch macht oder nicht. Verlangt er die Freistellung, kann er die werktägliche Arbeitsleistung über 8 Stunden hinaus verweigern, wenn der Arbeitgeber diesem Anspruch nicht freiwillig nachkommt.
     
    Sollten Sie weitergehende Fragen dazu haben, raten wir dazu einen  Fachanwalt für Arbeitsrecht in Ihrer Nähe aufzusuchen und dort einen Beratungstermin zu vereinbaren.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Marc Florian Teßmer
    Rechtsanwalt"

  • Danke nochmals für die Antwort,
    habe dazu doch noch eine Frage, habe eine Befreiung von Mehrarbeit und habe eine 39 Std. Woche. Wenn ich die 39 Std. in der Woche gearbeitet habe und am Wochenende laut Dienstplan mit Rufbereitschaft eingeteilt bin, wenn ich dann angerufen werde und ich zum Dienst muss ist das keine Mehrarbeit ?
    Ein großes Dankeschön im Voraus

    Gruß Hans-Joachim
  • Das hängt von deinem Arbeitsvertrag ab. Wie die Wochenarbeitszeiten o. durchschnittliche Jahresarbeitszeiten in Wochen und Begrenzung der Arbeitstage wie Montag bis Sonntag oder Montag bis Freitag, welche Regelarbeitszeiten usw., darin geregelt ist. Der Arbeitgeber kann nach der § 106 Ge­wer­be­ord­nung selbstständig Arbeitszeiten festlegen. Sowie auch die Definition von Mehrarbeit und Überstunden - da beides gesetzlich Gesehen nicht das Gleiche ist.
    Ein Verweigern einer unmittelbarer Arbeitsaufforderung (Dienstplan) nennt man jedoch dann Arbeitsverweigerung, dieses kann disziplinarische Folgen haben - unabhängig ob du dich im Recht fühlst. Disziplinarische Folgen können bis zur Kündigung führen.

    Hier ist der Arbeitgeber auf sein Fehler der Dienstzeitfestsetzung hinzuweisen. Da der Dienstplan schriftlich erfolgt, empfehle ich auch eine schriftliche Stellungsnahme vom Arbeitgeber zu erbitten.
    Solange das Arbeitszeitgesetz (48 Stunden/Woche = Obergrenze; siehe weitere Regelungen im ArbZG § 3 Abs.2)) und die Berufsgenossenschaftsregeln (Diese Regeln umfassen auch alle weiteren gesetzliche arbeitsplatzbezogene Vorschriften) eingehalten werden, würde ich persönlich keine Arbeitgeberanweisung unmittelbar verweigern!

    Ein Verstoß seitens des Arbeitgebers gegen Tarifvertrag, Haustarif oder sonstige betriebliche Vereinbarungen berechtigt nicht zur Arbeitsverweigerung. Das Nichteinhalten von Arbeitszeit-Regelungen die unterhalb des ArbZG angeordnet sind z.B. Regelungen durch Arbeitsvertrag, AGB`s, und Tarifregelungen sind "nur" Vertragsverstöße aber nicht Gesetzeswidrig im Sinne des ArbZG.
    Die im SGB IX beschriebene "Mehrarbeitsregelung" bezieht sich ausschließlich auf Arbeitsvertragsvereinbarungen unterhalb gesetzlich gesehene max. Arbeitszeitenregelungen. Die Tarifrechte, Haustarife, Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen, AGB können die arbeitsplatzbezogenen Arbeitszeiten weiter, zu Gunsten des Arbeitnehmers, einschränken (z.B. zu einer 39 Stunden/Woche statt einer 48 Stunden/Woche).

    Das hier jedoch im Detail genauesten zu Beantworten, scheint nicht möglich zu sein. Wir kennen die Formulierungen in deinem Arbeitsvertrag nicht, sowie auch nicht die auf dich geltenden haustarifrechtlichen oder sonstigen Vereinbarungen & Regelungen.

    Daher folge doch dem Rat der Redaktion.

    Gruß
    rollispeedy

    PS : ein unmittelbaren Anruf vom Arbeitgeber, das man zur Arbeit kommen muss, der vorher nicht vereinbart war, ist nicht folge zu leisten. Da der Arbeitgeber auch auf die persönlichen Belange des Arbeitnehmers in seiner vertraglichen vereinbarten Freizeit/Ruhezeit Rücksicht nehmen muss.
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