Besteht bei einer betriebsbedingtKündigung Möglichkeit einer Verhandlung über den Sozialplan hinaus?

Sehr geehrte Damen und Herren, im Laufe diesen Jahres wird mich auf Grund einer Standortschließung, entweder ein Arbeitsangebot an einen aneren Standort (500 bis 600km Entfernung) oder eine Kündigung ereilen. Es besteht bereits ein Rahmensozialplan und ein Interessensausgleeich wird demnächst verhandelt.
Mein aktueller Stand ist eine Schwerbehinderung von 80% (zeitlich beschränkt auf Grund einer Krebserkrankung). Allerdings warte ich im Moment auf die Ergebnisse eines Gentestes, wenn sich die Befürchtungen bestätigen, kann dies bedeuten, dass ich unter Umständen auch Erwerbsunfähig sein werde. Auf Grund dieser Tatsache und weil ich inzwischen 53 Jare alt bin, möchte bzw. Kann ich dieses Angebot wahrscheinlich nicht annehmen. Habe ich auf Grund dièser Situation die Möglichkeit auch Sondervereinbarungen abzuschließen über den Sozialplan und den Interessensausgleich hinaus? Nach 33 Jahren Betriebszugehörigkeit würde ich zwar schon eine sehr gute Abfindung erhalten, aberje nachdem wie sich die Krankheit auswirkt ist Hartz IV ansonsten vorprogrammiert.

Antworten

  • Hallo marion410,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀

    Dein Anliegen habe ich an unseren entsprechenden Fachexperten weitergeleitet. Bitte hab ein wenig Geduld bis zur Antwort 😉

    Fachexperten benötigen für eine kompetente Antwort möglichst viele relevanten Details zum jeweiligen Anliegen. Sollte es weitere Informationen geben, wäre es hilfreich, wenn Du diese in der Zwischenzeit nachreichst. Dabei werden selbstverständlich keinerlei persönlichen Daten benötigt.

    Wenn Dein Anliegen dann geklärt ist, sei bitte so lieb und setze die Bewertung oberhalb des Threads hoch 😀
    So hilfst Du uns, eine bessere Übersicht zu behalten, wo noch Unterstützung benötigt wird.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community! Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Sehr geehrte Forenmitglied,

    ich habe mir Ihre Fragestellung angesehen und kann hierauf die folgenden Ausführungen machen:

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Fragestellung durchaus vielschichtig ist. Grundsätzlich ist dazu in § 77 Absatz 4 BetrVG geregelt:

    „(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.“

    Da zu erwarten steht, dass ein Interessenausgleich mit Sozialplan kommt wird es hier darauf ankommen, ob entweder der BR einer Individualvereinbarung zustimmt oder diese für Sie zweifelsfrei günstiger ist als die kollektivrechtlichen Regelungen.

    Zu beachten sind Ihre Rechte als Schwerbehinderter. Der besondere Kündigungsschutz nach den §§ 85–92 SGB IX ist ein Kernstück des Schwerbehindertenrechts.

    Den besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX genießt ein Arbeitnehmer, wenn es sich bei ihm um einen schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs.2 SGB IX handelt. Danach sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Das ist bei Ihnen der Fall.

    Der Arbeitgeber benötigt zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes (§ 85 SGB IX). Die erforderliche Zustimmung ist der wesentliche Inhalt des besonderen Kündigungsschutzes. Erst wenn die Entscheidung des Integrationsamtes in Form der Zustimmung vorliegt, kann der Arbeitgeber die Kündigung wirksam erklären (vgl. Kündigungsschutzverfahren). Die ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

    Wenn der besondere Kündigungsschutz nach den Feststellungen des Integrationsamtes keine Anwendung findet, wird ein sog. Negativattest erteilt. Dieses hat im Zweifelsfall die Wirkung einer erteilten Zustimmung und berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung. Zustimmungsfrei ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Beispiel durch
    - einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag,
    - eine Kündigung von Seiten des schwerbehinderten Menschen oder durch
    Sie müssen hier aber etwaige Nachteile gegenüber der Bundesagentur für Arbeit beachten, denn wenn Sie freiwillig auf Schutz verzichten kann das zu einer Sperrzeit führen.

    Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen ist hingegen zustimmungspflichtig, wenn sie bei Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, teilweiser und voller Erwerbsminderung auf Zeit ohne Kündigung erfolgt (vgl. erweiterter Beendigungsschutz, § 92 SGB IX).

    Daneben hat der schwerbehinderte Mensch wie jeder Arbeitnehmer den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

    Dabei ist das Kündigungsverfahren gemäß SGB IX dem arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahren nach dem KSchG vorgeschaltet. Erst nach zustimmender Entscheidung durch das Integrationsamt kann die Kündigung ausgesprochen werden. Daran anschließend kann von dem Arbeitnehmer die Kündigung angefochten werden. Nach § 4 Satz 1 KSchG sind alle Gründe, die zur Rechtsunwirksamkeit der Kündigung führen können, innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung durch Klage beim Arbeitsgericht geltend zu machen. Nach der Regelung in § 4 Satz 4 KSchG beginnt in den Fällen, in denen die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich ist, die Klagefrist erst zu laufen, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes auch dem Arbeitnehmer zugestellt ist.

    Der Sozialplan ist eine zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat getroffene Vereinbarung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs.1 BetrVG). Als Betriebsänderungen gelten dabei nach § 111 BetrVG u.a. die Betriebseinschränkung, die Betriebsstilllegung, die Verlagerung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen.

    Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Sind in dem Interessenausgleich die zu kündigenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die jeweilige Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Die Sozialauswahl kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit hin überprüft werden.

    Soweit bei Massenentlassungen schwerbehinderte Arbeitnehmer betroffen sind und in den Sozialplan einbezogen werden, ist ihre besondere Rechtsstellung nach dem SGB IX zu beachten. Wenn in einer solchen Vereinbarung als Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Aufhebungsvertrag vorgesehen wird, drohen Nachteile insbesondere im Hinblick auf den Bezug des Arbeitslosengeldes.
    Es ist zu empfehlen, das Integrationsamt und die Agentur für Arbeit schon bei der Aufstellung des Sozialplanes, soweit er sich auf schwerbehinderte Arbeitnehmer bezieht, zu beteiligen.

    Daneben führen Sie zu einer etwaigen Erwerbsunfähigkeit aus. Diese beendet nicht zwangsläufig das Arbeitsverhätltnbis. Es bedarf auch hier einer auf den Gesamtkontext abgestimmten Regelung.

    Unter Umständen ließe sich eine Sperrzeit auch verhindern, wenn z.B. Ihr Arzt attestiert, dass Sie dort aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Dies sollte aber stets in Absprache mit der Bundesagentur erfolgen. Ferner sollte vorher eine für Sie angemessene Vereinbarung mit dem Arbietgeber abesgclossen werden.

    Ich rate Ihnen daher dringend an, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Ihrer Nähe aufzusuchen und mit diesem gemeinsam das weitere Procedere abzustimmen.

    Ich weise höflich darauf hin, dass ich hier nu einen ersten allgemeinen Überblick geben kann. Die Einzelfallprüfung hat anhand der konkreten Unterlagen und einer ausführlichen Aufarbeitung des Sachverhaltes gemeinsam mit Ihnen zu erfolgen. Dies sollte unbedingt mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht erfolgen.
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