Schwerbehinderung mit Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, muss zur Begutachtung für Fahrerlaubnis Klasse

Hallo Leute,
bin zum ersten Mal in diesem Forum und hoffe, Ihr könnt mir bei meinem Problem helfen!
Seit ca. fünf Jahren bekomme ich die unbegrenzte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (vor Gericht gegen die Rentenversicherung erstritten), seit ein paar Jahren habe ich auch den Schwerbehindertenausweis (G 60). Die Auswirkungen der Krankheit (Spinalkanalstenose, Funktionsbehinderung der LWS, entzündliche rheumatische Gelenkerkrankung) sind: ich kann nur wenige Minuten stehen und etwa 30-40 Meter gehen, bis ein unerträglicher Schmerz in der LWS einsetzt, sitzen kann ich ein paar Stunden und liegen sowieso.
Jetzt zu meiner Geschichte: weil ich seit fast 10 Jahren durch meine eingeschränkte Mobilität sozusagen zuhause "gefangen" war (nur kurze Wege mit dem Fahrrad zum Arzt oder für kleinere Lebensmitteleinkäufe möglich), habe ich mir im Februar 2015 mit Kreditgeld einen auf 25 kmh gedrosselten, gebrauchten Mofaroller gekauft (brauchte dafür keinen Führerschein, weil ich vor 1965 geboren wurde).
Kann Euch kaum schildern, welche Freiheit ich nun endlich wieder hatte! Selber wieder Freunde besuchen und nicht nur von diesen besucht werden, nicht auf die Hilfe von lieben Leuten mit Auto angewiesen sein, selbst entscheiden, wann ich wohin fahren kann....es war wie eine Befreiung aus der "Isolationshaft"! Habe zwar durch den Schwerbehindertenausweis freie BVG-Jahreskarte, kann diese aber nicht nutzen, denn ich schaffe ja den Weg zur U-Bahn oder Bus nicht; mein Roller steht dagegen direkt vor der Tür und ich muss nicht weit gehen.
Nur habe ich mit meine 25 kmh immer das Gefühl den Verkehr aufzuhalten, also habe ich im Sommer 2015 mit dem Führerschein der Klasse AM angefangen, wieder Geld dafür geliehen, aber das war es mir wert, ein paar Jahre abzuzahlen.
Hatte also am 21. Juli meine Unterlagen zum Bürgeramt gebracht (Erste Hilfe Kurs, Sehtest, Kopie vom Schwerbehindertenausweis, Antrag) und mir wurde dort nicht gesagt, dass die Behinderung eine Rolle spielt und ich noch weitere Unterlagen einreichen muss. Hatte der Dame erklärt, wie meine Behinderung sich auswirkt, sitzen (was ich beim Roller fahren ja hauptsächlich tun muss) geht, stehen und gehen (muss ich auf dem Roller nicht) nicht lange und weit möglich; die Dame hat sich alles angehört und ich dachte, damit ist das erledigt, zumal ich zu diesem Zeitpunkt ja schon ein halbes Jahr mit dem Roller gefahren bin!
Nach 12 Wochen kam statt der Zulassung zur Prüfung vom Amt die Aufforderung noch Dokumente nachzureichen: Bescheid von der Lageso, ärztliche Diagnosen und eine eigene Beschreibung meiner Beeinträchtigungen durch die Behinderung. Habe ich geschickt und nun kam letzte Woche die "Aufforderung zur fachärztlichen Begutachtung" bei einer der im Beiblatt angegebenen Einrichtungen, innerhalb von drei Monaten und auf eigene Kosten! Habe ein Institut angerufen: die Begutachtung kostet 499,-€-----das kann ich nun beim besten Willen nicht mehr aufbringen! Zumal das Zulassungsamt geschrieben hat, dass eine Begutachtung vielleicht nicht ausreicht, sondern noch mehr, alles kostenmäßig von mir zu tragen, verlangt werden könnte. Der Brief allein kostet nochmal 30,-€ Gebühren und eine Ablehnung nach drei Monaten ohne Eingang eines Gutachtens wird wieder gebührenpflichtig sein.
Ich verstehe zwar noch, dass denen meine Erklärungen zu den Auswirkungen der Behinderung nicht reichen...ich kann ja viel erzählen, aber ich habe auch geschrieben, dass ich schon seit mittlerweile neun Monaten mit 25 kmh fahre, dass ich in dieser Zeit nicht Polizei auffällig gefahren bin, dass mein Fahrlehrer (der es doch nun am besten beurteilen kann) mit mir zufrieden ist und ich deswegen
weniger praktische Stunden nehmen muss, als der durchschnittliche Fahranfänger. Und das alles reicht nicht? Ich finde die Kosten für die Begutachtung einfach unverhältnismäßig hoch gegenüber den Kosten für den kleinen AM Führerschein insgesamt, es geht doch nur um 20 kmh mehr!
Und ich habe eine Riesenangst, dass die mir für das Mofa ein Fahrverbot erteilen oder mich zu einer Begutachtung zwingen, um damit fahren zu dürfen----dadurch würden sie mich ganz in mein "Verlies" zurückstoßen, mein Roller ist wirklich mein "Rollstuhl", der mir wenigstens die Freiheit in Berlin zurück gegeben hat! Das bisher in den Führerschein investierte Geld ist weg, ich muss es aber an die Bank noch zurückzahlen und Rechtsbeihilfe ist im übrigen nicht zulässig, steht im Schreiben vom Amt.

Weiß nicht, was ich machen soll, fühle mich als Behinderter diskriminiert und ausgegrenzt durch diesen "Brocken" vom Amt. Wäre schön, wenn mir jemand mit ähnlichen Erfahrungen oder ein Experte mir weiterhelfen könnte! Vielen Dank für Euer Interesse schonmal.

Antworten

  • Vergiss den Führerschein und benüg dich mit deinem Roller.
    Ich fahre nur mit meinem Rolli 10km/h, sicher gähnend langsam, werde auch manchmal angehupt, geht mir aber sonstwo vorbei. Zeit habe ich und Hauptsache ich bin mobil und komme raus.

    Heidi
  • Hallo,

    ich fürchte, da ist leider nicht viel zu machen. Der Gesetzgeber hat nun mal entschieden, dass man bestimmte Fahrzeuge ohne Führerschein fahren darf, andere, die als gefährlicher eingestuft werden, nicht. Das scheint mir grundsätzlich auch sinnvoll und naheliegend.

    Generell ist für einen Führerschein die körperliche und geistige Eignung erforderlich, siehe § 2 StVG: http://www.gesetze-im-internet.de/stvg/BJNR004370909.html

    Dass die Behörde dabei nicht einfach glaubt, was jemand vorträgt, sondern das von unabhängigen Dritten nachprüfen lässt, scheint mir nachvollziehbar und ist eigentlich generell so, wenn man eine Erlaubnis für eeien potentiell gefährliche Tätigkeit beantragt. Nimm mal an, ein Medikamentenhersteller will ein Medikament auf den Markt bringen und behauptet selber, es habe keine gefährlichen Nebenwirkungen - würdest Du da nicht auch wollen, dass das eine unabhängige Stelle prüft? Dein Fall ist vom Grundsatz her nicht anders.

    Und da Du ja etwas vom Staat willst und niemand Dich zwingt, diesen Führerschein zu machen, scheint es zumindest mir auch gerechtfertigt, dass Du die damit verbundenen Kosten trägst, auch wenn man sich über die Höhe der Kosten sicherlich streiten kann.

    Sehe das daher ähnlich wie Heidi - ich habe keine Behinderung, bin aber viel mit dem Fahrrad (in Berlin) unterwegs. Natürlich halte ich damit manchmal die Autos auf - das macht mir aber eher Spaß 😀

    Besten Gruß, ananim
  • Hallo,

    Danke für Eure bisherigen Antworten.
    Habe ja geschrieben, dass ich es auch gerechtfertigt finde meine Angaben überprüfen zu wollen. Nur, zählen die 9 Monate verkehrsgerechten Fahrens mit 25 kmh und die professionelle Bewertung meines Fahrlehrers gar nichts?
    Unverständlich ist in meinen Augen auch, dass jemand, der einen Auto-Führerschein macht, damit automatisch auch Roller fahren darf, obwohl er noch nie auf so einem Teil gesessen hat!
    Und mein Fahrlehrer hat mir sogar gesagt, dass das Zulassungsamt mir bei einem Führerschein der Klasse B, also fürs Auto, mit meinen Behinderungen und nach seinen Erfahrungen keine Begutachtung abverlangen würde?! (Er kennt den Ärger mit dem Amt wegen solcher Dinge schon, ist aber auch ziemlich fassungslos in meiner Sache).
    Mache ich also den Auto-Führerschein, kann ich anschließend Roller fahren...und das ohne jede Begutachtung!!! Aber der ist natürlich noch teurer und bringt mir auch nichts, denn ich müßte wegen meiner Behinderung das Auto direkt in meiner Nähe parken können, (in Berlin meist unmöglich) darum parkt ja der Roller vor meinem Fenster im Hof.
    Wo ist da der Sinn? Das schwierigere und gefährlichere Auto mit seiner hohen Geschwindigkeit wird ohne Gutachten erlaubt und damit dann auch der Roller-----der Roller alleine (mit höchstens 45 kmh) aber nicht! Kann ich nicht nachvollziehen!

    Grüße an alle
    wellilove

  • Hallo,

    also wie geschrieben wird die körperliche und geistige Eignung für ALLE Arten von Führerscheinen gesetzlich verlangt - ob ein bestimmtes Amt nun von Dir auch ein Gutachten verlange würde, vermag ich nicht zu beruteilen, aber die gesetzliche Lage ist jedenfalls dieselbe für Autos und Mofas.

    Ich finde das - als Lain - allerdings auch nicht ganz unlogisch, dass uU erhöhte Anforderungen bei einem Mofa-Führerschein gestellt werden. Auf dem Auto sitzt mal halt in einem Sitz, es kann ggf. umgebaut werden. Auf dem Mofa ist ja es ja ggf. auch mal erforderlich Balance halten zu können etc.

    Der Behörde sind im Übrigen die Hände gebunden, wen sie für die Gutachten heranzieht - es gibt da in § 11 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) Vorschriften wer Gutachten machen kann. Das sind spezialisierte Ärzte und/oder amtlich anerkannte Sachverständige, aber eben nicht jeder beliebige Fahrlehrer, siehe http://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/__11.html

    Auch das halte ich prinzipiell für eine sinnvolle Regelung, denn es ist nicht auszuschließen, dass ein Fahrlehrer, den Du kennst und bezahlst, zu einer positiveren Einschätzung kommt als jemand, der Dich ansonsten gar nicht kennt. Außerdem gibt es bestimmte, ebenfalls gesetzlich definierte Grundsätze für die Entscheidung über die Eignung, die SpezialistInnen vermutlich kennen, Dein Fahrlehrer aber wahrscheinlich nicht.

    Ich verstehe, dass die Situation für Dich ärgerlich ist und zumindest, was die Höhe der Kosten angeht, würde ich Dir auch zustimmen, dass das unverständlich ist. Die gesetzliche Regelung finde ich allerdings, soweit ich sie zu beurteilen vermag, nicht falsch.

    Besten Gruß, ananim
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