Azubi in der Probezeit gekündigt

Hallo liebe MyHandicap Freunde!

Ich bin schwerbehindert (GdB 100). Als Rollifahrer habe ich am 01.09.2014 meine Ausbildung zum Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen bei der Agentur für Arbeit begonnen.

Ich wusste, dass ich kein Musterazubi sein kann, schon aufgrund des Handicaps waren mir meine Mitazubis deutlich überlegen. Meine Fachausbilderinnen merkten schnell, dass ich schwächer bin. Offen, vor der ganzen Gruppe erfuhr ich von ihnen, ich sei faul, unmotiviert und mir liege nicht viel am Unterricht, weil ich hinten sitze!!! Da war nicht nur ich, sondern alle waren überrascht. So ging es dann weiter. Die ersten Signale, man wolle mich in der Ausbildungsgruppe nicht mehr haben, kamen sehr rasch. Etwa nach 1,5 Monaten.
Mein Eindruck war, eine/-r der Fachausbilder/-innen ist bis vor kurzem noch selbst in der Probezeit gewesen. Sie möchte zeigen, wie gut sie ist- wollte es allen beweisen. Statt mir u.a. die „Kunst“ der Subsumtion gut beizubringen, lief sie mit dem Stoff wie wild weiter. Bei Anmerkungen wurde ich entweder selbst für alles verantwortlich gemacht oder ganz ignoriert.“ Sie schreiben zu…“ usw. Die Noten waren demzufolge nicht gut. Ich kam kaum hinterher...und alle anderen ebenfalls nur mit großer Mühe. Doch es kümmerte meine pädagogische Fachkraft herzlich... wenig. Bemühungen waren da, doch umgesetzt wurde… meine Kündigung! Man hat fast sofort keine Geduld gehabt und ich sah, dass ein Behinderter Azubi die Führungskräfte oft ratlos macht und diese erkennbar überfordert.

Heute, am 26.11.2014 wurde mir zum 30.11.2014 gekündigt. (noch in der Probezeit). Ich fühle mich aber mehr beseitigt, als gekündigt und möchte wissen, ob ich dagegen klagen kann? Es wurde bereits ein Urteil mit Wiedereinstellung im ähnlichen Fall vor ca. zwei Jahren verkündet.

So viel zum Slogan der Bundesagentur für Arbeit: „Inklusion geht uns alle an!“ ( nur nicht bei uns in der BA).

Link hierzu:
http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Presse/Presseinformationen/Sonstiges/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI706508

Wie kann/soll ich nun weiter vorgehen? Ich bin Ihnen für jeder Art Hilfe und Hinweise bereits im Voraus sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Antworten

  • Sehr geehrtes Forenmitglied,

    ich rate dringend und sofort zum Aufsuchen eines Fachanwalts für Arbeitsrecht um die laufenden Fristen zu beachten. Grds. greift der besondere Kündigungsschutz des SGB IX erst nach Ablauf von 6 Monaten. Auch die Mindestkündigungsfrist für schwerbehinderte Menschen von 4 Wochen (§ 86 SGB IX) gilt während der Probezeit nicht.
    Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt grds. mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Hier bedarf es einer Prüfung des Ausbildungsvertrages.
    Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung ist auszusetzen, die Beteiligung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; sodann ist endgültig zu entscheiden.

    Die Kündigungsmöglichkeit ist grundsätzlich in der Probezeit stark erleichtert. Innerhalb der vereinbarten Probezeit kann jederzeit, ohne Einhaltung einer Frist und ohne besonderen Kündigungsgrund beiderseitig gekündigt werden. Zu beachten ist aber das Maßregelungsverbot: Danach darf seitens des Arbeitgebers nicht schon deshalb gekündigt werden, weil der Auszubildende die ihm zustehenden Rechte ausübt
    Vorliegend kommt eine Verstoß gegen die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung in Betracht - auch könnte ein Diskriminierungsansatz zu erkennen sein.

    Will sich der Auszubildende gegen eine von seinem Ausbilder ausgesprochene Kündigung zu Wehr setzen, muss er zunächst zwingend einen Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor dem Schlichtungsausschuss der jeweiligen für das Ausbildungsverhältnis zuständigen Kammer stellen, vgl. § 111 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Hierbei ist der Auszubildende als Kündigungsempfänger zwar an keine starren Fristen gebunden, jedoch kann ein unangemessen spät gestellter Antrag zur Verwirkung des Anrufungsrechts führen. Insofern ist es dringend ratsam, sich hinsichtlich des Zeitpunkts der Antragsstellung an der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG zu orientieren, d.h. der Antrag sollte - um die Gefahr einer etwaigen Verwirkung mit Gewissheit auszuschließen - innerhalb von drei Wochen nach Kündigungszugang gestellt werden. Lässt sich der Rechtsstreit nicht im Schlichtungsverfahren durch einen einvernehmlichen Vergleich oder aber durch einen von beiden Parteien akzeptierten Schlichterspruch beilegen, ist binnen zweier Wochen Klage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht zu erheben, vgl. § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG. Dabei richtet sich die Klage auf die Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis durch die arbeitgeberseitige Kündigung nicht aufgelöst worden ist, sondern vielmehr unverändert fortbesteht.
    Ich rate daher noch einmal dringend dazu einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Nähe aufzusuchen und das weitere Vorgehen sofort mit diesem abzustimmen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Marc Florian Teßmer
  • Hallo,

    das tut mir sehr leid für Dich und ich kann mir vorstellen wie schlecht Du dich fühlst.

    Hat sich da mittlerweile etwas ergeben? Warst Du bei einem Fachanwalt?

    Lieben Gruß
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