openPetition sinnvoll?

Ihr Lieben,

ich brauche mal Eure Meinungen und Hilfe.

Für wie sinnvoll haltet Ihr eine openPetition?

Kurz zum Sachverhalt:
Ich habe verschiedene Erkrankungen: komplizierte Form einer HSP mit cerebellärer Ataxie, Aktions- und Intentionstremor der Hände, irregulärer Haltetremor des Kopfes bei Torticollis mit Kopfneigung nach rechts, Vibrationsempfindungsstörungen, Vitiligo, Hypertonie, u.a., Suizidversuch 2002. GdB 100 mit Merkzeichen G, aG und B, Pflegestufe 1, voll erwerbsunfähig (laut DRV) aber ohne Rentenleistungsbezug (Klage am Sozialgericht gescheitert, da angeblich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Leistungsfall wurde so gelegt, dass dies so ist).

Im Dezember 2013 habe ich einen Reha-Antrag bei der DRV Bund gestellt. Gleiche Leistungen wurden in den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2012 ohne Probleme bewilligt, es war auch nie eine Gutachtervorstellung erforderlich.

Heute, im Oktober 2014, habe noch immer keinen rechtsverbindlichen Bescheid.

Dazwischen ist einiges gelaufen:
Ablehnung seitens der DRV mit der Begründung, die 4-Jahres-Frist sei noch nicht erfüllt, Widerspruch von mir mit der Begründung, die 4-Jahres-Frist würde bei mir nicht greifen aufgrund der Schwere der Erkrankungen, Gutachtervorstellung (das Gutachten hätte ein Sechstklässler besser hinbekommen), eine Beschwerde an den Gutachter und die DRV über das unqualifizierte Gutachten, eine Dienstaufsichtsbeschwerde an die DRV wegen Verdacht auf Verschleppung meines Antrages, schwammige Erklärungen über das m. E. unqualifizierte Gutachten und die Dienstaufsichtsbeschwerde seitens der DRV, am 7. Oktober habe ich nun eine letzte (!!!) Nachfrage über den Stand der Dinge an die DRV gestellt.

Nun überlege ich, noch einen Monat zu warten und dann eine oPetition an den Bundestag zu stellen. Selbst wenn ich eine Bewilligung über eine weitere Rehamaßnahme erhalte (was ja noch fraglich ist), würden noch weitere kostbare Monate vergehen, da die meisten Fachkliniken ja auch lange Wartelisten haben; von daher bin ich (bald) mit meiner Geduld und Kraft am Ende.

Wer hat Tipps, an wen ich mich wenden kann. Ich habe schon daran gedacht, das Sekretariat von Frau Verena Bentele zu kontaktieren. Ob das Sinn macht? Eine Klage am SG strebe ich nicht an, das würde wieder zu lange dauern und außerdem halte ich das Deutsche Rechtssystem inzwischen auch für ziemlich fragwürdig.

Lieben Gruß und herzlichen Dank für (bitte nur) vernünftige ernstgemeinte Antworten.

das Zornröschen

Antworten

  • Hallo,

    nun, ernstgemeint ist die Antwort, ob sie vernünftig ist, mögen andere beurteilen.

    Erst einmal meinst Du tatsächlich eine open petition ( http://www.openpetition.de/ ) oder eine e-petition ( http://epetitionen.bundestag.de/ )? Das sind zwei verschiedene Sachen. Das erste ist letztlich einfach ein technisches Tool, mit dem Du Dich an alle möglichen Leute wenden kannst, das zweite ist für eine normale, offizielle Petition an den Bundestag zur Ausübung des Petitionsrechts, nur eben in elektronischer Form.

    Eine Petition an den deutschen Bundestag in dieser Sache hat aus meiner Sicht schlichtweg keine Chance. Voraussetzung für die Zulassung, d.h. die Weiterleitung an den Petitionsausschuss ist, "dass die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind". Das ist ein Auszug auf den Richtlinien des Bundestags für die Behandlung von Petitionen, http://www.bundestag.de/blob/190940/c0cbbd627e20fcc1519b03dc61db40f3/richtlinie_oeffentliche_petitionen-data.pdf

    Weiter heißt es da: "Eine öffentliche Petition einschließlich ihrer Begründung wird nicht zugelassen, wenn sie ... persönliche Bitten oder Beschwerden zum Inhalt hat".
    Diese Beschränkungen ergeben sich aus der Rolle des Bundestags, der ja bekanntermaßen für die Gesetzgebung zuständig ist, nicht für die Behandlung von Einzelfällen und auch keinerlei Weisungsrecht gegenüber Behörden hat.

    Mehr zum Petitionsrecht findest Du unter http://www.bundestag.de/petition


    Da die open petition kein gesetzlich vorgesehenes Instrument ist, könntest Du natürlich aber auch eine an die DRV richten. Aber ich bezweifle, dass eine Petition da ein besonders wirksames Instrument wäre. Denkst Du, wenn Du der DRV nun eine Liste mit Unterschriften von sagen wir mal 500 Leuten schickst, die auch alle der Meinung sind, die DRV sollte Deine Reha genehmigen, dass sich dann die Sachbearbeiterin bemüßigt fühlt, sich anders zu verhalten als bisher? Ich würde das nicht erwarten. Vielleicht hilft öffentlicher Druck, aber dann müsste aus meiner Sicht mehr passieren - also öffentliche Übergabe der Unterschriften mit Medienvertretern, Aktion vor der DRV etc - und das alles für die Genehmigung einer Reha in einem Einzelfall? Schwierig.

    Wenn Du Dir die Liste mit laufenden open petitions unter http://www.openpetition.de/ ansiehst, wirst Du zudem feststellen, dass es da nicht sooo viele gibt, die sich nur um einzelne Personen drehen... und das hat vermutlich einen gewissen Sinn. Das Petitionsrecht ist ja eigentlich ein Instrument der politischen Auseinandersetzung und nicht eines, um Entscheidungen in Einzelfällen zu bewirken - dafür sind dann eher die formalen juristischen Instrumente wie Widerspruch, Klage etc.

    Rechtswege beschreiten macht eher Sinn., auch wenn es lange dauert. Dienstaufsichtsbeschwerden werden unter Juristen allgemein als "drei F" beschrieben: formlos, fristlos, fruchtlos.

    Noch ein weiterer Gesichtspunkt: Du müsstet, um Unterschriften zu sammeln, ja relativ viel von Dir öffentlich preigeben. Willlst Du das?

    Dich an die Behindertenbeauftragte zu wenden, macht eher Sinn - aber sie kann natürlich auch nichts anderes machen, als mal irgendwo anrufen oder einen Brief schreiben. Ich würde auch da nicth zuviel erwarten.

    Du siehst also, ich bin skeptisch - trotzdem beste Grüße und alles Gute,

    ananim


  • Hallo anamin,

    vielen Dank für die qualifizierte ausführliche Antwort. Mir ist übrigens schon längst aufgefallen, dass Deine Antworten häufig sehr hilfreich sind, von daher habe ich mich sehr gefreut, dass ausgerechnet Du mir geantwortet hast! Herzlichen Dank dafür.

    Wenig Aussicht auf Erfolg. Ja, leider hatte ich schon so etwas erwartet.

    Das mit dem "Einzelfall" sehe ich allerdings doch etwas anders. Es gibt viele chronische Krankheiten, die durchaus eine Rehabilitation außerhalb der 4-Jahres-Frist rechtfertigen würden. Somit bin ich alles andere als ein Einzelfall. Allerdings hätte ich schon große Probleme damit, in dem Wald-und-Wiesen-Kaff, wo ich wohne, viele Unterschriften zusammen zu bekommen - es sei denn, ich spanne sämtliche Rindviehcher auf den Wiesen mit ein und mache Fußabdrücke von denen.

    Mir bleibt somit scheinbar nichts anderes übrig, als mich der Willkür der Behörden weiterhin auszuliefern. Alles andere wäre wohl vergebliche Mühe.

    Ich muss wohl lernen, Niederlagen wegzustecken.
    Ich wünschte, das wäre einfacher.

    traurige Grüße
    von mir

    😢
  • Danke für die nette Rückmeldung - freut mich, wenn meine Antworten hilfreich sind 😀

    Bezüglich Einzelfall meinte ich übrigens nicht, dass es nicht noch andere Leute geben könnte, die in derselben Situation sind. Ich hatte nur verstanden, dass es Dir nun erst einmal vorrangig darum geht, Deinen eigenen Fall voranzutreiben - was ja sehr verständlich ist.

    Wenn Du z. B. eine Gesetzesänderung bewirken wollen würdest, die es einfach macht, dass Rehas genehmigt werden - das wäre dann ja schon ein Fall für den Bundestag. Nur da braucht eine Verändung vermutlich noch länger und der Ausgang ist noch offener als bei einer Klage vor dem Sozialgericht.... 🙁

    Das einzige, was mir eventuell noch einfallen würde: Hast Du nette Ärzte und kannst die mal fragen, ob sie mal bei der Sachbearbeiterin nachhaken, möglichst indigniert darüber, dass sie gar nicht verstehen, warum das nicht genehmigt wird? Wenn Du immer in derselben Rehaeinrichtung warst, jemand von den oberen Rängen dort, die erzählen, wieviel das immer gebracht hat und so? Ich nehme an, Du hast ärztliche Gutachten etc. mit einreichen müssen, aber vielleicht zeigt ein wenig persönliches Nachhaken anderer Leute Wirkung...


    Ich drücke die Daumen!
    Besten Gruß, ananim
  • Hallo anamin,

    der DRV liegen ja bereits die vier vorangegangenen Entlassungsberichte der Klinik (Hoher Meißner, Bad Sooden-Allendorf) vor, aus denen ersichtlich ist, dass die Rehamaßnahmen immer (wenn leider auch nur vorübergehend) erfolgreich gewesen sind.

    Soll ich jetzt auch noch dem Chefarzt auf die Eier gehen, damit er sich für mich einsetzt? Meinst Du, der hat sonst nix zu tun? Meine Güte, die können doch sicher lesen was in den bisherigen Berichten steht, oder nicht? Ich hab inzwischen eine Akte, die ist so dick, dass sicher manch jemand nur noch genervt mit den Augen rollt, sobald er/sie meinen Namen hört.

    Außerdem ist da noch das "kleine" Problem, dass ich ganz gerne mal in eine andere Klinik möchte. Ich hab ja immer noch die Hoffnung, dass man anderswo vielleicht noch etwas mehr (oder Längerfristiges) erreichen kann. Außerdem liegt die obige Klinik etwa 360 km von meinem Wohnort entfernt. Man könnte zwar meinen, ich wäre froh, mal so weit aus dem Nest hier rauszukommen, aber da ist irgendwie auch der Hund begraben und nix los.

    Und ja, ich kämpfe vielleicht in erster Linie (nur) für mich, aber käme einer Bewilligung nicht auch automatisch anderen Betroffenen zugute? Als Präzedenzfall, sozusagen?

    Die Sache ist doch die: Wir sind doch einzeln immer nur kleine unbedeutsame Sterne am weiten Horizont.

    Ich geb' der DRV jetzt noch einen Monat. Danach wende ich mich an Frau Bentele (bzw. an ihr Sekretariat, da Frau Bentele ja tragischerweise erblindet ist). Sie muss ja eine tolle Frau sein! Vielleicht hilft sie mir ja weiter.

    Lieben Gruß
    vom Zornröschen


  • Hallo zusammen,

    gestern kam nun der endgültige Ablehnungsbescheid der DRV; auch mit dem Hinweis, dass auch ein anderer Kostenträger die Maßnahme nicht gewähren könne. Ich wußte bis dato nicht, dass die DRV für die KK solche Entscheidungen treffen darf. Mein Antrag schwebt seit Dezember 2013 in der Luft.

    Nach Auskunft des Chefarztes der Reha-Klinik (hab nun doch gewagt, eine Mail zu schreiben und auch promt Antwort erhalten) soll ich mich nun an die Krankenkasse wenden, ob mir dort evtl. geholfen werden kann.

    Ziele sind dabei eine möglichst gute Mobilität und Selbstversorgung im Alltag sowie eine bessere Lebensqualität zu erreichen.

    Das ist also jetzt mein nächster Schritt. Mal sehen,wie/wo er endet.

    So und jetzt lasse ich Euch mit meinem ganzen Kram in Ruhe.

    Liebe Grüße
    von mir

  • Nachtrag:

    Ihr Lieben,

    habe gerade einen Anruf von einer Dame der AOK bekommen.

    Die DRV ist und bleibt zeitlebens für mich zuständig, da ich RV-Beiträge an die DRV gezahlt habe.

    Mir bleibt also nur noch der Klageweg – Ende wieder völlig offen - .

    traurige Grüße

    von mir
    😢
  • The user and all related content has been deleted.
Diese Diskussion wurde geschlossen.