Spätfolgen Unterschenkelamputation Aneurysma Gefäßverschluss

Ich habe als Spätfolge einer Unterschenkelamputation, die vor 25 Jahren als Folge eines Motorradunfalls vorgenommen werden musste, einen Gefäßverschluss in der Kniekehle des Stumpfs bekommen. Alle anderen Gefäße sind ok.
Ich machte bis zum Auftreten der Durchblutungsstörung viel Sport (Volleyball, Joggen).
Welche Therapien sind möglich bzw. erfolgreich? Ich möchte nicht nur meine Gehstrecke um ein paar hundert Meter ausweiten, sondern möglichst wieder Volleyball spielen können. Könnte die Ursache für den Verschluss der Prothesenrand in der Kniekehle sein (Entrapment-Syndrom)?

Antworten

  • Hallo suche02,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Hast Du diese Thematik schon mit Deinem behandelnden Arzt erörtert?
    Machst Du noch Physiotherapie? Dies könnte eine gute Möglichkeit sein, Deinen Aktionsradius auszubauen.
  • Hallo Justin,

    ja, die Thematik habe ich schon mit mehreren Ärzten besprochen. Ich war vor einigen Wochen im Gefäßzentrum des Hubertus Krankenhaus Berlin wegen einer Infusionstherapie zur Erweiterung der Arterien. Dort hat man mir empfohlen den Verschluss konservativ zu behandeln, was bedeutet, das man den Verschluss nicht öffnet, sondern darauf baut, dass sich mit entsprechendem Training "Umgehungswege" bilden, die die Funktion der verschlossenen Arterie übernehmen sollen. In welchem Zeitraum und in welchem Ausmaß sich diese Umgehungen bilden werden, konnte dort nicht prognostiziert werden.
    Unmittelbar vorher war ich in Behandelung bei einem Gefäßspezialist des Jüdischen Krankenhaus Berlin. Dieser Arzt war sich unsicher, ob der Verschluss geöffnet werden sollte oder nicht, hat für mich aber ohne weitere Rücksprache einen Termin für eine stationäre Behandlung festgelegt. Was die Zielsetzung der stationären Einweisung war, habe ich leider nie erfahren.
    Nach meinem Aufenthalt im Hubertus Krankenhaus hatte ich Kontakt mit einem Gefäßspezialisten der Charité, der mir empfahl zuerst einmal den Verschluss zu öffnen und falls das nicht zum Erfolg führen würde eine konservative Therapie auszuprobieren.
    Ich habe den Eindruck, dass mit jedem neuen Fachmann eine neue Therapieempfehlung hinzu kommt.
    Problematisch wird die Situation auch dadurch, dass in der Regel eine Amputation Folge von Durchblutungsstörungen ist. Bei mir ist jedoch umgekehrt die Durchblutungsstörungen wahrscheinlich langfristige Folge der Amputation bzw. des Drucks der Prothese auf die Kniekehle. Bislang habe ich noch keinen Gefäßspezalisten gefunden, der Erfahrungen mit langfristigen Folgen von Amputationen auf die Durchblutung hat. Daher meine Frage in Forum, ob jemand ähnliche Probleme hat und Erfahrungen mit einer der Therapien gemacht hat (z.B. mit Gehtrainingsprogrammen, mit der Enhanced External Counterpulsation oder mit dem Öffnen einer verschlossenen Beinarterie, etc.).

    Viele Grüße und ein schönes Wochenende, Ralf.

  • Hallo Ralf,

    vielen Dank für Deine Ergänzungen. Leider bin ich weder Arzt noch kann ich zu diesem Thema aus eigenen Erfahrungen sprechen.

    Dein Anliegen habe ich aber an unseren entsprechenden Fachexperten weitergeleitet. Bitte hab ein wenig Geduld bis zur Antwort 😉

    Fachexperten benötigen für eine kompetente Antwort möglichst viele relevanten Details zum jeweiligen Anliegen. Sollte es weitere Informationen geben, wäre es hilfreich, wenn Du diese in der Zwischenzeit nachreichst. Dabei werden selbstverständlich keinerlei persönlichen Daten benötigt.

    Wenn Dein Anliegen dann geklärt ist, sei bitte so lieb und setze die Bewertung oberhalb des Threads auf 100%. 😀
    So hilfst Du uns, eine bessere Übersicht zu behalten, wo noch Unterstützung benötigt wird.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community! Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Offensichtlich handelt es sich um eine Durchblutungsstörung des Stumpfes möglicherweise durch die Prothese bedingt, eine sehr schwierig zu behandelnde Situation. Als erster Schritte müsste nun eine genaue Gefässabklärung (Angiologie) erfolgen um herauszufinden ob, wo und wie stark die Gefässeinengung ist. Danach können die interventionellen Angiologen und Gefässchirurgen Stellung nehmen, ob ein Verfahren (Ballondilatation, Stent, Bypass) zur Verbesserung der Durchblutung zur Verfügung steht und ob es Sinn macht, dieses in die Wege zu leiten. Leider darf nach einem solchen Verfahren meist kein Druck auf die Gefässe mehr ausgeübt werde, was mit meiner Prothese meist unvermeidlich verbunden ist. In gewissen Fällen verbleibt als einzige Möglichkeit die Amputation auf einem höheren Niveau, in diesem Fall würde dies der Verlust des Knies bedeuten, was die Sportfähigkeit natürlich empfindlich beeinträchtigt. Eine saubere Gefässabklärung ist Vorausssetzung für die Planung aller künftigen Massnahmen.
  • Lieber Herr Dr. Böni,
    vielen Dank für Ihre Stellungnahme.
    Wenn ich Ihre Antwort richtig verstehe, dann nennen Sie dort vier Therapieformen: Ballondilatation, Stent, Bypass und Amputation auf höherem Niveau. Die Erfolgschancen der ersten drei Therapieformen halten Sie für relativ niedrig, weil nach der Therapie kein Druck mehr auf die Gefässe ausgeübt werden soll, was beim Tragen einer Prothese praktisch nicht möglich ist. Bliebe also die Amputation auf höherem Niveau oder mit den aktuellen Einschränkungen zu leben (also nichts tun). Dass auch diese beiden Wege des Umgangs mit der Durchblutungsstörung nicht sonderlich attraktiv sind, wird Sie nicht überraschen.
    Soweit mir bekannt ist gäbe es jedoch zusätzlich noch einige Möglichkeiten der Verbesserung der Situation:
    - laut Informationen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie sollen beständige und regelmäßige Gehübungen bis an die Schmerzgrenze die schmerzfreie Gehstrecke verlängern. Hier ist mir jedoch nicht klar, in welchem Ausmaß mit diesem Verfahren Erfolge erzielt werden können. Da der Stumpf relativ wenige Muskeln besitzt, ist auch der Sauerstoffverbrauch dort relativ niedrig. Könnte regelmäßiges Gehtraining dazu führen, wieder schmerzfrei unbegrenzte Strecken gehen zu können? Gibt es dafür Beispiele oder gibt es Studien, die zeigen, in welchem Ausmaß die Gehstrecke verlängert werden kann?
    - die EECP-Therapie (Enhanced External counterpulsation / biologischer Bypass / Herzhose) wird zurzeit primär bei Herzinfarktpatienten eingesetzt und dient dazu, die noch funktionierenden Gefäße im Bereich eines verschlossenen Gefäßes zu erweitern und damit Umgehung zu bilden. Es gibt erste Test zum Einsatz dieses Verfahrens bei PAVK. Gibt es dazu veröffentlichte Erfahrungsberichte oder Betroffene die über ihre Erfahrungen berichten können?
    - offenbar soll es auch die Möglichkeit geben, Verschlüsse entweder Aufzulösen oder mechanisch frei zu "kratzen". Auch für Informationen zu diesen Methoden und zu mir noch unbekannte Verfahren wäre ich sehr dankbar.
    Viele Grüße, Ralf.
  • Alternativ zur Nachamputation kannst du auch über eine Endo-Exo-Versorgung nachdenken.
    Dann hast du keinen Schaft mehr und auch keinen Druck durch den Schaft. Wenn es schief geht, kann man immer noch ein Knieex machen und verlierst nichts.

    AP ist Dr. Grundei in Lübeck. http://www.schuett-grundei.de/index.php?seid=251
    Du kannst dort kurzfristig einen Beratungstermin kriegen.

    Endo-Exo geht auch bei US-Amputation. Der Stiel wird in die Tibea eingesetzt.

    Viel Erfolg!
  • Danke für den Tipp an "einbein". Das ist wirklich eine interessante Alternative zur Amputation auf höherem Niveau. Man müsste sich noch genauer darüber informieren, wie belastbar die Verbindung zwischen Knochen und Prothese ist, ob man damit beispielsweise Laufen oder Springen kann und wie empfindlich der Übergang zwischen Gewebe und Prothese für Entzündungen ist. Ein bisschen merkwürdig ist die Vorstellung schon, eine Prothese unmittelbar an den Knochen anzuschliessen. Das erinnert an Science-Fiction.
    Zuerst einmal würde ich jedoch lieber weniger drastische Maßnahmen ergreifen wollen, falls die zur Verfügung stehen.
    Viele Grüße, Ralf.
  • Habe mich mit Endo-Exo schon ein bisschen auseinander gesetzt und mit Anwendern gesprochen.

    Es ist eine tolle Alternative. Vor allem, wenn man auf anderem Wege keine gescheite Lösung finden kann. Sport und Belastung ist damit wohl kein Problem. Aber nur um für Triathlon auf 20 km Laufen zu trainieren, muss ich mir das noch lange überlegen. Im Alltag komme ich mit dem normalen Schaft noch ganz gut zurecht. eine Endo-Exo-Umstellung bedeutet auch ca. 3..5 Monate Arbeitsausfall bzw. Krückenlaufen.

    Anders als bei Endoprothesen wird der Stiel nicht einzementiert. Der Stiel ist mit einer Struktur überzogen, in die die Knochensubstanz einwächst. Ein lochern ist nicht zu erwarten. Auch eine spätere Gelenkprothese ist damit problemlos möglich. Die Belastung erfolgt auf natürliche weise direkt in den Knochen. Belastung verstärkt den Reiz auf den Knochen und begünstigt das Einwachsen. Die Knochensubstanz nimmt wieder zu und wird voll belastbar.

    Der Schunt ist natürlich eien permanente Wunde. Offensichtlich macht das aber wohl keine Probleme. Ich habe mir einen Patienten mit geringer Hygienekompetenz angesehen. Auch die Ratschläge zur Reinigung und Behandlung der Wunde hat er nicht beachtet und das Teil einfach sich selbst überlassen. Die Wunde war völlig reizlos, die Wundränder nicht gerötet. Vielleicht ist weniger manchmchmal doch mehr.

    Soweit mein Informationsstand ist, wurden über 100 Patienten damit versorgt. Die Komplikationsrate scheint bei praktisch Null zu liegen. Für die USA hat das System keine Zulassung. Sonst würde man bei den Paralympics einige damit rumflitzen sehen.

    Bei weiterem Intersse möchte ich dann an den Fachmann verweisen....

  • Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich habe nur darauf hinweisen wollen, das Durchblutungsstörungen am Stumpf wegen der Prothesenversorgung nicht immer aussichtsreich behandelt werden können. Um die Chancen einer solchen Behandlung abschätzen zu können ist eine angiologisch-gefässchirurgische Beurteilung jetzt als erster Schritt notwendig. Vielleicht kann die Durchblutung tatsächlich verbessert werden. Erst wenn das nicht möglich ist können die anderen Massnahmen diskutiert werden.

    Mit freundlichen Grüssen
    Thomas Böni
  • Ich habe mich nun für eine Ballondilatation entschieden. Dabei wird der Verschluss der Arterie mit einem dünnen Draht geöffnet und mit einem eingeführten Ballon, der an der Verschlussstelle aufgeblasen wird, gedehnt. Der Eingriff wurde vor ca. 10 Tagen durchgeführt und das Ergebnis ist zuerst einmal sehr gut. Bloß beim Joggen gibt es nach rund 1km ein Druckgefühl an der gedehnten Stelle in der Kniekehle. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Druckgefühl mit der Zeit vermindert. Ebenfalls läßt sich natürlich noch nicht einschätzen, ob das Ergebnis auch längerfristig hält. In 3 Wochen habe ich eine Nachbehandlung, bei der die Arterie noch einmal gedehnt wird.
    Viele Grüße, Ralf.
  • Hallo Ralf,

    das ist ja eine positive Entwicklung. Schön, dass Du uns daran teilhaben lässt 😀

    Weiterhin alles Gute!

    Bei neuen Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community.
  • Der letzte Eingriff ist nun etwa 8 Monate her. Die Nachuntersuchung im Januar zeigte, dass die geweitete Arterie immer noch frei und gut funktionsfähig ist. Ich habe keine Einschränkungen. Weder beim Joggen noch beim Volleyball-Spielen zeigen sich irgendwelche Schmerzen. Das anfängliche Druckgefühl an der Verschlussstelle ist verschwunden. Ich habe von meinem Orthopädietechniker geringfügige Änderungen (Erweiterung) an der Prothese in dem Bereich vornehmen lassen, in dem der Arterienverschluss war.
    Ich werde nun einmal jährlich zur Nachuntersuchung gehen. Insgesamt also eine sehr erfreuliche Entwicklung.
    Viele Grüße, Ralf.
  • Hallo Ralf,

    vielen Dank für diese Info 😀

    Wirklich schön zu hören, dass es Dir weiterhin gut geht. Dann auf jeden Fall weiterhin alles Gute!
  • Ich hatte vor Jahren ein analoges Problem, in dem mir der "Gurt" der Armprothese auf den Plexus brachialis drückte, was mittelfristig dann eine deutliche Verschlimmerung eines bis dahin kaum in Erscheinung getretenen Carpaltunnelsyndroms (CTS) zur Folge hatte; auch hatte sich in der MRI-Untersuchung eine Art Knochensporn irgendwo im Bereich Hals / Schulterblatt / Schulter gefunden, der offenbar in gewissen Stellungen mit Druck auf den Plexus brachialis ausübte. So kam es bei zwei verschiedenen Druckproblemen im Schulter-/Achselbereich auf Armnerven und ohnehin etwas prekärer Situation am Handgelenk zu einem störenden Ausmass von Kribbelgefühl und Taubheit.

    Einerseits liess ich darauf hin allzu arg die Schulter streckende Tätigkeiten sein (z.B. Sport mit Schulter stark gestreckt etwa Rennvelo oder Langstrecken-Crawl mit Ausdrehen und gestreckter Gleitphase).

    Andererseits wurde anstatt des Schultergurts für den Kabelzug der Prothese ein Brace gebaut, welches den Druckpunkt auf den Oberarmkopf bzw. Deltoidmuskel platzierte, und durch verwenden eines gebogenen Karbonfaserstegs den dort darunterliegenden Plexus brachialis vor weiterer Kompression schützt.

    Drittens habe ich daraufhin den Verwendungsumfang der Prothese etwas reduziert, und trage sie inzwischen etwa an 2/3 der Tage, nicht an allen Tagen.

    Das behob besonders mittelfristig die Sache recht nachhaltig und zuverlässig.

    Ich habe das CTS bis heute nicht operieren lassen, da die Symptome nach Anpassung der Schultergurtsituation wieder so gering wurden, dass es kein effektives Problem mehr war.
  • Da will ich etwas mehr darüber sagen.

    Ein Freund von mir war in so einer Situation und um ehrlich zu sein, mit solchen Sachen muss man wirklich seriös umgehen, bis es nicht zu spät ist. Er hatte dabei Glück, weil ihm sofort eine Gefäßchirurgie empfohlen würde. Aus diesem Grund sollte man lieber gucken, dass man sich sofort über sowas informiert, wenn man schon eine Möglichkeit hat.
    So viel ich weiß, hat es mein ein Freund auf Gefäßchirurgie Darmstadt gefunden und sich da schlaugemacht. Auf diese Art bekam er einen klaren Überblick und konnte so leichter zurechtkommen.

    Schönen Grüß!
  • Ach ja Adel, nach 2 Jahren fällt dir Werbung dazu ein!
    Der Verdienst ist ans Forum abzuführen!
    Rudi 🥺
    Wann fliegt diese Werbemaschine eigentlich raus?
    Ich könnte viel Geld mit Werbung hier im Forum verdienen, mal sehen, vielleicht fange ich mal damit an!
  • Hallo ihr Lieben,
    damit die letzte Meldung zu diesem Thema nicht aus der Werbeabteilung ist, hier noch eine kurze Rückmeldung von mir. Der Eingriff ist jetzt 4 Jahre her. Der Stumpf ist immer noch voll belastbar. Meine Befürchtung, dass die Öffnung der Arterie nur kurzfristigen Erfolg hat, hat sich nicht bestätigt. Der Eingriff ist also für alle mit ähnlichem Problem und ähnlicher Ausgangslage nur zu empfehlen.
    Viele Grüße, Ralf.