Praktische Tipps für Mutter mit Gehbehinderung

Nisie
Nisie
bearbeitet 4. Nov 2021, 10:05 in Familie & Kinder
Hallo zusammen,
Ich bin seit 12 Wochen stolze Mama.
Ich habe von Geburt an eine Gehbehinderung. Ich gehe an Krücken und nutze meinen Rollstuhl selten bis nie.
Seit mein kleiner Sohn da ist, komme ich immer wieder an meine körperlichen Grenzen, das fängt z.b schon da an, meinen Sohn vom einen in den anderen Raum zu transportieren, eine Zeitlang nutzte ich ein Babybjörn, mein kleiner wird mir aber langsam zu schwer.
Mit ihm spazieren gehen, ich weiß nicht wie ich den Kinderwagen schieben soll, etc. Ich weiß nicht ob mir vielleicht einfach ein bisschen Kreativität fehlt....
Es gibt hier doch bestimmt schon erfahrenere Mütter, die mir vielleicht ein paar Tipps geben können.
Würde mich riesig über hilfreiche Antworten freuen :)

Antworten

  • Hallo Nisie,

    zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs und willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Sicher werden sich hier auch bald Mütter melden, die Dir Erfahrungen weitergeben können 😀 Beachte dabei nur bitte, dass manche hier nicht jeden Tag rein schauen. Gelegentlich kann es daher ein paar Tage dauern, bis man eine Rückmeldung erhält.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit auch an mich oder meine Kollegen. Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Hallo Nisie!

    Herzlich willkommen im Forum und Glückwunsch zum Kind.

    Meine Tochter ist inzwischen 11, wegen einer Erbkrankheit väterlicherseits auf den Rolli angewiesen seit Sommer 2010. Ich selber habe seit Geburt eine leichte Tetraspastik, benötige keine Hilfsmittel. Der Vater ist auch Rollifahrer, wir sind inzwischen geschieden.

    Du schreibst nichts dazu, ob der Vater noch in dein Leben gehört und wenn ja, wie und ob er dich unterstützt. Für mich klingen deine Worte, als wärst du mit allem allein.

    Als meine Tochter Jacqueline im Alter deines Sohnes war, etwa 2003, kam ich feinmotorisch und was das Tragen anging, auch immer mehr an meine Grenzen, weshalb ich sie wegen der Stolpergefahr meinerseits nur innerhalb der Wohnung trug, draußen nie. Da mein Ex bis heute arbeitslos ist, ging ich gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten, er transportierte sie je nach Alter bäuchlings auf seinem Schoß, später sitzend vor seinem Bauch. Es gibt auch diese Bauchtragetaschen, wo die Kinder drin hängen, was nichts für fahrende Eltern ist, weil die Füße dann abknicken. Aber du als laufende Mutter könntest dir den Sohn auf Bauch oder Rücken binden, wenn es dich nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Oder aber, nutze den Rolli, zur Sicherheit für euch beide.

    Brauchst du die Krücken auch beim Schieben des Kinderwagens oder gibt er dir ohne Krücken genug Halt? Dann wäre ein Spaziergang oder einkaufen relativ einfach. Du kannst für draussen auch den Rolli nutzen, eine Hand am Kinderwagen, eine am großen Rad und immer umgreifen. Es erfordert etwas Übung, aber es geht. Beim Einkaufen kannst du für die Lebensmittel den Korb unterm Wagen nutzen, ein Netz am Griff oder auch die Wickeltasche noch befüllen. Du kannst auch einen Rucksack selber tragen oder am Rolli befestigen an der Rückenlehne. Es gibt Rollirucksäcke, die so gefertigt sind, dass nichts in die Speichen kommt.

    Sei mutig, nutze den Rolli, mit etwas Übung wird er dir vieles erleichtern. Natürlich ist ein Rolli-Kinderwagen-Gespann ein Hingucker, stehe dazu, sprich die Leute an, ob sie Fragen haben. Entweder stellen sie dir dann welche oder gehen schnell weiter, weil sie beim Schauen "erwischt" wurden.

    Da ich nicht weiß, wie schnell, vom Tempo her, du zu Fuß bist und der Sohn irgendwann laufen kann, kann es sein, dass du den Rolli irgendwann draussen zwingend brauchst, um ihm folgen zu können. Kinderbeine sind kurz aber flink und schnell, manches Elternteil ohne Handicap hat Mühe, Gefahrenzonen wie Kreuzungen vor dem Kind zu erreichen und es zu schützen. Auch wird er irgendwann in die Bock- und Quengekphase kommen, sich auf den Boden schmeißen, egal wo, und so lange brüllen, bis er hat, was er will. So werden wir Eltern von den Kindern erzogen. Auch dabei kann der Rolli dir Halt und Stabilität geben, wenn du nicht die Kraft hast, irgendwo minutenlang zu stehen und den Bock geschehen zu lassen.

    Ich könnte noch mehr erzählen, will es aber nicht zu lang werden lassen. Melde dich gerne, wenn du Fragen hast.


    Gruß, Katrin
  • Hallo Kathrin,

    Vielen Dank für deine Antwort.
    Das mit dem Rolli und Kinderwagen werde ich gleich heute ausprobieren. Ich bin leider eine sehr ungeübte Rollifahrerein, aber dann gehts wohl ans üben.
    So eine bauchtrage habe ich, das habe ich auch am Anfang gemacht und wir beide waren schön unterwegs, jetzt wiegt der kleine Mann schon fast 7 Kilo und ist recht groß, ich dagegen, bin knapp 1.50 und bin ziemlich schmal, er ist mir einfach zu schwer. Ich denke, wenn er sitzen kann und sein Köpfchen besser heben kann, werde ich ihn im Rollstuhl besser transportieren können.

    Der Papa von dem Kleinen gehört zu unserem Leben, er unterstützt mich auch wirklich lieb. Tagsüber ist er arbeiten und wir beide zu Hause. Das Ding ist ich möchte einfach unabhängig sein, ich möchte mit meinem Sohn spazieren gehen, wann ich möchte und nicht, wenn jemand zeit hat mit uns zu gehen. Ich habe bisher immer alles alleine gemacht und das würde ich einfach gern beibehalten und deshalb suche ich nach Möglichkeiten und Ideen, weil mir langsam die Ideen ausgehen
    Für Zu Hause habe ich eine Babybadewanne auf einem Rollbrett montiert und die Badewanne ausgepolstert, so kann ich ihn hinter mir herziehen, aber das wird auch nur noch eine Lösung für max. 2 Monate sein, dann fängt er an sich zu drehen und irgendwann sich aufzusetzen und dann wird diese Konstruktion auch ausgediehnt haben.

    Ganz liebe Grüße
  • Hallo Nisie!

    Für den Transport in der Wohnung kannst du auch das Kinderbett nutzen oder die Wiege, die meistens Räder drunter haben. Ist etwas sperriger als deine bisherige Konstruktion, aber er entwächst dem Bett nicht so schnell wie der Wanne, kann sich dort drehen, spielen und du hast ihn im Blick. Wenn er dann irgendwann krabbelt oder läuft, ist die Situation wieder eine andere. Er wird nicht immer da sein, wo du ihn gerne hättest, aber darüber mach dir Gedanken, wenn es soweit ist. Man kann die Kinder auch entsprechend erziehen, auf Zuruf zu kommen oder dir zu helfen. Für ihn wird es normal sein, eine Mutter mit Handicap zu haben, er kennt es nicht anders.


    gruß, Katrin
  • Hallo Niesie,

    ich bin auch Mama von 2 Kindern die inzwischen 2 und 4 Jahre alt sind. Ich bin mit dem Rollstuhl unterwegs. Kinderwagen und Rollstuhl funktioniert wunderbar wenn man es gewohnt ist, und dass die Leute schauen - ja und. Es sind ja auch keine negativen Blicke. Ich hatte die Kinderwägen immer direkt in den Läden getestet, ob ich selbst mit ihnen gut klar kommen. Alle haben einen durchgehenden Schiebebügel und vorne Schwenkbare Räder, das geht echt prima. In der Wohnung habe ich alle mit Stubenwagen transportiert oder auf dem Schoß sitzend. Ich bin sehr unsicher im Stehen, so dass es mir zu riskant war, mit Kind auf dem Arm zu stehen.
    Inzwischen habe ich auch einen Elektrorollstuhl um draußen mit den Kindern mobil zu sein. So kann ich dem großen mit dem Laufrad hinterherflitzen oder auch auf Spielplätzen, Wiesen und anderen unwegsamen Gelände ihnen gut hinterherzukommen.
    Wenn Du Fragen hast oder andere Tips brauchst kann st du dich gerne melden.

    Viele Grüße,

    tigerente22