Arbeiten trotz Behinderung

Hallo Leute ich habe da mal ein paar Fragen an Euch.

Kurz zur Vorgeschichte:
Es geht um meine Mutter. Sie hatte vor ca. 3 Jahren einen Schlaganfall und ist seit dem nicht mehr ganz so fit. Sie konnte nun nicht mehr alleine Leben und Arbeiten war schon gar nicht möglich. Seit dem „Unfall“ leben wir also wieder in einer gemeinsamen Wohnung damit ich mich etwas kümmern kann und sie nicht den ganzen Tag allein zu Hause rum sitzt. Einzige damals vom Sozialdienst der Klinik offerierte Alternative wäre eine geschlossene Alterseinrichtung gewesen. Und das im Alter von damals 48 Jahren *kopfschüttel*

Nun gut, kommen wir mal zum eigentlich Anliegen 😀 Seit ca. 10 Monaten habe ich nun auch wieder (zumindest Teilzeit) angefangen zu arbeiten. Somit habe ich täglich immer noch Zeit für Meine Mutter, kann aber auch wieder was für die Haushaltskasse und meine Zukunft machen.

Mittlerweile kristallisiert sich allerdings heraus, dass auch meine Mutter sich gern wieder etwas beruflich betätigen würde. Auch wenn es bei ihr niemals wieder einen 8h/Tag geben wird. Sie ist dennoch (wie schon immer) ein Mensch mit Tatendrang. Sie ist handwerklich begeistert und möchte ungern den kompletten Tag untätig herumsitzen.

Klar, sie schmeißt den Haushalt (*freu*), kümmert sich oft ums Essen und ist einmal wöchentlich bei der Ergotherapie. Aber so wirklich lebenserfüllend ist das natürlich für Sie nicht. Verständlich. Schließlich neigt der Mensch ja im Zweifel dann auch schnell dazu zu versauern … und das möchte ich ja auch nicht. Das war ja der Grund warum ich so lange zu Hause blieb und jetzt auch nur Teilzeit arbeite.

Kurz zu den Eckdaten:

Einschränkungen: Orientierungsstörung, Gedächnisschwäche, geringe körperliche Belastbarkeit => bei gleichbleibenden täglichen Abläufen sind die ersten beiden kaum spürbar

Einkommen: Rente wegen voller Erwerbsminderung + Grundsicherung

Pflegestufe: keine (da ja „nur“ eine geistige/psychische Einschränkung *grummel*)

Zusätzliche Betreuungsleistungen: wurden mit 100€ monatlich bewilligt (sind bisher aber ungenutzt, mangels passender Angebote)

Grad der Behinderung: 90
Gültigkeit: unbegrenzt
Merkzeichen: B

Wir (meine Mutter und Ich) könnten uns vorstellen, dass Sie eine leichte Tätigkeit wahrnehmen könnte, die täglich bis zu maximal 3 Stunden in Anspruch nimmt. Entweder im bereich Kinder-/Jugendbetreuung (zum Beispiel im Jugendclub)oder als Küchenhilfe. In beiden Bereichen war Sie bereits tätigt und hat erste Erfahrungen. Beides ist allerdings ungelernt, also ohne Zertifikate oder Ähnlichem.

Da es ja nun schwer ist, auf dem ersten Arbeitsmarkt passende Angebote zu finden, machte ich mich auf die Suche nach Beratungsstellen.

Ich war bereits beim Behindertenbeauftragten, dem allgemeinen Behindertenverband Land Brandenburg e.V, dem Pflegestützpunkt, bei der Krankenkasse, dem Sozialamt und einigen weiteren Anlaufstellen. Hier habe ich versucht mich über Möglichkeiten und Wege zu informieren. So wirklich informiert fühle ich mich allerdings dennoch nicht. Eher habe ich das Gefühl, dass sich Niemand so wirklich verantwortlich fühlt und mich mit Halbwissen wieder nach Hause schickt.

Klar weis ich mittlerweile, dass es die Idee der „integrativen Betriebe“ gibt. Oder Förderung für die Arbeitsplatzschaffung und/oder –Erhaltung. Dass es so genannte Behindertenwerkstätten oder andere (ich nenne es mal) leichte Beschäftigungsmaßnahmen gibt. Auch gibt es so genannte „geschützte Arbeitsplätze“. Doch das war es auch schon. Ich habe nichts Konkretes in der Hand 🙁 und egal wo ich suche, ich finde einfach nichts.

Von den so genannten „integrativen Betrieben“ gibt es in Deutschland so weit ich informiert bin nur ganz wenige, und diese sind voll belegt und etliche Hundert km von uns entfernt. Da meine Mutter an sich recht fit ist, kommt meines Erachtens eine Behindertenwerkstatt oder die sogenannten leichten Beschäftigungsmaßnahmen (Bastelgruppen ect.) nicht in Frage. Das würde Sie im Zweifel sogar noch demotivieren und überhaupt nicht fordern/fördern befürchte ich. Einen Betrieb zu finden, der meine Mutter mit einer Förderung für die Arbeitsplatzschaffung und/oder –Erhaltung einstellt ist nahezu unmöglich (musste ich bisher feststellen). Und Jobangebote zu „geschützten Arbeitsplätze“ finde ich schon gar keine.

Was tun? 🙁

Zwischenzeitig habe ich auch unserer Hausärztin von unserer Idee der „Arbeitsaufnahme“ berichtet und gefragt ob es nicht eine Art Kur gäbe, damit wir hier weiter aufbauend tätig werden. Prompt erhielt ich so einen grünen, DIN A4 großen, Doppeldruck „Einleitung von Leistung zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten“. Hier ist folgendes Angekreuzt:

[X] Eine medizinische Rehabilitationsleistung erscheint aussichtsreich
[X] Eine Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft droht oder ist bereits gegeben
[X] Eine Minderung der Erwerbstätigkeit liegt vor oder ist zu erwarten

Und nun? Gehe ich damit jetzt zur Krankenkasse, dem Rententräger oder einer Klink die passende Angebote hat? Irgendwie bin ich mittlerweile echt überfordert. Seit Monaten versuche ich hier voran zu kommen. Meine Mutter möchte doch nur ein wenig arbeiten. Raus kommen. Sich beschäftigen (aber eben nicht „nur“ mit Gruppenbasteln oder Ähnlichem). Ich weis langsam wirklich nicht mehr weiter. Vielleicht könnt ihr mir ja ein paar hilfreiche Tipps geben.

Gehe ich als erstes die Kur an? Wenn ja, kennt jemand passende Einrichtungen/Kliniken im Raum Berlin/Brandenburg? Wie läuft so was ab? Wie lang läuft so eine Kur? Was ist zu beachten? Gibt es finanzielle Aspekte, die berücksichtigt werden müssen?

Wie sieht es mit der Job-Idee aus? Habt ihr da eine Idee? Wisst ihr, was es für Möglichkeiten gibt, die ich noch nicht kenne? Oder habe ich wichtige Details ausgelassen?

Sie ist doch erst 50 und an sich recht fit. Da muss es doch irgendeine Möglichkeit geben. Es kann doch nicht sein, dass solche Menschen zu Hause versauern müssen, wenn man selbst kein eigenes Unternehmen hat, indem man sie beschäftigen kann. Ich habe täglichst ein schlechtes Gewissen auf Arbeit zu gehen, weil ich nicht möchte, dass sie die ganze Zeit allein zu Hause ist. Sie wünscht sich so sehr auch eine Beschäftigung.

Ich würde mich wirklich sehr über eure Rückinfo freuen. Wenn Ihr noch weitere fragen habt, zögert nicht 😉

Liebe Grüße
Steffi

Antworten

  • Hallo Steffi,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Schön, dass Du dich so um Deine Mutter kümmerst. Ich denke, unter diesen Umständen brauchst Du gar kein schlechtes Gewissen haben, wenn Du Teilzeit arbeiten gehst.

    Nun aber zu Deinem Anliegen:
    Wenn eine Reha nicht aus medizinischen Gründen notwendig ist, sondern "nur", damit Deine Mutter wieder vor die Tür kommt, muss ich Dir leider mitteilen, dass die Chancen dafür sehr schlecht stehen. Wie für so ziemlich alle Leistungen von Kostenträgern, die mit der Arbeitsfähigkeit Deiner Mutter zu tun haben. Denn, wie Du schreibst, ist Deine Mutter voll erwerbsgemindert eingestuft.

    "Neben einer vollen Erwerbsminderungsrente darf […] im Monat bis zu 450 Euro verdient werden, und zweimal im Jahr ist sogar ein Verdienst von bis zu 900 Euro möglich, ohne dass es zu einer Rentenkürzung kommt. Wird mehr verdient, besteht je nach Höhe des Verdienstes nur noch Anspruch auf drei Viertel, die Hälfte oder ein Viertel der Rente, oder die Rente wird gar nicht gezahlt." (Deutsche Rentenversicherung)
    Das nur als Randinformation für Dich. Denn der Verdienst steht ja für Deine Mutter nicht im Mittelpunkt, sondern eher, dass sie wieder ein bisschen raus kommt.
    Bei diesen Bemühungen werdet Ihr aber aufgrund der vorgenannten Umstände ziemlich auf Euch allein gestellt sein.

    Es ist also Eigeninitiative gefragt, einen passenden Job für Deine Mutter zu finden.
    Vielleicht muss es ja auch keine klassische Arbeit sein? In vielen Vereinen oder anderen Institutionen kann man sich in unterschiedlichem Umfang ehrenamtlich engagieren. Vielleicht ist das ja was für Deine Mutter.

    Meine Antwort war hoffentlich ein klein wenig hilfreich für Dich. Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community. Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
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