Arbeitsvertrag Erklärung das keine Schwerbehinderung vorliegt

Hallo,
ich habe gestern einen neuen Arbeitsvertrag zugeschickt bekommen.
Darin wird unter Punkt verschiedenes die Erklärung wie nachfolgend formuliert von mir verlangt.

"Der AN erklärt, dass er kein Schwerbehinderter nach dem Schwerbehinderten Gesetz ist"

Bei den bisher stattgefundenen Gesprächen wurde dieses Thema auch nicht angesprochen.

Des weiteren hat mein GDB 80% nichts mit der Arbeit zu tun, ich kann die Tätigkeit ohne Risiko ausführen.

Ich persönlich würde auch meine eigenen Nachteile in Kauf nehmen.

Besteht das Risiko das der AG eventuell über dritte etwas erfährt was wären dann die Konsequenzen.

Nichtigkeit des AV?

Vertrauensbruch Kündigung?

Den Steuerfreibetrag würde ich aus herausnehmen da auch hier für keinen etwas ersichtlich ist.

Ich habe keine Körperliche bzw. geistige Einschränkung sondern habe den GDB durch eine Erkrankung vor ca. 2 Jahren erhalten, war aber bisher durchgängig Berufstätig.

Von daher bin ich mir nicht sicher ob ich den Vertrag ohne Bedenken unterschreiben oder den AG jetzt darüber informieren soll.

Ist dieser Passus so in dem Vertrag überhaupt zulässig?

Gibt es jemand der hiermit schon Erfahrung hat?

Ich freue mich über jede Information.

Gruß


Wolfram





Antworten

  • Hallo Wolfram,
    du darfst die Erklärung nicht unterschreiben, es wäre ein falsches Zeugnis ablegen.
    Sicher hat das Konsequenzen. Such das Gespräche und erkläre wie sich das verhält, vielleicht hast du Glück und es läuft zu deinen Gunsten.
    Zulässig ist so ein Passus im Arbeitsvertrag.
    Warum überhaupt einen neuen Arbeitsvertrag? Oder ist das eine Neueinstellung?
    Viel Erfolg.
    Schönen Tag
  • Interessant wäre mal überhaupt zu wissen,ob es sich dabei um eine "Neueinstellung" oder eine "Vertragsverlängerung" handelt.

    Ist es eine Neueinstellung und wußte er beim Einstellungsgespräch von Deinem GDB?
    Dann sind diese Formulierungen nur, um sich aus evtl. nachfolgender Verantortung zu stehlen...

    ...oder handelt es sich um eine Vertragsverlängerung? Dann gilt das ebenso, weil er von Dir verlangen will, auf etwaige Ansprüche zu verzichten.

    Auf jeden Fall ist es in jedem Fall absolut Sittenwiedrig, und unterschreiben würde ich das nie.

    Sowas würde ich höchstens an´s Gewerbeamt, und an´s Arbeitsamt weiterleiten.


    VG
    Moondog
  • So ganz schlüssig, unzulässig oder nicht, scheinen sich die Oberen da nicht zu sein.
    Eine Rechtsberatung wäre da angebracht. Unterschreiben darf er es aber nicht.
    http://www.vdaa.de/index.php?option=com_content&view=article&id=19&Itemid=14
    Zitat:
    h. Schwerbehinderung. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft uneingeschränkt zulässig. Seit in Kraft treten der Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union und deren bevorstehende Umsetzung durch das Antidiskriminierungsgesetz erscheint die Frage nach Schwerbehinderung und Schwerbehinderteneigenschaft unzulässig. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Behinderung nicht in der Lage ist, geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
    Zitat ende
    Schönen Abend
  • Hallo Wolfram62,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Dein Anliegen habe ich an unseren entsprechenden Fachexperten weitergeleitet. Bitte hab ein wenig Geduld bis zur Antwort 😉

    Fachexperten benötigen für eine kompetente Antwort möglichst viele relevanten Details zum jeweiligen Anliegen. Sollte es weitere Informationen geben, wäre es hilfreich, wenn Du diese in der Zwischenzeit nachreichst. Dabei werden selbstverständlich keinerlei persönlichen Daten benötigt.

    Wenn Dein Anliegen dann geklärt ist, sei bitte so lieb und setze die Bewertung oberhalb des Threads auf 100%. 😀
    So hilfst Du uns, eine bessere Übersicht zu behalten, wo noch Unterstützung benötigt wird.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community! Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Sehr geehrte Forenmitglied,

    ich habe mir Ihre Fragestellung angesehen. In der Tat handelt es sich um einen viel diskutierten Themenbereich. Vor Inkrafttreten des AGG war die Frage nach der Schwerbehinderung erlaubt. Danach wurde diese Frage als Diskriminierung angesehen.

    Hierbei sind u.a. die Grundsätze des Arbeitsschutzes und der Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsplatzbedingungen zum einen und zum anderen eben Diskriminierungsgesichtspunkte zu beachten. Es dürfte im Ergebnis auch immer darauf ankommen, ob die Behinderung stellenrelevant sein kann.
    Ferner ist auf den Zeitpunkt zu achten, d.h. Es kann einen Unterschied ausmachen, ob die Frage des Arbeitgebers in einem laufende Arbeitsverhältnis oder vorher gestellt wird.

    Der Arbeitgeber hat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im bestehenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Frage nach einer Schwerbehinderteneigenschaft (BAG, 6 AZR 553/10 Urteil v. 16.02.2012).
    Diese Frage stehe im Zusammenhang mit seiner Pflichtenbindung durch das Erfordernis, bei der Sozialauswahl gem. §1 Abs. 3 KSchG die Schwerbehinderung zu berücksichtigen sowie den Sonderkündigungsschutz nach §§ 85ff. SGB IX zu beachten. In dem entschiedenen Fall war bereits die Probezeit abgelaufen. Dem Arbeitgeber sei ein rechtstreues Verhalten zu ermöglichen. Zahlreiche Pflichten sind ihm in diesem Zusammenhang auferlegt: Pflicht zur behinderungsgerechten Beschäftigung (§ 81Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX), Zahlung einer Ausgleichsabgabe (§ 77 SGB IX) und Gewährung von Zusatzurlaub (§ 125 SGB IX).

    Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nur mit entsprechender Kenntnis nachkommen kann. Ferner entsteht/ besteht auch der Schutz (z.b. Besondere Kündigungsschutz) nur bei Kenntnis des Arbeitgebers.

    Im bestehenden Arbeitsverhältnis wird die Frage nach der Schwerbehinderung wohl – insbesondere nach Ablauf der 6 Montagen Probezeit bzw. dem Greifen des besonderen Kündigungsschutzes - zuzulassen sein. Die Frage ist dann daher zulässig, nicht diskriminierend und verstößt auch nicht gegen Datenschutzrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

    Vor Abschluss des Arbeitsvertrages ist die Zulässigkeit Frage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden . Die Rechte und Pflichten aus §1 Abs. 3 KSchG bzw. nach den §§ 85ff. SGB IX entstehen grundsätzlich erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages, aber der Arbeitgeber hat gleichwohl ein erhebliches Informationsinteresse, z.B um seinen Verpflichtungen nach einem behindertengerechten Arbeitsplatz nachzukommen, Berücksichtigung der Beschäftigung im Rahmen der etwaig zu zahlenden Ausgleichsabgabe, Berücksichtigung des Urlaubs etc.. ..


    Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Marc Florian Teßmer
    Rechtsanwalt
  • Zitat:
    "Der AN erklärt, dass er kein Schwerbehinderter nach dem Schwerbehinderten Gesetz ist"


    Diese Art der Formulierung bezieht sich ja wohl nicht um ein "Informationsrecht" des Arbeitgebers...

    der Arbeitgeber verlangt die schriftliche Bestätigung, daß er NICHT Schwerbehindert ist.



    *...das ist meine Meinung, aber ich ging auch als Polizist schon nicht mit der Meinung des OstA konform...*
  • Vielen Dank für die vielen informativen Beiträge.

    Vieleicht habe ich es missverständlich formuliert, es handelt sich um ein neues Arbeitsverhältnis und die Einschränkungen haben nichts mit dem Arbeitsplatz zu tun, dort bin ich voll Einsatzfähig was ich mir auch vom Arzt bescheinigen lassen habe.

    Bei den bisherigen Gesprächen haben wir dieses Thema gar nicht angesprochen weil für mich dadurch auch keine Einschränkungen oder Risikos im Berufsleben entstehen würden.

    Ich denke mit einer anderen Formulierung hätte man im Vertrag darauf hinweisen können das der AG darüber informiert wird wenn ein GDB vorliegt und er seinen gesetzlichen Verpflichtungen ohne Schaden nachkommen kann.

    Ich hatte hierzu auch schon ein Gespräch mit einem Fachanwalt der sich auch nicht ganz sicher ist wie sich der Fall tatsächlich verhält und eventuell vor Gericht entschieden werden würde.
    Seine Aussage ist ähnlich wie Eure Antworten im Forum.

    Mittlerweile habe ich mit der Personalabteilung gesprochen und wir sind so verblieben das ich den Absatz im Vertrag dem entsprechend ändere und diese Ausfertigung wird dann dem Geschäftsführer zur Unterschrift vorlegt.

    Mal sehen ob der Vertrag so angenommen wird.
    Zu euer Info ich habe nichts zu verlieren da ich mich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde ich kann mich nur weitere entwickeln und dazu gewinnen.


    Gruß

    Wolfram



  • HAllo Wolfram, das war genau der richtige Weg. Die Passage im Arbeitsvertrag ist dumm, weil der AG hinterher nicht beweisen kann, da er dich nicht wegen der Behinderung nicht eingestellt hat. Stellt er dich nicht ein, kannst du Schdenersatz einklagen. Der AG kann das Gegenteil nicht beweisen.

    Der Bayrische Apothekerverbad hat z.B. seine Mitglieder genau darüber informiert, dass man die Frage nach Schwerbehinderung im Einstellungsgespräch tunlichst vermeiden soll. Genau wegen dem o.g. Sachverhalt.

    Stellt dich der AG aber ein und wirft dich in der Probezeit wieder raus, hast du mit Zitronen gehandelt.

    Gruß und viel Erfolg im neuen Job!