Psychotherapie für Menschen mit Behinderung

Hallo zusammen,

ich bin Psychotherapeutin und habe nächstes Jahr die Möglichkeit, an einem psychotherapeutischen Ausbildungsinstitut ein Seminar über das Thema Psychotherapie für Menschen mit Behinderung anzubieten. ich bin selbst blind und suche nun kurze Erfahrungsberichte (nur wenige Sätze) von Menschen mit Behinderung, die schon mal eine Therapie gemacht haben. Mich interessiert, welches Verhalten eueres Therapeuten ihr in Bezug auf euere Behinderung gut fandet oder was euch am Verhalten des Therapeuten in Bezug auf die Behinderung gestört oder gefehlt hat. Diese kurzen Berichte möchte ich bei dem Seminar in anonymisierter Form (also ohne Nennung persönlicher Angaben) gerne vortragen.

Ich freue mich auf euere Rückmeldungen.

Viele liebe grüße
Christina

Antworten

  • Hi Christina

    Psychotherapie in Anspruch nehmen deuten viele Aussenstehende entgegen jeder neuzeitlichen Aufklärung immer noch als Geständnis des oder der Betroffenen, "nicht ganz gebacken" zu sein. Wie auch anders, wenn selbst Fachpersonen aus Medizin- und Versicherungskreisen den untrennlichen Zusammenhang von Körper (Physis) und Seele (Psyche) nicht anerkennen wollen.
    Eine psychische Erkrankung wird insbesondere von Versicherungen nach wie vor - wenn heute nicht gar mehr den je - weit schlimmer eingestuft als eine physische Erkrankung. Eigenartigerweise besonders dann, wenn der psychischen eine physische Erkrankung oder Behinderung zu Grunde liegt.
    Und so laufe ich selbst mit diesem Beitrag einmal mehr Gefahr, entsprechend be- oder gar verurteilt zu werden.

    Ja, ich habe über dreissig Jahre Erfahrung mit Psychotherapie, bedingt wohl durch die SpätFolgen der Erkrankung an Kinderlähmung in meinem zweiten Lebensjahr, mehr wohl durch die folglichen traumatischen Erfahrungen als Kleinkind im Kinderspital - Elternentzug über Wochen und Monate, Einsperren über Stunden in ein Isolierzimmer bei Heimweh oder in die Dunkelkammer bei nicht auf Kommando erfolgtem Stuhlgang, Zwangseinflössung von ungeniessbarem Essen unter Zukneifen der Nase, medizinisch begründete Versuche mit Stromschlägen, Rückenpunktionen ohne Narkose und anderen ebenso schmerzhaften Therapien usw.
    Und ja, die meisten Psychotherapeuten haben ihre Kenntnis zur Thematik Behinderung und deren Begleitfolgen an und mit mir - und darum eigentlich dank mir - erarbeitet. In nicht wenigen Sitzungen habe ich mich so eher als Therapeut für Therapeuten erfahren und nicht als Klient. Nicht immer habe ich dies aber als negativ erlebt - dann nicht, wenn ich mich vom Therapeuten bzw. von der Therapeutin (trotzdem) als ernst genommen erfahren habe.

    Herzliche Grüsse
    Werner
  • Hallo Christina,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast.

    Starte doch mal eine Such-Anfrage mit aussagekräftiger Überschrift in unserem Forum "Suche & Biete".

    Wünsche Dir ein schönes Wochenende und viel Erfolg mit Deiner Suche.
  • Hallo Werner und Justin,

    vielen Dank für euere Antworten. Es ist traurig, dass man in vielen bereichen des Lebens noch stigmatisiert wird, wenn man eine Psychotherapie gemacht hat. Gerade bei Verbeamtungen und Versicherungen (private Versicherungen, Berufshaftpflicht etc.) ist das leider immer noch ein schwieriges Thema. Ich als Therapeutin kann aus Erfahrung aber sagen, dass es auch ein Zeichen von Gesundheit ist, wenn man sich mit seinen Problemen in Therapie begibt, denn die aller kränksten Leute merken gar nicht, dass sie Schwierigkeiten haben und weisen dann lieber allen anderen die Schuld zu 🙁.
    Es freut mich, dass du, werner, mit deinen Therapeuten gute Erfahrungen gemacht hast und dich ernst genommen gefühlt hast. Kannst du konkret benennen, welches Verhalten der Therapeuten in Bezug auf deine Behinderung du als hilfreich erlebt hast?

    Viele Grüße
    Christina
  • Hallo Chistina,
    ich habe dir einen Beitrag per " Private Nachricht" gesendet.
    LG lenalena
  • hallo Christina
    Am meisten beeindruckt hat mich, wenn Therapeuten sich über meine Behinderung informiert haben und mit mir entsprechende Zusammenhänge zu meinem Sein heute - oder eben zum Zeitpunkt der Therapie - gesucht haben. Hilfreich waren mir dabei auch kritisches Hinterfragen und das Erkennen von Verhaltensmustern, wie sie mir seit meiner Spital-Kindheit immer wieder begegnen und wie ich diesen heute be- bzw. entgegnen kann.
    Lieber Gruss Werner
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