Arbeitsdruck bei Schwerbehinderung ?

Ich bin 39 Jahre alt, chronisch krank und schwerbehindert. Ich bin als Beamtin tätig und unterliege wegen zunehmender Arbeitsverdichtung hohem Arbeitsdruck. Meine Arbeitsqualität ist sehr gut, allerdings fehle ich öfter wegen meiner Krankheit und kann nicht die gleiche Quantität bringen, wie meine gesunden Kollegen. Mein Büro wurde behindertengerecht eingerichtet, was ich mir nach jahrelanger Berufsunfähigkeit in Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt erkämpft hatte, ich darf auch in Telearbeit teilweise zu Hause arbeiten, was mir aber nicht wegen meiner Schwerbehinderung genehmigt wurde, sondern weil ich mich auch um meinen schwerbehinderten Sohn kümmere, er ist Autist. Ich nutze die Telearbeit trotzdem öfter für mich, wenn ich das brauche und so Krankheit verhindern kann. Das ist soweit alles wirklich toll, aber mein Chef hat mit mir ein langes Gespräch geführt, auf meine Fehlzeiten hingwiesen, er weiß nicht, wie er mich beurteilen soll, weil ich die Arbeitsmasse nicht so locker schaffe und will, dass ich mir Gedanken mache, ob ich auf dem Platz überhaupt richtig bin. Dazu muss ich sagen, ich mach diese Arbeit sehr sehr gerne, ich habe ganz tolle Kollegen und hatte mich vor 1,5 Jahren auf diesen Post innerhalb der Verwaltung beworben. Damals wollte mein Chef schon nicht, dass ich ihn bekomme, weil ich eben öfter fehle, ich hab ihn trotzdem bekommen, nach endlosen Gesprächen. Nun ist mein Chef enttäuscht, weil er den Eindruck hat, ich wäre überlastet mit der großen Fallzahl und ich solle überlegen, ob ich nicht lieber in der Materialausgabe arbeiten will. Das war ein Schock für mich, das könnte ich körperlich auch gar nicht. Ich möchte meinen Platz in meinem Büro behalten. Ich habe mich nach 8 Jahren Berufsunfähigkeit im November 2010 ins Amt zurück gekämpft. Ich finde nichts über Arbeitsdruck bei schwerbehinderten Beamten im Netz. Kann ich eine Minderung der Fallzahl verlangen ? Wenn ja, um wieviel Prozent ? Ab wann fehlt man zu viel ? Ich war dieses Jahr 16 Tage krank gemeldet, letztes Jahr fehlte ich im Oktober/November 6 Wochen am Stück. Wen kann ich zu Hilfe ziehen ?
In unserem Amt gibt es keine Stellen ohne Statistikdruck, nur sowas wie Vermittlung,Material, etc., ich habe eine Ausbildung für meine jetzige Tätigkeit und ich wäre geistig unterfordert, für mich ist Wohlfühlen auf Arbeit ganz wichtig und das tue ich. Nur mein Chef sieht mich anders, etliche Gespräche brachten da nichts. Er würde doch sehen, wie schlecht es mir gehen würde. Was soll ich tun ? Ich soll mir jetzt was überlegen und ihm einen Vorschlag unterbreiten. Fallzahlminderung um etwa 200 Fälle (bei 2000) würde er machen, aber darin sieht er nicht die Lösung des Problems. Ich müßte selber merken, das es nicht geht und soweit wäre ich wohl noch nicht??????? Irgendwann muss ich da eh weg......???????? Er wartet auf meinen Vorschlag der "Problemlösung".....

Antworten

  • Hallo Leni!

    Mit Beamtenrecht kenne ich mich nicht aus. Aber wenn es an deinem Arbeitsplatz / im Amt oder Behörde so etwas wie eine Schwerbehindertenvertretung oder einen Personalrat gibt, wende dich dorthin.

    Du schreibst sehr oberflächlich, wahrscheinlich mit Absicht. Um dir aber gezielt Tipps geben zu können, wäre es ratsam, deine Behinderung / Krankheit kurz zu beschreiben. Dann versteht man auch besser, warum du so krankheitsanfällig bist, was mit Telearbeit vermeidbar ist.
    Um was für Fallzahlen geht es? Jugendamt? Sozialamt?

    Was die Zahl der Krankfehltage angeht - 16 Tage, also etwa 3 Wochen sind nicht viel, denke ich. Und deine 6 Wochen im letzten Jahr - auf 52 Wochen gesehen - ist auch im Rahmen. Allerdings arbeite ich im Angestelltenverhältnis, ob es da große Unterschiede gibt, weiß ich nicht. Ich war letztes Jahr am Stück 7 Wochen krank, also eine Woche Krankengeld. Hinterher gab es vom Betrieb eine langsame Stundenerhöhung über 8 Arbeitstage, um mich wieder an meine Teilzeit-Stundenzahl heranzuführen.

    Gruß, Katrin
  • Hallo,
    ich arbeite im Finanzamt und bin an Morbus Bechterew erkrankt, leide zusätzlich unter starker Hypermobilität in allen Gelenken. Das Rheuma wurde spät erkannt, daher weit fortgeschritten, gesamtes Becken betroffen, WS komplett, Füsse brauchen beide Versteifungsoperation am Mittelfussgelenk und ich habe oft Schmerzen an den Sehnenansätzen,trage einige Bandagen und bin auf Medikamente eingestellt, die mein Immunsystem ausbremsen. Da ich weder lange sitzen, noch lange stehen kann, habe ich einen behindertengerechten Arbeitsplatz bekommen, an dem ich beides kann. Ich arbeite 42 Std.
    in der Woche. Ich hoffe, Ihr könnt jetzt mehr mit meinem Beitrag anfangen.
    Achso, die Telearbeit nutze ich, wenn ich nicht gut laufen kann, da ich täglich 1,5 km zu Fuss zur Arbeit laufe und zurück, kein Führerschein, kein Auto, ich laufe gerne, wenn es mir gut geht, brauche aber morgens lange Anlaufzeit, Rheuma halt....
    Krank war ich in letzter Zeit wegen der Füsse,konnte und durfte nicht mehr laufen, bekomme auch oft Kortisonspritzen in die Gelenke und habe Magengeschwüre. Letzteres habe ich wegen der Medikamente.
    LG Leni
  • Guten Abend Leni
    das Beamtenrecht schreibt nichts besonderes über die Leistungsfähigkeit der/des Bediensteten. Schafft dieser sein Pensum nicht hat der Dienststellenleiter die Möglichkeit eine andere Stelle anzubieten.
    So wie du schreibst hast du dir diese Stelle erkämpft, genau dies wird nun zum Problem. Vermutlich hat dein Chef nun Avancen daß du versetzt wirst, er lehnte dich ja bereits zu Beginn ab.
    Tut mir leid daß ich nichts anderes schreiben kann, den Chef kann ich auch verstehen, er wiederum muß seinen Kopf bei seinem Chef hinhalten wenn das Pensum nicht geschafft wird. Rechtlich wirst du nichts einklagen können zu dem du die Leistung nicht erbringen kannst, du wolltest den Job, nun hast du Probleme mit dem Pensum.
    Sei froh daß du Beamtin bist
    Schönen Abend
    Holger
  • Sehr geehrte Forumsmitglied,

    ich habe mir Ihre Fragestellung angesehen. Das im SGB IX Teil 2 geregelte Schwerbehindertenrecht gilt ausdrücklich auch für Beamte, vgl. § 128 I SGB IX. Zu berücksichtigen ist ferner auch das AGG. Nach § 24 AGG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend auch für Beamte.
    § 1 AGG Ziel des Gesetzes besagt:
    Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
    § 7 AGG Benachteiligungsverbot besagt:
    (1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.
    (2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
    (3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

    Ich rate daher zunächst dazu, dass die die Personalvertretung und die Schwerbehindertenvertretung involvieren. Soweit ersichtlich stellt sich bei Ihrem Fall die Frage der Beurteilung der Leistungsfähigkeit und der dienstlichen Beurteilung und der Rücksichtnahme sowie angemessenen Beschäftigung. Aus den Schilderungen zu den Äußerungen Ihres Vorgesetzten lässt sich dessen mehr oder weniger offene Frage nach Ihrer gesundheitlichen Eignung herauslesen. Dies wäre im Zweifel durch Einholung eines Gutachtens zu klären.

    Zudem sollten Sie -sofern Ihnen das möglich ist, frühzeitig einen versierten Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren der Sie unterstützt und begleitet und etwaigen Benachteiligungen und /oder Diskriminierungen entgegenwirkt.

    Der Dienstherr hat gegenüber den schwerbehinderten Beschäftigten eine erhöhte Fürsorge- und Förderungspflicht, die über die allgemeine Fürsorgepflicht hinaus¬geht. Die Fürsorgepflicht obliegt in erster Linie der Behördenleitung. Es ist darauf hinzuwirken, dass Schwerbehinderte in dem vom Schwerbehindertengesetz vorgeschriebenen Umfang und ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend beschäftigt werden sowie diese weiterentwickeln können. Den Schwer¬behinderten ist grundsätzlich Wohlwollen und Verständnis entgegenzubringen. Die zugunsten von Schwerbehinderten getroffenen Bestimmungen sind im Rahmen des rechtlich Möglichen großzügig auszulegen.

    Bei der Beurteilung von Schwerbehinderten ist die Minderung der Arbeits- und Einsatzfähigkeit durch die Behinderung stets und angemessen zu berücksichtigen.
    Bei der Frage, ob behinderungsbedingte Minderleistungen vorliegen, ist nicht ein Vergleich zwischen den objektiven Anforderungen und den Leistungen des Beamten vorzunehmen sondern es sind stets die konkret gezeigten Leistungen des Beamten mit den Leistungen zu vergleichen, die er ohne Behinderung hätte erbringen können.
    Ein solcher Vergleich hat auch dann zuerfolgen, wenn der Beamte trotz seiner Schwerbehinderung bereits objektiv überdurchschnittliche oder zumindest durchschnittliche Leistungen erbringt.
    Der schwerbehinderte Beamte hat die Möglichkeit, bei einer dienstlichen Beurteilung frühzeitig die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu erwirken. Sodann sollte der Beamte in einem Gespräch mit der Schwerbehindertenvertretung deutlich aufzeigen, welche Einschränkungen bei ihm aufgrund seiner Schwerbehinderung vorliegen. Insbesondere solche Einschränkungen, die nicht für jedermann offensichtlich sind, werden in den Behörden oft als Kleinigkeiten abgetan und es kommt damit zu einer nicht sachgerechten Beurteilung.
    Nachfolgend führe ich einige Zitate aus Urteilen an, um Ihnen die Argumentationsweise der Rechtsprechung zu erläutern:

    Aus OVG Hamburg Urteil vom 26.09.08, 1 Bf 19/08:
    "Zwar ist mit dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 28.05.08, IÖD 2008, 158, 162) davon auszugehen, dass das Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG in seinem Kern vor allem das Prinzip der Bestenauslese bezeichnet, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist. Zu dieser Bestenauslese zählt auch der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG niedergelegte Grundsatz der gesundheitlichen Eignung eines Beamtenbewerbers. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, zu dem der Kernbestand von Strukturprinzipien gehört, zählt aber auch, dass bei Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten von den strengen Anforderungen an ihre (gesundheitliche) Eignung und die Bestenauslese Ausnahmen geboten sind. Denn schon das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 23.12.1922 schreibt in seinem § 2 vor:

    „Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, Arbeitsplätze auch die Beamtenstellen. Die besonderen Vorschriften und Grundsätze über die Besetzung der Beamtenstellen, insbesondere über Vorbildung, Reihenfolge und Wartezeit der Anwärter für Beamtenstellen und über die Beförderung, Versetzung und Entlassung der Beamten werden durch dieses Gesetz nicht beseitigt, sind aber so zu gestalten, dass sie die Einstellung Schwerbeschädigter erleichtern."

    ... Daher können die strengen, vom Bundesverwaltungsgericht generell für die gesundheitliche Eignung von Beamten entwickelten Grundsätze für Schwerbehinderte nicht uneingeschränkt gelten. Aber auch wenn die strengen Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um Beamtenstellen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wiedergeben, wäre seit 1996 mit der Einführung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG das Problem der praktischen Konkordanz zwischen den beiden verfassungsrechtlichen Regelungen zu lösen. Denn Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, gilt auch bei der Einstellung von Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.07, DokBer B 2007, 312)."

    Fürsorgeerlass des Bundesminister des Innern vom 02.12.1991 (GMBl 1992, S. 2). Dort ist unter Ziffer 3.9 in Absatz 2:
    „Schwerbehinderte können, dem Regelungsgedanken des § 50 Abs. 1 SchwbG folgend, als Beamte auch dann eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Diese Bewerber sind darauf hinzuweisen, dass sie bei einem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis vor Erfüllung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von 5 Jahren (§ 4 Abs. 1 BeamtVG) keinen Anspruch auf Ruhegehalt haben und lediglich in der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht aber in der Zusatzversorgung für Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst nachversichert werden können. Dienstunfähig gewordene Beamte werden somit unter Umständen gegenüber einer von vornherein als Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst angelegte Beschäftigung Einbußen in ihrer gesamten Versorgung hinnehmen müssen. Ärztlicherseits soll zur Entscheidungshilfe für Bewerber und Dienststelle eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung der gesundheitlichen Eignung abgegeben werden."

    OVG Hamburg Urteil vom 26.09.08, 1 Bf 19/08
    "Die deutliche Reduzierung der Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Dienstfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes und das Auftreten krankheitsbedingter Fehlzeiten ist geboten, um der Zielsetzung des § § 128 Abs. 1 SGB IX zu effektiver Umsetzung zu verhelfen und damit auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG in der Einstellungspraxis Schwerbehinderter effektive Berücksichtigung zu verschaffen. Die Einstellung Schwerbehinderter setzt deren Eignung für die vorgesehene Tätigkeit voraus und erfordert damit zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass sie die Tätigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes nicht nur gelegentlich oder in begrenzten Zeiträumen sondern während des gesamten Prognosezeitraumes ausüben können. Die besondere Rücksichtnahme auf die Behinderung erfolgt nicht nur im Rahmen der allgemeinen Schutzvorschriften für Behinderte, sondern bei der Einstellung auch dadurch, dass auf der Behinderung oder deren gesundheitlichen Ursachen beruhende erhöhte Erkrankungsrisiken und damit verbundene Ausfallzeiten eine positive Eignungsprognose nicht generell ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2007 a.a.O). Die Belastungen und Risiken sowohl für eine ordnungsgemäße Verwaltung als auch für die fiskalischen Interessen der Allgemeinheit, die dadurch entstehen, dass durch die Behinderung die Gefahr vermehrter Erkrankungen und daraus folgende Ausfallzeiten entsteht, bedürfen angesichts der von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums der Berücksichtigung. Für eine positive Eignungsprognose ist es aber ausreichend, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50 % dafür spricht, dass keine längeren und/oder häufigeren krankheitsbedingten Fehlzeiten auftreten. Orientierung für eine Quantifizierung geben die Fehlzeitenkennziffern, die im Personalbericht 2008 des Personalamts der Beklagten (Band 1 S. 72) aufgeführt sind. Danach haben die Beschäftigten der Beklagten im Jahr 2007 im Durchschnitt an 18,3 Tagen krankheitsbedingt gefehlt, die durchschnittliche Ausfalldauer je Erkranktem betrug im Jahr 2007 23,1 Arbeitstage und damit etwa einen Kalendermonat. Wird berücksichtigt, dass bei der Ermittlung dieser Durchschnittswerte einerseits die Gruppe der Schwerbehinderten und andere Gruppen mit erhöhten Fehlzeiten (z.B. bei Berufsgruppen mit gefahrgeneigten Arbeitsbedingungen) eingerechnet wurden und mit zunehmendem Lebensalter erfahrungsgemäß das Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten ohnehin steigt, erscheint es angemessen, das gesundheitliche Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten bei der Einstellung Schwerbehinderter erst dann als überwiegenden Hinderungsgrund einzuschätzen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jährlich in etwa doppelt so lange Fehlzeiten wie im Durchschnitt der Erkrankten, also etwa 2 Monate, zu erwarten sind. Dabei bedarf es einer individuellen prognostischen Betrachtung, die es nicht ausschließt, einmalig zur Heilung und/oder Besserung des Leidens und Reduzierung von Fehlzeiten zu erwartende medizinische Maßnahmen auch dann nicht als der gesundheitlichen Eignung des Beamtenbewerbers entgegenstehend zu betrachten, wenn die Maßnahmen zu deutlich längeren Fehlzeiten führen können."

    Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 11/13
    Vorinstanz: Verwaltungsgericht Aachen, 1 L 543/12
    "Für die Frage, ob ein Beamter dienstunfähig im Sinne von §§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeamtStG, 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW ist, ist nicht allein auf die Person des Beamten sowie Art und Ausmaß seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung abzustellen. Vielmehr sind die Auswirkungen seiner Erkrankung auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Es kommt dabei nicht allein und ausschlaggebend - jedenfalls nicht in allen Fällen - auf Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Einschränkungen, den objektiven ärztlichen Befund und dessen medizinische Qualifikation als solche an, sondern vielmehr darauf, ob der Beamte aufgrund seiner Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dabei ist es nicht Sache des begutachtenden Arztes, die Dienstpflichten des jeweiligen Beamten zu bestimmen.
    11
    BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE 105, 267 ff. = juris Rdnr. 15; OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, ZBR 2009, 347 ff. = juris Rdnr. 46.
    12
    Bei einzelnen schweren Erkrankungen wird sich zwar die Dienstunfähigkeit häufig ohne weiteres aus dem ärztlichen Befund ableiten lassen. Handelt es sich dagegen um eine Vielzahl in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder auftretender, wenn auch teilweise unterschiedlicher und für sich betrachtet im einzelnen nicht schwerwiegender Erkrankungen von längerer Dauer, die auf eine Schwäche der gesamten Konstitution und damit verbundene Anfälligkeit des Beamten schließen lassen, so wird der Dienstbetrieb dadurch in einem Maße beeinträchtigt, das es, wenn eine Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, rechtfertigt, einen Beamten als zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig anzusehen, ohne dass es auf die Schwere und die Art der einzelnen Erkrankungen entscheidend ankommt.
    13
    BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1966 - VI C 56.63 -, ZBR 1967, 148, 150."


    Mit freundlichen Grüßen

    Marc Florian Teßmer
    Rechtsanwalt