Hund und Rollator

Hallo Hunde-Fans,
ich bin gehbehindert und brauche z.Z. einen Rollator, da ich Angst vorm Fallen habe.
Seit ich denken kann, möchte ich mir einen Behindertenbegleithunnd eigenverantwortlich und demnächst möchte ich mir diesen Wunsch erfüllen.
Meine Frage an Euch: Gibt es jemand im Forum, der Hund und Rollator hat und wie sind Eure Erfahrungen - vor allem beim
Spazierengehen und im Winter ?
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Vielen Dank !!!
Sille

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  • Hallo Sille,

    ich möchte Dir gerne auf Frage antworten, auch, wenn ich zwar einen "Behindertenbegleithund" habe - jedoch keinen Rollator, sondern einen Rolli.
    Ich denke aber, dass sich die Situationen nahezu gleichen/ähneln.

    Behindertenbegleithund habe ich in meinem Fall in Anführzeichen gesetzt, da mein Hund (Gary) nicht von Assistenzhundetrainern/Behindertenbegleithundetrainer ausgebildet wurde.
    Vielmehr habe ich bei ihm diese Ausbildung selbst gemacht.

    Mein Gary wurde 2001 geboren und kam als ganz "normaler" Familienhund zu mir.
    Da meine Gehfähigkeit erst ab 2009 soweit beeinträchtigt war, dass ich wegen hochgradiger Sturzgefahr einen Rolli brauchte, begann Garys "Ausbildung" auch erst als er acht Jahre alt war.

    Einen "Sonderstatus" hatte Garys Rollstuhlbegleitausbildung dennoch, denn war er eigentlich schon immer ein überdurchschnittlich temperamentvoller Hund, was seine Ausbildung in Sachen Leinenführigkeit auch schon immer schwierig gestaltete.

    Die Beeinträchtigung meiner Gehfähigkeit war ein schleichender Prozeß und niemals konnte Jemand ahnen, dass es bis zum heutigen Status kommen würde.

    Als uUmso erstaunlicher kann man es sehen, dass Gary sich im Laufe der Zeit während der sich mein Gang weiter und weiter verschlechterte, erstaunlich gut der neuen Stuation angepasst hat.

    Dennoch hate ich anfangs schon große Bedenken, ob er auch die Begleitung am Rolli meistern würde.
    Als der Rolli 2009 geliefert wurde, habe ich mit ihm ein entsprechendes Training zunächst inder Wohnung begonnen.
    Dazu habe ich zu Beginn ein anständiges sitzen an der Seite des Rollis belohnt.
    Die ersten zwei, drei Tage wurde nur dies geübt.
    Es hatte nur zwei bis drei Sessions gedauert, da kam Gary schon angetrabt, habe ich mich einfach nur mal so rein gesetzt.

    Dann haben wir in der Wohnung noch den Rest der Woche, gesittetes Gehen am Rolli trainiert.
    Dann ging es raus auf die Straße.
    Und da kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus 😀))
    Es war, als hätte Gary nie etwas anderes getan !
    Er lief vorbildlich an der Seite des Rollis - besser als er jemals das "Fuß gehen" beherrschte als ich noch gehen konnte.
    Während der Rollibegleitung waren seine Augen auch stets bei mir, als wollte er fragen "mache ich auch alles richtig ?"

    Für angehende Rollifahrer, wie ichdamals ja einer war, wrd man ja mit manch "Umwelttücken" konfrontiert, denen man als Nichtbehinderter keine Beachtung schenkt .
    So z. B., daß Gehwege ja nicht wirklich 100%ig ohne Gefälle sind.
    Erst im Rolli merkt man, dass sie immer - wenn auch nur leicht - zur Fahrbahn hin abfallen. Da muß man dann als Rollianfänger ganz schöngegensteuern, was ein flüssiges dahinfahren zunächst ziemlich erschwert.
    Es war ehr erstaunlich zu sehen, wie Gary sich auch dabei angepasst hat - und das interessanter Weisevon jetzt auf gleich.

    Ein weiteres Hinderniss unterwegs waren für mich die Bordsteinkanten.
    Da ich meinen Rolli nur einarmig betreiben kann (Doppelgreifring rechts), kann ich den Rolli zur Überwinung von Bordsteinkanten auch nicht vorne "aufbocken", sondern muß den Rolli um 180° wenden und rückwärts über die Kante fahren.
    Das erforderte ebenfalls, das sich Gary entsprechend anpasst.
    D. h. er mußte lernen ich vor der Kante zu setzen und zu warten bis ich rückwärts die Bordsteinkante erklommen habe und erstdann auf Aufforderung nachzukommen.
    Nach zwei Bordsteinkanten wußte er was für ihn zu tun war !

    Nun aber noch dies:
    Nobody (äh ... Hund) is perfect.
    Ich habe es bis heute leider nicht geschafft, dass Gary den Rolli auf Kommando auch zieht.
    Keine Chance, da kann ich machen was ich will.

    Was Rollifahren mit Hund im Winter betrifft kann ich Dir leider gar nicht berichten, da ich den gesamten Winter über nur in der Wohnung bin, da Rollifahren auf Schnee und Eis kein Spaß ist.

    Ansonsten hat Gary noch gelernt heruntergefallene Gegenstände aufzuheben.

    Abschließend möchte ich noch meine ganz persönliche Meinung zur Ausbildung von Behindertenbegleithunden schreiben.

    Wenn es lediglich darum geht, dass der Hund einen Rolli oder Rollator begleitet, und sonst keine weiteren besonderen Assistenzaufgaben lernen muß, dann braucht es meiner Meinung nicht einer teuren Assistenzhundeausbildung.
    Das kann ein einigermaßen erfahrener Hundefreundauch selbst schaffen.

    Vielleiht konnte ich Dir mit meinen geschilderten Erfahrungen etwas weiter hlfen.
    Falls Du noch etwas wissen möchtest, dann helfe ich Dir, wenn ich kann, gerne.

    Lieben Gruß
    Tom


  • Hallo Sille und alle Interessierten,

    ich möchte noch einen kleinen Nachtrag bzgl. der Anpassungsfähigkeit von Hunden hinter her schieben.Ich hatte es bei meinem vorherigen Beitrag vergessen.
    Es ist auch eine kleine Anekdote meines Gary zu diesem Thema, obgleich man nun bitte aber nicht davon ausgehen darf, dass geschildertes Erlebnis grundsätlich für jeden (Assistenz)-Hund gelten muss:

    Als ich also mit Gary das Rollstuhltraining abgeschlossen und ich für meine Anforderungen sehr zufrieden war, was seine Rolli-Begleitung betraf, da fuhren wir gemeinsam in die Stadt um eine Bekannte zu treffen, die selbst auf einen Rollator angewiesen ist.

    Nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken fragte mich meine Bekannte, ob sie Gary auch mal an der Leine führen dürfe.
    Ich war zwar mit dem Erreichten für mich persönlich sehr zufrieden, aber dennoch unsicher, ob Gary das Erlernte auch auf die Begleitung anderer Gehandicapter übertragen würde. Schließlich wird in Hundetrainer-Fachkreisen immer davon geredet, dass Hunde nicht generalisieren können, d.h. Erlerntes nicht auf ähnliche Situationen übertragen können, wenn man derartiges nicht unter verschiedensten Bedingungen im Vorfeld ausrechend trainiert hat. Dazu sind normalerweise längere Übungsphasen notwendig.
    Man kann sagen, dass mir der Wunsch meiner Bekannten, den Schweiß in den Nacken trieb - gerade auch deswgen, weil ich weiß, was für ein Leinenzerrer !!!! Gary sein kann.
    Was, wenn er sie zu Fall bringt, weil er sein fröhliches Temperament mal wieder nicht zügeln kann ?

    Aber ich ließ mich breit schlagen ...
    ... und mein Hund belehrte mich eines Besseren.
    Ich kam gar nicht aus dem Staunen heraus, was ich da sehen durfte !
    Das sollte mein Hund sein ?
    Er wußte genau worum es ging, lief bedächtig langsam an der Seite des Rollators mit und war höchst aufmerksam seinen Job auch bei ihr gut zu machen.

    Als ich das damals sah, da wollte ich eigentlich ziemlich bald mich zum Assistenzhundetrainer ausbilden lassen, auch wenn es im Gegensatz zu den vielen anderen möglichen Assistenzaufgaben die man einem Hund vermitteln kann, noch eine sehr leichte Herausfoderung ist einem Hund Rolli-/Rollator-Begleitung zu vermitteln.

    Leider läßt sich für mich eine solche Ausbildung aus finanziellen Gründen nicht realisieren. Für eine solche Ausbildungmu muß man locker eine fünfstellige Summe hinblättern 🙁.

    Trotzdem lieben Gruß,
    Tom
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