Leben als behinderter im Alltag. Wie ist das?

Hallo liebe Community, ich bin Schülerin und muss einer Referat über behinderte Menschen halten. Nun wollte ich fragen ob jemand von euch mir vill sagen kann wie ist es als Behinderter im Alltag? Wird man gut eingegliedert? Was sind die Schwierigkeiten? Wie sieht es mit Schule und Beruf aus? Ist es schwierig einen Job zu finden? Was sind die größten Hürden? Was würden sie gerne verbessern?
Ich würde mich sehr freuen ein paar nette Antworten zu erhalten :)
MFG Dagii

Antworten

  • Hallo Dagii!

    Schau mal in den Thread "Wie definiert ihr Behinderung?" etwa mittig auf der 1. Seite der ungelösten themen. Der Thread ist zwar schon älter, ich habe aber gerade ein gestriges erlebnis dort geschildert (Bahnhofstreppe).
    Wenn du ihn von Beginn an liest, wird nochmehr dazu gesagt. leider ist der link im eröffnungstext nicht mehr aktuell.

    Geht es um erworbene oder angeborene Behinderung? Körperlich, geistig oder Sinnesbehindert? Oder ist das egal? Gibt es ein Alter, welches du eingrenzen möchtest?
    Es gibt Unterschiede - ein Kind nimmt ein Handicap anders wahr als ein Erwachsener, ein jüngerer erwachsener geht mit der Tatsache Rolli anders um als jemand, der schon älter ist...


    Gruß, Katrin
  • hei Katrin,

    danke ich werd mir das gleich mal durchlesen 😀
    welche Behinderung es ist, ist egal, den jeder muss ja mit seiner Art von Behinderung eingegliedert werden.
    Das jede Altersgruppe anders damit umgeht hab ich mir auch schon gedacht. Ist es dann eigentlich als jüngerer Behinderter leichter oder tut man sich mit etwas mehr Lebenserfahrung besser im Leben mit der Behinderung? Und das Alter um das es geht spielt keine Rolle, im gegenteil um so mehr verschiedene Sichten ich hätte um so besser, den jeder hat ja andere Probleme.
    Kannst du mir den noch weiterhelfen? 😀
  • Hallo Dagii!

    Ich denke, es kommt darauf an, wie man auch selber mit dem eigenen Handicap umgeht. Bei mir ist es angeboren, ich kenne es nicht anders, weiß, wo meine Grenzen sind und akzeptiere sie.
    Andere erwerben ein Handicap erst später durch Unfall oder Krankheit, müssen erst lernen, damit umzugehen, was auch zu Depressionen führen kann. Einige versuchen, trotz Handicap, das "alte2 Leben zu leben, was oft nicht geht, woran man dann verzweifelt.
    Ich denke, in solchen Situationen fühlt man sich behindeter als man es in Wirklichkeit ist. Wer immer sportlich war und plötzlich nicht mehr laufen kann, kann sich in sein Schneckenhaus zurückziehen und in der Wohnung "versauern", sich selbst bemitleiden. Oder man sagt sich: Fußball geht mit Rolli nicht mehr, aber Handbike, Sitzvolleyball, Basketball, andere Rollisportarten. Es geht mit Behinderung (fast) alles, wenn man will und die Lebenssituation akzeptiert (siehe Paralympics).


    Schule, Beruf, Ausbildung, hängt, denke ich, auch von der Art der Behinderung ab. Firmen zu finden, die nicht erst die sanitären Anlagen rolligerecht umbauen müssen, findet man sicher seltener, als Firmen, die Personen mit sonstiger Gehbehinderung beschäftigen.
    Für mich war die Schulzeit eine einzige Katastrophe, bin nach Klasse 9 geflüchtet und habe den Realabschluß an einer Handelsschule gemacht. Kinder können grausam sein, bei mir lief es als Einzelintegration, da es die heutigen Integrationsklassen erst ein Jahr nach meiner Einschulung gab.

    Gruß, Katrin
  • Katirn,

    Das ist eine wirklich gute schilderung! Dankeschön für den Einblick.
    ich stelle mir das mit der Einzelintegration schon sehr schlimm vor, glaubst du dass es für dich einfacher gewesen währe wenn du noch jemand gehabt hättest, dem es genau so geht wie dir?
    Was genau ist den eine Handelsschule? 😀

    LG Dagii
  • dagii hat geschrieben:....Was genau ist den eine Handelsschule?....

    hallo dagii

    gib den begriff doch einfach mal in eine suchmaschine ein (auf deutsch: frag tante google). 😀

    lg rosi

    nachtrag:
    ich frage mich, lernt ihr so was nicht in der schule (falls ihr jungen leute das nicht sowieso wissen müsstet, wie man etwas finden kann? 😳
  • Hallo dagii,

    wie schon gesagt wurde, jeder geht anders mit seiner Situation um.

    Ich z.B. hatte mit knapp 25 einen schweren Wegeunfall und verlor ein Bein.
    Bin anfangs garnicht damit klar gekommen, verschanzte mich regelrecht. Kollegen hatten mich wörtlich gesagt gezwungen die vier Wände zu verlassen.

    Anfangs dachte ich mein Leben wär vorbei, dann mußte ich lernen zu kämpfen.
    Alle die ich kannte dachten, die steckt es aber gut weg, aber wie es innerlich aussah konnte ja keiner sehen.

    Mit den Jahren akzeptierte ich es mehr oder weniger, weil einem ja auch nichts anderes übrig blieb.
    Habe mir aber mit der Zeit auch Positives aus der Situation gezogen, mehr Selbstbewußtsein, nie aufzugeben, das Gefühl etwas erreicht zu haben im Leben usw.

    Klar ist nicht alles Sonnenschein. Ich denke, wenn man irgendwie ein Handycap hat muß man sich mehr abstrampeln, ob es z.B. beruflich ist, wo man ja meist schon vor Einstellung begutachtet wird, wo einem oft nichts zugetraut wird. Hat man dann einen Job muß man wieder kämpfen um eben zu beweisen, das man nicht auf den Kopf gefallen ist. Hat man eben keinen Job ist es schwer überhaupt einen zu bekommen.
    Da ist man auf sich allein gestellt, auch wenn es immer anders heißt oder geschrieben steht, in Wirklichkeit hilft keiner, jedenfalls war und ist es bei mir so gewesen.

    Gesellschaftlich hab ich da weniger Probleme, denn ich habe gelernt auf Menschen zuzugehen, bin offen und immer lustig.
    Das war Anfangs auch nicht so.Ich denke wenn man unsicher ist, mit sich selbst nicht klar kommt, strahlt man das auch aus.

    Wie gesagt, jeder sieht es anders und geht anders damit um.

    LG Marry


  • Hallo daggi,

    wie schon von anderen Schreibern erwähnt - jeder geht damit anders um.
    Die Krankheit, an der ich leide nennt sich Syringomyelie.
    Theoretisch opperabel, nur gerade in meinem Fall mit einem so hohen Risiko behaftet, dass ich davon - auch auf anraten der Neurochirurgen - gerne Abstand nehme.
    (Es handelt sich bei der S. um einen Hohlraum im Rückenmark, der sich bei mir im Laufe der Zeit über den gesamten Halswirbelkanal ausgebreitet hat. Eine mögliche OP erweist sich deshalb als problematisch, weil ein Eingriff am 2. Halswirbel gemacht werden müßte. Der Zugang an dieser Stelle ist extrem eng - und gerade - individuell bei mir - besonders eng - so dass das Risiko eines Querschnitts ab 2. Halswirbel besonders hoch ist.)

    Die Erkrankung wurde ca. 1999 diagnostiziert. Damals waren die Einschnitte in Sachen Mobilität noch sehr gering.
    Seit 2010 brauche ich wegen der damit verbundenen, schweren Gangataxie einen Rolli.
    Fortbewegung zu Fuß ist nur noch für wenig Schritte möglich und das auch nur mit Begleitung wenn es mal ohne Rolli sein muß.
    Zudem kam als Folge der S. noch hinzu, dass ich meinen linken Arm im Laufe der Zeit immer weniger bewegen und anheben konnte. Heute kann man sagen: Er hängt eigentlich nur noch so dran.

    Soviel zu meiner Behinderung, nun, wie gehe ich damit um:
    Verkriechen war nie etwas für mich.
    Also ging ich immer raus und unter Menschen.
    Mir war klar, dass ich eines Tages einen Rolli brauchen werde, aber diesen Zeitpunkt wollte ich so lange wie es ging hinausschieben.
    Als es dann ohne Rolli gar nicht mehr ging habe ich mich auf den Rolli gefreut wie ein Schneekönig.

    Ich hatte wegen meinen zunehmenden Einschränkungen auch nie größere Probleme mit meinen Mitmenschen, weswegen ich aus meiner Sicht dsbzgl. Klagen und Gejammer mancher gehandicapter Menschen nicht verstehen kann.

    Natülrich gibt es auch Mitmenschen, die Berührungsängste, manche vielleicht sogar Vorurteile haben mögen.
    Aber wie sich mitmenschliche Beziehungen gestalten, liegt nur zu 50 % am Verhalten der nichtgehandicapten - die anderen 50 % müssen aus dem Rolli kommen.
    Und da ist es von manchen Menschen mit Handicap einfach nur kindischer Trotz, wenn sie sich jammernd hinstellen und die Welt wissen lassem wie gemein alle zu ihnen sind.

    Aber wie gesagt, es gibt natürlich auch Menschen mit Berührungsängsten und Vorurteilen. Auch von dieser Menschengruppe habe ich einige kennen gelernt und von ihnen sind einige heute meine Freunde.

    Im Lukas-Evangelium gibt es eine Stelle, da beschweren sich die Pharisäer bei Jesus, warum er mit seinen Jüngern sitzt und feiert, da es doch so viele Blinde, Lahme und Krüppel gibt.
    Da antwortet Jesus:
    "´Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht."

    Mir persönlich gibt es eine tiefe Zufriedenheit wenn ich helfen kann manchen Kranken gesund zu machen.

    Liebe Grüße,
    Tom



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