Wer hat / hatte sein Kind in Integrationsklassen oder normale Beschulung ab Klasse 5? Erfahrungen?

Hallo!

Wir stehen kurz davor, Jacqueline in der weiterführenden Schule anzumelden (1. Februarwoche). Sie geht bis jetzt in eine sog. Integrative Grundschule in eine Integrationsklasse, fühlt sich dort wohl.
Im Sommer steht der Schulwechsel an, wir haben uns eine Schule ausgesucht, die in der Nähe der Grundschule liegt, beide Schulleiter arbeiten eng zusammen. Es wird darauf geachtet, dass einige Kinder, die sich aus der Grundschule kennen und dort angemeldet werden, gemeinsam in eine Klasse kommen. Beide Schulen wurden schon in den 70er Jahren so gebaut, dass Rollifahrer dort zurechtkommen, was man nicht oft findet.
Die Schule ist eine Gesamtschule, die in Hamburg seit der Schulreform jetzt Stadtteilschule heißt. sie ist ganztägig, die Kinder bekommen also 4x wöchentlich dort Mittagessen.
Die Schwerpunkte liegen bei Naturwissenschaft / PC, Sport, Musik. Srachen ab der 7. Klasse sind nicht wie so oft Latein oder Französisch. Beides kann von Lehrern unterrichtet werden, wird aber von den Schülern nicht gewählt. Stattdessen wird Spanisch angeboten, für Muttersprachler auch Türkisch und Fazi (Afganistan).
Kinder mit Handicap gibt es dort in jeder Klassenstufe, also keine speziellen Integrationsklassen.

Ich selber war damels als Einzelintegration mit Gehbehinderung an einer anderen Gesamtschule, habe viel Mobbing erlebt, bin dort nach Klasse 9 mit Hauptschulabschluß geflüchtet, den Realabschluß machte ich an einer Handelsschule.
Der Schulleiter für Jacquelines neue Schule sagte mir, dass es dort keine Mobbingprobleme wegen Behinderungen gibt, die Probleme sind anders gelagert, beziehen sich auf die sozialen Netzwerke. Das beruhigt mich etwas, hoffe, dass Jacqueline nicht das erlebt, was ich durchmachen mußte.

Wer hat Erfahrungen und kann berichten, wie der Umgang ab Klasse 5 sich entwickelt? Positiv wie negativ. Welche Chancen haben die Kinder in Schulpraktika und bei der Berufswahl? Wie sieht es aus, wenn es um Ausbildungsplätze geht?

Danke, Katrin

Antworten

  • Hallo Karin,
    ich arbeite seit 12 Jahren als Sozialpädagogin im Hamburger Schuldienst. Die ersten 10 Jahre davon in einer Integrationsklasse ab 5. Klasse.
    Meine Erfahrungen: Während die Integration in der Grundschule m.E. sehr einfach ist ist, wird es nun schwerer, da der Leistungsdruck höher wird, schwierig dann auch in den Kursaufteilungen. Der Blick geht (in der Pubertät) immer mehr auf das Aussehen (perfekter Körper) und den behinderten Kindern wird immer deutlicher bewusst, dass sie anders sind. je größer die schule umso schwieriger.
    ABER: aufgrund der Doppelbesetzung (entweder eine Sozialpädagogin oder Sonderpädagogin), kann einiges aufgefangen werden, besprochen werden. Blöd ist nur, dass die Probleme meist nicht in der Klasse auftreten, sondern in den Kursen und da ist keine Zeit für pädagogische "Spielchen" oder Gespräche.

    Seitdem der Inklusions"Quatsch" umgesetzt wird bedeutet das: in jeder Klasse können Inklusionskinder aufgenommen werden, Integrationsklassen gibt es nicht mehr. Doppelbesetzung nicht in jeder Stunde gewährleistet, m.E. ist die individuelle Förderung nicht mehr möglich, denn wenn verhaltensauffällige Schüler den Unterricht sabotieren, dann hat die Betreuung dieser Schüler vorrang. Es gibt Inklusionsbegleiter, die je nach Inklusionsschüleranzahl stundenmäßig in den Unterricht mit reingehen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da keine Probleme mit Mobbing von behinderten Kindern gibt, besonders in den sozialen Netzwerken (wo der Schulleiter keinen EInblick hat (Schülervz oder wie das heißt).

    Ich glaube eher, dass die behinderten Kinder nicht unbedingt etwas davon erzählen...

    Ja, Karin, die Einzelintegration habe ich auch miterlebt, es war eine harte Zeit.

    Praktikum, Ausbildung:
    Aufgrund meiner eigenen Behnderung war es mir nicht schwer für meine Schüler Praktikumsplätze zu finden (oft haben die beh. Kids auch selber was gefunden).

    Während es für Hauptschüler (heißt nun: erster allgemeinbildender Schulabschluss) nach der 9. Klasse keine weiterführende Schule gibt, gibt es die für behinderte noch.
    -->http://www.h13.hamburg.de/index.php/article/detail/2006
    -->http://www.gewerbeschule3.de/bfs-wirtschaft-verwaltung.html
    grundsätzliche Infos unter: http://www.hibb.hamburg.de/index.php

    Man muss frühzeitig mit der Reha-Abteilung im Arbeitsamt Kontakt aufnehmen, damit geschaut wird, wohin die berufliche Reise gehen kann. Dann gibt es verschiedene geschützte Bildungseinrichtungen, wo eine Ausbildung absolviert werden kann (z.B. Berufsförderungswerk Hambug GmbH), allerdings, da sie vom Arbeitsamt gezahlt werden müssen, muss vorher die Schulpflicht erfüllt sein, heißt: 10 jahre an der Stadtteilschule, 1 Jahr im AV-Dual und dann Förderung durch das Arbeitsamt.

    Seit 2 Jahren arbeite ich nicht mehr in einer Klasse (gott sei Dank muss ich nicht in eine Inklusionsklasse), sondern habe ein spezielles Aufgabengebiet an Hamburgs größter Stadtteilschule: berufliche Orientierung. D.h. ich helfe Ihnen (falls die Hilfe im Unterricht nicht ausreicht) herauszufinden, welche Berufe in Frage kommen (nach Interesse und Begabung aber vor allem nach ihren Noten), wie frage ich im Betrieb telefonisch nach Praktikumsplätzen, wie schreibe ich eine Bewerbung... das selbe dann auch für die Lehrstellensuche.

    Behinderte Kinder, die geistig "voll auf der Höhe" sind, einen regulären Abschluss erlangen, meist sind es Rollstuhlfahrer, denen helfe ich gezielt, indem ich meine Kontakte zu Firmen/Behörden ausnutze. also ich meine, dass ich sehr viele Kontakte mit Fírmen habe und dann gezielt auch nachfrage wg. der Barrierefreiheit (Praktikums- und Ausbildungsplätze für Rollstuhlfahrer zu finden ist eine Herausforderung).
    So Karin, das von mir kurz und knapp...
    solltest du noch mehr wissen wollen, evtl auch eher per Telefon, dann hinterlasse diese per PN. ich schaue dann, wann ich es einrichten kann.
    LG
    Mona


  • Danke Mona, für die Infos. Welche ist denn die größte Stadtteilschule? Sie kommt auf die GSM in Mümmelmannsberg, Wohnort Billstedt. Kann man dich bei späteren praktikumsfragen oder ausbildungsplätzen ansprechen, auch wenn du an einer anderen Schule bist?

    Gruß, Katrin
  • Guten Morgen,
    ich arbeite an der der Goethe-Schule-Harburg.
    Ob du mich noch ansprechen kannst in 4 Jahren? Keine Ahnung, weiß ja nicht, was bis dahin ist. Versuchen kannst du es.
    Wenn ich Zeit habe, dann unterstütze ich auch die Kinder meiner Kollegen, oder ehemalige Schüler.
    Grundsätzlich habe ich hauptsächlich Kontakte zu Firmen im Harburger Umkreis. Aber wer weiß, was bis dahin passiert.
    Seit neuestem sind an den Stadtteilschulen auch Berufsschullehrer, die behilflich sein sollen... sollen... lach mich checkig... aber vielleicht können die in vier Jahren mehr als bislang.
    Bis dahin Tschüß
    Mona