Expertentipp: Wie erhält man das Persönliche Budget?

Jede/r BundesbürgerIn hat den gesetzlich verankerten Anspruch auf eine bedarfsgerechte Assistenz, die über ein PB finanziert werden kann.

In diesem Zusammenhang ist wichtig anzumerken, dass niemand das PB in Anspruch nehmen muss. Wer will kann auch das „alte Model“ wählen. Dabei rechnen die Leistungserbringer dann direkt mit den Kostenträgern ab, ohne dass der Leistungsnehmer damit viel zu tun hat.

Egal ob mit oder ohne PB, die notwendigen Leistungen müssen beantragt werden.

Dazu reicht eigentlich schon ein formloser Antrag auf bedarfsdeckende Assistenzleistung an einen der entsprechenden Kostenträger.
Im Falle von Assistenzleistungen kommen entweder die Pflegekasse, das Arbeits- bzw. Integrationsamt (je nach dem, ob man angestellt oder selbstständig ist), der örtliche oder der überörtliche Sozialhilfeträger in Frage.

In dem Antrag sollte man gleich noch vermerken, dass man die Leistungen als (trägerübergreifendes) PB erhalten möchte.

Sollte ein Kostenträger sachlich nicht zuständig sein, ist er gesetzlich verpflichtet, den Antrag zeitnah an den zuständigen Kostenträger weiterzuleiten. Der Antragsteller ist darüber zu informieren.

Sollte der Bedarf des Antragstellers sich über mehrere Zuständigkeiten erstrecken (z.B. weil Arbeitsassistenz und Assistenz zur Teilhabe benötigt wird), ist der angeschriebene Kostenträger verpflichtet, alle entsprechenden Kostenträger zu informieren.
Wenn mehrere Kostenträger am PB beteiligt sind, spricht man vom „trägerübergreifenden PB“.

Sollte man es in seinem Antrag nicht anders bestimmen, wird der angeschriebene Kostenträger (sofern er ebenfalls Leistungen erbringen muss) zum Budgetbeauftragten.
Das bedeutet, er ist dafür verantwortlich, das Verfahren mit dem BN abzuwickeln, ihm das PB auszuzahlen, die zweckgebundene Verwendung zu prüfen und sämtliche Abstimmungen mit den anderen Kostenträgern intern (ohne dass der BN dies tun muss) zu klären.

Dadurch soll das Verfahren für den BN erleichtert werden.

Bevor ein PB gewährt wird, muss der Bedarf geklärt werden. Dies wird vom Budgetbeauftragten koordiniert. In der Regel wird der Sozialpädagogische Fachdienst damit betraut, zu prüfen, wie viel Hilfe ein Antragsteller benötigt.

Danach wird eruiert, wie viel diese Hilfe kostet (hierzu mehr in unserem nächsten Expertentipp 😉 ).

Um dieses Verfahren zu beschleunigen, ist es hilfreich, den Antrag nicht bloß formlos, sondern so ausführlich wie möglich zu stellen. Indem man also seinen Hilfebedarf möglichst ausführlich erläutert und bereits durch kompetente Gutachten bzw. Stellungnahmen bspw. durch den behandelnden Facharzt, belegt.

Auch ist es hilfreich, bereits Kalkulationen oder Angebote von Dienstleistern über die zu erwartenden Kosten (dazu mehr im nächsten Tipp) vorzulegen.

Wenn der Bedarf dann geklärt ist, wird ein entsprechendes PB zugesprochen.

Dieses wird monatlich immer vorab an den Budgetnehmer ausgezahlt. Die zweckgemäße Verwendung muss regelmäßig nachgewiesen werden.

Da größtenteils Sozialleistungen als PB gewährt werden, müssen sich BN an den Kosten des PB beteiligen. Zunächst muss ihr Vermögen bis auf 2.500,- Euro aufgebraucht sein.

Wenn ihr Einkommen den doppelten Eckregelsatz (also 2x den Hartz IV Satz) + die Wohnungskosten (hierzu zählen nicht Strom und Wasser) übersteigt, muss dieses „Übereinkommen“ teilweise an die Kostenträger gezahlt werden.

Diese Woche erhaltet Ihr noch weitere Infos zum PB. Wenn Ihr jetzt schon Fragen zum PB habt, stellt sie gern in diesem Thread 😉

Antworten

  • Hallo Justin!

    Verstehe ich das richtig, dass das PB einkommens- und vermögensabhängig ist? Wenn ich also, hypothetisch, 3000 Euro netto verdiene und Assistenz benötige, muß ich mein "überschüssiges" Gehalt, welches über den doppelten Hartz4-Satz plus Wohnungskosten hinausgeht, an den Kostenträger zahlen, bei dem ich das PB beantragt habe? "Lohnt" sich denn dann überhaupt noch ein Arbeitsplatz?

    Du sprichst auch ein "Rest"vermögen von 2.500 Euro an. Heißt das, wenn ich geerbt habe, muß ich die Erbsumme erst auf diese Summe schrumpfen lassen, bevor ich mir PB-Leistungen "leisten" kann? Was ist mit Immobilien? Zählt das auch als Vermögen? Muß es erst verkauft und aufgegessen werden?

    Für mich klingt das so, wer ein Handicap hat, darf nicht das Glück hoher Sparkonten oder sonstiger Rücklagen haben. Wer also behindert und reich ist und aber Hilfe braucht, bekommt kein PB?


    Gruß, Katrin
  • Hallo Katrin,

    ja, das verstehst Du richtig. Die meisten Leistungen des PB sind Leistungen der Sozialhilfe - daher greifen die Sozialhilfevorschriften.

    Es ist aktuell eine "Baustelle" der selbstbestimmt Leben Bewegung, dass Assistenzleistungen von den Sozialhilfevorschriften abgekoppelt werden.

    Ich persönlich finde es grundsätzlich richtig, dass man als BN auch einen Teil an die Gesellschaft bzw. das Sozialsystem zurückgibt. Allerdings finde auch ich die "Freibeträge" sehr niedrig.

    Entgegenhalten kann man hier höchstens noch, dass nur ein Teil des "Übergehalts" abgegeben werden muss.

    Immobilien, die Du nicht selbst bewohnst sind übrigens auch Vermögen und müssten erst verkauft und der Erlös aufgebraucht werden.
  • Hallo Justin,

    Das was Katrin angesprochen hat ist mit ein Grund warum viele keinen PB -Antrag stellen. Ich habe mir 2008 mal vom Bundesministerium für Soziales die kostenlose Broschüre das persönliche Budget schicken lassen.
    Da kam auch das Beispiel eines leicht geistig Behinderten, der die Sache weitgehend selbst verwaltet hat, dann selbständiger wurde oder als das galt und die Leistungen wurden gekürzt.
    Anders als beim Persönlichen Budget in Schweden oder Norwegen, wo Behinderte das Budget Einkommens- und Vermögensunabhängig kriegen, können Behinderte hier über die Mittel nur zweckgebunden verfügen.
    Sieht man ja noch ein, daß ein Teil von EK und Vermögen abhängig ist, wobei die Freigrenzen zu niedrig sind, dann ist es doch kein persönliches Budget, wenn wieder alles eng vorgeschrieben ist.
    Während meines studienbezogenen Praxisjahres 97/98 in der Landesarbeitsgemeinschaft für Behinderte (LAGH) in Bayern, kämpfte man schon damals darum, daß Behinderte zumal dann wenn sie keine zureichende Arbeit finden, über solche Mittel freier verfügen dürfen- vergeblich!
    Viele sagen sich dann auch, warum soll man sich die Mühe der Selbstverwaltung der Mittel machen, wenn doch wieder alle total eingeschränkt ist oder wie im Beispiel dann sogar Kürzungen drohen?

    LG

    Surfer


  • Hallo surfer,

    ich denke, was die Freibetragsgrenze betrifft, sind wir uns alle einig, dass diese geändert werden sollte. Schließlich kann es u.U. durchaus demotivierend wirken, wenn man einen Teil seines ehrlich erarbeiteten Einkommens gleich wieder abgeben muss. Und wenn man sich keine finanziellen Rücklagen schaffen kann.

    Dass die angesprochenen skandinavischen Länder uns um Längen voraus sind, was das Leben von Menschen mit Behinderung und deren Bedürfnisse betrifft, müssen wir auch nicht lange diskutieren. Denn das ist schlicht Fakt.

    Natürlich ist es nicht gut, wenn jemand - aus welchen Gründen auch immer - Angst davor hat, eine Leistung, die ihm zusteht, zu beantragen.

    Was Dein Beispiel mit einer BNin betrifft, deren PB nach einiger Zeit gekürzt wurde, weil ihr Bedarf sich positiv entwickelt hatte, so muss ich allerdings sagen, dass ich daran nichts Schlimmes finde. Vorausgesetzt, ihr Bedarf hat sich tatsächlich positiv entwickelt.

    Ich persönlich wäre froh, wenn sich mein Bedarf positiv entwickeln und ich wieder auf einen Teil der Assistenz verzichten könnte.

    Gern können wir dieses Thema hier noch weiter diskutieren 😀
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