Expertentipp: Was ist das Persönliche Budget?

Seit 01. Januar 2008 ist in Deutschland das sogenannte „Persönliche Budget“ (PB) im Sozialgesetz verankert.

Obwohl das PB nun schon bald fünf Jahre alt wird, ist die Unkenntnis und dadurch auch Verunsicherung heute leider immer noch groß. Sowohl auf Seiten der Betroffenen, als auch auf Seiten der Kostenträger.

Deshalb sollte man zunächst einmal klären, was genau das PB überhaupt ist.

Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist das PB keine neue Sozialleistung. Vielmehr ist es eine andere Erbringungsform bisheriger Sozialleistungen zur Sicherung des individuellen Assistenzbedarfes.

Die Idee hinter dem PB ist es, den Betroffenen mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu übertragen. Die Budgetnehmer (BN) sollen durch das PB in die Lage versetzt werden, notwendige Assistenz- bzw. Pflegeleistungen selbstbestimmt zu organisieren.

Daher bekommt der BN sein PB ausgezahlt und kann damit selbst die notwendigen Leistungen bei einem Anbieter seiner Wahl buchen. Es entsteht also ein direktes Vertragsverhältnis zwischen dem BN und den gewählten Leistungserbringern. Die Leistungserbringer rechnen also nicht mehr direkt mit den Kostenträgern ab.

Es liegt am Budgetnehmer, ob er die notwendigen Assistenzeistungen bei einem Dienstleister einkauft oder seine Assistenz selbst anstellst. Oder beides. (Dazu mehr in unserem übernächsten Expertentipp :wink: )

Zu den Leistungen, die in Form eines PB gewährt werden können gehören:
- Leistungen zur Teilhabe
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Arbeitsassistenz)
- Leistungen der Pflegekasse
- Hilfe zur Pflege

Wer Anspruch auf eine dieser Leistungen hat, kann diese als PB nutzen. Wer keinen Anspruch auf diese Sozialleistungen hat, hat auch keinen Anspruch auf ein PB – dieses ja nur eine andere Erbringungsform der vorgenannten Leistungen ist.

Wenn mehrere Kostenträger ein PB gewähren, spricht man vom „Trägerübergreifenden Persönlichen Budget“. (Dazu mehr in unserem nächsten Expertentipp.)

Das PB ist zweckgebunden. Es darf also nur für die Deckung des Assistenzbedarfes genutzt werden. Nicht etwa für den Wocheneinkauf oder einen neuen Fernseher. Die zweckgerechte Verwendung muss regelmäßig nachgewiesen werden.

Diese Woche erhaltet Ihr noch weitere Infos zum PB. Wenn Ihr jetzt schon Fragen zum PB habt, stellt sie gern in diesem Thread :wink:

Antworten

  • Hallo Justin!

    Wenn ich das richtig verstehe, setzt man das PB NUR zur Finanzierung von Pflege und Assistenz ein?
    Als ich vor einigen Jahren mal meine KK fragte, sagte man mir, dass ich damit dann auch meine Krankengymnastik über den Eigenanteil hinaus finanzieren müßte und wenn das Geld verbraucht ist, gibt es bis zur nächsten Auszahlung (monatlich? jährlich?) auch keine Therapie mehr... Pech für den Patienten.
    Man kann / darf es also auch nicht dafür benutzen, um Hilfsmittel zu finanzieren, wenn die Kasse ablehnt, oder? Ich habe mal vor längerer Zeit in einem anderen Forum gelesen, dass Eltern ein rollstuhlgerechtes Fahrzeug für das Kind über das PB finanzieren wollten. Geht das?

    Wie wird das PB berechnet, was dann regelmäßig ausbezahlt wird? Wird es im Vorraus bezahlt (ich kann mir im Rahmen der Summe Hilfe ins Haus holen) oder im Nachhinein (ich lege die Rechnung vor und bekomme das PB in entsprechender Höhe ausgezahlt)? Oder ich sage der Kasse, was mich die KG monatlich kostet und die Summe bekomme ich dann und der Therapeut rechnet nicht mit der Kasse ab sondern mit mir?


    Gruß, Katrin
  • Noch eine Frage:
    Gilt das PB als Einkommen? Ich denke an Hartz4-Empfänger mit Handicap. Wird die Geldleistung gekürzt, wenn PB beantragt wird oder nicht? Wenn ich es richtig gelesen habe im Netz, wird PB und Hartz4 von der gleichen Behörde / Kostenträger bezahlt. Kann es zu einer Gegenrechnung und dadurch zu einer Kürzung kommen?


    Gruß, Katrin
  • Guten Tag Katrin,..

    in dem Sinne dürfte das PB nicht bei Hartz 4 angerechnet oder gegen gerechnet werden zu meinem Rechtsverständnis.

    Der Umkehrschluss dazu;

    Es ist eine eigenständige zweckgebundene Sozialleistung. Gleiches gilt für Hartz 4. Das PB soll Bedürfnisse abdecken die aufgrund einer Behinderung etc. vorhanden sind. Und Hartz 4 gewährt, soll den Lebensunterhalt abdecken, doch nicht die Behinderung, Pflege etc..

    z.B.

    Pflegegeld darf auch nicht auf Hartz 4 angerechnet werden, da es eine zweckgebunde Leistung der Pflegekasse ist und weder dazu dient den Lebensunterhalt abzudecken, noch wie Justin bereits schrieb die Miete von zu finanzieren etc., sondern dient ausschließlich für und zu den notwendigen Leistungen in der Pflege zur Behinderung.

    Leider wird dies immer wieder getan durch viele ARGEN was im Rechtlichen Sinne jedoch falsch ist. Mir ist nicht bekannt das dies sich im Sozialrecht bisher geändert hat.

    Lieber Justin,..

    was ich jedoch an deinem Beitrag vermisse, das wenn der Behörde dies bekannt ist das es derartige Fälle in der Gemeinde / Städte etc. gibt das man diesem Personenkreis nicht wirklich hilft oder aufklärt, sondern ( Sorry für den Ausdruck) im wahrsten Sinne des Wortes den Bürger Dumm hält.

    Es muss endlich bei jeder Behörde angekommen sein das sie eine generelle Aufklärungspflicht zum Antragssteller / rin haben, sobald in irgendeiner Form eine Hilfeersuchen oder Antrag gestellt wird. Das bedeutet im Umkehrschluss das es nicht nur die eine Möglichkeit gibt, sondern je zur persönlichen Situation vom Antragssteller / rin viele.

    Sorry diese Thematik macht mich immer wütend, weil in D es XY - Soziale Leistungen gibt und genauso viele Möglichkeiten. Euch einen sonnigen Tag und positive Gedanken, Mfg Lyn


  • Hallo Katrin,

    vielen Dank für Deine Nachfragen. Einige davon werden sich in den nächsten Expertentipps beantworten 😉

    Auf einige Deiner Fragen möchte ich jedoch jetzt gern schon antworten:

    KatrinHH hat geschrieben:
    Wenn ich das richtig verstehe, setzt man das PB NUR zur Finanzierung von Pflege und Assistenz ein?
    Als ich vor einigen Jahren mal meine KK fragte, sagte man mir, dass ich damit dann auch meine Krankengymnastik über den Eigenanteil hinaus finanzieren müßte und wenn das Geld verbraucht ist, gibt es bis zur nächsten Auszahlung (monatlich? jährlich?) auch keine Therapie mehr... Pech für den Patienten.
    Man kann / darf es also auch nicht dafür benutzen, um Hilfsmittel zu finanzieren, wenn die Kasse ablehnt, oder? Ich habe mal vor längerer Zeit in einem anderen Forum gelesen, dass Eltern ein rollstuhlgerechtes Fahrzeug für das Kind über das PB finanzieren wollten. Geht das?


    Das "klassische", oder besser gesagt ursprüngliche, PB, welches ja lediglich eine andere Erbringungsform der o.g. Sozialleistungen ist, dient ausschließlich zur Finanzierung der notwendigen Hilfen, die sonst auch mit diesen Leistungen finanziert wurden. Früher wurden die Leistungen jedoch direkt zwischen Kostenträger und Leistungserbringer abgerechnet. Der Leistungsnehmer war außen vor.

    Um Deine Frage also nocheinmal klar zu beantworten: Ja, das PB im o.g. Sinne, von dem ich in dieser Tipp-Reihe spreche, dient ausschließlich zur Finanzierung des Assistenz-, Pflege- bzw. Hilfsbedarfs.

    Nun ist es so, dass gerade KK die Form des PB für sich entdeckt haben und auch andere Leistungen u.U. budgetieren und direkt an die Leistungsnehmer auszahlen. Darunter z.B. auch Therapien oder zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel.

    Alle Budgets haben jedoch, wie Lyn schon richtig angemerkt hat, eines gemein: Sie sind zweckgebunden und zählen daher nicht zum Einkommen.

    Die zweckgerechte Nutzung muss regelmäßig nachgewiesen werden. Du kannst daher ein PB, das Du für Assistenz erhältst, nicht zur Finanzierung eines Autos oder des Lebensunterhaltes verwenden.
    Ebensowenig Dein Therapiebudget für einen neuen Rollstuhl.

    Ich hoffe, Deine Fragen sind damit bereits geklärt, oder klären sich noch im Laufe dieser Woche.

    Wenn noch Fragen offen sind, poste sie jederzeit gern unter einem entsprechenden Tipp 😉
  • Lyn hat geschrieben:
    Lieber Justin,..

    was ich jedoch an deinem Beitrag vermisse, das wenn der Behörde dies bekannt ist das es derartige Fälle in der Gemeinde / Städte etc. gibt das man diesem Personenkreis nicht wirklich hilft oder aufklärt, sondern ( Sorry für den Ausdruck) im wahrsten Sinne des Wortes den Bürger Dumm hält.

    Es muss endlich bei jeder Behörde angekommen sein das sie eine generelle Aufklärungspflicht zum Antragssteller / rin haben, sobald in irgendeiner Form eine Hilfeersuchen oder Antrag gestellt wird. Das bedeutet im Umkehrschluss das es nicht nur die eine Möglichkeit gibt, sondern je zur persönlichen Situation vom Antragssteller / rin viele.


    Liebe Lyn,

    ja, dieser Umstand ist leider alles andere als schön. Ich glaube auch, dass dieses Vorgehen nicht nur in Bereichen des PB viel zu oft bei den Kostenträgern praktiziert wird.

    Auch wenn es eigentlich anders sein sollte, empfiehlt es sich, zunächst entsprechende Informationen zu sammeln. U.A. auch mit Hilfe unabhängiger Stellen.

    Man sollte (bzw. muss leider) Experte in eigener Sache sein, um den Ämtern gegenüber entsprechend auftreten zu können.
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