mein zukünftiger Arbeitgeber will sich aus einem geschlossenen Arbeitsvertrag mogeln. Was kann ich t

Bereits bei meiner Bewerbung habe ich angegeben dass ich behindert bin (50%), nach telefonischer Rücksprache wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Dort habe ich einen Personalbogen ausgefüllt. Auch da habe ich meine Behinderung angegeben und eine Kopie des Bescheides abgegeben. Der Arbeitsvertrag wurde von beiden Seiten unterzeichnet. Da ich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung noch eine berufliche Weiterbildung absolviert habe, wurde als Arbeitsbeginn der 01.06. festgelegt. Zwischenzeitlich hat die Geschäftsführung des Zeitarbeitsunternehmens gewechselt. Der neue Niederlassungsleiter behauptet nun er habe nichts von meiner Behinderung gewusst, und würde mich erst nach Begutachtung einsetzen und auch dass nur wenn ich alle Tätigkeiten wie ein Nichtbehinderter durchführen kann.
Das kann doch nicht angehen. Ich habe mich extra fast 3 Monate lang auf die Arbeit vorbereitet, Arbeitssachen gekauft, auch Arbeitsschutzausrüstung die eigentlich der Arbeitgeber stellen müsste. Und nun so etwas. Ich habe beim Jobcenter die Begutachtung beantragt, aber das kann sich bis zu 6 Wochen hinziehen. In dieser Zeit geht mir ja das Arbeitseinkommen verloren und einen anderen Job kann ich auch nicht annehmen da ich ja einen gültigen Arbeitsvertrag habe. Und gestern erklärt mir der Niederlassungsleiter per Telefon, dass er vom Arbeitsvertrag zurücktritt. Ich hab es noch nicht schriftlich und deshalb ist es wohl auch nicht rechtswirksam, aber wie kann ich vorgehen falls mich das Schreiben erreicht?

Antworten

  • Hallo nebukadnezr

    Ich würde von einem Arbeitsverhältnis, welches im Vorfeld unter so dubiosen Umständen zustande kommen würde, Abstand nehmen.Arbeit soll auch Spaß machen. Dieser Umstand ist in dieser Situation nicht gegeben. Um Deine Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder ähnliches zu sichern, würde ich auch der Arbeitsagentur gegenüber so argumentieren. Man muß sich zwar heutzutage viel, aber nicht unbedingt alles gefallen zu lassen und Du als jemand der zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft gehört, per see' nicht.

    Wünsche Dir bei Deinen weiteren Vorhaben viel Erfolg.

    LG Nobby

    PS. Ein Arbeitsverhältnis immer unseriös, wenn Du als Bewerber im Vorfeld irgendwelche Vorleistungen erbringen mußt.
  • Hallo nebukadnezr,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀

    Ich hab Dein Anliegen an unseren entsprechenden Fachexperten weitergeleitet. Bitte hab ein wenig Geduld bis zur Antwort 😉

    Wenn Dein Anliegen dann geklärt ist, sei bitte so lieb und setze die Bewertung oberhalb des Threads auf 100%. 😀
    So hilfst Du uns, eine bessere Übersicht zu behalten, wo noch Unterstützung benötigt wird.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community! Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Sehr geehrtes Forenmitglied,

    grundsätzlich kommt es auf den Vertrag und Ihre Angaben an. Sie schildern, dass Sie Ihre Behinderung angegeben haben. Für Kommunikationsmängel beim Arbeitgeber sind Sie natürlich nicht verantwortlich. Ein Rücktritt vom Vertrag kommt jedenfalls nicht in Betracht. Ihr Arbeitgeber könnte allenfalls – so wohl seine Argumentation - die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung anfechten. Dazu Bedarfs es jedoch eines Anfechtungsgrundes und der dürfte wohl nicht vorliegen. Im weiteren Verlauf kommt es jetzt darauf an, ob und welche Regelungen Sie im Arbeitsvertrag bezüglich der Kündigungsfristen vereinbart und ob Sie z.B. Weitere Regelungen, wie z.B. eine Probezeit vereinbart haben. Für den Fall, dass der Arbeitsvertrag eine Probezeit schriftlich festhält, beträgt die Kündigungsfrist 2 Wochen, die Probezeit darf maximal 6 Monate dauern. Ihr Arbeitgeber könnte also dann das Arbeitsverhältnis ohne Begründung kündigen mit einer Frist von 2 Wochen, beginnend mit dem ersten Arbeitstag. Es kommt auch bei einer solchen Kündigung auf den Zugang an, um den Lauf der Fristen in Gang zu setzten.

    Sollte keine Probezeit vereinbart sein, ist zunächst zu klären ob im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer arbeiten. Gegebenenfalls greift der Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Nach § 90 SGB IX greift der Schutz der entsprechenden Bestimmungen des SGB IX erst für Beschäftigungsverhältnisse die länger als 6 Monate bestanden haben.

    Ohne konkretere Angaben kann ich nur allgemeine Ausführungen machen. Das gilt auch bezüglich der Geltendmachung etwaiger Schadenersatzansprüche.

    Ich rate dazu, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Ihrer Nähe aufzusuchen. Dabei ist jedoch auf die Kostenreglung im Arbeitsrecht hinzuweisen, da dort bis zum Abschluss der ersten Instanz jeder unabhängig von dem Umfang des Obsiegend seine Kosten grds. selber trägt; eine etwaig vorhandene Rechtsschutzversicherung könnte hier – abhängig von des Umfang des vereinbarten Versicherungsschutzes – unterstützen bzw. helfen.

    Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
  • Sehr geehrter Herr Tessmer,

    ich habe in dieser Sache selbst recherchiert und auch eigenständig eine Kündigungsschutzklage erstellt.
    Manche Fehler sind mir dabei unterlaufen, wie z.B. die Sache mit den Kosten.
    Aber ich habe auch die richtigen Punkte im BGB gefunden, die diese zwischenzeitlich eingegangene Kündigung unwirksam werden lassen.

    Dazu muss ich aber etwas ausholen. Der Niederlassungsleiter, der den Arbeitsvertrag mit mir geschlossen hatte ist nicht mehr im Amt. Ein neuer Niederlassungsleiter wurde eingesetzt. Dieser rief mich an und erklärte mir mündlich die Kündigung.
    Am nächsten Tag hatte ich diese Kündigung auch schriftlich im Briefkasten. Kündigungsfrist 2 Tage gemäß MTV für Zeitarbeitsunternehmen. Ich musste also sofort handeln um nicht irgendwelche Fristen zu versäumen.
    Ich habe sofort die handlungsvollmacht des neuen Niederlassungsleiters gemäß §174 BGB angezweifelt, erst per E-Mail, dann auch am selben Tag per Einschreiben mit Rückschein.
    Das Zeitarbeitsunternehmen hatte dem Arbeitsvertrag nämlich eine Liste der Entscheidungs- und Weisungsbefugten beigelegt. Der Name des neuen Niederlassungsleiters war in dieser Liste aber nicht enthalten, so dass ich auch das Recht habe seine Handlungsvollmacht anzuzweifeln.
    Es folgte ein mehr oder weniger sinnloser Austausch von Argumenten in denen jeder seine Rechtsauffassung dargelegt hat. Nach gut einer Woche wurde die Kündigung erneuert, immer noch rechtsfehlerhaft.
    Da ich bald ins Krankenhaus muss um operiert zu werden, und nicht auszuschliessen war dass weitere Kündigungen während dieses Krankenhausaufenthaltes folgen, habe ich beim zuständigen Amtsgericht Beratungs- und Prozesskostenhilfeanträge gestellt und dann einen Anwalt konsultiert. Ist zwar kein Fachanwalt für Arbeitsrecht, kennt sich aber im BGB gut aus und das Arbeitsrecht hat seinen Ursprung im BGB. Insbesondere im Teil der Schuldrechtsverhältnisse.
    Er teilt meine Rechtsauffassung und ist sich sicher dass die Kündigung so nicht haltbar ist.
    Bis hierher ist eigentlich alles klar. Aber jetzt kommt der von Ihnen angesprochene Punkt Schadensersatz ins Spiel.
    Ich sehe nämlich nicht ein, dass ich mich extra 3 Monate auf einen Job vorbereite und dann einfach eine Kündigung erklärt wird, weil ich "nicht alle Tätigkeiten des Berufes" ausführen kann. Ein bereits vor der Kündigung erfolgter Hinweis dass für die Firma sogar Integrationshilfen gezahlt werden würden, blieb völlig unbeachtet. Der Arbeitgeber hat den Arbeitsvertrag auch nicht angefochten (§119 BGB) sondern gekündigt. Durch die Korrespondenz mit der Firma ist auch ganz klar belegt, dass die Kündigung nur erfolgte weil ich behindert bin, und der neue Niederlassungsleiter wohl keine Einsatzmöglichkeiten in der Zeitarbeitsbranche für mich hat (meine Vermutung).
    Wenn Sie mir einen allgemein gehaltenen Rat geben könnten welche Paragraphen für einen solchen Schadensersatzprozess relevant sind, könnten mein Anwalt und ich die entsprechenden Passagen nachlesen und entsprechend agieren. Ich empfinde es nämlich als sehr diskriminierend gegenüber Behinderten im allgemeinen was mir widerfahren ist und werde im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten einen Musterprozess führen, damit so etwas zumindest anderen Betroffenen erspart bleibt.
    Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich vorab.

    Mit freundlichen Grüßen

    Nebukadnezr
  • Sehr geehrtes Forenmitglied,

    ich kann auf Grund der Darstellung weiter nur allgemeine Ausführungen machen. U.a. § 15 AGG regelt den Schadenersatzanspruch. Bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale sind auch die Ausschlussfristen zu beachten. Auf Grund der Komplexität und der Besonderheiten im Arbeitsrecht rate ich dringend dazu, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu beauftragen. Wichtig ist, dass jede Kündigung einzeln auch vor dem Arbeitsgericht angegriffen, also einbezogen wird, um Nachteile zu vermieden. Ferner sollten Sie darauf achten, ob Sie unbedingt oder bedingt Klage erhoben haben, da Sie ausführten, dass Sie PKH beantragt haben. Zuständig ist jedenfalls das örtlich zuständige Arbeitsgericht (für Klage und PKH Antrag)

    Weitere Anspruchsgrundlagen und Ansätze für Ihr Begehren (Schadenersatz) finden sich in der Tat in den entsprechenden Regelungen des BGB aber auch im Grundgesetz.

    Des weiteren ist zu überprüfen, ob die von Ihnen erwähnten tarifvertraglichen Regelungen wirksam einbezogen wurde. Die Rüge der mangelnden Berechtigung ist ebenfalls ein Weg, eine Kündigung zu Fall zu bringen, sofern die Voraussetzungen vorliegen und die Kündigung (jede) entsprechend sofort zurückgewiesen wird.

    Insgesamt wiederhole ich meine Empfehlung zur Vertretung durch einen Fachmann, z.B. einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.
  • Sehr geehrter Herr Tessmer,

    da mein "Arbeitgeber" sehr weit von meinem Wohnort entfernt ist und mein Anwalt aus meiner Stadt stammt, hat er beim zuständigen Arbeitsgericht beantragt einen Fachanwalt für Arbeitsrecht als Unterbevollmächtigten und Korrespondenzanwalt beizuordnen.

    Ich habe gegen beide Kündigungen sofort widersprochen, so dass ich auch hier auf der sicheren Seite bin. Da ich demnächst ins Krankenhaus muss, kann dann mein Anwalt die gesamte Korrespondenz übernehmen und ich kann mich auf meine Genesung konzentrieren.

    Auf §15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz bin ich bei meiner Recherche auch schon gestoßen, es gibt aber auch noch §61 Arbeitsgerichtsgestz, der eine längere Frist zur Geltendmachung von Schadensersatz vorsieht.
    Dass einzige was ich an Ihrer Antwort nicht verstehe ist der Unterschied zwischen bedingter und unbedingter Klage. Es ist eine normale Kündigungsschutzklage, die Beiordnung eines RA erfolgt, gemäß dem Antrag auf PKH, wenn die GEGENSEITE auch einen hat. Und sie wird einen brauchen, es sind nämlich alle Schreiben und auch der E-Mail Verkehr nachvollziehbar. Der belegt eindeutig dass die Kündigung nur erfolgte, weil Zitat: "ich nicht alle Tätigkeiten ausüben könne".Ich habe alles elektronisch gesichert, und schon bei meiner Einreichung der Kündigungsschutzklage an das Arbeitsgericht gesandt. Das Schreiben ist dort auch nachweisbar angekommen (Einwurfeinschreiben). Bei der 2. Kündigung habe ich dem Gericht mitgeteilt, dass ich die Klage aufrechterhalte, auch dieser Kündigung widersprochen habe, und mich in vollem Umfang auf die Klagebegründung der 1. Klage beziehe, denn nochmal mehr als 40Seiten ausdrucken und das sogar 2 x wegen der Kopie für die Gegenseite geht auch ganz schön ins Geld, wenn man dann noch das Porto dazu rechnet. Auch das zuständige Jobcenter habe ich immer sofort über alles informiert, per E-Mail und schriftlich.

    Zwischenzeitlich habe ich auch ein neues Jobangebot bekommen, bei dem meine Behinderung keine Rolle spielt. Das werde ich nach dem Krankenhausaufenthalt auch annehmen, denn es ist wohl nicht zu erwarten, dass nach dem Arbeitsgerichtsverfahren noch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist.

    Ich danke Ihnen für Ihre Auskünfte, und würde mich freuen wenn Sie obwohl ich den Beitrag schon als gelöst gekennzeichnet habe, den Aspekt der bedingten und Unbedingten Klage noch erklären würden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Nebukadnezr
  • Hallo Nebukadnezr,

    ich habe für Dich noch einmal bei unserem Fachexperten, Herrn Rechtsanwalt Teßmer, nachgefragt:

    Unbedingt ist die Klageerhebung auch, wenn die Prozesskostenhilfe nicht gewährt wird. Bedingt ist sie, wenn die Klageerhebung bzw. -zustellung nur im Falle der Bewilligung der Prozesskostenhilfe.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an mich oder meine Kollegen oder die Community! Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Hallo nebukadnezr


    Halte uns bitte auf dem Laufenden, wie dein (Ex-)Arbeitgeber reagiert, wenn er von der Klage erfährt. Das ist ja schon ein ziemlich unverschämtes Verhalten von ihm.

    ach .. super das du einen neuen Job hast

    Klaus
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