Neuversorgung mit HG bei KK durchsetzbar? Wer unterstützt finanziell?

Hallo zusammen.

Erst einmal möchte ich mich vorstellen. Ich bin 32 Jahre jung, aus Bonn und seit meinem 8. LJ hörgeschädigt (mittel- bis hochgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit, beidseits HG-Versorgt, zuletzt 200😎.

Jetzt zu meinem Problem/Frage:

Seit 2008 trage ich nun die AudioService Monza 1+ Duo. Diese reichen mir von deren Leistungen aber aufgrund veränderter Lebensumstände (Familie, Beruf, soziales Umfeld) nicht mehr aus. Dies bestätigt auch mein HNO.

Ich soll nun andere Power-Geräte (z. B. das Naida) testen. Ich gehe mal von einem Kostenfaktor von 4000 Euro aus (grob geschätzt). Falls diese nicht helfen, käme als nächstes die Möglichkeit Vibrant Soundbridge in Frage, aber soweit denke ich noch nicht.

Frage ist jetzt, würde ich jetzt neue Geräte bei der KK durchgesetzt bekommen? Wer würde mich noch finanziell unterstützen, weil 4000 Euro kann ich mir nicht mal eben ausm Ärmel schütteln.

Antworten

  • Lieber Engelchen_Bonn,

    erstmal herzlich willkommen hier im Forum!

    Ich habe unseren Fachexperten gebeten, sich um Dein Anliegen zu kümmern. Demnächst wird dieser hier antworten. Bitte habe daher etwas Geduld. In der Zwischenzeit kommen eventuell noch hilfreiche Hinweise von anderen Usern.

    Lieben Gruß,

    Tom
    MyHandicap
  • Sehr geehrte Fragestellerin,

    zunächst ist maßgeblich, ob Sie privat oder gesetzlich krankenversichert sind.

    Wenn Sie privat versichert sind, richtet sich die Kostenübernahme nach den Regelungen in dem abgeschlossenen Vertrag.

    Sofern eine gesetzliche Krankenversicherung besteht, müssen Sie zunächst unbedingt eine HNO-Ärztin / einen HNO-Arzt aufsuchen und nach Untersuchung eine ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe erhalten.

    Es kommt oft vor, dass die Kosten für Hörgeräte von den gesetzlichen Krankenkassen nicht in voller Höhe übernommen werden, sondern nur in Höhe des bundesweiten Festbetrages bewilligt werden, obwohl im Einzelfall die Festbetragshörgeräte unzureichend sind. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 17. Dezember 2009 (Aktenzeichen: B 3 KR 20/08 R) entschieden, dass gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf die Hörgeräteversorgung haben, die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt, wenn dies im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil bietet. Die Festbetragsregelung ermächtige nicht zu einer Einschränkung des Leistungsangebotes der gesetzlichen Krankenversicherung. Kann mit einem Festbetrag die nach dem Leistungsstandard gebotene Versorgung nicht für grundsätzlich jeden Versicherten zumutbar gewährleistet sein, bleibt die Krankenkasse zur Sachleistung verpflichtet. In dem zu Grunde liegenden Fall wurde die Krankenkasse verpflichtetet, die Kosten eines digitalen Hörgerätes für einen schwer Hörgeschädigten in voller Höhe zu übernehmen. Die Krankenkasse konnte ihn nicht auf ein unzureichendes Hörgerät zum Festpreis verweisen und musste die Kosten für die Selbstbeschaffung erstatten.

    Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass neben den Krankenkassen auch andere Rehabilitationsträger als Kostenträger (z.B. Agentur für Arbeit) in Betracht kommen.

    Ob in Ihrem konkreten Fall eine vollständige Übernahme durch die Krankenkasse oder einen Rehabilitationsträger in Betracht kommt, kann erst nach Sichtung Ihrer Unterlagen (Tonaudiogramme, letzte Hörgeräteversorgung, Entwicklung der Hörschädigung u.a.) und durch nähere Angaben zu Ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld festgestellt werden.

    Es empfiehlt sich, die Kostenfrage vorab zu klären.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mehnert
    Rechtsanwältin bei Mozgay & Mehnert Partnerschaft von Rechtsanwälten
  • Hallo Engelchen,

    vielleicht hilft Dir das weiter...

    http://vdk.de/cgi-bin/cms.cgi?ID=de23796&SID=y9sIRYZOnHylrPWbRXKEMvEz0NeK6E

    Liebe Grüße
  • RAin_Mehnert hat geschrieben:
    Sehr geehrte Fragestellerin,

    zunächst ist maßgeblich, ob Sie privat oder gesetzlich krankenversichert sind.

    Wenn Sie privat versichert sind, richtet sich die Kostenübernahme nach den Regelungen in dem abgeschlossenen Vertrag.

    Sofern eine gesetzliche Krankenversicherung besteht, müssen Sie zunächst unbedingt eine HNO-Ärztin / einen HNO-Arzt aufsuchen und nach Untersuchung eine ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe erhalten.

    Es kommt oft vor, dass die Kosten für Hörgeräte von den gesetzlichen Krankenkassen nicht in voller Höhe übernommen werden, sondern nur in Höhe des bundesweiten Festbetrages bewilligt werden, obwohl im Einzelfall die Festbetragshörgeräte unzureichend sind. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 17. Dezember 2009 (Aktenzeichen: B 3 KR 20/08 R) entschieden, dass gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf die Hörgeräteversorgung haben, die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt, wenn dies im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil bietet. Die Festbetragsregelung ermächtige nicht zu einer Einschränkung des Leistungsangebotes der gesetzlichen Krankenversicherung. Kann mit einem Festbetrag die nach dem Leistungsstandard gebotene Versorgung nicht für grundsätzlich jeden Versicherten zumutbar gewährleistet sein, bleibt die Krankenkasse zur Sachleistung verpflichtet. In dem zu Grunde liegenden Fall wurde die Krankenkasse verpflichtetet, die Kosten eines digitalen Hörgerätes für einen schwer Hörgeschädigten in voller Höhe zu übernehmen. Die Krankenkasse konnte ihn nicht auf ein unzureichendes Hörgerät zum Festpreis verweisen und musste die Kosten für die Selbstbeschaffung erstatten.

    Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass neben den Krankenkassen auch andere Rehabilitationsträger als Kostenträger (z.B. Agentur für Arbeit) in Betracht kommen.

    Ob in Ihrem konkreten Fall eine vollständige Übernahme durch die Krankenkasse oder einen Rehabilitationsträger in Betracht kommt, kann erst nach Sichtung Ihrer Unterlagen (Tonaudiogramme, letzte Hörgeräteversorgung, Entwicklung der Hörschädigung u.a.) und durch nähere Angaben zu Ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld festgestellt werden.

    Es empfiehlt sich, die Kostenfrage vorab zu klären.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mehnert
    Rechtsanwältin bei Mozgay & Mehnert Partnerschaft von Rechtsanwälten



    Hallo Frau Mehnert,

    vielen Dank für Ihre Informationen. Was mich an dem Urteil nur irritiert ist der Bezug auf den Kläger... Es handelte sich hier um einen an Taubheit grenzenden Schwerhörigen. Kann ich mich bei mittel- bis hochgradiger Schwerhörigkeit trotzdem darauf berufen?

    Die Audiogramme sowie die Verordnung kann ich gerne zur groben Prüfung mal einscannen. Was eine neue Verordnung angeht, wie gesagt, ich befinde mich gerade in der Probe für die Naidas und werde während der Probezeit noch eine Vergleichsmessung beim HNO machen lassen.

    Vorab schonmal vielen Dank.
  • Hallo zusammen.

    Habe gestern beim Akkustiker meine Naidas zum Test abgeholt und gleich mal 3 Vergleichsmessungen (3 verschiedene HG) machen lassen.

    Hier das Ergebnis im Einsilber-Test:

    Ohne HG: 10 %
    Meine Geräte: 40 %
    Phonak Naida IX: 45 %
    Siemens Motion: 60 %

    Kann ich damit schon bei der KK argumentieren?
  • Sehr geehrte Fragestellerin,

    zu Ihrer Nachfrage vom 16. Juni 2012 teile ich Folgendes mit:

    Das von mir zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 (Aktenzeichen: B 3 KR 20/08 R) kann nicht so ausgelegt werden, dass die dortigen Ausführungen nur für Schwersthörgeschädigte gelten. Das Bundessozialgericht hat ausgeführt, dass der (damalige) Festbetrag für die Versorgung von Schwersthörgeschädigten nicht ausreichend bemessen und deshalb keine taugliche Grundlage für eine Begrenzung der Leistungspflicht der bekalgten Krankenkasse sei. Dies heißt nicht zwangsläufig, dass bei mittel- und hochgradig Hörgeschädigten die Festbetragsregelung, die aber grundsätzlich nicht rechtswidrig ist, zum Tragen kommt. Maßgeblich ist eine umfangreiche Einzelfallprüfung, die ich bereits in meiner vorgehenden Antwort erwähnt habe.

    Zu beachten ist ferner auch, dass die Krankenkassen nicht die Kosten für jedes beliebiges Hörgerät tragen müssen. Der Anspruch eines Hörgeschädigten ist nämlich durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt, d.h. die Leistung der Krankenkasse muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Führt die Hörhilfe nur zu einer geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens und steht dem ein unverhältnismäßiger Mehraufwand entgegen, ist die Leistungspflicht der Krankenkasse ebenfalls begrenzt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mehnert
    Rechtsanwältin bei Mozgay & Mehnert Partnerschaft von Rechtsanwälten
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