Diskriminierung durch Arbeitgeber

ich habe GdB 50% und bin seit 15 Jahren in ungekündigter Stellung im selben Unternehmen (öffentl. Dienst) tätig.
Die Firma wird seit 4 Jahren "saniert", 50% der Kollegen von damals sind bereits weg. Vor zwei Jahren bin urplötzlich mit Arbeit überfrachtet worden und zwar mit einer kompletten Arbeitsstelle zusätzlich, was nicht machbar war. Nach Reklamation unter Hinweis auf die Schwerbehinderung, erfolgte Androhung der Entlassung. Ich machte noch 6 Monate weiter bis zum Zusammenbruch und schleppte mich drei Wochen später wieder ins Büro. Seitdem bin ich "Unten durch", Repressalien, Schikanen, Arbeitsentzug. Ich benötige dringend fachlichen Rat eines Juristen, der sich mit dem Behindertenrecht, insbesondere § 22 AGG auskennt. Bevor ich rausfliege oder endgültig aufgebe, möchte ich im ersten Schritt Schadensersatz einfordern. Dies bedarf des Nachweises einer Diskriminierung. Bitte keine Tipps zum Thema "Mobbing"...weil zwecklos, dieser Nachweis ist nicht zu erbringen, da es nie Zeugen dafür gibt und man stets "unterschiedliche Meinungen" haben kann.

Vielen Dank allen, die sich nun die Mühe machen, mir zu helfen.

Ich bin knapp 50 Jahre alt und das ist die größte Frechheit, die ich in meinem Arbeitsleben erfahren durfte.

Schönen Tag noch
Grautvornix javascript:emoticon('😡')




Antworten

  • Hallo Grautvornix,

    erstmal Herzlich Willkommen hier im Forum. Bei öffentlichen Dienst fällt mir als erstes die Schwerbehindertenvertretung ein. Kümmert sich da jemand? Wenn Nein, gibts überhaupt eine Schwerbehindertenvertretung? Bist Du in der Gewerkschaft oder hast Du eine Rechtschutzversicherung? Oder bist Du Mitglied in einem Behindertenverband, wie z.B. VDK oder dem Sozialverband Deutschlands? Wenn nicht, eintreten, der Mitgliedsbeitrag liebt beim Sozialverband 5€/Monat, also 60 Euros im Jahr, VDK kann ich leider nicht sagen. Der Sozialverband hat Sprechstunden, die helfen bei Problemen, der VDK ebenfalls. Ich drück Dir die Daumen, das Du den Job behälst, allerdings mit der entsprechenden Arbeit, nicht für 2 Leute.
  • Hallo, wenn du mal veraten kannst, warum du GdB von 50% hast, vielleicht kann dir einer hier helfen.
    Warum füllst dein Profil etwas aus, Behinderung, Bundesland, etc.
    Gruss Ralf
  • Hallo Grautvornix,

    Als Schwerbehinderter und mit 50% hast Du diesen Status, hast Du erweiterten Kündigungsschutz und auch Befreiung von der Mehrarbeit.
    Im öffentlichen Dienst, wo Du 15 Jahre bist, zumal wenn das ununterbrochen ist, bist Du so gut wie unkündbar.
    In Deinem Fall müßte das Integrationsamt, das viele noch unter dem Namen Hauptfürsorgestelle kennen, zustimmmen, was sehr selten und nur unter sehr schwerwiegenden Umständen passiert.
    Auch dort kann man anonym um Rat und Hilfe fragen.

    LG

    Surfer
  • Hallo Grautvornix,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀

    Du hast aus der Community schon einige gute Hinweise erhalten (vielen Dank dafür, Leute 😀 ).

    Hast Du schon mit der Schwerbehindertenvertretung oder dem Integrationsamt Kontakt aufgenommen?
  • Hallo Justin,

    vielen Dank für die herzliche Bergrüßung und Dein Interesse. Integrationsamt und Gewerkschaft kannst Du -in dieser Situation- vergessen. Das Integrationsamt ist erst zuständig, wenn eine Kündigung vorliegt, ist aber dann mit Sicherheit ein unbequemer Gegner für den Arbeitgeber und eine große Hilfe. Zur aktuellen Situation raten sie nur, "durchzuhalten". Die Gewerkschaft rät, den Personalrat einzuschalten, der wiederum ist längst ausgehebelt worden und war bei uns nie von besonderer Qualität, oder zum besseren Verständnis: Weil ALLE um ihren Arbeitsplatz bangen, wenden sich viele Kolleginnen und Kollegen der Geschäftsleitung in geradezu hysterischer Unterwürfigkeit zu, leider auch Personalratsmitglieder. Sie hoffen, so die Sanierung zu "überleben". Da hat es der Profisanierer dann natürlich leicht. Ich betone nochmals, es geht nicht darum, dass ich gekündigt werde (so schlau ist der Sanierer auch, dass er dann auf breiten Wiederstand stoßen wird), es geht darum, dass man versucht, mich mit fiesen Methoden mürbe zu machen damit ICH kündige !! Dass ist das erklärte Ziel. Sanierer gehen anders vor, sie berufen sich aufs Direktionsrecht und stiften Chaos. Dieses Chaos nutzen sie anschließend, um den verunsicherten Mitarbeitern Fehler zuzuschieben und Abmahnungen/Kündigungen im Wochentakt zu verteilen. Die halten sich nicht damit auf, korrekte Wege zu gehen, es wird einfach getrickst. Handy an der Steckdose im Büro aufgeladen? Abmahnung wegen unerlaubter Stromentnahme, fast schon Diebstahlsdelikt, und in dieser Richtung. Es gibt sogar Kurse von Unternehmensberatern die genau dies unterrichten. Das ist nämlich nicht veboten. Das Dumme ist, dass unsere Gerichte diesem Treiben nahezu hilflos gegenüber stehen, denn es steht meist Aussage gegen Aussage, der Mitarbeiter ist weisungsgebunden, wird unter Druck gesetzt, die Kollegen fallen als Zeugen reihenweise um, und irgendwann ist er "weich". Und so kommt es zum Auflösungsvertrag. So einfach geht das... hätte ich früher nie für möglich gehalten.

    Darum wollte ich mich auf dieser Seite um einen Juristen erkundigen, der sich mit Behinderung und dem AGG gut auskennt. Ich versuche es jetzt anders. Es wird schon werden.....

    Schöne Grüße & ein erholsames Wochenende
    Grautvornix.


  • Hallo Grautvornix

    erst einmal kann ich leider mit der Abkürzung AGG nichts anfangen. Du hast ja schon gute Tipps von Delphisanne und Surfer bekommen. Zusätzlich würde ich Dir raten, für ein paar Wochen ein Mobbingtagebuch zu führen. Das ist vor Gericht in der Regel sehr glaubhaft. Zeugen sind dann nicht notwendig.Die Gerichte wissen genau,daß Mobbing meißt unter Ausschluß von Zeugen stattfindet. Ich bin der Meinung, das Du Dich zur Zeit selbst sehr verunsicherst. Du weißt im Prinzip genau an welcher Stelle Du dich wenden muß. Nach Deiner Schilderung sind die Vertreter des Personalrates nicht die richtigen Ansprechpartner. Der Anwalt der Gewerkschaft ist die richtige Anlaufstelle.

    LG Nobby
  • Hallo Nobby,

    schade, dass Du meine Anfrage nicht richtig gelesen hat, aber andererseits Kritik an meiner Person übst. Mögest Du nie in eine ähnliche Situation geraten. Ich suche einen Fachanwalt der sich mit Behindertenrecht auskennt und habe mich dahingehend klar ausgedrückt. Zweifellos habe ich gut gemeinte Zuschriften bekommen, nochmals meine Dank in die Runde, aber diese Themen habe ich schon lange erfolglos durch. Der Kern meiner Frage ist in keinem Beitrag gelöst worden. Deshalb auch keine Angabe auf dem Topic-Balken.

    Schöne Grüße
    Grautvornix



  • Hallo Grautvornix,

    ich hatte nicht Absicht, Dir zu nahe zu treten. Habe nur aus Deinen Schilderungen meine Schlüsse gezogen. Was Du brauchst, ist ein Anwalt der sich im Arbeits- und Behindertenrecht auskennt. Mit so einem Tipp kann ich Dir leider nicht weiterhelfen.

    LG Nobby
  • Hallo Nobby,

    kein Problem 😀)). Genau, dass ist die Anlaufadresse, die ich jetzt aufsuchen muss.

    Nochmals Danke, alles Gute Dir und viel Glück
    Grautvornix
  • Hallo Grautvornix,

    vielleicht habe ich doch noch ein Tipp für Dich. Ein Arbeitgeber hat das Recht einen Arbeitnehme rmit Hilfe einer Abmahnung zu maßregeln, wenn er seinen arbeitsrechtlichen Pflichten nicht nachkommt oder nicht so wie sich der Arbeitgeber das vorstellt. Es ist schon eine zeitlang her da habe ich irgendwo gelesen, daß Arbeitnehmer umgekehrt auch den Arbeitgeber abmahnen können, wenn dieser sich nicht regelkonform verhält. Er hat Dir gegenüber eine Fürsorgepflicht, welches unter anderem bedeutet, daß er Dich vor Überforderung schützen muß. Wie man solch eine Abmahnung durchführt, muß man allerding auch mit einem Anwalt besprechen. Hilfreich für die Untermauerung der Abmahnung ist, wie ich schon erwähnt habe, eine zeitlang die Führung eines Mobbingtagebuches.

    LG Nobby


  • Hallo Grautvornix

    ich weiß jetzt nicht, wo Du lebst und arbeitest. Wenn Du in einer Großstadt wohnst, bietet der öffentliche Dienst Dir vielleicht eine Arbeitsmöglichkeit in einer anderen Abteilung oder einem anderen Betriebsteil. Schaue Dich doch Mal auf dem internen Stellenmarkt um. Trotz aller Sparvorhaben klappt es nicht immer Stellen ersatzlos zu streichen. Wenn dort jemand ausscheidet muß dieser Arbeitsplatz neu besetzt werden. Die Schwerbehindetenvetretung ist verpflichtet, Dir bei diesem Vorhaben zu helfen. Ich wünsche Dir jedenfalls viel Glück und Erfolg bei solch einem Vorhaben. Nur wer wagt der gewinnt.

    LG Nobby
  • Hallo Grautvornix,

    hier eine Rückmeldung von unserem Fachexperten für Arbeitsrecht, RA Florian Teßmer. Bitte entschuldige, dass ich sie erst heute einstellen kann.

    Sehr geehrter Forumteilnehmer,

    ich habe Ihre Ausführungen gelesen und kann dazu als erste Einschätzung Folgendes ausführen:

    Für Ihr Vorhaben müssen Sie Indizien für eine Diskriminierung sammeln. Dabei handelt es sich um Indizien, die es nahelegen, dass die unterschiedliche und diskriminierende Behandlung auf einem unzulässigen Grund beruht. Hält das Gericht das Vorliegen eines unzulässigen Grundes für überwiegend wahrscheinlich, trägt der Arbeitgeber anschließend die volle Beweislast dafür, dass doch kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt oder dieser Verstoß nach den Bestimmungen des AGG gerechtfertigt ist.

    Bei Ihrem Vorhaben sind die Fristen des § 15 Absatz 4 AGG und § 61 Absatz 1 ArbG zu beachten. Der Anspruch auf Schadensersatz muss binnen zwei Monaten nach Kenntnis von der Benachteiligungshandlung schriftlich geltend gemacht werden. Wird eine Klage erforderlich, so ist eine weitere Frist von drei Monaten ab schriftlicher Geltendmachung zu beachten.

    In Ihrer Situation ist zu beachten, dass Sie auf Grund der Schwerbehinderung und der 15 jährigen Betriebszugehörigkeit nahezu ordentlich, betriebsbedingt unkündbar sein dürften. Dies sollten Sie als Stärkung Ihrer Position nutzen und einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Ihrer Nähe mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Dieser kann sich sodann an Ihren Arbeitgeber wenden, Ihn auffordern sich gesetzmäßig zu verhalten und z.B. eine Arbeitsplatzbeschreibung mir Anforderungsprofil anfordern. Jedenfalls wird dem Arbeitgeber so deutlich gemacht, dass er unter Beobachtung steht. Unter Umständen macht auch ein gemeinsamer Besprechungstermin Sinn, bei dem dem Arbeitgeber die Lage veranschaulicht wird. Sie sollten sich Ihre Starke Rechtsposition bewusst machen. Der Grund für das Verhalten Ihres Arbeitgebers dürfte genau das Wissen um diese starke Position sein. Der Arbeitgeber verstößt gegen die Fürsorgepflicht, wenn er Sie diskriminierend behandelt und nicht vertrags- und leistungsgerecht einsetzt, zumal er ja um Ihre Schwerbehinerteneigenschaft weiss.

    Natürlich können und sollten auch weitere Stellen - falls erforderlich – schrittweise involviert werden, falls diskriminierenden Handlungen nicht Einhalt geboten wird. Sie sollten sich auf Formalpositionen zurückziehen und genau festhalten was Sie machen, wie lange Sie arbeiten und wer Ihnen welche Anweisungen erteilt und darüber Buchführen. Dabei sind aber auch die betrieblichen Belange zu berücksichtigen, die insbesondere bei einer Sanierung ebenfalls gewichtig sein können, da damit stets eine Veränderung einhergeht.

    Ich halte es generell auch für richtig, die von Ihnen angesprochenen Stellen zu involvieren, wie Gewerkschaften, Personalrat, Behindertenvertretung und Integrationsamt. Für den Personalrat besteht genau aus diesen Gründen Kündigungsschutz.

    Diese erste Einschätzung kann selbstverständlich nicht die geamtet Tiefe Ihres Falls erfassen. Daher rate ich dringend zur Beauftragung eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht in Ihrer Nähe.

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