Lohnkostenzuschuß

Mein Arbeitgeber (öffentlicher Dienst) erhält über das Integrationsamt einen Lohnkostenzuschuß von 12 %, befristet für 1 Jahr. Vorausgegangen war, dass ich, behinderungsbedingt, starke Schmerzen in Arm und Hand habe, so dass ich längere Schreibarbeiten am PC nicht mehr ausführen kann. Zum besseren Verständnis: Die Schreibarbeiten sind nur ein Teil von meiner Arbeit und machen ca. 20 % des Gesamtvolumens aus. Ich bin in Vollzeit berufstätig. Ordnungsgemäß habe ich meinen Arbeitgeber darüber schriftlich informiert, über einen Zeitraum von 4 Jahren wurde mir auch Unterstützung von Kollegen zugestanden. Neuerdings soll das nicht mehr möglich sein. Personaleinsparung sei der Grund. Von der Personalabteilung hieß es: Ich muß diese Tätigkeiten in Zukunft wieder selber ausführen.

Mir wurde bereits nahe gelegt, die Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen. Das kann ich 1. aus finanziellen Gründen noch nicht, 2. kann und will ich weiterhin arbeiten. Ich habe Atteste von Haus- und Fachärzten vorgelegt, die werden schlichtweg ignoriert.

Unsere Schwerbehindertenvertretung argumentiert: Ich kann um 12 % langsamer arbeiten. Das sei der Grundsatz des Lohnkostenzuschusses. Sie hat mir kürzlich dazu geraten, ich solle „eine Erhöhung meiner Minderleistung“ von 12 auf 30 % beantragen. Warum sollte ich das von mir aus tun ? Damit würde ich mir möglicherweise ein Eigentor schießen ? Ich bin der Meinung, wenn mein Arbeitgeber den Lohnkostenzuschuß für mich erhält, muß die Entlastung auch in geeigneter Weise bei mir ankommen, also, dass mir die belastende Arbeit abgenommen wird, wie bisher auch.

Kennt sich jemand mit dem Thema Lohnkostenzuschuß aus bzw. was aus arbeitsrechtlicher Sicht womöglich mir zum Nachteil werden könnte?

Vielen Dank schon mal im voraus !

Antworten

  • Hallo Rollicopter,

    Ich weiß nur, daß jeder AG aus einem Fonds einen Ausgleich für sogenannte Minderleistungen Behinderter beantragen kann, wenn die Arbeit der Behinderung entspricht , aber trotzdem eine erhebliche Abweichung zur Leistung Nichtbehinderter vorhanden ist.
    Deswegen glaube ich nicht, daß es Nachteile gibt, wenn man bis auf 30% geht, weil das aufgefangen wird.
    Man muß sich nur erkundigen wie weit die Auffanggrenze geht.

    LG

    Surfer
  • Hallo Rollicopter,

    ich leite deine Frage an unserer Fachexperten weiter.
    Da gerade Weihnachtsfeiertage sind, bitte ich dich um Geduld mit ihren Antworten.

    Ich wünsch dir schöne Feiertag und einen guten Rutsch ins neue Jahr
    Michaela
  • Sehr geehrtes MyHandcap-Mitglied,

    ich nehme Bezug auf Ihren oben eingestellten Forumsbeitrag und möchte zu der von Ihnen gestellten Frage wie folgt Stellung nehmen:

    Der Lohnkostenzuschuss oder Eingliederungszuschuss ist die Förderung der Beschäftigung von wesentlich behinderten Menschen im Sinne des § 53 Abs. 1 S. SGB XII auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen. Er wird zur Abgeltung der besonderen Aufwendungen, Belastungen und Risiken, die mit der Beschäftigung von wesentlich behinderten Menschen mit besonderem Förderbedarf verbunden sind, an den Arbeitgeber ausgezahlt. Dadurch sollen behinderte Menschen dauerhaft eingegliedert werden.

    Darüber hinaus kann eine Förderung auch erfolgen, um bestehende Arbeitsverhältnisse eines wesentlich behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten, wenn dadurch die Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen oder die dauernde Abhängigkeit von laufenden Sozialleistungen vermieden werden kann. Diese Förderung kommt vor allem dann in Betracht, wenn der behinderte Mensch wegen erheblicher Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit dem Wettbewerb am allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen nicht, nicht mehr oder nicht wieder gewachsen ist, jedoch noch über so viel Restleistungsfähigkeit verfügt, dass er unter individuell angepassten Bedingungen in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung soweit zu erbringen, dass diese zusammen mit der Förderung ein tragfähiges Arbeitsverhältnis ergibt.

    Die Anträge der Arbeitgeber sind über die Integrationsfachdienste zu stellen. Diese erarbeiten in jedem einzelnen Förderfall einen differenzierten Teilhabeplan. Daraus wird der individuelle Unterstützungs- und Förderbedarf abgeleitet. Die Höhe und Dauer der Förderung richtet sich nach dem Unfang der Minderleistung und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen.

    Gesetzliche Regelungen zum Eingliederungszuschuss finden sich in §§ 217ff. SGB III. Als Anhaltspunkt für die Dauer und maximale Höhe des Eingliederungszuschusses könnte folgende Aufstellung hilfreich sein:

    Eingliederungszuschuss für Ältere (§§ 218, 220, 421f. SGB III)
    • Personenkreis: Arbeitnehmer, die 50 Jahre und älter sind
    • Dauer und Höhe: bis zu 24 Monate maximal 50 % des regelmäßig gezahlten Arbeitsnehmerentgeltes und des pauschalierten Sozialversicherungsanteils des Arbeitgebers
    • Besonderheiten: keine Nachbeschäftigungspflicht

    Eingliederungszuschuss für besonders betroffene Schwerbehinderte (§§ 219, 220, 421f SGB III i.V.m. § 104 Abs. 1 Nr. 3 a-d SGB IX)
    • Personenkreis: anerkannte Schwerbehinderte oder vom Arbeitsamt gleichgestellte Personen
    • Dauer und Höhe: bis zu 36 Monate maximal 70% des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgeltes und des pauschalierten Sozialversicherungsanteils des Arbeitgebers; bei Personen über 55 Jahren sind 96 Monate der Förderung möglich
    • Besonderheiten: Degression nach 12 Monaten von mindestens 10%; bei Älteren erst nach 24 Monaten; ab Erreichen eines Wertes von 30% Förderung keine weiteren Kürzungen; bei der Höhe ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitsgeber seine Pflichtquote erfüllt hat

    Für Ihren konkreten Fall bedeutet dies, dass Ihr Arbeitgeber die Förderung erhält, um die mit Ihrer Minderleistung verbundenen Aufwendungen aufzufangen. Das bedeutet nicht zwingend, dass Ihre Kollegen die von Ihnen nicht geleistete Arbeit übernehmen müssen, sondern dass Ihr Arbeitgeber eine Entschädigung dafür erhält. Ziel ist es weiterhin, Sie dergestalt in den Arbeitsalltag zu integrieren, dass sie langfristig und dauerhaft die Tätigkeiten, die momentan noch ihre Minderleistung begründen, wieder selbst übernehmen können. Sinn und Zweck des Eingliederungszuschusses ist also, den betroffenen Arbeitnehmer nach einer Zeit der Entlastung und Einarbeitung wieder seiner ursprünglichen Arbeit zuzuführen. Der Arbeitgeber ist dementsprechend nicht verpflichtet, Ihnen die Schreibarbeiten von den Kollegen abnehmen zu lassen, auch wenn diese sich dazu bereit erklären. Er muss Ihnen allerdings eine Tätigkeit zur Verfügung stellen, die Ihrer Restleistungsfähigkeit entspricht.

    Leider geht aus Ihrem Beitrag nicht hervor, in welchem Personenkreis Sie einzuordnen sind. Demnach könnte bei Ihnen ab einer gewissen Dauer der Förderung eine Kürzung eintreten. Vor diesem Hintergrund, wäre ein Antrag auf Erhöhung der Minderleistung möglicherweise sinnvoll. Wenn Sie weiterhin Schmerzen haben und die vorgesehenen Schreibarbeiten nicht ausführen können, kann eine Erhöhung der Minderleistung nicht schaden, da die Förderung nach 12 bzw. 24 Monaten der Degression unterliegen könnte. Zwar ist Ihre Förderung befristet auf ein Jahr, problematisch kann die Frage aber möglicherweise werden, wenn die Förderung aufgrund eines schlechten Gesundheitszustandes verlängert werden muss. Warum eine Erhöhung für Sie von Nachteil sein könnte, ist momentan aufgrund der geringen Angaben nicht ersichtlich.

    Da es dem Sinn und Zweck des Eingliederungszuschusses entspricht, Arbeitnehmer wieder an die übliche vorgesehene Tätigkeit heranzuführen und einzugliedern, bedarf es vorliegend einer Einzelfallabwägung, ob sie die Schreibarbeiten wieder aufnehmen müssen. Mangels weiterer Informationen, können wir diese leider nicht vornehmen.

    Dies ist nur eine kurze Einschätzung der Sach- und Rechtslage. Sie sollten sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen, damit dieser sich einen genauen Überblick über die Sachlage verschaffen kann und Ihnen so eine bestmögliche Vertretung gegenüber den Behörden gewährleisten kann. Wir können Ihnen leider nicht mehr Informationen mitteilen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Teßmer
    Rechtsanwalt

    JANSSEN + MALUGA LEGAL
  • Sehr geehrter Herr Teßmer,
    vielen Dank für Ihre ausführlichen Erläuterungen. Ich bin 51 Jahre alt.
    Was mich stutzig bzw. unsicher macht ist die Vorgehensweise meines Arbeitgebers und unserer Schwerbehindertenvertreterin. Ich weiß inzwischen, dass mein Arbeitgeber 50 % Lohnkostenzuschuß beantragt hatte. Vom Integrationsamt war jemand da und hat sich über meine Situation informiert. Herausgekommen sind aber nur 12 %. Das ist eine gewaltige Differenz, und jetzt, kurz vor Ablauf der 1-Jahresfrist soll ich von mir aus eine Erhöhung beantragen. Ich habe eine fortschreitende Muskelkrankheit, die Beschwerden sind im Lauf der Jahre entstanden bzw. haben sich verschlimmert. Deshalb wurden mir in der Vergangenheit die belastenden Schreibarbeiten abgenommen. Ich gönne meinem Arbeitgeber den Lohnkostenzuschuß, egal ich welcher Höhe. Hat das Integrationsamt nur die Aufgabe, Gelder locker zu machen, aber kein Interesse daran, ob bei mir eine Entlastung bei der Bewältigung meiner täglichen Arbeit ankommt ?
    Das verstehe ich unter "individuell angepassten Bedingungen", wie Sie es beschrieben haben.
    Viele Grüße
    Rollicopter