Wir das Flugpersonal für Menschen mit Handicap geschult?

Da ich mit Menschen mit Behinderung arbeite und diese auch ab und an alleine verreisen, interessiert es mich, ob das Flugpersonal auch dementsprechend ausgebildet wird.
Eine Frau meiner Einrichtung möchte nächsten Sommer alleine in die USA zu Verwandten reisen.
Wir machen uns Sorgen, dass das Flugpersonal vielleicht nicht adäquat ausgebildet ist.
Weiß jemand, ob der Personal spezielle Schulungen für Menschen im Rollstuhl oder mit geistiger Beeinträchtigung erhält?
Viele Grüße, Waltraud

Antworten

  • Hallo Waltraudi

    Ich bin Mutter von zwei gehörlosen Teenagern und muss leider sagen, dass gerade das Flugpersonal keinen blassen Schimmer von Gehörlosen hat.

    1. Immer wieder gibt es in der zeitung Berichte, dass Gehörlosen den Flug verweigert wurde, weil "sie die Anweisungen des Flugpersonals nicht verstehen könnten in einem Notfall". Bei dieser Begründung dürften sämtliche Passagiere, die kein Englisch oder die Sprache des Flugpersonals nicht verstehen, ebenfalls vom Flug verwiesen werden!!!!! Diese Begründung ist überigens sowieso unsinnig, denn ich stelle mir einen Notfall in einem Flugzeug ohnehin sehr laut vor, da versteht man mit Sicherheit auch die Lautsprache nicht mehr.

    2. Als meine Tochter vor Jahren in einem Pfadilager in Irland war, war genau am Rückflugtag dieser Vorfall mit dem Flüssigsprengstoff. Die Kinder der Pfadigruppe hatten daraufhin grosse Mühe, das Bodenpersonal davon zu überzeugen, dass die Hörimplantate in ihren Schädeln und die Hörgeräte keine Bomben sind. Natürlich kann ich die Nervösität an diesem Tag verstehen, aber bitte, das waren Kinder mit Hörgeräten! Man sollte meinen, dass die Menschheit inzwischen Hörgeräte kennt!

    3. Mein Sohn, damals trug er sein Hörimplantat noch, reise in die Türkei. Weil er sich nicht sicher war, ob die Hörgeräte die Strahlung an der Sicherheitskontrolle übersteht, wollte er die Hörgeräte aussenrum geben. Die Beamten dort haben ihn darauf in über 3h befragt, weshalb er das getan habe und wer seine Auftragsgeber sind. Weil er eine eher schlechte Aussprache hat, wurde sogar ein Arzt hinzugerufen um abzuklären, ob er geistig behindert und eine Gefahr sein könnte!

    4. Als ein Koffer meiner Tochter bei der Ankunft in Zürich nicht da war, wandte sie sich, selbständig wie sie ist, an die Lost and Fund Stelle. Statt dass man ihr dort geholfen hätte, rufte man die Flughafenplizei um die vermeintlich Betrunkene (wegen ihrer ebenfalls schlechten Aussprache) zur Ausnüchterung zu begleiten! Zum Glück erkannten wenigstens die Polizisten, dass sie einfach nur gehörlos ist.

    Ich kann also sagen, dass das Flugpersonal weder am Boden noch in der Luft auf "spezielle" Menschen eingestellt ist!

    Liebe Grüsse von Laure


  • Liebe Waltraud,

    Laure hat dir ja leider schon negative Erlebnisse geschildert.
    Ich weiß von einer Bekannten, die als Flugbegleiterin bei Lufthansa tätig ist, dass das Personal sehr wohl Schulungen erhält - speziell für Menschen mit Rollstuhl.
    Sie hat mir erzählt, dass dies auch sehr wichtig ist, da es in einigen Kulturen zB tabu ist, als Frau einem Mann zu helfen, oder umgekehrt.

    Wie umfassend diese Schulungen sind und ob diese von jeder Airline durchgeführt werden, kann ich dir leider nicht sagen.

    Viele Grüße sendet dir
    Michaela
  • deafMami hat geschrieben:
    ....Ich kann also sagen, dass das Flugpersonal weder am Boden noch in der Luft auf "spezielle" Menschen eingestellt ist!

    ich habe da andere erfahrungen gemacht, aber ich bin nicht gehörlos.
    mit meiner rollstuhlbereitstellung hat es bisher immer gut geklappt, auch die flugbegleiter waren stets sehr bemüht und hilfsbereit.

    waltraudi wollte aber wohl auch speziell etwas daüber wissen, ob das personal für menschen mit geistiger behinderung geschult ist.

    dazu kann ich leider keine auskunft geben.

    vg

    nicky
  • Hallo Waltraudi,
    meine Erfahrung ist die: LASST DIE FINGER VON GERMANWINGS UND RYAN......Sonst kann ich eigentlich überwiegend positive Erfahrungen machen, ganz besonder mit AIR BERLIN und der LUFTHANSA. Am besten wird es sein, sich rechtzeitig mit der Fluggesellschaft in Verbindung zu setzen. Wenn es "nur" Hilfe beim Einsteigen und Aussteigen ist, gibt es kein Problem. Da fahr ich vorher an Flughafen und sag am Check In bescheid. Wenn aber mehr Hilfe und v.a. Betreuung benötigt wird, dann solltet Ihr Euch hier erkundigen:
    Weitere Informationen
    Für weitere Fragen und Informationen steht Ihnen das Lufthansa Medical Operation Center (MOC) zur Verfügung:
    Tel: +49 69 696 55 079
    Fax: +49 69 696 83 677
    E-Mail: specialservicedlh[dot]de
    (Montag bis Freitag: 08:30 - 20:00 Uhr, Samstag, Sonntag, an Feiertagen: 08:30 - 16:30 Uhr)
    Für Reisende in die und aus den USA ist das Medical Desk in den USA unter folgenden Kontaktdaten zu erreichen (Montag bis Freitag: 09:00 - 15:00 Uhr): Tel.: +1-516-296-95 80

    Ich habe mir einen Vortrag auf dem Heimbeatmungskongress in Berlin von einem Angestellten der Lufthansa angehört und kann eigentlich alles nur bestätigen, was er dort gesagt hat.

    Das beste ist, der Flug kostet dadurch nicht mehr.
    So, Du merkst, ich schwärme von der Lufthansa......Ja, weil ich einfach bei all meinen Flügen und das sind nicht wenige, nur positive Erfahrungen gemacht habe.
    VG

  • Da kann ich Mehmet nur beipflichten. 😉

    Gute Erfahrungen habe ich neben LH, Air Berlin auch mit Condor gemacht.


    Beste grüße

    vory
  • Ich kann Mehmet nur beipflichten. Bei Billigairlines wird das Personal noch weniger geschult als bei anderen Airlines. Aber auch bei qualitativ hochwertigen Airlines erlebt man hin und wieder Demütigung und Ausgrenzung. Meistens aus Unwissenheit, so wie von deafMami beschrieben. Ryanair fällt im Umgang mit Behinderten besonders oft negativ auf. Schaut mal hier:

    Rollifahrer dürfen nicht alleine Fliegen (Ryanair):
    http://www.kassensturz.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2010/09/07/Themen/Umwelt-und-Verkehr/Rollstuhlfahrer-Schikane-Alleine-fliegen-verboten

    Rollifahrerin wurde nicht mitgenommen Easyjet):
    http://reisen.t-online.de/easyjet-rollstuhlfahrerin-den-flug-verweigert/id_41164118/index

    Ich fliege am liebsten mit Air Canada oder der Lufthansa. Grundsätzlich kann man sagen, bei Reisen in die Länder, in denen der Umgang mit Behinderten selbstverständlicher ist und Barrierefreit kein Fremdwort ist, ist auch das Flugpersonal viel besser auf uns vorbereitet. Die USA, Canada und Australien gehören zu den Ländern, in denen schon seit vielen Jahre gesetzlich vorgeschrieben wird, das wir Menschen mit Handicap ganz selbstverständlich dazu gehören. Wer dort hin fliegt braucht keine Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung haben.

    Gruß Karin
  • Hallo,
    ich denke, es ist einfach zu viel verlangt, wennn wir erwarten, dass Menschen, egal in welchem Beruf, für den Umgang mit jeder einzelnen Behinderung speziell ausgebildet werden. Gerade geistige Behinderungen sind doch so mannigfaltig, wie sollten Flugbegleiter da detailiert ausgebildet werden? Ich denke, grade in diesen Fällen, oder auch da, wo Menschen sich nicht richtig verständlich machen können, ist eben unsere eigene Initiative gefordert, sprich, da haben wir eben für eine Begleitperson zu sorgen oder zum Beispiel im Falle von Gehörlosigkeit, ein kleines Zettelchen einzustecken, auf dem vermerkt ist, dass wir hör-und sprachbehindert sind, dann wird niemand in den Verdacht kommen, betrunken zu sein. Das ist doch einfach eine Frage der Organisation.

    Ich selber fliege ja ständig hin und her, und immer mit Billigfluglinien, i.B. Germanwings und Air Berlin, und ich kann beiden Billigfliegern nur bescheinigen, dass sie einen ausgezeichneten Behindertendienst haben, der sich in nichts unterscheidet von dem der viel teureren Lufthansa. Und da gehe ich vorher auch nicht hin, um was anzugucken, ich rufe an, schildere meine Situation und das klappt immer astrein, seit über 10 Jahren. Selbst bei einem ausgefallenen Flug war ich ganz prima versorgt in der Wartezeit, mit Essen, Umbuchung und was dazu gehört, auch bei der durch die Umbuchung entandenen Umsteige-Situation in Dubai--alles lief perfekt. Man muss einfach nur den Mund auf machen oder eben in anderer Weise seine Bedürfnisse äußern, ein bisschen planen eben. Aber das sind wir ja eh gewöhnt.....

    anneko
  • Sorry Annca,

    das nicht jeder im Umgang mit uns geübt sein muß, sehe ich auch so. Aber das ein behinderter Reisende mit Rollstuhl, der genauso selbständig reisen kann wie ein gesunder Reisende, sich auf seiner Reise begleite lassen muß, sehe ich ein wenig anders. Wenn ich eine Reise mache und dabei null Hilfe brauche, möchte ich auch nicht gezwungen werden eine Begleitperson mit zu nehmen, nur weil ich eine sichtbare Behinderung habe.

    Die Deutsche Bahn macht das ja auch ganz gerne. Wenn man nur am Zielbahnhof den Mobilitätsservice braucht, weil dieser weder Aufzüge noch Rolltreppen hat, beim Einsteigen, Aussteigen und Umstreigen aber überhaupt keine Hilfe braucht, weil die Züge alle niederflurig sind, muß man sich auf der ganzen Fahrt vom Mobiservice begleiten und bemuttern lassen. Wenn man den Mobiservice gar nicht anmeldet, weil die Fahrt die man vor hat barrierefrei ist, wird man ofz schon am Bahnsteig abgefangen um sich, obwohl man das gar nicht möchte, vom Mobiservice begleiten zu lassen. Schlüpft man dann doch mal in die Bahn ohne das es einer mitbekommt, meckert das Zugpersonal einen an, weil man ohne Anmeldung Zug fährt.

    So etwas macht man nur mit Behinderten. Gesunde dürfen die Verantwortung für sich selber tragen. Sogar wenn sie mit irre viel Gepäck und Kinderwagen oder Fahrrad bestückt sind. Wir nicht. Außerdem, wie soll man eine Begleitperson finden und auch noch bezahlen können, wenn man immer ganz alleine reist, weil man Geschäftsreisender ist oder sich am Ziel mit Verwandten oder Freunden trifft? Ich wüßte jeden Falls keinen der mit mir nach Canada fliegt, wenn ich meine Schwester besuchen möchte. Nein Annca, wenn jemand trotz Behinderung so fit ist, daß er genauso selbständig und mobil ist wie jemand ohne Behinderung, ist der Zwang sich begleiten oder bemuttern zu lassen eine Bevormundung, die meiner Meinung nach gegen die Grundrechte eines jeden Menschen verstößt. Gleichberechtigtes Reisen, Integration oder gar Inklusion sieht jeden Falls anders aus.

    Gruß Karin

  • Volle Zustimmung, Karin, ich fliege ja selber 20 bis 30 mal im Jahr durch die Welt und benutze dabei den Rollstuhl, und das ohne Begleitperson (auch wenn ich's lieber mit meinem Mann zusammen tu 😉 ). (Mit Prothese sind mir einfach die Sitze zu eng).
    Du hast aber meinen Beitrag nicht richtig gelesen, ich schrieb, was die Begleitperson anbelangt, von geistig behinderten Menschen und solchen, die sich nicht selbst richtig verständigen können.
    Zitat:

    "Gerade geistige Behinderungen sind doch so mannigfaltig, wie sollten Flugbegleiter da detailiert ausgebildet werden? Ich denke, grade in diesen Fällen, oder auch da, wo Menschen sich nicht richtig verständlich machen können, ist eben unsere eigene Initiative gefordert, sprich, da haben wir eben für eine Begleitperson zu sorgen oder zum Beispiel im Falle von Gehörlosigkeit, ein kleines Zettelchen einzustecken, auf dem vermerkt ist, dass wir hör-und sprachbehindert sind, dann wird niemand in den Verdacht kommen, betrunken zu sein."

    Geistig behinderte Menschen sind nun mal nicht immer und unbedingt zur Eigenverantwortung fähig oder nur teilweise. Da zu erwarten, dass das Flugpersonal fachmännisch und doch unaufdringlich die Fremdverantwortung übernehmen kann, halte ich für eine Überforderung, denn das bedarf einer differenzierten Ausbildung.
    Natürlich soll jeder Mensch, der das kann, und dazu zähle ich körperlich behinderte Menschen allemal, Verantwortung für sich selber tragen und dabei die nötige Unterstützung erhalten. Aber genau das wird ja auch praktiziert, ich habe dabei nur die besten Erfahrungen gemacht.

    Gruß aus Belgrad (hatte grade vor zwei Tagen einen super Flug mit Germanwings hier her---alleine!!!)

    annca
  • Ich denke, man sollte auch nicht zu viel von Flugbegleitern erwarten. Sie sind ja eigentlich nur so eine Art Bedienungspersonal in der Luft. Obwohl ich schon der Meinung bin, dass sich der oder die leitende Stewardes oder Steward zumindest etwas mit den häufig vorkommenden Behinderungen zurechtfinden sollte. Bei dem Bodenpersonal sehe ich das anders, denn auf den meisten Flughäfen gibt es einen extra Groundservice für Behinderte und Alte und alleinreisende Kinder. Damit haben wir bisher nur positive Erfahrungen gemacht.
    Man kann meiner Ansicht nach nicht erwarten, dass alleinreisende geistig Behinderte oder Behinderte mit ungewöhnlichen Behinderungen fachgerecht vom Bordpersonal behandelt werden. So eine Forderung würde ich für übertrieben halten.
    Da sind dann andere in der Verantwortung.
  • Helgamaus hat geschrieben:
    Ich denke, man sollte auch nicht zu viel von Flugbegleitern erwarten. Sie sind ja eigentlich nur so eine Art Bedienungspersonal in der Luft... Bei dem Bodenpersonal sehe ich das anders....

    Das trifft nach meiner erfahrung nicht zu.

    Die flugbegleiter sind generell gut geschult, was die betreuung behinderter menschen angeht.

    Mit deiner aussage, sie seien eine "art bedienungspersonal" gebe ich dir z.t. recht. Dennoch sind sie garantiert auf alle möglichen arten von notfällen vorbereitet.

    Was die betreuung vor dem flug angeht, ist m.e. meist nicht das bodenpersonal zuständig, sondern eher das rote kreuz, der arbeiter samariterbund u.ä. einrichtungen. Dies habe ich div. male vor dem einchecken so erlebt, jedenfalls was rollifahrer anging.

    Was besondere behinderungen angeht, darüber wurde in diesen thread schon ausgiebig geschrieben, dazu kann ich nichts sagen.





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