Parkinson-Berufskrankheit weiß jemand bescheid

Ich bin seit 1978 Landwirt.Ab diesen Zeitpunkt wurden von mir Pflanzenschutzmittel (Herbizde, Fungizide, Insektizide)in der Außenwirtschaft und Arkazide gegen Milben, Desinfektionsmittel gegen Viren und Bakterien,
Insektizide gegen Fliegen und Vorratsschädlinge sowie. Reinigungsmittel in der Innenwirtschaft verwendet.
Einige dieser Mittel können die Parkinson -Krankheit verursachen. 2001 wurde bei mir Parkinson festgestellt.
Kann dadurch eine Berufskrankheit von der Berufsgenossenschaft anerkannt werden?

Mit freundlichen Grüßen

Parkinson63

Antworten

  • Hallo Parkinson63,

    schön, dass du mit deinem Anliegen zu MyHandicap gefunden hast.
    Ich leite deine Frage an einen unserer Fachexperten weiter.
    Bitte hab etwas Geduld mit seiner Antwort.

    Viele Grüße sendet dir
    Michaela
  • Sehr geehrtes MyHandicap- Mitglied,

    ich nehme Bezug auf ihren oben eingestellten Forumsbeitrag und möchte zu der von Ihnen gestellten Frage wie folgt Stellung nehmen:

    Grundsätzliches zur Berufskrankheit:
    Um eine Erkrankung als Berufskrankheit bezeichnen zu können, muss diese durch die berufliche Tätigkeit (mit-)verursacht sein und offiziell als solche anerkannt sein. Bestimmte Personengruppen werden durch die Arbeit und den damit verbundenen Arbeitsbedingungen von speziellen Krankheiten stärker betroffen als die Gesamtbevölkerung. Mittlerweile existiert eine Liste über die anerkannten Berufskrankheiten, zu denen Lärmschwerhörigkeit, Hautkrankheiten, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats sowie Erkrankungen durch anorganische Stäube (Asbestose und Silikose) zählen. Diese Liste wird von der Bundesregierung geführt. Dabei erfolgt eine Einteilung in
    - durch chemische Einwirkungen (Metalle, Lösungsmittel, Pestizide) verursachte Krankheiten
    - durch physikalische Einwirkungen (Heben, Tragen schwerer Lasten, Druckluft, Strahlung) verursachte Krankheiten
    - durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten, sowie Tropenkrankheiten (Malaria)
    - Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippen- und Bauchfells durch anorganische Stäube (Asbest) und Silikose
    - Hautkrankheiten (Allergien)
    - Krankheiten sonstiger Ursache

    Die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist schwierig, weil der Zusammenhang zwischen Erkrankung und Arbeit nicht immer eindeutig besteht. In vielen Fällen entsteht die Erkrankung über viele Jahre hinweg oder es vergehen bis zum Ausbruch der Erkrankung (Inkubationszeit) z.T. Jahrzehnte wie bei Krebsarten, die durch Asbest verursacht sind.

    Die Umsetzung des gesamten Prozedere obliegt der Berufsgenossenschaft. Der Rentenausschuss der Berufsgenossenschaft entscheidet im konkreten Fall über das Vorliegen einer Berufskrankheit. Im Vorfeld wird ein Feststellungsverfahren mit Einschaltung eines medizinischen Sachverständigen durchgeführt und dabei überprüft, inwieweit die juristischen und medizinischen Voraussetzungen gegeben sind. Die Berufsgenossenschaft ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach Anerkennung übernimmt die Berufsgenossenschaft die Heilbehandlung, die medizinische Versorgung in Spezialkliniken, Reha-Maßnahmen und Schulungsmaßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung. Auch Entschädigungsleistungen können gewährt werden. Diese sind abhängig von der durch die Erkrankung verursachten "Minderung der Erwerbsfähigkeit" (MdE). Kann ein dauernder Gesundheitsschaden nicht vermieden werden, der dazu führt, dass der Arbeitnehmer keine 3 Stunden pro Tag arbeiten kann, zahlt sie eine Berufsunfähigkeitsrente. Die Leistungen sind mit denen bei Arbeitsunfällen vergleichbar.

    Neben den Krankheiten, die in der Liste aufgeführt sind, sind die sogenannten "Wie-Berufskrankheiten" zu entschädigen, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
    - der Erkrankte gehört zu einer Personengruppe, die aufgrund ihrer Arbeit besonderen Einflüssen ausgesetzt ist
    - diese Einwirkungen sind nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft Ursache für eine Krankheit
    - diese Erkenntnisse lagen bei der letzten Prüfung der Berufskrankheiten-Liste noch nicht vor
    - der Zusammenhang von Tätigkeit und Erkrankung ist im Einzelfall wahrscheinlich.

    Parkinson als Berufskrankheit bei Landwirten:
    1982 beteiligten sich 1,2 Millionen Amerikaner an einer beim US-National Cancer Institute durchgeführten Studie. Es fand eine Erstbefragung zum Einsatz von Pestiziden in Beruf und Freizeit statt. Zehn Jahre später erfolgte eine Auswertung. Im Hinblick auf das Risiko, an Parkinson zu erkranken, übertrafen Pestizide alle anderen im Verdacht stehenden Exotoxine. Selbst Asbest, Lösungsmittel und Kohlenstaub ließen eine entsprechende Assoziation nicht zu. Für die Beweisfähigkeit fehlten allerdings Angaben über Dauer, Häufigkeit und Intensität der Pestizidanwendung.
    Das Parkinson’s Institute in Sunnyvale, Kalifornien, bestätigte 2003 diesen Zusammenhang anhand von Patientenstudien und Laborversuchen. Eine besondere Bedeutung kam dabei dem Insektizid Permethrin und den Unkrautvernichtern Paraquat und 2,4D zu. Diese drei Mittel beeinträchtigen die Dopamin-Ausschüttung der Gehirnzellen so weit, dass ein dreifaches Risiko für diejenigen Berufsgruppen vorläge, die häufig Umgang mit ihnen haben. Dazu zählten ebenfalls Landwirte. Weitere Pestizide standen ebenfalls unter Verdacht, als gefährlich zu gelten.

    Erstmals wurde in Deutschland im Jahr 2003 die Parkinsonkrankheit als Berufskrankheit eines Landwirtes vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (Az. L2 U 260/00) anerkannt. Das Sozialgericht in Braunschweig gab einem klagenden Landwirt im Jahr 2009 ebenfalls Recht (Az. S 14 U 141/06). Der Kläger war als Landwirt über Jahrzehnte typischen Pestizidgemischen gegenüber exponiert und vor einigen Jahren an Parkinson erkrankt. Die zuständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft wie auch das erstinstanzliche Gericht lehnten die Anerkennung einer Berufskrankheit trotz bekannter zahlreicher anders lautender Studien und eines sich aufdrängenden Kausalzusammenhanges mit der Begründung ab, die Parkinson'sche Erkrankung könne ebenso wie jede andere Erkrankung des zentralen Nervensystems auch durch außerberufliche Faktoren verursacht sein. Nachdem zwei qualifizierte Gutachter - ein Gutachter war vom Kläger selbst ausgesucht worden, der andere war vom Landessozialgericht bestellt worden - umfassend und widerspruchsfrei den erforderlichen Zusammenhang zwischen Exposition und beim Kläger eingetretener Erkrankung nachgewiesen hatten, sah sich die verklagte Berufsgenossenschaft gezwungen, die Berufskrankheit anzuerkennen.
    Demnach besteht also die Möglichkeit, dass Parkinson als Berufskrankheit von der Berufsgenossenschaft anerkannt wird, wobei dies jedoch einer Prüfung im Einzelfall bedarf.

    Dies ist nur eine kurze Einschätzung der Sach- und Rechtslage. Sie sollten sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen, damit dieser sich einen genauen Überblick über die Sachlage verschaffen kann und Ihnen so eine bestmögliche Vertretung gegenüber den Behörden gewährleisten kann. Wir können Ihnen leider aufgrund der allgemeinen Angaben nicht mehr Informationen mitteilen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Florian Teßmer
    Rechtsanwalt

    JANSSEN + MALUGA LEGAL

    Rechtsanwälte in Partnerschaft
Diese Diskussion wurde geschlossen.