OS-Prothese im flugzeug an oder ab?

Hallo

ich werde einen langen flug machen und da werde ich meine OS-prothese auch mal abziehen wollen aber ich weiss nicht ob erstens überhaupt genug platz ist, weil ich die ja nach vorneabziehe und zweitens ob das meinen sitznachbarn nicht verstören könnte wenn der typ neben ihm plötzlich sein bein ablegt.... :-) aber 12h auf der sitzen (der oberschenkel liegt ja auf der sitzfläche auf und die prothese sitzt zwar, aber mit der zeit wird das schon unbequem) das will ich dann doch auch nicht. Ideen?

Gruss phil

Antworten

  • Hallo Philip,
    ich bin ständig mit dem Flugzeug unterwegs, da mein Mann im Ausland arbeitet und ich immer zwischen dort und unserem Wohnort hin und her reise, 20 mal im Jahr sicher.
    Für mich ist ein Flug ohne Prothese mit Abstand angenehmer, es sei denn, man kann sich First Class -Flüge leisten.Es geht zwar auch mit Prothese, wenn es ein kurzer Flug ist, ansonsten ist es auf den engen Plätzen nicht wirklich bequem.Abmachen nach vorne--das geht sicher nicht gut, höchstens, wenn Du es schaffst, das Bein irgendwie unter den Vordersitz zu pflümmeln--also mein Ding wäre das nicht.
    Unangenehm finde ich auch, dass sich in der Prothese ab einer gewissen Höhe immer Luftblasen im Prothesenschaft bilden, so dass sie sich lockert und ich ständig Luft ablassen muss.
    Ich finde das Reisen auf Krücken sehr viel angenehmer.Und übrigens auch einfacher, denn wenn man Pech hat, muss man am Zoll auch noch die Prothese abmachen, damit sie durchs Röntgengerät laufen kann, nicht immer, aber immer öfter.
    Ich melde das immer vorher bei der Fluggesellschaft an, dann wird man am Gate schon abgeholt, wenn man will im Rolli oder an großen Flughafen mit einem kleinen Elektrofahrzeug, man kommt als erster ins Flugzeug und alles läuft entspannt ab.Und am Zielort das gleiche, man braucht sich praktisch um nichts kümmern. Besonders an riesigen Flughäfen wie Frankfurt empfand ich das als angenehm, sonst läuft man sich ja den Wolf.
    Und das funktioniert praktisch überall und ist manchmal sogar ein bisschen abenteuerlich. So wurde ich z.B. in Dubai mal zusammen mit einem kuwaitischen Scheick im Rolli in einem Lastwagen über das halbe Flugfeld ins Flugzeug gekarrt--
    naja, ich fand's spannend....
    Die Prothese passt bei mir übrigens mit angewinkeltem Knie in den Koffer, gut abgepolstert natürlich, bisher blieb sie immer heil...

    Gruß,
    annca
  • Hallo ihr Zwei,
    hab gerad eure Einträge gelesen und beneide euch, dass Ihr so offen mit der Problematik umgeht Ersatzteil dran lassen oder eher ohne.
    Ich habe festgestellt das ich wohl dann nie irgendwo hinfliegen kann, wenn es mit Prothese so unbequem ist obwohl ich relativ viel Kondition habe was das tragen dieser angeht. Kann zwar mit der Thematik nach all den Jahren sehr gut umgehen, aber nicht soweit, dass ich sie ausziehen würde und auf Krücken laufen würde.
    Nichtmal die Überredungskünste meines Doks konnten mich da je überzeugen, eher würd ich auf dem Zahnfleisch kriechen. Ab mache ich sie nur wenn ich dusche oder ins Bett gehe.
    Keine Ahnung woran das liegt, ich denke das es für mich im Kopf eine Art von mehr Sicherheit ist gegenüber anderen und ich hab dann nicht so das Gefühl nur ein halber Mensch zu sein. Ich weiß ja, das es Quatsch ist nur meine Seele anscheinend immer noch nicht.
    Liebe Grüße Marry


  • Mädchen, Mädchen, das geht aber gar nicht! Du kannst dir von deinem Ersatzteil nicht einfach das Reisen verbieten lassen! Es geht sicher auch mit, wenn du sie wirklich nicht abziehen willst. Ich habe noch von einem Bekannten einen guten Tipp bekommen, er legt sich ein Kissen unter das betroffene Bein, so liegt es weicher und der Schaft drückt nicht. Das mit den Luftblasen kennt er nicht wie bei Annca, vielleicht hat er eine andere Prothese oder was weiss ich, jedenfalls zieht er seine Prothese auch für den Flug nicht aus.

    Ich finde Anncas Idee gut, ich lass mich auch chauffieren, da kann ich mir das Theater mit der Sicherheitskontrolle gleich sparen, weil da muss ich sie auch immer wieder ausziehen und die Leute hinter mir sind jedesmal total entsetzt, so also würde ich mir mein echtes lebendiges Bein vor ihren Augen abreissen... 😆

    Das mit dem Sicherheitsgefühl von Marry kann ich gut verstehen, es ist schon was anderes, wenn die Leute nicht sehen "was mit einem los ist", aber andererseits muss ich beruflich doch immer wieder Leuten vor den Kopf stossen, dass es mir inzwischen egal ist, was andere von mir denken. Marry, es ist sicher nicht toll, dass es dir so geht, aber ein Weltuntergang ist es auch nicht, es soll ja schliesslich dir gut damit gehen.

    GUTE REISE!
  • marry1 hat geschrieben:
    Hallo ihr Zwei,
    hab gerad eure Einträge gelesen und beneide euch, dass Ihr so offen mit der Problematik umgeht Ersatzteil dran lassen oder eher ohne.
    Ich habe festgestellt das ich wohl dann nie irgendwo hinfliegen kann, wenn es mit Prothese so unbequem ist obwohl ich relativ viel Kondition habe was das tragen dieser angeht. Kann zwar mit der Thematik nach all den Jahren sehr gut umgehen, aber nicht soweit, dass ich sie ausziehen würde und auf Krücken laufen würde.
    Nichtmal die Überredungskünste meines Doks konnten mich da je überzeugen, eher würd ich auf dem Zahnfleisch kriechen. Ab mache ich sie nur wenn ich dusche oder ins Bett gehe.
    Keine Ahnung woran das liegt, ich denke das es für mich im Kopf eine Art von mehr Sicherheit ist gegenüber anderen und ich hab dann nicht so das Gefühl nur ein halber Mensch zu sein. Ich weiß ja, das es Quatsch ist nur meine Seele anscheinend immer noch nicht.
    Liebe Grüße Marry




    Hallo Marry,
    wenn Du wüsstest, wie gut ich Dich verstehe, auch mir ging es über dreißig Jahre lang nicht anders als Dir, selbst beim Baden blieb die Prothese dran, bis ich ins Wasser ging und sie dort verschämt abzog. Bei mir war es besonders schlimm, weil ich aufgrund meines fehlenden Knochens im Stumpf nie gut mit der Prothese zurechtkam und sie immer eher als Fremdkörper empfand, aber ich trug sie wenn nötig 24 Stunden am Tag--lediglich zum Kinderkriegen blieb sie weg.
    Eigentlich ist das ja ein Problem, das mit dem Fliegen gar nichts zu tun hat.
    Heute gehe ich absolut locker damit um, die Prothese ist für mich ein Werkzeug, das ich benutze, wenn es mir hilft, wenn nicht,bleibt sie weg (zum Beispiel bei 30 Grad im Sommer).
    Das zu erlernen half mir einerseits die Not, als wir in Kuwait lebten und ich bei über 50 Grad einfach keine Prothese mehr tragen konnte.Ich habe dort ziemlich schnell wahrgenommen, dass man ja keinerlei Nachteile erfährt, wenn man sich auf einem Bein zeigt, das ist halt die Neugier, die die Menschen gaffen lässt, aber es ist ja nichts Böses.
    In Deutschland höre ich manchmal die Frage "Haben Sie denn keine Prothese", denn hier gibt es ja fast sowas wie eine Pflicht, sie zu tragen, da erlaube ich mir dann durchaus zu sagen, dass ich mich so bewege, wie ich mich am wohlsten fühle, und das ist manchmal eben auch ohne.
    Ich kann und will Dir keine guten Ratschläge geben, wie Du da Deinen eigenen Bedürfnissen entsprechend leben kannst--letztendlich hat das was mit Selbstbewusstsein zu tun, und manchmal braucht es einfach Zeit, das zu entwickeln. Leider werden wir grade in unserem Lande mehr dazu getrimmt, unsere Behinderung zu verdecken--wenn man sie schon nicht beseitigen kann. In Amerika z.B. ist das ganz anders, da ist es ziemlich normal, ohne Prothese zu gehen, wenn man es denn vorzieht.
    Der erste Schritt von allem, sich vor dem Spiegel neu zu sehen und zu lieben, daraus resultierend sich so, wie man ist, den anderen zuzumuten, das wird bei uns immer noch wenig trainiert, da hat man schon die Prothese, noch ehe die Narbe richtig zu ist. Und richtig auf Krücken zu gehen, lernen viele schon gar nicht mehr. Mit den riesigen technischen Fortschritten, die die Prothetik in den letzten Jahren gemacht hat, hat unsere menschliche Entwicklung hin zur Akzeptanz auch des Unperfekten nicht unbedingt Schritt gehalten. Entweder wir wollen alles Unvolkommene beseitigen (heilen) oder eben wenigstens so tun, als ob es nicht da wäre.So entsteht dann für viele der Eindruck, mit einer Prothese ist ja wieder alles in Ordnung.

    Noch zum Fliegen: Man kann natürlich auch mit Prothese fliegen, meine längster Flug mit Prothese dauerte knapp7 Stunden, und wenn die Prothese gut angepasst ist, geht das eigentlich ohne Probleme, zumal man ja auch zwischendurch mal aufstehen und ein bisschen gehen kann. Aber ohne empfinde ich es als ungleich bequemer---vor allem auch praktischer,wenn man die winzigen Toiletten benutzen muss.

    Philip, die Kontrolle am Zoll bleibt Dir übrigens auch nicht erspart, wenn Du Dich da fahren lässt, und wenn Du die Prothese trägst, dann bleibt Dir auch dann das Gefummel damit nicht erspart.Und die durchleuchten auch die Krücken.
    Aber vor anderen Leuten musste ich sie nie ausziehen, die haben doch an jedem Flughafen eine Kabine, wo man dann mit dem Beamten alleine ist.
    Oder sind die da bei Männern robuster als bei Frauen???

    Gruß,
    annca
  • Mit der Armprothese wird man im Flugzeug- / Sicherheitskontrollbereich genauso angeglotzt wie ohne. Aber dass sich Arm- und Beinprothesen in ganz wesentlichen Bereichen des seltsam behandelt werdens unterscheiden hatten wir ja irgendwo in diesem Forum schonmal. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, wogegen nur sehr aggressive T-Shirtaufdrucke helfen - mit denen aber machte ich hervorragende Erfahrungen.

    Für mich stellt sich die Frage, ob ich mit Prothese reise, damit etwas technical advantage aber nicht Perfektion beim Mahlzeit verkleckern habe, was angesichts der geringen Ellbogenfreiheit sowieso mit einem Schweissausbruch bei mir und dem Sitznachbarn ausgeht, und was auch durch die Metallteile an der Prothese an der Security meist zu ganz erheblichen Unannehmlichkeiten geführt hat. Oder ich reise ohne Prothesenärmli - dann wirds ganz sicher beim Essen eine zufriedene Herumbatzerei mit Schmier- und Kleckerantragungen, aufgrund dieser Sicherheit entfällt zwar der Stress etwas und weicht entspannteren Aufsauge- und Abwischversuchen, und an der Security ist auch nichts zu melden, dafür brauche ich für Gürtel und Jackenreissverschluss viel länger und dann habe ich grossen Stress wenn das Gepäck verloren geht und den Sitznachbar grausts permanent die ganze Zeit statt nur wenn der Ellbogen rüberkommt, da dann wirklich eben auch was abbleibt oder jedenfalls das Risiko sehr hoch ist. Kommt dazu dass wenn mich so ein Sitznachbar über ca. 5 Minuten wie eine Art Küchenschabe entsetzt angestarrt hat, ich ebenfalls analoge Auffassungen entwickle und es mir schwer fällt, dort den mir übergeordneten sich benehmenden Normalbürger zu erkennen, worauf die z.B. Thunfischmassen-Verteilung oder Quarkantragungen entspanntere Umkreise anzunehmen droht. Eine fürchterliche Art der Eskalation. Alles in allem könnte man sagen, Stoff für solide Alpträume.

    Üblicherweise haben die Sicherheitsleute dann im absolut nahen Frontalkontakt das Problem bei der Prothese (Kabelzug mit Drahtseil, könnte auch eine Steinschleuder sein...? sowas kennt KEINER hier), dass sie keine Ahnung haben, was für Installationen sie durch meine Kleider da tasten. Das macht sie extrem nervös. Und wenn jemand inkompetent wenige Millimeter in aller Öffentlichkeit vor mir dabei ist, an mir langsam herumzutasten und sich dabei SICHTBAR in die Hose zu machen vor Stress, dann lasse ich schon mal einen wirklich bösen Spruch fahren. Meist ist das dann sehr sehr stressig. Sehr klevere Jungs winken ab, wenn ich vorschlage, wir sollten in den privaten Touchroom gehen statt der öffentliche S/M-Nummer, in die das dann abzudriften droht - nur echte Hirnchirurgen unter den Securityleuten folgen diesem Vorschlag. Es ändert aber gar nichts. Einmal rannte der Securitymensch dann ganz aufgebracht aus einem Touchroom in Wien am Flughafen davon, da er genug hatte von der Situation, ich war sehr kooperativ und dabei aber sehr frech. Dabei sind sie nur aufdringlich, nervös, unangenehm und inkompetent - keineswegs gründlich. Darauf mache ich sie ja auch immer wieder leise aber bestimmt aufmerksam. Ich sage ihnen, kontrollieren Sie den Schaft, der Arm wird miefen und der Liner ist schon etwas gammelig aber wenn ich da Apfelsaft schmuggle das würden Sie mir nie verzeihen. - Es gibt sicher auch lockere kompetente Fachleute, zu Tausenden vermutlich, aber ich habe in den letzten paar Jahren mal noch keine getroffen - ausser in China, Hongkong, Taiwan und der Türkei. Sicher nicht in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich und GANZ sicher nicht in den USA.

    Dabei bin ich der Ansicht, dass wenn die wollten, dass das sauber und adrett herauskommt mit diesen Essversuchen - dann wüssten wirs an der Art wie es serviert wird. Daran würden wir die Ernsthaftigkeit dieser Hoffnung erkennen.

    Da das stets vorhandene Schweinerei-/Klecker-Risiko in der Kabine mit Miniatur-verpackten Styroporgeschmacksformen auf extrem kleiner Auspack-Essfläche, das unmögliche Aufführen der Securityleute und die Gesamtaufwendungen dieser Art des Reisens bei mir extrem negative Eindrücke hinterliessen, und mich der Gedanke an eine verlorene Prothese ALLES an Ausreden finden lässt die ich nur finden kann, fliege ich nur dann, wenn es sich vollkommen und absolut nicht vermeiden lässt. Ich vermeide also gerade mal jeden Flug, den ich vermeiden kann. Da bleiben im Jahr 1-2 Flüge, und das reicht auch. Alle anderen Reisen werde ich nach Möglichkeit mit dem Auto machen.

    Und so sind die meisten von uns dieses Jahr per Auto oder Zug an den Kongress in Frankfurt gereist. Besuche in Berlin oder München mache ich nur mit dem Auto.
  • Hallo Annca, hallo Phil,
    danke euch für eure lieben Worte.
    Na ja Annca, wie du schon richtig erkannt hast liegt es sicher an meinem Selbstbewußtsein. Ok ich geb zu früher hatte ich davon nicht gerade viel, nach dem Unfall hab ich mich viel durchbeißen müssen und mein Selbstbewußtsein stieg einwenig 😀
    Ich renne ja nun auch schon 25 Jahre damit rum, aber über genau den einen Punkt bin ich nie gekommen. Wenn ich so nachdenke, es liegt bei mir auch daran, dass ich mich zwar akzeptiere irgendwie wenn das Ersatzteil dran ist, aber kann mich selbst nicht leiden wenn es ab ist, da kann ich es noch so schön reden, es wird nix 🙁
    Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich damals nach dem Unfall ganz allein dastand ohne irgendeine Hilfe, mußte sogar allein lernen damit zu laufen, hatte keine Reha so wie heute wo sie einen wirklich helfen. Dadurch lief ich auch ziemlich falsch und mit einer viel zu kurzen Prothese, was sie erst Jahre später dann mal bemerkten. Leider änderte sich meine Problematik mit dem Laufen bis heute nicht mehr.
    Ich habe seit damals auf vieles verzichtet, was ich eigentlich immer gern gemacht habe, nur um nicht so sehr aufzufallen. Würd so gerne mal wieder auf ein Pferd steigen, das ist eigentlich so mein Herzenswunsch, möchte wieder am See baden oder nur mal am Strand entlang gehen. War noch nie im Meer baden. Es sind keine großen Dinge, aber für mich schon, da ich weiß, das ich nicht mal für solch großen Wunsch über meinen Schatten springen kann.
    So nun hab ich echt genug geschnattert.
    Tut mir leid, weil es zwar nicht so ganz zu Phils Thema passt, aber er mich genau damit mal wieder zum nachdenken animiert hat.
    Liebe Grüße an euch Marry
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