Eure Erfahrung mit Behindertenfahrdiensten?..

Guten Tag,
hiermit wende ich mich an alle Rollstuhlfahrer, mit der Bitte um Information.
Ich bin durch Unfall seit meinem 11. Lebensjahr auf einen Rollstuhl angewiesen. Als ich berufstätig wurde, erhielt ich einen Zuschuss für einen PKW vom Landschaftsverband Rheinland. Das Auto musste ich dann später abgeben, da ich meine Arbeitsstelle aufgeben musste, um meine 1975 geborene Tochter zu versorgen, denn Haushalt, Kind und Beruf hätten mich überfordert.
Nun gab es zu der Zeit in Oberhausen einen Behindertenfahrdienst vom DRK, einen von den Maltesern und einen von den Arbeitersamaritern und man konnte für drei DM beliebig oft sowohl innerhalb Oberhausens, als auch in die umliegenden Städte fahren, für ebenfalls je Fahrt drei DM. So konnte ich meinem Kind eine schöne Kindheit und Jugend ermöglichen, konnte mit ihr zum Arzt, zu Bekannten, zum Traumlandpark nach Kirchhellen, zum Zoo nach Duisburg, zum Rhein-Ruhr-Center, usw.
Dann war ich später viele Jahre gesundheitlich schlecht zurecht, fuhr erst wieder im vorigen Jahr mit dem einzigen Fahrdienst, den es noch gab, nämlich den Arbeitersamaritern, nach Duisburg. Ich wunderte mich zwar, als es hieß, ich bekäme eine Rechnung, denn sonst wurde immer sofort kassiert, doch fragte nicht groß. Nahm ja an, dass sich - wie alles - nach dem Euro verdoppelt hat.
Wie unter Schock stand ich, als ich nach einigen Tagen eine Rechnung von 79,-- Euro in Händen hielt!!!
Ich schrieb an die Arbeitersamariter, dass da doch wohl ein Irrtum vorliegen müsse, denn wie solle man das denn von seiner Grundsicherung bezahlen? Man sagte, das sei Kilometergeld von Oberhausen bist Duisburg-Buchholz und eine Pauschale je Fahrt von 20 Euro hin und 20 Euro zurück.
Ich schrieb an die Behindertenbeauftragte des Landes, an die Ministerien für Soziales, an die Ministerin Steffens von den Grünen, an den Rotary- und Lions-Club, an Aktion Mensch, an die Verbraucherzentrale und hörte überall das Gleiche: Wir verstehen Ihre Situation, können aber nichts machen, weil das alleinige Entscheidung der Städte sei!
Wie ist das möglich, dass unser Land - wie vorige Tage in der Presse stand - zwar kostspielige Willkommensfeiern für unsere ausländischen Mitbürger finanzieren kann, aber die 40 Anspruchsberechtigten Schwerbehinderten Oberhausens völlig verlassen werden? Was hätte mein Kind für eine Kindheit gehabt, ohne die billige Fahrmöglichkeit? Sie säße heute beim Psychologen, statt Justizsekretärin zu sein! Das ist ja wie eine elektronische Fussfessel, man hat ja dann nicht mal die Möglichkeit, zum Zoo, oder zur Gruga zu kommen.
Wie sagte Heinemann: Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt! Das erste Mal in meinem Leben fühle ich mich diskriminiert. Was sagt den die EU dazu, oder kümmert die sich nur um krumme Gurken?
Nicht mal Wölfe lassen ihre verletzten Artgenossen zurück!
Dann hatte Herr Paßgang von der CDU der Stadt einen Vorschlag gemacht, dass man, wenn die Arbeitersamariter, die ja hoch bezuschusst werden, dennoch so teuer sind, alles lieber privaten Unternehmen übergeben sollte, und jedem Behinderten eine Höchstbetrag fürs Fahren pro Jahr zusichert, doch man will davon nichts wissen.
Wie ist es bei Euch, in Eurer Stadt? Dazu kommt noch, dass die morgens erst Kinder zur Schule fahren, und man vom Zahnarzt einen Termin ablehnen muss, der um 9 Uhr ist, weil man erst höchstens ab 10 Uhr fahren kann.
Das Schicksal hat mich nicht geschafft - die Menschen schon.

Antworten

  • Hallo Herbstzeitlose

    In Heidelberg bzw Rhein-Neckar-Kreis geht das über das Rote Kreuz. 3 Fahretn (Hin+zurück) pro Monat sind im Umkreis von 30 km möglich. Vorraussetzung das "ag" im Ausweis und keine Möglichkeit den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen. Kosten identisch mit dem normalen Bus/Strassenbahtarif. Allerdings ist das eine freiwillige Leistung des Landkreises.
    eigene Erfahrung habe ich aber keine.

    Klaus
  • Hallo Herbstzeitlose,

    Zu den Voraussetzungen hat Klaus schon alles gesagt.
    Während meines Studiums habe ich in München den Behindertenfahrdienst der Malteser und Johanniter genutzt.
    Die Zivis, die gefahren sind waren zwar nett und cool, aber die meiste Zeit war der Fahrdienst unpünktlich und unflexibel.Egal ob zu den Vorlesungen oder bei der Heimfahrt, öfter als genug waren Verspätungen und auf kurzfristige Änderungen konnte nur sehr schwierig eingegangen werden.
    Ich hatte damals noch kein Handy und alles war dann sehr schwierig.

    LG

    Surfer
  • Liebe Herbstzeitlose,

    hattest Du diesen Behindertentrasportdienst einfach kommen lassen und darauf vertraut das es so funktioniert wie früher oder hattest Du vorher bei der Stadt Oberghausen beantragt den Behindertenfahrdienst benutzen zu dürfen? Das Benutzen des Behindertenfahrdienstes ist zwar in jeder Stadt anders geregelt, überall gleich ist aber das man eine Genehmigung der Stadt braucht und dann nur Fahrzeuge vergünstigt benutzen kann, die einen Vertrag mit der Stadt haben, in der man wohnt.

    Düsseldorf ist eine Stadt die Schuldenfrei ist und unser früherer Bürgermeister hatte sich sehr für uns Rollifahrer eingesetzt. Wir bekommen ein Helftchen mit Wertmarken (150€/Quartal), mit denen wir den Behindertentfahrdienst bezahlen können. Bezahlen können wir damit nur Behindertentransporte und Taxen, die einen Vertrag mit der Stadt Düsseldorf haben. Und nur bei einer einzigen Firma zahlt man in Düsseldorf etwa den Preis, den Du von früher gewohnt bist. Bei allen anderen Transportunternehmen bezahlen wir den ortsüblichen Taxitarif. Eine Fahrt von Düsseldorf nach Duisburg kostet etwa 50€.

    Andere Städte stellen nicht so viel Geld bzw. Fahrten zur Verfügung und auch das Wie ist in jeder Stadt anders. In Köln z.B. bekommt ein Rollifahrer Anfang des Jahres Bargeld auf sein Konto überwiesen, mit dem er dann das ganze Jahr hindurch Taxi fahren kann. Andere Orte genehmigen eine bestimme Anzahl an Taxifahrten pro Monat, die man dann ohne zu bezahlen benutzen kann. Aber immer muß man, bevor man das erste mal auf Kosten der Stadt fährt, einen Antrag stellen und sich die Benutzung des Behindertenfahrdienstes genehmigen lassen.

    Ich benutze diesen Fahrdienst sehr selten. Viel lieber fahre ich Bus und Bahn. Der VRR ist fast flächendeckend mit barrierefreien Fahrzeugen ausgestattet. Auch in Oberhausen. Ich bin in Oberhausen schon oft Bus und Straßenbahn gefahren und ich finde bei euch in Oberhausen sind die Niederflurfahrzeuge viel moderner als bei uns in Düsseldorf.

    Gruß Karin
  • Liebe Karin,
    hab herzlichen Dank für Deine ausführliche Information. Nein, man braucht - und brauchte nie - einen Antrag zu stellen. Innerhalb der Stadt ist das auch heute noch so, da muss nur der Fahrdienst frei sein. Nur in andere Städte ist das so teuer, und hat damals - wie gesagt - auch nur 3 DM gekostet.
    Wenn es einem gesundheitlich nicht so gut geht, ist auch das Busfahren eine Mühe. In Schnee- und Regenzeiten hat man Probleme und wenn man Bekannte besucht, die Stufen haben, braucht man ohnehin Hilfe. Das Schlimme ist ja, dass die Arbeitersamariter, die ja als einzige einen Vertrag mit der Stadt haben, und wie ich hörte, etwa 70 000 Euro jährlich bekommen, dennoch so viel nehmen. Das mußt Du Dir auf 40 Personen, die in Oberhausen nur Anspruch haben, mal vorstellen.
    Nötig ist ja auch nicht - das habe ich immer gesagt - dass sie so ein Riesenauto mit Hebebühne fahren, was ja sehr kostenaufwändig im Verbrauch, in der Pflege, als auch im Reparaturbereich ist. Damals hatten die Malteser ihren Fahrdienst mit einem kleinen PKW, an dem hinten eine Platte ausgeklappt wurde, und man prima von A nach B kam, ausgeführt.
    Jetzt, da die Zivis wegfallen, zahlt man vermutlich auch noch für die Fahrer zusätzlich.
    Nochmals Dank und liebe Grüße
    Deine Edith

  • Klaus123 hat geschrieben:
    Hallo Herbstzeitlose

    In Heidelberg bzw Rhein-Neckar-Kreis geht das über das Rote Kreuz. 3 Fahretn (Hin+zurück) pro Monat sind im Umkreis von 30 km möglich. Vorraussetzung das "ag" im Ausweis und keine Möglichkeit den öffentlichen Nahverkehr zu benutzen. Kosten identisch mit dem normalen Bus/Strassenbahtarif. Allerdings ist das eine freiwillige Leistung des Landkreises.
    eigene Erfahrung habe ich aber keine.

    Klaus

    Dank Dir, Klaus! Das ist doch schon was, die dreimal dreißig Kilometer, da wär einem doch geholfen. Natürlich, das "aG" ist Voraussetzung, das ist klar. Auf jeden Fall werde ich weiter kämpfen. Mein ganzes Leben habe ich mich ohne Murren eingeschränkt, doch dies ist eine ganz empfindliche Seite, die einfach die volle Lieblosigkeit offenbart, dem gegenüber, der es ohnehin schwer genug hat. Was soll denn z.B. heute eine Mutter machen, die ein Kind großzieht, vom Rollstuhl aus? Da wäre ja sogar das Kind noch der Leidtragende und in seiner Entwicklung gehemmt!
    Es grüßt Dich herzlich
    Edith

    Wie sollte man so mit Rollstuhl und Kind, bei Regen und Schnee, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren?
  • surfer hat geschrieben:
    Hallo Herbstzeitlose,

    Zu den Voraussetzungen hat Klaus schon alles gesagt.
    Während meines Studiums habe ich in München den Behindertenfahrdienst der Malteser und Johanniter genutzt.
    Die Zivis, die gefahren sind waren zwar nett und cool, aber die meiste Zeit war der Fahrdienst unpünktlich und unflexibel.Egal ob zu den Vorlesungen oder bei der Heimfahrt, öfter als genug waren Verspätungen und auf kurzfristige Änderungen konnte nur sehr schwierig eingegangen werden.
    Ich hatte damals noch kein Handy und alles war dann sehr schwierig.

    LG

    Surfer


    Hallo, lieber surfer,

    auch für Deine Worte ein herzliches Danke! Also damals, etwa 1976 bis 1986, kann ich sagen, war es hier mit den damals drei (!) Fahrdiensten einfach tröstlich. Du konntest nicht nur fahren, wann immer es nötig war, oder Du fahren wolltest, sondern sie waren auch noch pünktlich und alle sehr, sehr nett! Sie fuhren von morgens 7 bis abends 23 Uhr! Meine Freundin wohnte damals in Essen, in der zweiten Etage, sogar da haben sie mich rauf geschleppt.
    Aber es muß doch jeder einsehen, wie kann man denn von der Grundsicherung, die ja eigentlich noch schlimmer ist, als Sozialhilfe, noch solche Fahrgelder zahlen?
    Bei der Sozialhilfe bekam man wenigstens noch Renovierungsbeihilfe, Bekleidungsbeihilfe und Reparaturen, oder notwendige Möbel. Zeitgleich fingen ja die Krankenkassen an, viele Dinge aus ihren Bewilligungslisten zu streichen, so dass dann noch selbst zu finanzieren sind: Kopfschnerztabletten, Betaisodonalösung um Wunden sofort Einhalt zu gebieten, bei Wundrosen Rivanollösung (kostet ja nicht viel, sagt der Arzt) Linola Fett für verhornte Stellen, sonst gibt es wieder Wunden, Halsschmerztabletten, Nasenspray, Lagerungskissen für unter die Beine, damit die Wunden an den Fersen nicht aufliegen, usw. usw..... aber Ihr kennt es ja sicher selber.
    Was war denn eigentlich mit den EU-Richtlinien für Behinderte, hat nicht unsere Spitzenpolitikerin da auch was unterschrieben? Und keiner hakt nach, was umgesetzt wird?
    Es grüßt Dich herzlich
    Edith
  • Herbstzeitlose hat geschrieben:
    Liebe Karin,
    hab herzlichen Dank für Deine ausführliche Information. Nein, man braucht - und brauchte nie - einen Antrag zu stellen. Innerhalb der Stadt ist das auch heute noch so, da muss nur der Fahrdienst frei sein. Nur in andere Städte ist das so teuer, und hat damals - wie gesagt - auch nur 3 DM gekostet.


    Liebe Edith,

    vieleicht hat sich das ja geändert. Ehrlich gesagt mir kommt das komisch vor, so ganz ohne Anmeldung. Woher weiß denn der Fahrdienst das Du wirklich ein Rollifahrer ohne eigenes Auto bist? In Düsseldorf kann auch jeder ohne Anmeldung einen Behindertentransport in Anspruch nehmen, nur muß er ihn dann selber bezahlen. Nur wer bei der Stadt für die Benutzung des Fahrdienstes registiert ist, darf ihn auch subventionierten benutzen. Ich an Deiner Stelle würde mal bei der Stadt anrufen und nach fragen ob wirklich jeder ohne bei der Stadt bekannt zu sein den Fahrdienst subventioniert nutzen darf. Sollte sich das geändert haben kannst Du vieleicht durchsetzten das zu viel gezahlte Geld zurück zu bekommen. 😉

    Liebe Grüße
    Karin
  • KarinM hat geschrieben:
    Herbstzeitlose hat geschrieben:
    Liebe Karin,
    hab herzlichen Dank für Deine ausführliche Information. Nein, man braucht - und brauchte nie - einen Antrag zu stellen. Innerhalb der Stadt ist das auch heute noch so, da muss nur der Fahrdienst frei sein. Nur in andere Städte ist das so teuer, und hat damals - wie gesagt - auch nur 3 DM gekostet.


    Liebe Edith,

    vieleicht hat sich das ja geändert. Ehrlich gesagt mir kommt das komisch vor, so ganz ohne Anmeldung. Woher weiß denn der Fahrdienst das Du wirklich ein Rollifahrer ohne eigenes Auto bist? In Düsseldorf kann auch jeder ohne Anmeldung einen Behindertentransport in Anspruch nehmen, nur muß er ihn dann selber bezahlen. Nur wer bei der Stadt für die Benutzung des Fahrdienstes registiert ist, darf ihn auch subventionierten benutzen. Ich an Deiner Stelle würde mal bei der Stadt anrufen und nach fragen ob wirklich jeder ohne bei der Stadt bekannt zu sein den Fahrdienst subventioniert nutzen darf. Sollte sich das geändert haben kannst Du vieleicht durchsetzten das zu viel gezahlte Geld zurück zu bekommen. 😉

    Liebe Grüße
    Karin


    Doch, liebe Karin, das ist so! Man muss nur das a.G. im Ausweis haben. Man durfte auch fahren, wenn man einen eigenen PKW hatte, denn wenn man irgendwo hin muss, wo Stufen sind, muss man ja auch raufgetragen werden. Innerhalb von Oberhausen gibt es da ja auch keine Probleme, da ist es noch immer billig, doch man muss ja auch mal, wenn auch selten, in andere Städte, und das kann man finanziell ja nicht aufbringen.
    Liebe Grüsse
    Edith

    http://img29.imageshack.us/i/pressemitteilung11.jpg/

    Wenn der Link klappt, siehst Du den Vorschlag des Herrn Paßgang.
Diese Diskussion wurde geschlossen.