Abzweigung Kindergeld einer Volljährigen Behinderten -

Hallo liebe Forenbesucher ich suche Rat - bevor ich jedoch auf mein grundsätzliches Problem eingehe, möchte ich kurz die Situation schildern.

Ich bin die ältere Schwester meiner 20-jährigen geistig-behinderten Schwester, welche Pflegestufe 1 hat, und seit letzten Jahres in einer Werkstatt für körperlich und geistig Benachteiligte arbeitet. Meine Familie, Mutter (verwitet) ich und meine jüngere Schwester wie jüngerer Bruder leben in Bayern.
Da ich in Bamberg SOzialpädagogik Psychologie studiere kenne ich mich grundlegend mit sozialen ANsprüchen/Rechten aus. Leider fehlt mir hier ein bisschen die Tiefe was Gesetze noch angeht.

Im Zuge unseres Rechtssystems hat meine Schwester Anspruch auf Grundsicherung. DIesen Antrag haben wir mit Mühe und Not vollzogen. Leider ist die SItuation ein bisschen verfahren.

Nachdem wir es mit Androhung von Klagen und zahlreichen WIderspruchsschreiben geschafft haben, das meine Schwester sowohl Grundsicherung bekommt als auch Kindergeld, sitzen wir was die Ausbezahlung des Kindergeldes erfolgt fest.

Erläuterung der Kindergeldsituation: Nach Widersprüchen über Verrechnung des Kindergeldes als Einkommen meiner behinderten Schwester, erwirkte das Sozialamt einen Antrag auf Abzweigung bei der zuständigen Familienkasse.

Nachdem wir der Kindergeldkasse sämtliche Unterlagen in FOrm von Quittungen, Rechnungen und sonstigen Ausgaben die für meine Schwester und ihren Lebensunterhalt erforderlich sind, zukommen lassen haben, wurde folgendes entschieden:

Das Kindergeld wird nun monatlich in einer Höhe von 160 euro an den Kindergeldempfänger ausbezahlt, es erfolgt eine Abzweigung über 34 Euro an das Sozialamt. Jedoch bekommt meine Schwester vollen Umfang der Grundsicherung zusätzlich. Das heißt wir können bei einer vollen Grundsicherung mit einer abzweigung von 34 Euro leben und haben keine Einwände gegen diesen Beschluss.

Dies kam auf dem WIsch der Familienkasse am 22. Februar. Weiterhin wurde auf diesem Wisch vermerkt das die AUsbezahlung über die Summe (inklusive 5 monatige Nachzahlun von Kindergeld) erfolgt, sobald die Einspruchsfrist von 4 Wochen unsererseits abgelaufen wäre. Das wäre um dem 25. März 2011 vor wenigen Tagen gewesen.

SO weit so gut.

Der Knüller kam heute in einem Telefonat, als ich mich über die Auszahlung erkundigen wollte.

Mir wurde eröffnet, das mir der Betrag vorerst DOCH NICHT AUSBEZAHLT WIRD, da man von Seiten der Familienkasse noch auf eine Antwort des Sozialamtes warte. Familienkasse hatte nämlich am 7. März einen Bescheid über ihren ENtschluss, der zu unseren Gunsten getroffen wurden, an das Sozialamt verschickt und das Sozialamt hat laut MItarbeiten der Famkasse ebf. 4 Wöchige EInspruchsfrist gegen den Entscheid von der Familienkasse.

Das paradoxe an der Geschichte ist: Auf dem unserigen Wisch ist aus dem Inhalt ersichtlich, das nach Ablauf unserer Einspruchsfrist das Geld ausbezahlt wird. Kein HInweis auf eine EInspruchsfrist seitens Sozialamt etc.

Darüber hinaus erklärte die FamkassTante, das die EInspruchsfrist dem Sozialamt zustehe, da das Sozialamt letztendlich den Antrag auf Abzweigung zurückziehen muss. Obwohl es zu unseren GUnsten entschieden worden ist, benötigen wir die Zusage des SOzialamtes um das Kindergeld ausbezahlt zu bekommen.

Rechtlich gesehen ist das doch schwachsinn! WIr bekommen seitens der Familienkasse recht und Geld zugesprochen müssen aber um die Zustimmung des Sozialamtes "buhlen".

Das Gespräch endete folgendermaßen: Man müsse die Reaktion des Sozialamtes abwarten und ich wurde vertröstet die nächsten 4 WOchen doch abzuwarten, denn dann sollte das Geld eventuellerweise doch überwiesen werden. Datum nannte man mir ungefähr zum 1.mai.

Meine zentrale Frage ist: Wenn die Familienkasse zu Gunsten meiner behinderten Schwester entscheidet, nur 34 Euro vom Kindergeld anstatt 184 an das Sozialamt abgezweigt werden, in welcher Art und Weise hat bei einem solchen Entschluss das Sozialamt das Recht uns die Auszahlung zu verwehren, in dem es den Antrag auf Abzweigung nicht zurückzieht?

Es wurde ja offensichtlich gegen sie gestimmt, aber das Kindergeld wird einbehalten und man wird vertröstet wie so oft seit 5 Monaten.

Ich frage mich, ob ich nicht mir rechtlichen Beistand holen sollte und versuchen sollte die uns zustehende Ausbezahlung zu erzwingen?!
Hatte jemand bereits solche Erfahrung? Kann da jemand aus dem Nähkästchen plaudern oder mir etwaige Tipps geben, wie ich das lösen soll.

Das Sozialamt kann nämlich seine Zustimmung verweigern, den Antrag auf Abzweigung nicht zurückziehen und dann geht alles von vorne los.

Weiß jemand welche Möglichkeiten mir offen stehen, außer mit einer Klage zu drohen bzw. diese auch rechtlich einzuleiten?

Für eine Antwort bedanke ich mich im vorraus!
Lenchen*


Antworten

  • Hallo Lenchen,

    vielen Dank, dass du eure Lage und alles was ihr unternommen habt, so genau dargestellt hast.
    Das hilft unseren Fachexperten sicher weiter, dir konkrete Antworten zukommen zu lassen.
    Ich leite deinen Thread an sie weiter. Ich hoffe sehr, dass sie dir Tipps bzw Infos zur Rechtslage geben können.

    Ich finde es super, dass du dich so für deine Schwester und deine Familie einsetzt!
    Und ich wünsch euch, dass ihr bald das Geld bekommt, das euch zusteht!

    Alles Liebe von
    Michaela
  • Hallo Lenchen,

    Wir haben im letzten Februar einen Beitrag eines Münchner Rechtsanwalts hier im Forum gehabt unter welchen Umständen das Kindergeld behalten werden darf.
    Schick der Redaktion eine Mail die haben das bestimmt noch.

    LG

    Surfer

    PS. Ein Archiv tzm Suchen von Beiträgen wäre was.
  • 😀
    Vielen Dank, es ist wirklich ermutigend, das einem von fremden Menschen mehr Unterstützung zukommt als von Behörden. Ich habe erst letztens in einem Seminar zu sozialem Recht an der Universität gefragt, weshalb der Staat Soziale Ansprüche wie Grundsicherung erwerbsgeminderten Menschen zusichert und es dann in einem Fall wie diesem das SOzialamt trotzdessen versucht abzusprechen. Es ist ein Stück weit ein Armutszeugnis des Staates.

    Ich möchte mich wirklich für euer Engagement bedanken.

  • Guten Abend,

    also ich kann Ihnen auch aus fachlicher Sicht nur raten so schnell als möglich eine Anwaltskanzlei mit der Sache zu betrauen und den Sachverhalt zu prüfen. Denn Fakt ist die Familienkasse hat nach der Darstellung die Sie schildern einen rechtsgültigen Bescheid erlassen an den sie erst einmal gebunden ist. Telefonate und Schriftverkehre können hier leider meist nicht mehr weiter helfen. Ich rate deshalb dringenst zur Beauftragung einer Anwaltskanzlei für Sozialrecht mit dem Sachverhalt.
  • Sehr geehrtes MyHandicap- Mitglied,

    ich nehme Bezug auf ihren oben eingestellten Forumsbeitrag und möchte zu den von Ihnen gestellten Fragen wie folgt Stellung nehmen:

    In § 74 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) heißt es, dass das Kindergeld auch an die Stelle ausgezahlt werden kann, die dem Kind Unterhalt gewährt, wenn Kindergeldberechtigte ihre gesetzliche Unterhaltspflicht nicht erfüllen. Immer häufiger beantragen Sozialämter auf Grund dieser Vorschrift bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung oder bei erwachsenen behinderten Menschen, die in vollstationären Einrichtungen leben, die Abzweigung des Kindergeldes an das Sozialamt. Mit Abzweigung ist gemeint, dass die Familienkasse das Kindergeld auf Antrag direkt an das Sozialamt auszahlen kann.

    Die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 EStG an den Sozialhilfeträger sind dem Grunde nach auch dann erfüllt, wenn der Kindergeldberechtigte nicht zum Unterhalt seines volljährigen behinderten Kindes verpflichtet ist, weil es Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII erhält. Ob und in welcher Höhe in derartigen Fällen Kindergeld an das Sozialamt zu zahlen ist, steht allerdings im Ermessen der Familienkasse. Denn nach § 74 EStG kann eine Abzweigung unter den dort genannten Vorschriften erfolgen.

    Bei dem Bescheid der Familienkasse handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Die Familienkasse hat im Rahmen ihres Ermessens eine Entscheidung getroffen, in welcher Höhe ein Betrag des Kindergeldes an das Sozialamt abgezweigt werden soll. Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 70 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch bei der Behörde erhoben werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung dürfte Ihrem Bescheid beigefügt gewesen sein. Als ursprüngliche Antragstellerin sind Sie entsprechend berechtigt zum Widerspruch. Der Bescheid wurde Ihnen am 22. Februar zugestellt. Rechnet man die Monatsfrist hinzu, ist Ihre Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs verstrichen.

    Das Sozialamt seinerseits hat ebenfalls einen Antrag gestellt auf Abzweigung des Kindergeldes, da Ihre Schwester Grundsicherungsleistungen nach SGB XII bezieht. Dieser Antrag ist gleichermaßen beschieden worden wie Ihrer, so dass diesem Antrag gleichfalls eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt gewesen ist, die dem Sozialamt die gleichen Möglichkeiten des Widerspruchs innerhalb vier Wochen ab Bekanntgabe des Bescheides einräumt.

    Wenn die Familienkasse den Bescheid an das Sozialamt am 07. März verschickt hat und man ein paar Tage Postlauf berücksichtigt, wird die Frist des § 70 VwGO in etwa am 07. April ablaufen. Bis dahin bleiben Ihnen leider keine anderen Möglichkeiten außer Abwarten, um die Auszahlung des Kindergeldes zu beschleunigen, da die Familienkasse die Frist verstreichen lassen muss, bevor der Bescheid bestandskräftig wird und das Kindergeld an Sie ausbezahlt werden kann.

    So lange diese Frist nicht abgelaufen ist, steht Ihnen auch nicht die Möglichkeit der Klage zur Verfügung, da das Widerspruchsverfahren zunächst durchgeführt werden muss.

    Dies ist nur eine kurze Einschätzung der Sach- und Rechtslage. Sie sollten sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen, damit dieser sich einen genauen Überblick über die Sachlage verschaffen kann und Ihnen so eine bestmögliche Vertretung gegenüber den Behörden gewährleisten kann. Wir können Ihnen leider nicht mehr Informationen mitteilen. Wir weisen darauf hin, dass wir zu den laufenden Fristen nur eine Einschätzung abgeben können, da ns die konkreten Daten nicht bekannt sind. Auch dies sollte sich unverzüglich ein entsprechend ausgewählter Rechtsanwalt ansehen, damit die Fristen Beachtung finden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Teßmer
    Rechtsanwalt

    JANSSEN + MALUGA LEGAL
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