ADHS und Integration

Hallo!

Es gibt mittlerweile viele Angebote, die sich für die Integration Behinderter in den Arbeitsmarkt einsetzen wollen. Als leistungseingeschränkte Arbeitsuchende fühle ich mich aber von den wenigsten Angeboten direkt angesprochen. Ich bleibe rat- und vor allem perspektivenlos in diesem ganzen Integrations-Dschungel zurück. Vielleicht könnt Ihr mir helfen, mich richtig zu positionieren?
Zu meiner Situation: 50-jährige Frau, mit 43 J. endlich Diagnose ADHS gefunden, klassischer entsprechender Lebenslauf (viele Stellenwechsel, einige Ausbildungsversuche ohne klaren Berufsabschluss). Nach Burnout im Dez. 2008 IV-Integrationsmassnahmen, leider erfolglos. Seit Februar 2011 Sozialhilfebezügerin, bei RAV angemeldet, Unterstützung durch IV-Stellenvermittlung (noch 2 Monate), bisher erfolglos. Eigentlich bin ich eine Kämpfernatur, sehe aber im Moment für mich keine berufliche Perspektive mehr, da ich mit meiner Diagnose durch alle Netze falle. Erwachsenen-ADHS ist von der IV nicht anerkannt. ADHS muss nicht, kann aber wie in meinem Fall lebensbehindernde Auswirkungen haben. Auf dem ersten Arbeitsmarkt habe ich gerade wegen dieses Handicaps je länger desto weniger Chancen auf Integration. Ich bin wirklich ratlos und müde. Wie seht Ihr meinen Status oder den Status stark ADHS-Betroffener überhaupt? Welche Chancen auf Integration seht Ihr für mich? Welche Strategie soll ich anwenden?
Ich bin absolut nicht gewillt, mich als Sozialhilfebezügerin abzufinden. Da gehöre ich nicht hin. Ich habe Potenzial, komme aber mit dessen Anwendung nicht so gut zurecht. Ich brauche so lange Integrationsunterstützung, bis es mit und an einem Arbeitsplatz klappt. Was tun?

Vielen Dank für Eure Beiträge
Ritalina

P.S.: Bei myhandicap.ch bin ich registriert

Antworten

  • Liebe Ritalina

    Erstmal herzlich willkommen in unserem Forum!

    Du bist ja schon einige Wege gegangen, was ich sehr gut finde. Denn das zeigt, dass du wirklich gewillt bist, eine Lösung und eine Stelle zu finden.

    Wie kommunizierst du in den Bewerbungen deine ADHS? Wir haben dazu ein paar Artikel, lies dir die doch mal durch. Arbeitsgeber sind sehr sensibiliert auf "Unregelmässigkeiten" und schrecken schnell davor zurück.

    Empfehlenswert ist auch eine Laufbahnberatung, also eigentlich eine Berufsberatung für Erwachsene, am besten beim biz. Da können nämlich Wege aufgezeigt werden, an die man selbst gar nicht gedacht hat.

    Ansonsten: Nimm dir ein paar Tage frei von allem. Gönn dir die Ruhe, fahr weg, lass alles liegen für ein paar Tage (Achtung, nicht vergessen das als Ferien beim RAV einzutragen). Das ist wichtig, auch wenn man arbeitslos ist. (Über-)Belastung = Belastung, egal in welchem Rahmen.Ich sehe das gerade an vielen Personen, die uns kontaktiert haben, wie wertvoll eine kleine Auszeit schon sein kann. 😎

    Lass dich nicht von der Diagnose beherrschen. ADHS ist nur ein Teil deines Lebens, nicht dein ganzes Leben.

    Ich wünsche dir ganz viel Erfolg, ich bin mir sicher, dass du etwas finden wirst.
    Wenn du Fragen hast, helfen wir dir gerne weiter.

    Liebe Grüsse

  • Liebe Maggie

    Vielen Dank für Deine Tipps. Einige davon habe ich schon ausprobiert. Zu "Kommunikation ADHS in der Bewerbung": Die Unregelmässigkeiten offenbaren sich im tabellarischen Lebenslauf - my life! Mein Leben ist für mich in Ordnung, aber auf Arbeitgeber wirkt es leider in der Tat abschreckend...das ist ja das Traurige.

    Ich drehe mich im Kreis, da hilft wohl wirklich nur noch eins: Ab an die Sonne! Am besten zu Fuss, das kostet nix und erfrischt Körper, Geist und Seele.

    Lieber Gruss

    Ritalina


  • Hallo Ritalina,

    Bei uns in Deutschland ist das sehr ähnlich.
    Man fühlt sich nicht angesprochen, eher ausgeschlossen und das meiste sind nur Lippenbekenntnisse von der Politik.
    Mitte Januar, ich wohne in Bayern und kann ORF 2 empfangen, habe ich dort im Teletext gesehen, daß es in Österreich genauso ist.
    Warum ist das im deutschsprachigen Kulturkreis und auch in der Schweiz so schwierig, oder auch in Frankreich und England?
    In Skandinavien, Beneluxländern oder Italien geht es doch auch?

    LG

    Surfer
  • Hallo Surfer

    Von der Schweiz weiss ich, dass die Gesetzgebung der Invalidenversicherung in den 1960er-Jahren entstanden ist und noch heute angewandt wird...Was weisst du von Skandinavien, Italien und den Benelux-Ländern? Von den USA weiss ich, dass ADHS-Betroffene Anrecht auf spezielle Bedingungen am Arbeitsplatz haben.

    Ja, warum klappt die Unterstützung ADHS-Betroffener in der Arbetiswelt im deutschsprachigen Raum nicht? Lassen wir uns zu einfach wegdenken? Im Sinne von: Solange die sich nicht ernsthaft beschweren, müssen wir ja nix verändern? Treten wir zu wenig offensiv auf? Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir zu schlecht organisiert sind. Ich kenne einige Betroffene, die in einem ähnlichen beruflichen Schlamassel wie ich stecke. In Bezug auf die Arbeitswelt leidet Jede/r alleine vor sich hin und ist damit ausgelastet, den Kopf irgendwie über Wasser zu halten - irgendwie jämmerlich. Ideen und Verbesserungsvorschläge sind natürlich reichlich vorhanden, aber wohin damit? Sollten wir uns wohl mit unseren progressiveren Nachbarländern vernetzen?

    Grüessli vor Ritalina
  • Das Problem ist generell so, dass Arbeitgeber Angst haben, einen handicapierten Arbeitnehmer wegen dessen Handicap eventuell wieder zu verlieren und wollen lieber dieses Risiko nicht eingehen. Das zweite Problem ist, dass zwar in den deutschsprachigen Regionen Untersützungsmassnahmen für Arbeitgeber existieren, diese Massnahmen aber in der Regel bei den Arbeitgebern nicht bekannt sind! Sogar die recht häufig benutzte Massnahme "Einarbeitungszuschüsse" ist bei ganz vielen Firmen gar nicht bekannt. Daher finden auch Leute, die längere Zeit krank waren, auch keinen Weg mehr in die Arbeitswelt zurück, weil sie von den Firmen falsch eingeschätzt werden.

    Was es zur Verbesserung braucht:
    a) Bessere Bekanntmachung von Reintegrations- und Unterstützungsmöglichkeiten für Firmen, so dass Handicapierten oder wieder Genesenen der Wiedereinstieg erleichtert werden kann.
    b) Das Risiko für Arbeitgeber, die einen Handicapierten einstellen wollen, zu verringern und ihn bessere und klarere Unterstützung zu bieten.
    c) Die Angst bei Arbeitgebern zu verringern.
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