Bewerbung für Schnupperlehre und Lehrstelle

Guten Tag. Meine Tochter hat eine leichte, nicht auf den ersten Blick ersichtliche Körperbehinderung und besucht die normale Oberstufe (Sekundarschule) mit Begleitung einer Heilpädagogin (2 Std. wöchentlich). Leider wurde im Schulzeugnis der Vermerk "Nachteilsausgleich und Förderunterricht" eingetragen. Wie soll sie nun bei einer Bewerbung vorgehen? Eigentlich wollte sie die Behinderung erst bei einem Vorstellungsgespräch erwähnen, damit sie überhaupt die Chance hat, sich vorstellen zu können. Aus der Zeugniskopie, die beigelegt werden muss, geht aber hervor, dass etwas "anders" ist. Da man sich heute schon für Schnupperlehren schriftlich bewerben muss, ist das eine schwierige Situation.
Ausserdem wissen wir nicht so recht, wo man das Handicap erwähnen sollte, im Bewerbungsschreiben oder im Lebenslauf? Darf im Lebenslauf ausführlicher auf die für den Beruf nützlichen Erfahrungen eingegangen werden oder soll er knapp und eher stichwortartig sein? Wir wären froh um einige Tipps! Danke!

Antworten

  • Liebe Tonia

    Vor einiger Zeit hatten wir einen Workshop zum Thema Bewerbung und Stellensuche für Menschen mit Behinderung. Dort kamen wir nach langen Gesprächen (auch mit leitenden Personen aus der Personalabteilung verschiedener Unternehmen) zu dem Schluss, dass man die Behinderung in der schriftlichen Bewerbung nicht erwähnen soll. Grund: In einer Bewerbung sollen Stärken rein. Eine Behinderung wird jedoch von den meisten Personalleitern als Schwäche angesehen. Ausser natürlich, es wird nach einer Person gesucht, die gerade wegen ihrer Behinderung für diese bestimmte Stelle qulifiziert ist, dann soll man ruhig damit prahlen!
    Die Behinderung sollte erst beim Bewerbungsgespräch besprochen werden, vorausgesetzt, sie hat Einfluss auf die Arbeit. Ein Büroangestellter hat mit einer Beinprothese zum Beispiel kaum Einschränkungen in der Ausübung seiner Tätigkeit, jedoch wenn man mit einer Sehbehinderung einen speziellen Computer braucht oder als Rollstuhlfahrer eine Rampe, um überhaupt ins Büro zu kommen, etc. sollte man dies beim Bewerbungsgespräch ansprechen.

    Da bei deiner Tochter jedoch schon etwas im Zeugnis steht, lässt sich eine Erwähnung kaum vermeiden. Ich würde vorschlagen, dass ihr das gar nicht weiter kommentiert, meistens schaut man nämlich nicht so genau hin. Bei Schulabgängern sind die Noten wichtiger und auch das, was die Personalleute als erstes ansehen. Bei Absagen solltet ihr jedoch immer nachfragen, weshalb genau die Abssage, und falls es wegen diesem Vermerk ist, um Tipps bitten, wie ihr bzw. deine Tochter das in Zukunft handhaben soll.

    Es ist grundsätzlich eine individuelle Entscheidung. Wichtig ist jedoch, dass die ganze Bewerbung absolut fehlerfrei, übersichtlich und "ahmächelig" ist. Gute Beispiele findet ihr auch in dieser Brochure vom RAV mit konkreten Beispielen.

    Als Person, die gerade erst ins Arbeitsleben einsteigt, wird bei deiner Tochter der Lebenslauf eher kurz ausfallen. Dafür kann sie dann sogenannte "Soft skills" angeben, wie zum Beispiel gute Menschenkenntnis, Kundenorientiertheit, Loyalität, fröhlich etc. etc.

    So oder so, es lohnt sich, viel Zeit und Arbeit in das Bewerbungsdossier zu stecken, auch bei einer Schnupperlehre, denn die (und ein gutes Arbeitszügnis von dort) bringt dann bei einer "richtigen" Bewerbung schon sehr viel weitere Vorteile!

    Ich wünsche deiner Tochter viel Glück bei der Stellensuche!

    Liebe Grüsse
  • Liebe Maggie
    Vielen Dank für die prompte Antwort. Die RAV-Broschüre ist hilfreich, ich werde sie noch ausführlich studieren. Ich habe aber trotzdem noch eine Frage. In der Broschüre steht, der Lebenslauf solle eher tabellarisch dargestellt sein.

    Meine Tochter hat mehrere Beeinträchtigungen, u. a. eine Schwäche in der linken Hand. Sie kann z. B. beim Tastaturschreiben nicht über längere Zeit ein hohes Tempo halten und muss langsamer schreiben oder kurz pausieren. Dies wird sich generell etwas auf das Arbeitstempo auswirken und ist natürlich wesentlich für einen Arbeitgeber.

    Wir haben uns nun gedacht, dass meine Tochter mit einem etwas "üppigeren" Lebenslauf ihre Schwächen überspielen könnte. Die Frage ist nun, wie "üppig" darf der Lebenslauf denn sein, ohne dass es abschreckt? Da ich gelesen habe, dass sich in den ersten 3 Minuten entscheidet, auf welchem Stapel die Bewerbung landet, mache ich mir so meine Gedanken...

    Wie stark darf eine Bewerbung für einen speziellen Menschen von der Norm (sprich: RAV-Broschüre) abweichen? Ein Abweichung muss ja da sein, damit man wahrgenommen wird. Schliesslich will man sich ja abheben und zum Vorstellungsgespräch. Darf die Bewerbung insgesamt auch etwas länger ausfallen als 1 Seite für die Bewerbung und 1 -2 Seiten für den Lebenslauf? Oder ist das absolut kontraproduktiv? Muss man sich unbedingt streng an die Norm halten?

    Vielen Dank,
    Tonia
  • Liebe Tonia,

    Schau Dir zu Deinen Fragen auch hier im Forum unter Arbeitsleben auch besonders die Rubrik richtig bewerben an.
    Aber es gibt kein Patentrezept, und wenn das leider schon im Zeugnis erwähnt ist oder wie bei mir durch Behinderung von Geburt auf, das im Lebenslauf schon offensichtlich ist, wird es schwierig.

    Gruß

    Surfer
Diese Diskussion wurde geschlossen.