lebensuntüchtiger Hartz 4-Empfänger

Wie kann einem lebensuntüchtigen Mann (Hartz 4), lebt bei Mutter (Hartz 4) ein Betreuer "verordnet" werden.

Antworten

  • Hallo albafi,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community von MyHandicap!

    Was genau meinst Du mit "lebensuntüchtig"? Nur weil jemand zu "faul", also untüchtig, ist und er nichts aus seinem Leben macht kann und wird ihm kein Betreuer zugeordnet.

    Anders ist das, wenn jemand aufgrund eines Handicaps nicht in der Lage ist, seinen Lebensalltag zu organisieren. Dann kann von Amtswegen ein gesetzlicher Betreuer für bestimmte Lebensbereiche bestellt werden.

    Lass mich doch einfach wissen, wenn bei besagtem Mann doch ob Letzteres der Fall ist. Dann suche ich Dir gerne weitere Infos raus 😀
  • Hallo Justin,

    erstmal vielen Dank für Deine superschnelle Reaktion, die mich etwas hoffen lässt.

    Ich hoffe meine Schilderung wird nicht zu lang. Situation: Mutter, Hartz-4-Empfängerin, etwas unbedarft, aber sehr willig und zuverlässig. Wir helfen ihr bei Amtsangelegenheiten.
    Der Sohn (34, bislang Arbeitslosen 1, schwieriger Mensch, erziehungsmäßig verkorkst, leichter Hang zu Depressionen) lebt bei ihr. Er hatte mit einem Berater des Arbeitsamtes negative Erfahrung, somit hat er Angst, weiteren Terminen im Arbeitsamt Folge zu leisten. Hat auch aus Unsicherheit und Hilflosigkeit aufgrund fehlenden Selbstbewusstseins einen Arbeitsbeginn bei einer Zeitarbeitsfirma platzen lassen. Den Antrag auf Hartz 4 hat er weggeworfen, folglich steht er nun auch ohne Krankenversicherung da. Ob aus Faulheit können wir nicht beurteilen. Wir haben schon mal unsere Hilfe angeboten, doch bevormunden können und wollen wir ihn nicht, denn das übersteigt auch unsere Kräfte da man ihn quasi bei der Hand nehmen muss. Seinen Lebensalltag ohne die Mutter zu organisieren, wäre er unserer Meinung und nach Meinung der Mutter nicht in der Lage. Die Mutter ist total am Ende.
  • Hallo albafi,

    ich habe erst vor kurzem die Betreuung für einen älteren Demenz kranken Mann beantragt. Dafür mußt Du zum Amstgericht gehen. Beim Amtsgericht fragst Du nach einem Formular des Vormundschaftgerichts um die Betreuung für einen Dritten zu beantragen. Das Formular kannst Du Zuhause mit diesem Mann und seiner Mutter gemeinsam ausfüllen. Du hast die Möglichkeit einen gesetzlichen Betreuer zu beantragen oder einen (oder zwei) Betreuer aus dem Umfeld des Betroffenen vorschlagen. Hilfreich wäre auch ein Gutachten eines Psycharters bei zu legen. Ein freiwilliger Betreuer ist empfehlenswert, denn ein gesetzlicher Betreuer kostet Geld. Der freiwillige Betreuer kann, wenn er möchte, einem Betreuerverein (Diakonie/DRK/etc.) betreten um mit der neuen Aufgabe nicht alleine zu sein. Einmal im Jahr muß ein freiwilliger/ehrenamtlicher Betreuer dem Vormundschafstgericht Rechenschaft abgeben. Außerdem bekommen ehrenamtliche Betreuer eine Aufwandenschädigung von um die 300€ pro Jahr.

    Hier kannst Du Dich informieren:

    http://www.juristische-betreuung.de

    Gruß Karin


  • Hoppla, da war die Karin schneller als ich 😉 Aber Sie hat auch schon alles wesentliche gesagt 😀

    Wichtig ist die Stellungnahme eines Arztes (Psychologe/Psychiater). Denn eine Betreuung kann nur für Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung angeordnet werden.

    Ich glaube Letzteres kann hier durchaus der Fall sein.

    Ich werde unseren Diplom-Psychologen im Team, Tim Glogner, bitten, nach dem Wochenende diesen Thread anzuschauen.

    Diese und die Infos von Karin helfen Dir hoffentlich erst einmal weiter!
  • Sorry Justin! 😉
  • grundsätzlich wird ein betreuungsverfahren von amts wegen oder auf antrag des betroffenen eingeleitet. dritte - jeder dritte - kann allerdings beim amtsgericht (gewöhnlicher aufenthalt des zu betreuenden) eine betreuung anregen - das setzt das verfahren von amts wegen in gang.

    man sollte beim thema betreuung schon bedenken, dass die betreuung, so nett das wort auch klingt, die frühere vormundschaft ersetzt hat. das heißt: die "verordnung" einer betreuung ist ein immenser eingriff in zahlreiche grundrechte des betroffenen - er erhält einen gesetzlichen vertreter für bestimmte oder auch alle aufgabenkreise. das hieß mal "entmündigung" - wer würde das wirklich haben wollen ?

    es muss deshalb ein schwerwiegender grund für die anordnung einer betreuung vorliegen - nämlich eine krankheit und daraus folgend die unfähigkeit, eigene angelegenheiten selber zu besorgen. das muss sehr sorgfältig geprüft werden, mit anhörung des betroffenen, sachverständigengutachten usw. dafü ist das gericht zuständig. nicht alle gerichte arbeiten sorgfältig und zum wohle des betroffenen.

    wenn ihr eine betreuung anregen wollt, solltet ihr das auf jeden fall zuerst mit dem betroffenen vorsichtig besprechen. das ist ein sensibles thema, mit dem man entsprechend umgehen muss. und erst einmal sollten alle anderen möglichkeiten der hilfe überdacht und ausgeschöpft werden, betreuung ist ultima ratio ! wenn der betroffene einverstanden ist, kann eine betreuung schon ziemlich helfen. kommt auch auf den betreuer an (vielleicht ein bekannter ?). und solange der betreute geschäftsfähig ist, kann er selber handeln. allerdings auch sein betreuer - es kann zu widersprüchen kommen. und die betreuung wird sich auch kaum ganz verheimlichen lassen...

    wirklich kranken und hilfsbedürftigen muss geholfen werden - aber es gibt ein schwerwiegendes recht für jeden, sein leben zu gestalten, wie er will - und sei es schlampg, faul, wurschtig, was weiß ich noch. die verzweiflung der mutter ist verständlich - aber ob ein so schwerwiegender eingriff in das leben des sohnes gerechtfertigt ist, sollte sorgsam überdacht und geprüft werden. auch an den aufgabenkreis denken - diese möglichst einschränken !

    übrigens: das institut heißt gesetzliche betreung. die betreung wird geführt von ehrenamtlichen betreuern oder von berufsbetreuern (letztere kosten natürlich geld, haben bestimmte stundensätze; bei mittellosigkeit des betroffenen zahlt sie der staat).
  • Ergänzung:

    Man kann eine Betreuung auch für Teilbereiche beantragen. Zum Beispiel nur für die Unterstüzung bei Behördengängen oder nur für die Unterstützung bei der Haushaltsführung, u.s.w. Betreuungsvereine können einen da am besten beraten, was man tun soll und wie weit man gehen soll. Es mußt ja nicht immer eine Betreuung für die komplette Palette des alltäglichen Lebens sein.

    Karin
  • Also, erstmal - Euer Forum ist Spitze. Vielen Dank!!

    Ihr habt uns alle sehr geholfen. Danke Frau Reichel für Ihre Ausführungen, dass da etwas sehr Einschneidendes angestoßen wird und wohl überlegt sein muß.

    Danke nochmal - wir werden uns weiter kümmern.

    albafi


  • Hallihallo,

    ich denke es ist ja prinzipiell schon viel getan, dass in diesem Falle weitergeholfen werden kann.

    Mir persönlich würde die von Karin erwähnte Betreuung in Teilbereichen, beziehungsweise die Beziehungsarbeit zwischen Mutter und Sohn einleuchten, um die betreffenden Personen allmählich anzuleiten, Stichwort: "Hilfe zur Selbsthilfe".

    Es gibt zumindest in München beispielsweise die Organisation AEH (ambulante Erziehungshilfe) für Eltern und Kinder, das läuft allerdings übers Jugendamt und mit 34 ist der Herr wohl altersmässig hier kein Kandidat, ob es vielleicht Ausnahmeregelungen gibt weiss ich nicht, sinnfoll wäre es, es geht ja nach wie vor um ein langjähriges familiäres Kernthema, beziehungsweise zentral um die Vermittlung des Zusammenlebens zwischen Mutter und Sohn. Da geht jemand ein bis zweimal pro Woche in die Familie, verschafft sich ein Bild, begleitet und kommuniziert mit den Angehörigen und gibt Anregungen zur Selbsthilfe.
    Also, eine Alternative könnte sein, vielleicht mal beim Jugendamt nachzufragen, vielleicht wissen die Rat. Möglicherweise gibt es auch sozialtherapeutische Initiativen für den Erwachsenenbereich, welche zu besagtem Fall passen könnten.
    viele Grüsse

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