Behindertengleichstellungsgesetz - wie definiert sich die Benachteiligung bei Dienstleistungen?

Das Schweizerische Behindertengleichstellungsgesetz ist auch massgebend bei Benachteiligungen beim Bezug von Dienstleistungen. Anhand welcher Massstäbe wird die Einschränkung bemessen und welche Kritierien werden dafür beigezogen? D.h. ab wann wird diskreminiert, wann nicht? Gibt es zu diesem Thema schon Entscheide aus verschiedenen Kontexten?

Antworten

  • Hallo Mirko,

    Ja, das ist richtig. Das Bundesgesetz zur Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen untersagt Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen, sofern die Benachteiligung durch die SBB, andere konzessionierte Unternehmen oder das Gemeinwesen begangen wird. Darunter fallen unseres Erachtens Dienstleistungen im Rahmen der Erfüllung staatlicher Aufgabe, unabhängig davon, ob sie von einer Behörde oder einer privaten Unternehmung erbracht werden. Weiter fallen auch nicht staatliche Dienstleistungen darunter, sofern sie im Rahmen einer Konzession erbracht werden (z.B. Angebote im Linienverkehr von konzessionierten Fluggesellschaften).

    Es gibt noch praktisch keine Praxis höherer Instanzen dazu. Zu den unteren Instanzen gibt es keine Übersicht. Jedoch auch hier gehen wir davon aus, dass es nicht eine sehr grosse Anzahl von Fällen gibt. D.h., wir befinden uns aktuell noch in der sehr unbefriedigenden Situation, dass es kaum eine Konkretisierung der Standards aus der Praxis gibt. Die Literatur hat sich auch praktisch kaum damit befasst. Einzug in der Allgemeinen Juristischen Praxis AJP/PJA (http://www.dike.ch/index.php?ajp_uebersicht) erscheint im August einen Beitrag zur Bedeutung von Art. 6 Diskriminierungsverbot, dessen Anwendungsbereich sich auf private Dienstleistungen von nicht konzessionierten Unternehmen beschränkt. Ich kann Ihnen deshalb keine befriedigende vertiefende Antwort dazu geben.

    Ich hoffe, Ihnen mit der Antwort gedient zu haben.

    Mit freundlichen Grüssen

    Tarek Naguib

    Égalité Handicap
    Tarek Naguib, lic.iur.,
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  • Lieber Herr Naguib,

    ein Kompliment für die Qualität Ihrer Antwort! Es ist erstaunlich, dass die höhren Instanzne dazu noch keine konkreten Entscheide getroffen haben. Erst wenn sich die materielle Auslegung interpretieren lässt, weiss man, was die Norm eigentlich Wert ist. Natürlich könnte es auch ein gutes Zeichen sein, da man vermuten könnte, es gebe wenig Benachteiligungen bei Dienstleistungen. Ich stimme Ihnen aber bei - wahrscheinlich gibt es eine grosse Dunkelziffer und die einschlägigen Fälle wurden noch nicht verhandelt. Das Gesetz ist ja auch noch nicht so alt.

    Herzlich
    Ursi

  • Hoi Tarek,

    besten Dank für die umsfassende Antwort. Gilt das Gesetz denn auch über den Staat hinaus auch für private Dienstleister?

    LG
    Mirko
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