Gibt es einen anderen Ausdruck für geistige Behinderung?

Ich suche nach einem besseren und weniger offensiven Ausdruck

Antworten

  • Vielleicht ist hier ein Ansatzpunkt dabei?

    http://www.kobinet-nachrichten.org/cipp/kobinet/custom/pub/content,lang,1/oid,16720/ticket,g_a_s_t

    Vielleicht ist ja BEHINDERT allgemein der falsche Ausdruck. Den zu oft wird man durch seine Umwelt behindert. Schlicht durch Ignoranz..da werden Bahnhöfe saniert und man vergisst das es auch Rollstuhlfahrer gibt oder Frauen mit Kinderwagen usw..
    Manchmal habe ich den Eindruck man macht dies absichtlich - nach dem Motto aus den Augen aus den Sinn! Ungefähr so
    http://www.abendblatt.de/extra/service/944949.html?url=/ha/1992/xml/19920926xml/habxml920709_15689.xml

    VG Stephanus
  • Hallo,

    ja, es gibt sogar mehrere. Zum Beispiel spricht man von Menschen mit Lernberhinderung anstatt von geistig behinderten Menschen. Man sagt auch mental retardiert, in der Klassifikation des ICD spricht man von hirnorganischer Intelligenzminderung.

    Viele Grüße

    Iris, MyHandicap-Redaktion
  • Hallo MaSey!

    In der Medizin bezeichnete man früher leichte geistige Behinderung (IQ 50-69) als Debilität. Diese Erwachsenen haben ein Inteligenzalter von 9-12 Jahren. Diese Menschen besuchen die Regelschule, können einen leichten Beruf erlernen und den Führerschein schaffen. Debile Menschen leben meist unauffällig in unserer Gesellschaft. Alternativ bezeichnet man sie als Menschen mit Lernschweirigkeiten.

    Mittelgradige (IQ 35-49) geisitge Behinderung nannte man Imbezilität.Diese Menschen haben als Erwachsene ein Inteligenzalter von 6-9 Jahren. Eine integratives selbständiges Leben mit normalen komunikativen Fähigkeiten, sowie eine Berufsausübung, ist meisten noch möglich.

    Schwere geistige Behinderung (IQ20-34), früher sprachlich nicht von der mittelgradigen Behinderung getrennt, also auch Imbezilität genannt, bezeichnet Menschen, die weder lesen noch schreiben lernen können. Als erwachsene haben sie ein Inteligenzalter von 3-6 Jahren. Diese Menschen werden in Förderschulen beschult, in denen sie hauptsächlich lebenspraktische Aufgaben erlernen, da der Besuch einer Regelschule nicht möglich ist. Eine dauerhafte Unterstützung ist nötig. Selbständiges Leben gelingt nicht.

    Das sind die Grade in die man geistige Behinderungen einteilt. Der Mensch ist aber vielefältig. So gibt es z.B. auch die Dissozierte Inteligenz, bei der es eine Diskrepanz zwischen den sprachlichen und praktischen Fähigkeiten gibt, die mindestens 15 IQ-Punkte aufweist.

    Schwerste geistige Behinderung (IQ unter 20)nannte man früher Idiotie. Beim Erwachsenen liegt ein Inteligenzalter von unter 3 Jahren vor. Die eigene Versorgung, Kontinenz, Komunikation und Beweglichkeit sind hochgradig eingeschränkt.

    Du siehst es gibt bei geistigen Behinderungen ebenso viele Unterschiede wie bei körperlichen Behinderung. Von mir selber spreche ich niemals als behindert. Ich fühle mich nicht behindert, folglich bin ich auch nicht behindert. Ich habe eine Gehbehinderung und möchte nicht wegen dieser Einschränkung auf meine Behinderung reduziert werden. Menschen die vorübergehend eine Behinderung haben, weil sie sich z.B. einen Arm oder ein Bein gebrochen haben, würden auch nicht auf die Idee kommen, sich als behindert zu bezeichnen.

    Gruß Karin
  • Also,

    auf die gängigen Klassifikationen wurde ja bereits (sehr proffesionell) hingewiesen.

    Ich denke insbesondere in unsere Gesellschaft neigen wir zum begrifflichen benennen.Dies geschieht in Form von gedanklichen Konzepten.Somit etikettieren/ordnen wir die wahrgenommenen Phänomene unserer Umwelt und auch unsere Mitmenschen in eine Art (symbolisches) Kathegoriensytem ein, indem wir uns orientieren und kommunizieren.

    Insgesamt findet eine Einigung auf eine "objektive Norm" statt.Wenn jemand nun bestimmte "Fähigkeiten"/"Handlungsabfolgen", die die meisten Menschen im Alltag erfüllen nicht erfüllt/ausfüllt, z.B. er kann schulische oder kummunikative/soziale Anforderungen oder Prozesse, welche viele Menschen erfüllen... nicht erfüllen, dann kann es sein , dass er "krank", "behindert" "anders" "eigenartig" "sonderbar" "verrückt" etc etc. benannt wird.Hinzu kommt, dass einzelne Menschen auf Grund ihrer individuellen Erfahrungen Meinungen und Einstellungen ein Phänomen unterschiedlich benennen, dies können z.b. die Sprüche veranschaulichen: "Drei Juristen, drei Meinungen", oder "drei Ärzte , drei Diagnosen".

    Was den Begriff "geistige Behinderung" betrifft: Ich persönlich halte ihn für etwas unglücklich gewählt.Hierbei sollte man ja auch bedenken das der Begriff "Geist" z.b. bei den Indianern oder bei buddhistischen Traditionen als eine lebensverbindende Energie betrachtet wurde, aus der die gesamte Existenz hervorgeht.Somit könnte man -aus dieser Sicht-niemals von "geistiger Behinderung" sprechen, da besagter "Geist" absolute, ewige Energie ist und sich nicht "behindern" lässt.

    Unlängst löste man sich von dem Begriff "Verhaltensgestört" und ersetzte ihn durch den (positiven) Begriff "Verhaltensoriginell".Dies könnte man auf "geistig behindert" übertragen. Ich schlagen den Begriff "geistig originell" vor.Dann sollte man hervorheben welche herkömmlichen Prozesse eine geistig originelle Person nicht erfüllen kann (wo sie gegebenenfalls Hilfe braucht), welche Qualitäten sich verbesseren können und vor allem: was dieser Mensch kann (Ressourcenorientierung) und was er gerne macht/was ihm Spass macht.


  • Hallo Tim,

    es gibt Berufe da lernt man sowas. (-;

    Gruß Karin
  • Danke Euch für die zahlreichen Beiträge zu meiner Frage.

    @ Stephanus: ich kenne die Debatte um den Auslöser "der Behinderung". Dein Bsp. vom neu umgebauten BHF, der dann doch noch Schwellen aufweist oder WCs, die innen gross genug sind, aber leider der Zugang zu schmal ziehen dort. Fakt ist jedoch auch, dass ich bei einer Amputation bspw. eines Armes "behindert" bin - und zwar in dem Sinne, dass ich nicht meinen Säugling mit zwei Armen halten kann, ich nicht Schlagzeugspielen kann usw. Da ist keine Gesellschaft oder sonst wer schuld, sondern es handelt sich um eine faktische Unmöglichkeit, die ich aktzeptiere. Es zeigt sich allerdings, dass der Begriff immer ein realitver ist. Von das Ideal 4 Arme sind (bei vielen Tätigkeiten wäre das schön oder?) ist auch der 2armige Behindert. Insofern müssen wir uns über die Definition der Abgrenzungsintervalle unterhalten. Ich denke es ist, redlich von der Häufigkeitesverteilung auszugehen und zu sagen, 94% der Menschen haben 2 Arme, also bemisst sich der Vergleichsmassstab an dieser Vorgabe.
    Genauso wurde ja in der Klassifikation vorgegagen, die uns KarinM freundlicherweise so ausführlich dargelegt hat.
    Insofern finde ich die Abgrenzung mehr als zulässig, doch die Begrifflichkeit, also die Bezeichnung ist schwierig. Hier kommen wir zu Tims Beitrag. Von man "debil", "idiotisch" oder vergleichbare Ausdrücke heranzieht, haben die gleich immer eine exterm negative und ausgrenzende Konnotation. "Verhaltensorginell" würde diese aufwiegen, allerings gleichzeitig sich auch der Interpretation der meisten Empfänger entziehen, weil dieses Wort keinem aktiven Wortschatz entstammt und neu gelernt werden muss. In dieser Hinsicht ist "Idiot" eindeutig, ohne Zweifel.
    Ich schliesse aus Eurer Diskussion, dass man bei der Wahl der Begriffe immer abwägen muss, ob man die verständliche, die nicht verletztende, die medizinisch korrekte oder die politisch korrekte Bezeichnung wählt. Schwierig bleibt es allemal.

    Herzlich
    MaSey

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