Welche Möglichkeiten gibt es, Amputationstraumata zu behandeln?

Ich frage mich, ob Verdrängen oder Aufarbeiten langfristig besser ist. Natürlich ist theoretisch die Integration in den Lebensalltag besser, doch in der eigenen Lebenswelt wird das Verdrängen häufig die naheliegende und pragmatischere Lösung sein. Wie kann man denn Traumata auch langfristig therapeutisch behandeln?

Antworten

  • Hallo Ursi,

    ich glaube, dass Verdrängen kein guter Ansatz ist. Man kann vielleicht über lange Jahre Unliebsames unter den Teppich kehren, aber irgendwann ist das Maß voll und man wird schlussendlich von dem Verdrängten überrollt. Ich glaube, dass eine Therapie das Richtige wäre. Es gibt spezielle Traumatherapeuten für Opfer von Gewaltverbrechen, aber auch Unfallopfern oder für Menschen, die eine schwere Krankheit durchleben mussten.

    Das scheint mir der bessere Weg.
    Wally
  • Liebe Ursi,

    kannst du es bitte etwas konkreter beschreiben um was es geht?Bist du selber betroffen oder ein Angehöriger?
    Wie lange ist es schon her?
    Was wurde schon versucht?
    Liebst du das Leben?Was macht dein tägliches Leben aus?

    Sorry das ich soviele Fragen stelle aber möchte dir gerne meine Meinung dazu sagen aber brauche erstmal paar weitere Infos um mich direkt aufs Thema zu beziehen um es nicht zu verfehlen 😀

    Lieber Gruss
    Biljana
  • Liebe Biljana,
    ich bin nur indirekt als Angehöriger betroffen, erlebe aber in meinem engen Umkreis wie dieses Thema einen als Betroffenen permanent umtreibt. Natürlich ist mir klar, dass eine Therapie und z.B. einen Familienaufstellung sinnvolle Ansätze wären. Aber neben einer persönlichen Aufarbeitung muss man auch einen täglichen Umgang mit dem Thema entwickeln. Dieser ist sehr persönlich und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Zudem glaube ich, dass gewisse Rituale gut sind, um sich in schwierigen Situationen wieder aufzubauen und sich schöne Momente wieder vor Augen zu führen.
  • Ursi schrieb:
    Aber neben einer persönlichen Aufarbeitung muss man auch einen täglichen Umgang mit dem Thema entwickeln. Dieser ist sehr persönlich und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Zudem glaube ich, dass gewisse Rituale gut sind, um sich in schwierigen Situationen wieder aufzubauen und sich schöne Momente wieder vor Augen zu führen.


    Hallo Ursi,

    ja, jeder der ein Handicap hat entwickelt mit der Zeit für den Alltag eine Strategie, damit umzugehen. Ich persönlich gehe z.B. mit (teilweise schwarzem) Humor an die Sache ran. Andere Menschen wiederum reagieren sehr aggressiv, wenn man sie auf ihr Handicap anspricht und geben anderen die Schuld daran. Wieder andere sagen, die Situation ist nun mal so und es wird schon einen tieferen Sinn haben, dass es ist, wie es ist.

    Es hängt von jedem Menschen und seinem Umfeld ab, wie man die Situation verarbeitet bzw. verarbeiten kann.

    Ein sehr schönes "Ritual" ist es bspw. sich jeden Abend beim Zähneputzen zu überlegen, für welche Ereignisse des Tages man dankbar ist.
  • wenn ich an mich denke muss ich schon sagen es ist ein langer weg.
    und zuende gegangen wird der weg wahrscheinlich nie.
    es ist ein stetes auseinandersetzen.
    amputierte sind meist schon enige zeit im leben gewesen, ohne amputation. und das bedeutet wirklich viel schmerz (real und bildlich).
    dann kommt noch dazu, das phantomschmerzen aufkommen.

    wenn wir von behandeln im privaten bereich reden, bin ich auch ehr der
    typ des schwarzen humors. gerade am anfang, hat mir das sehr geholfen und meinem gegenüber auch.
    ist natürlich kein patent rezept für jeden betroffenen. wobei, ein herzliches lachen hat schon einige hürden eingerissen.

    helfen tut auf jeden fall nicht: sprachlosigkeit, mitleid, selbstmitleid und vogelstrausstaktik.

    wie gesagt, der weg ist immer lang aber auch spannend.


  • Ursi schrieb:
    Liebe Biljana,
    ich bin nur indirekt als Angehöriger betroffen, erlebe aber in meinem engen Umkreis wie dieses Thema einen als Betroffenen permanent umtreibt. Natürlich ist mir klar, dass eine Therapie und z.B. einen Familienaufstellung sinnvolle Ansätze wären. Aber neben einer persönlichen Aufarbeitung muss man auch einen täglichen Umgang mit dem Thema entwickeln. Dieser ist sehr persönlich und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Zudem glaube ich, dass gewisse Rituale gut sind, um sich in schwierigen Situationen wieder aufzubauen und sich schöne Momente wieder vor Augen zu führen.



    Liebe Ursi,

    ers recht find ich es sehr nett von dir das du hier diese Anfrage gestellt hast auch wenn es um eine Angehörige geht.Das zeigt das der Fall Auswirkunf auf die Mitmenschen hat und weist du ich denke so Gott hat uns Menschen mit Gefühlen,Emotionen,Gewissen ausgestattet um genau in solchen Situationen einem Betroffenen zur Seite zu stehen.
    Meine beste Medizin ist mein Glaube.Ich glaube an den Herrn Jesus und wenn mich ein Arzt fragt ob ich eine Prychologische Behandlung haben will wegen der täglichen Schmerzen dann sage ich immer, dass mein Arzt jeden Tag bei mir ist und immer Zeit hat ich brauche keine Sprechstunde und Termine denn Gott hört mich bei jeder Zeit egal wann ich zu Ihm schreie und um Hilfe bitte die Unruhe in meinem Herzen zu stillen.Nicht umsonst heist dieser Spruch "Glaube versetzt Berge" da ist wahres dran!
    Wenn jemand sagt "ich bin nicht gläubig und kann nichts damit anfangen"
    Dann sage ich meistens"was nicht ist kann ja noch werden und ausprobieren hat noch keinen was gekostet"Beten ist kostenfrei,nicht gebunden an Ort,Zeit,Reichtum,Aussehen...usw.


    Nach meinem Unfall bin ich erstmal auf Reisen gegangen und Gott hat mir die Kraft,Vertrauen und Möglichkeiten geschenkt in jedem Land zurecht zu kommen obwohl ich am Anfang kaum stehen konnte mit meiner Prothese.Da ich aber glaube das der Herr mit mir überall ist so war es mir egal in welchen Land ich war und welche Umstände und glaube mit einige Situationen habe ich erlebt wo ich nicht weiter wusste aber wie bereits gesagt es gibt da einen der immer Zeit hat meine Sorgen und Bitten anzuhören und Vermag Ruhe und Frieden schenken im Herzen in den grössten Stürmen.
    Bin sehr glücklich hier noch am Leben zu sein und mich mit Menschen wie dir austauschen zu können und wenn ich irgendwie kann auch zu unterstützen!

    Wünsche dir von Herzen viel Kraft und Weisheit der Worte in Umgang mit deiner Angehörigen.

    Lieber Gruss
    Biljana

    p.s.kannst mir PN schreiben mit der Adresse sende dir gerne ein scönes Buch zu motivation.
  • Liebe Ursi,

    vielen Dank für den Beitrag. Meiner Meinung nach sind schon viele sehr gute Beiträge zu diesem Thema geschrieben worden.

    Wichtig könnte sein, für einen Angehörigen eine Art Begleitungsfunktion für den Betroffenen zu übernehmen, dass heißt ihm Erfahrungen anderer Menschen/therapeutische Möglichkeiten oder auch religiöse/spirituelle Anknüpfungspunkte(wie von Biljana)aufzuzeigen und ihn dann entscheiden zu lassen, was dem Betroffenen (intuitiv) am Besten zusagt um ihn dabei(bei seiner individuellen Entscheidung) dann kontinuierlich unterstützend zu begleiten.

    Zum Umgang mit negativen Emotionen: Aus meiner Sicht sollte man sie sich zugestehen, dass heisst, wenn sie da sind, sie auch nicht verdrängen, sie total fühlen, aber sie auch nicht festhalten(sich nicht in Ihnen verlieren, sich nicht von ihnen mitziehen lassen).Man könnte auch sagen: man öffenet (liebevoll) sein Herz für seine eigenen inneren/und äusseren Zustände.

    In der buddhistischen Psychologie gibt es dazu ein (für mich) schönes Bild: Die menschliche Seele, die tiefer, weiter und wunderbarer ist als Körper, Emotionen und das Denken wird als Himmel dargestellt. Auf diesem ewig reinen, zeitlosen Himmel tauchen Emotionen wie Wolken auf(manche können leider sehr dunkel sein und länger bleiben)aber alle Wolken ziehen irgendwann einmal vorbei und die Seele in tiefster Tiefe (der Himmel) bleibt stets rein und unverletzlich.

    Aus meiner Sicht kann ich Bücher/Cds/Methoden des psychosomatischen Arztes und Weisheitslehrers Rüdiger Dahlke(einfach googeln) empfehlen.

    Ich wünsche Ihnen alle Ruhe und Kraft, um Ihren Angehörigen zu begleiten, damit er sich noch viele schöne Momente vor Augen führen kann.

    Viele Liebe Grüsse

    Tim Glogner
  • Ich mache beides - Aufarbeiten und - weil man nicht alles aufgearbeitet bekommt - als Zwischenloesung Verdraengen.

    Man kann sich nicht um alles auf einmal kuemmern, und dann mache ich es etwas "nacheinander". Natuerlich ist man nicht gleich sofort "super entspannt" aber man kommt dem langsam nahe und es bleibt ueberschaubar.

    Also, psychologische Betreuung, wenn moeglich bei jemandem mit Erfahrung in psychischen Trauma-Problemen, Freunde, Sport, Prothesentechnik, Support-Gruppen, Gymnastik, etwas die Ruhe finden, praktische Hobbies pflegen, Zeit zum Nachdenken und Lesen, und wissen, dass das alles relativ lange dauern kann. Ich gebe mir da wenigstens zwei Jahre Zeit, aber dann will ich die wichtigsten Belastungsmomente der Amputation voellig im Griff haben.

    Wolf
  • Hallo Zusammen -

    ich bin baff - vielen Dank für Eure vielfältigen, überlegeten und zum Teil sehr persönlichen Gedanken, die Ihr mit mir und anderen teilt.
    @Handschuh und Justin - wir haben ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass es mit einer guten Portion Humor um einiges besser geht. Natürlich ist es damit noch lange nicht getan, doch erlaubt der Humor in vielen Situation sich nich hängen zu lassen, sondern mit einer positiven, ja lachenden Kompenente über den Negativpunkt hinweg zukommen. Gemeinsam mit einer lebensbejahenden Einstellung ist der Humor eines der wichtigsten Hebel in der "Selbsttherapie".

    @Biljana - danke Dir für Deine persönlichen Worte. Viele Betroffene haben mir geschildert, dass ihnen der Glaube ein sehr wichtige Stützte ist.

    @ swisswolf - genau Deine Beschreibung wir von meinem Angehörigen geteilt. Im Alltag muss man eine bestimmte Art der Verdrängung praktizieren, um nich gelähmt zu sein. Das ist kein aktives Verdrängen, sondern ein intensive Beschäftigung mit der Arbeit, Sport machen, mit den Kindern spielen oder lesen. Hinzu kommt die aktive Aufarbeitung durch die Rituale der Selbsttherapie, die aber vielleicht idealerweise professionell begleitet werden, damit man nicht, wie DU sagst, überrollt wird.

    Ade miteinander
    Ursi
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