Kunsttherapie bei einer Querschnittslähmung. Macht das Sinn?

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  • Ja. Im Schweizer Paraplegiker Zentrum wird diese Therapieform eingesetzt. Hier ein Beitrag einer Mitarbeiterin: "Im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil schaffen querschnittgelähmte Patienten tagtäglich viele kleine Kunstwerke. Wenige werden jemals in einem Museum zu sehen sein. Wertvoll sind die Bilder, Zeichnungen, Skulpturen oder Gedichte trotzdem für die Schöpfer derselben. Denn Kunsttherapie verhilft zu innerem Kontakt. In kreativer Tätigkeit können Menschen ihre Gefühle, Hoffnungen und Wünsche erfassen, erspüren, ausdrücken und mitteilen. Auch Dinge, für die sie keine Worte finden.

    "Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele" sagte der spanische Maler Pablo Picasso. Sein deutscher Kollege Georg Baselitz meinte: "Unsere Sehnsucht braucht Bilder".

    Baustein ganzheitlicher Rehabilitation
    Im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil ist Kunsttherapie seit langem fester Bestandteil der ganzheitlichen Rehabilitation von Querschnittgelähmten. Sie bietet viele Möglichkeiten, um Menschen in körperlicher und seelischer Not zu begleiten und ihre psychische Stabilität zu unterstützen.

    Farben, Formen, Bilder, Geschichten und Rollenspiele, aber auch Imaginationstechniken, vermitteln Patienten den Zugang zu sich selber. In geschütztem Rahmen kann eine persönliche Situation aktiv dargestellt werden. Innezuhalten, ohne durch etwas oder jemanden gestört zu werden, löst nachweislich Energien aus, um wechselnden Gefühlen und Gedanken - Freude und Leid, Wut, Schmerz, Einsamkeit, Leere, Fülle, Trost, Genuss, Sehnsucht, Hoffnung, Verzweiflung oder Triumph - Ausdruck und Gestalt zu geben.

    Veränderungen positiv nutzen
    Die gezielte Anwendung individuell abgestimmter Methoden und Techniken soll einen Prozess zur Verarbeitung belastender Erlebnisse in Gang bringen, der das Selbstwertgefühl des Betroffenen nachhaltig stärkt. Für Patienten im SPZ Nottwil gilt es auch, den Umgang mit einem veränderten Körperbild zu erlernen, das heisst, Ressourcen für neue Handlungsspielräume zu erschliessen. Die ersten, behutsamen Schritte dahin werden meist bereits kurz nach Ankunft in der Spezialklinik gemacht.

    Raum schaffen, zutrauen, begleiten
    Die vielseitig ausgebildeten Kunsttherapeuten verstehen sich nicht als Lehrer, die instruieren und korrigieren. Das Vermitteln rein handwerklicher Fertigkeiten beschränkt sich auf ein Minimum. Weit wichtiger bei wöchentlich ein bis zwei Sitzungen von je einer Stunde Dauer ist es für die Begleiter, den Kräften und Ressourcen des Patienten genügend Raum und eine passende Struktur zu geben. Kunsttherapie kann zu lustvollem, spielerischem Tun motivieren, Platz zum kreativen Ausleben der Wünsche nach Selbstbestimmung schaffen und ein Ventil zum Abbau innerer Spannungen sein. Das Erlebte und Gestaltete wird im therapeutischen Gespräch reflektiert und aufgearbeitet. Zu den Besonderheiten der Kunsttherapie gehört auch die "Selbstüberprüfung". Die Patienten lernen dabei, persönliche Fortschritte und Entwicklungen zu erkennen und einzuordnen, wie auch Vertrauen in ihre eigenen Empfindungen und deren Wertschätzung zu gewinnen."

    Text: Rita Sidler, Koordinatorin Kunsttherapie
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